Dr. Bäuerle von der Brau AG kam im Interesse der Brauindustrie
und wollte mir mitteilen, dass einige Punkte von ihnen gewünscht
werden. Erstens glaubten sie zur Wettbewerbsgleichheit, dass auch
so wie das bei der Weinsteuer der Fall ist, um ca. 50 % von 99 Mio S
Ertrag 50 Mio S dem Weinfonds zur Verfügung stehen, auch von der
Biersteuer ein entsprechender Betrag der Brauindustrie zu Zwecken
der Wettbewerbsgleichheit gegeben werden soll. Ich erklärte ihm
sofort, dass dies vollkommen unmöglich ist, denn letzten Ende braucht
der Finanzminister jeden Schilling und er kann daher von der Bier-
steuer, die ca. 600 Mio S heuer erbringen wird, nicht Millionen-
beträge den Brauereien wirde zur Verfügung stellen. Dies umso weniger.
als die Brauereien bekanntlicherweise eine gute finanzielle Basis
derzeit besitzen. Zweitens wünschte er, dass wenn über die Mehrwert-
steuer verhandelt wird, auch in Österreich die alkoholische Getränke
gleich behandelt werden, d.h. den gleichen Steuersatz bekommen. In
der BRD war vorersrt vorgesehen, dass Bier mit 10,5 % und Wein mit
der Hälfte dieser Steuer, nämlich nur, 5,5 % belastet werden sollte.
Dieser Forderung der Land- und Forstwirtschaft wurde aber nicht Rechnung
und Wein wird daher derzeit wie Bier mit 11 % Mehrwertsteuersatz verrech-
net. Drittens ersuchte er, dass die Kapitalberichtigung auf Grund des
Strukturverbesserungsgesetzes, die am 31.12.1970 ablaufen sollte, ver-
längert werden sollte. Ich versprach, mich bei Androsch dafür einzusetze
verwies aber gleichzeitig darauf, dass es mir unerklärlich erscheint,
dass die Konzentrationstendenz in der Brauindustrie nicht in stärkerem
Masse vor sich geht. Bäuerle erwiderte mir, dass er jetzt in Erfahrung
bringen konnte, dass auch Vertreter der Creditanstalt, die seiner-
zeit mit den Verhandlungen zwischen der Brau AG und Schwechater
torpediert hatten. Er selbst sei nach wie vor der Meinungn, dass
eine Konzentration dieser Brauereien dringend notwendig gewesen
wäre. Die CA dürfte hier aus Interesse an den steirischen Brauereien
eine diesbezügliche Konzetration nicht gewünscht haben. Als letzten
Punkt ersuchte er mich, dass ich in der Paritätischen Kommission dafür
eintreten sollte, dass die Brauereien in Oberösterreich und in Salzburg
wo sie einen ca. 10 Groschen tieferen Bierpreis haben, auf die an-
deren Bundesländer nachgezogen werden dürfen. Ich erklärte ihm,
dass mir dies derzeit unmöglich erschien, da bekanntlicherweise auch
die Brauereiarbeiter Lohnforderungen gestellt haben und wenn es zu
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einer Bierpreisregulierung kommt dies erst zu einem späteren
Zeitpunkt möglich wäre. Am oberösterreichischen und salzburgerischen
Beispiel konnte ich ihm übrigens nachweisen, dass wir noch immer
viel zu viele Kleinst- und Kleinbrauereien gerade in diesem Raum
besitzen und dass, wenn die anderen Brauereien wirklich dort einen
entsprechenden Konkurrenzkampf ggen diese Brauereien führen, dann
selbstverständlich sie einen grösseren Ausstoss kriegen werden
und mit Hilfe dieses grösseren Ausstosses dann ihre Kostensituation
sich verbessern wird. Die geringeren Preise in diesen Gegenden sind
ja organisch gewachsen und seit Jahrzehnten bedingt und Bäuerle
erklärte dies, dass früher dort die Flaschenabfüller tätig waren,
die jetzt allerdings aus dem Markt ausgeschieden sind. Die von ihm
angegebenen Durchschnittziffern wonach nämlich in den USA die durch-
schnittliche Brauereiausstoss 8.000 Liter, in den Niederlanden 2.000
Liter, in Österreich 100.000 Liter und in der BRD 35.000 Liter sind,
hatte ich deshalb nicht gelten lassen, weil diese Durchschnitts-
ziffern dadurch zustandekommen, dass in einigen Ländern wie z.B.
in Wien, NÖ, Steiermark, grosse Brauereien existieren, während eben
gerade in Oberösterreich, Salzburg teilweise in Tirol und Vorarlberg
noch viele Kleinbrauereien existent sind, die aber letzten Endes im
Konkurrenzkampf der nächsten Jahre sicher zugrundegehen werden. Nur
in Deutschland ist besonders im bayrischen Raum eine noch grosses
Zersplitterung zu verzeichnen, dies ist aber mit einer der Gründe,
warum in Deutschland der Bierpreis so hoch ist.
Generaldirektor Ockermüller von der Länderbank, der mir einen An-
trittbesuch abstattete und gleichzeitig auf die Geld- und Währungs-
situation hinweis, hatte ich Gelegenheit vor allem über die Koks-
probleme zu sprechen. Ockermüller selbst war ja lange Jahre hindurch
in diesem Fach führend tätig. Er erinnerte daran, dass 1959 nach seiner
Erinnerung nach Regierungsverhandlungen zwischen Deutschland und
Österreich stattgefunden haben und in einer so kritischen Situation
wie das im Jahre 1970 ist die deutsche Bundesregierung sich ver-
pflichtet hatte, grössere Koksmengen nach Österreich zu liefern.
Ich setzte mich deshalb unverzüglich mit Gen.Dir. Koller von der
VÖEST ins Einvernehmen, da ich im Hause bemerkte, dass dieses Problem
viel zu leger behandelt wurde und vor allem, dass jede Abteilung auf
ihrem Sektor glaubte, irgendwelche Überlegungen anstellen zu müssen
und eine Koordination diese Problemes scheinbar mit der bisherigen
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Organisationsmethode im Hause nicht zu erreichen war. Beim
Abschied kam es noch zu einer für mich zumindestens lustigen
Szene, Ockermüller sagte, Du bitte sei mir nicht böse, ich
bin ein altertümlicher Mann, umarmte mich und küsste mich
auf die Stirne zweimal, alles Gute wünschte er mir zum Schluss
noch.
Mittags gab das Handelsministerium und das Verkehrsministerium eine
Empfang für die ASTA-Kanada im Palais Auersperg. Die ASTA ist eine
Reisebüroorganisation in Amerika, deren Tätigkeit darin besteht,
hauptsächlich jetzt in Österreich zu erkunden, wie und in welchem
Umfang in Österreich entsprechende Arrangements getroffen werden
können. Was mir auffiel war, dass verhältnismässig sehr viele
Beamte von vielen Ressorts und der Fremdenverkehrswerbung anwesend
waren, Ich fragte mich daher innerlich, wann diese Leute arbeiten,
nachdem ihnen scheinbar das Mittagessen von grösster Bedeutung ist.Bei
den kleineren Beamten habe ich dafür noch Verständnis, für die leitende
muss ich allerdings gestehen, gar keines. Ich werde mir diesen Stil
wahrscheinlich die angewöhnen können, da – wenn es irgendwie geht –
wir ja bekanntlicherweise bei uns im gesellschaftspolitischen Institut
ein Werksküchenmittagessen organisiert haben, wo wir sehr schnell
den Schlick hinunterwürgen, dafür aber umso länger bei dieser Gele-
genheit Kontakt mit allen unseren Freunden haben. Ich lege grössten
Wert darauf, dass wir dieses Mittagessen zu einem Arbeitsessen
ausbauen, um den Kontakt und die Informationsmöglichkäit zwischen
den Ministerien und vor allem zu den anderen von uns geführten Stellen
vertiefen zu können.
Da mich der ÖAMTC in einem offenen Brief aufgefordert hatte, ich soll
Wünsche, die er hatte, entsprechend vertreten, nahm ich unverzüglich
Kontakt mit dem ARBÖ uaf, ich ersuchte Otto Effenberger und Hobl, zu
mir zu kommen und erklärte ihnen meine Situation. Ich denke nicht
daran, den ÖAMTC gross ins Spiel zu bringen, sondern ganz im Gegen-
teil ich würde noch ganz dringend dafür einsetzen, dass über das Mini-
sterium gegebenenfalls auch der ARBÖ mit in die Partie eingeschaltet
wird. Zum offenen Brief erklärte ich den Genossen, dass ich nicht ent-
worten würde, dies könnte ich sogar umso leichter tun, als man mir
ja diesen offenen Brief den nächsten Tag zugestellt hat und deselben
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gleichzeitig auch in der Zeitung veröffentlichte. Das heisst,
da die Zeitung von eine Woche vorher gedruckt wurde, hat man
genau gewusst, dass ich vorher eigentlich hätte auch verständigt
werden müssen. Da ich vor Erscheinen dieser Zeitung am Vortag
bis 11.00 Uhr mit den Funktionären des ÖAMTC in der Nacht beisammen
war, hätten sie also Gelegenheit gehabt, mindestens mich darauf auf-
merksam zu machen. Die ARBÖ-Funktionäre versprachen mir, die notwendige
Unterlagen zur Verfugung zu stellen und ich würde dann kurzfristig
einen diesbezüglichen Gesetzesantrag ausarbeiten lassen und sofort
ausschicken lassen. sodass der ÖAMTC auf alle Fälle zu spät kommen
würde. Bei dieser Gelegenheit teilte mir Hobel mit, dass ein guter
Bekannter von ihm, MR Kahr, sich an ihn gewendet hatte und fragte,
was er tun sollte. Die österreichische Volkspartei ist an ihn herange-
treten und hat ihn aufgefordert, in einem Schattenkabinett eine
entsprechende Information an den zuständigen, noch zu bestimmenden
Schattenminister weiterzugeben. Hobel erklärte, dass er ihm empfohlen,
hatte, genauso loyal weiter dem Ministerium zu dienen wie er das bsiher
unter der ÖVP-Alleinregierung getan hatte, was, da es sich bei mir imme
nur im ÖVP- oder CV-Mitglieder handeln kann, nicht allzu schwer
in den vergangenen vier Jahren gewesen ist.
Da Freitag vor Pfingsten niemand mehr anwesend war, habe ich
nur mit Mühlbacher Gelegenheit über die BÜRGES neuerdings zu spre-
chen und ich erklärte ihm und mein Ministerbüro, wir sollten uns
über Pfingsten überlegen, ob wir nicht gegebenenfalls die Zuteilung
von Krediten auf Grund des Gewerbestrukturverbesserungsgesetzes
einstellen sollten, wenn nicht unverzüglich mit den Richtlinien
ein positives Ergebnis in den Verhandlungen zwischen Handelskammer
und Arbeiterkammer erzielt werden kann. Da die Bürges weiterhin
Kredite vergibt nach den alten Richtlinien, besteht die grosse Gefahr,
dass das ganze Geld in kürzester Zeit ausgegeben sein wird. Ich hatte
vormittags auch Gelegenheit, den Generalsekretär Mussil diese meine
Stellungnahme anzudeuten und er hat mir zugesagt, dass er Donnerstag
mit seinem Vertreter Rief den einzelnee Funktionären in den Gremien
und Innungen diese Stellungnahme wird versuchen klar zu machen.
Im Bundeskanzleramt fan-d nachmittags eine Besprechung über die
Kompetenzgesetze statt. Bezüglich des grossen Kompetenzgesetzes
hatte Kreisky gleich einleitend festgehalten, dass er meine Vor-
gangsweise sehr billige, Ich hatte bekanntlicherweise Fachleute
unserer Partei, die sich mit der Verwaltungsreform beschäftigen,
zusammengerufen und sie gebeten, unverzüglich einen wirklich
hieb- und stichfesten Kompetenzgesetzentwurf vorzubereiten. Der
von Loebenstein neuerdings ausgeschickte beinhaltet ja nichts anderes,
als dass er je nachdem wie die Minister sich sei es in der Öffentlich-
keit oder durch Informationen über den Bundeskanzler in einigen Kom-
petenz reissen und die andere abgeben, er die Gesetzentwürfe dann
immer nach diesen Gegebenheiten motoviert und ändert. Dies ist
meiner Meinung nach eine vollkommen unzulängliche Vorgangsweise.
Kreisky teilte diese Meinung und erklärte, er würde die Genossen,
die bereits bei mir arbeiteten, zu einer Besprechung unverzüglich zu
sich zu bitten und sie beauftragen und sie ersuchen, einen diesbezüg-
lichen Grundsatzentwurf auszuarbeiten. Bezüglich der kleinen Kompe-
tenzgesetze, d.h. das Gesetz über die Gründung des Forschungs- und
Wissenschaftsministeriums kam es zu einer lustigen Detaildiskussion
da ich wieder erklärte, ich hätte keinerlei besonderen Grund,
mich um Kompetenzen zu reissen, worauf Kreisky meinte, ich sollte
doch nicht ununterbrochen ihm, wie das in unserer Branche üblich
ist, das Simperl für die Türe stellen, er wisse ganz genau, welche
Schwierigkeiten ich innerhalb meines Hauses habe insbesondere auch
innerhalb der Interessenvertretung der Handelskammer hätte.
Da aber scheinbar Besprechungen mit der FPÖ dahingehend geführt
wurden, dass sie diesen Gesetzentwurf zustimmen können, wenn sie
entsprechende Änderungen dann anbrigen, ist zu erwarten, dass der
jetzt vorliegende Gesetzentwurf, der die Kompetenz des Forschungs-
förderungsfonds der gewerblichen Wirtschaft an das Wissenschafts-
ministerium überträgt, diese Gesetzesstelle wahrscheinlich im
Parlament eliminiert wird. Auf alle Fälle ist in dem jetzigen Gesetz-
entwurf aber vorgesehen, dass das Ministerium in den Forschungsför-
derungsfonds der gewerblichen Wirtschaft Sitz und Stimme hat.
Dies ist allerdings nur ein formeller Punkt, da ich mich
ja überzeugen konnte, dass in Wirklichkeit die Interessenver-
tretungen dort das Geld verteilen und die Vertreter der Mini-
sterien scheinbar nur eine beobachtende Tätigkeit ausüben.
Die jetzt gefasste Formulierung ist mir sehr recht, denn ich
werde zwar sicher dann in der Öffentlichkeit angegriffen werden,
dass ich die Interessen der Industrie und des Gewerbes verraten
habe, kann aber gleichzeitig der Handelskammer beweisen, dass es
besser ist, mit mir ein Arrangement zu suchen als im Parlament
nachher der FPÖ die Chance zu geben, dass sie doch mit der Sozia-
listen gemeinsam einen Gesetzentwurf dann zustandebringt, der letzten
Endes Auch im Interesse von Handel, Gewerbe und Industrie für die
Handelskammer für Bedeutung ist. Bei dieser Gelegenheiten konnte ich
noch feststellen, dass Broda, Kreisky – ich will nicht sagen falsch
aber einseitig informiert hat. Kreisky bezog sich nämlichndarauf,
dass es mir geglückt ist, mit der Aussprache bei Broda über die
Frage des Eherechtes entsprechende Korrekturen anzubringen. Ich
erwiderte, dass dies nicht stimmt, dass ich dies auch gar nicht
beabsichtigt hatte, sondern dass ich ausschliesslich eine Aussprache
herbeiführen wollte, die mir dann ja letzten Endes auch in der
Vorwoche geglückt ist. Broda selbst sagte, na ja gut, abe wir haben
uns doch sehr gut gesprochen, worauf ich erwiderte, das ist richtig,
aber es wurden keine wie immer gearteten Änderungen des Gesetzent-
wurfes vorgenommen, ja nicht einmal ein Beistrichvom Entwurf geändert.
Broda dürfte also Kreisky informiert haben, dass er nicht nur meine
Anregung aufgegriffen hatte sondern alles zum Besten gewesen sei.
Anschliessend begab sich die Bundesregieung zum Grossen Zapfenstreich
der allerdings sehr verregnet wurde. Aufgefallen ist, dass die
ÖVP ich glaube nur durch die FraumStadtrat Schaumaier vertreten war
von der ehemaligen Bundesregierung oder vom Nationalrat war überhaupt
niemand anwesend. Wir bemerkten untereinander, ich sass neben Androsch
und Veselsky, dass sie halt nicht imstande sind, in der zweiten Reihe
sitzen zu wollen. Als wir während dieses Schüttens immer wieder
hfeststellen musste, dass weder Androsch noch ich etwas übrig hatten
für dieses militärische Zeremoniell, Androsch selbst war ja 1963
in glaube überhaupt erst beim Militär, so kamen wird dann zu der
Überzeugung, dass es zwar nicht schlecht ist, wenn wir in der Regierung
sind, aber dass wir gerade das alles auch mitmachen müssen, sei nicht
gerade angenehm. Ich erwiderte ihm, ja das sind dann die Folgen, wenn
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man eine sozialistische Regierung im eigenen Land hat, dann
geht es auch in diesem Punkt gegen unsere Auffassung. Veselsky
kam neben General Fussenegger zu sitzen und liess sich von ihm
den grossen Zapfenstreich ununterbrochen erklären, sodass er glaube
ich jetzt bestens informiert ist, wie diese militärische Parade
abgeführt wird. Wir waren deshalb froh, denn da konnten wir wengistens
das genau immer aufstehen und uns wieder niedersetzen, wie es das
militärosche Zeremoniell erforderte.