Der Gastwirteverband, eine freie Vereinigung der Gast- und Schankstät-
ten-Unternehmer, kam mit Präs. Krebs, VP Deutsch und Komm.Rat Wild
und Haxmann. Der Antrittsbesuch sollte dazu dienen, um dem blauen
Gastwirteverband die Möglichkeit zu geben, seine Wünsche bei mir
zu deponieren. Ich hatte gebeten, dass man mir die konkreten For-
derungen gleich mitteilt. Leider hatte sie diese nicht mit, aber
in Wirklihckeit geht ihr Problem immer nur darum, den Lokalbedarf
für ihre Gaststätten zu erhalten. Ich konnte ihnen unter Anwesenheit
von Sekt. Chef Habel auseinandersetzen, dass sie doch als fortschritt-
liche Unternehmen die Entwicklung kaum aufhalten könnten, das konser-
vierende Element der Gewerbeordnung beseitigt werden muss, und deshalb
sicher eine Art Befähigungsnachweis zweckmässig erscheint, aber keines-
wegs in dem Umfang wie er bisher bestanden hat. Zielführend könnte nur
sein eine Fähigkeitsprüfung, sei es durch eine Schulausbildung, sei es
durch eine Lehrausbildung und Gesellenprüfung oder wie immer man sie be-
nennen will, als Grundlage für ein Befähigungszeugnis anzustreben. Die
Forderung ihrer Organisationen und der Bundeskammer auf strenge Ein-
haltung der gesetzlichen Lokalprüfung und Befähigungsprüfungen hat
ja nur dazu geführt, dass heute an die 280 Betriebsformen im Gast-
und Schankgewerbe existieren.
Bauzentrumvertreter Präs. Hrastnik von der Universale, VP KR Quester,
Dipl.Ing. Durst und Dir. Jirasko erklärten ihre Bereitschaft, unsere
Konsumenteninformation nicht nur zu unterstützen, sondern auch noch
zu fördern. Koppe wird sich deshalb mit ihnen ins Einvernehmen setzen.
Ich benützte diese Gelegenheit, um dieses neutrale Forum auf die
notwendigen Massnahmen aufmerksam zu machen, die insbesondere bei
der Baurationalisierung bestehen, um sowohl das Wohnbauprogramm als
auch das Leasing-Verfahren für Sozialkapital – Schulen, Hochschul-
institute, Krankenhäuser – usw. erfüllen zu können. Die Herren waren
an unseren Ausführungen und Wünschen sehr interessiert und wiesen be-
sonders auf folgende Entwicklung hin, dass endlich eine Normung in
Österreich für die Fertigbauweise eingeführt werden müsste, weil sonst
keine wie immer geartete Möglichkeit besteht, ein wirklich rationel-
leres Bauen und damit eine höhere Bauleistung zu erbringen. Die Be-
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schäftigung im Baugewerbe nimmt ununterbrochen ab, sodass der Vor-
wurf, der gegen die Bauinnung erhoben wird, dass sie zu hohe Löhne
zahlen, in Wirklichkeit nach Auffassung dieser Herren illusorisch
ist. Ich werde im Einvernehmen mit Moser, den ich bei der Ministerrat-
vorbesprechung über dieses Problem eingehend informiert habe, und
erdieselbe Meinung hat wie ich, dass wir nämlich unverzüglich das
in Angriff nehmen sollen, einen Brief an die Bauforschung schreiben
und sie um ganz konkrete detaillierte Vorschläge ersuchen.
ANMERKUNG für Heindl: Bitte, einen solchen Brief mit Büro Moser
entwerfen.
Der britische Botschafter Wilkinson hatte bei seinem Antrittsbesuch
die Absicht, auch auf das Problem der Unflottung der AUA auf engli-
sche Maschinen zu sprechen zu kommen, worauf ich ihm allerdings so-
fort erwiderte, dass dafür der Verkehrsminister Frühbauer zuständig
sei.
Bei der Wirtschaftlichen Ministerkomiteesitzung teilt Frühbauer mit, dass
die AUA nun endgültig darauf wartet, eine entsprexhende Weisung zu
bekommen, wie sie nun die Umflottung durchführen soll, wobei allerdings-
neuerdings bekräftigt wurde, dass BAC – die britische Firma dafür über-
haupt nicht in Frage kommt. Verhandlungen mit der Schweiz sind sehr
weit gediehen und es hat den Anschein, als ob man wirklich zu einem
Abschluss kommen könnte. Bezüglich des Leasingverfahrens hat Herr Unger
mitgeteilt, dass nun 10 Stück Postämter im Leasingverfahren machen
könnte und sieh die Kosten auf ca. 7.500 8 / m2 stellen würden gegen-
über nach seinen Berechnungen 9 – 10.000 mit Einrichtungen wie sie der-
zeit geplant werden. Androsch bezweifelt diese Ziffer und es wird des-
halb eine Überprüfung von Frühbauer durchgeführt werden. Nach Angaben
der Firma würden sich die Miete auf 72.- S/m2 stellen, während der-
zeit 90.- /m2 bei der Post für Miete und Finanzierungsaufwand ge-
rechnet werden muss. Schachinger hatte seinerzeit als Generalpost-
direktor ein solches Leasingsystem bereits vorbereitet, aber Koren
letzten Enedes dagegen Einsrpuch erhoben, weil der Rechnungshof
dies als zu teuer betrachtet hat. Übrigens Androsch, der in der
Sitzung nicht teilnehmen konnte, hat ebenfalls dieselbe Meinung.
Die Firma COMOS, die zu 55 % die CA besitzt und zu 45 % die Vereinig-
ten Tanklager AG in Hamburg wünscht die CA derzeit ihren Anteil abzu-
stossen. Das Grundkapital ist 35 Mio S. Die CA erwartet für ihre
55 %, dass sie ebenfalls 35 Mio S bekommt. Das Verkehrsministerium
hat dafür natürlich kein Geld, sodass auch die DDSG nicht ermächtigt
werden kann, diesen Anteil zu kaufen. Es ist überhaupt noch nicht
sicher, ob die CA wirklich einen konkreten Käufer derzeit hat, angeb-
lich sind Deutsche oder Jugoslawen im Gespräch.
Bezüglich des Baues des Kernkraftwerkes konnte kein endgültiges
Beschluss gefasst werden, weil noch immer alle Vorarbeiten von Seiten
der Gesellschaft offen sind. Die Rumänen-Verhandlungen über den
zinsenlosen Kredit konnten ebenfalls nicht bereinigt werden, da nach
Auffassung Weihs zuerst ein Kreditvertrag mit der rumänischen National-
bank und dem Finanzministerium abgeschlossen werden muss, zweitens
die Verhandlungen nachher mit den Rumänen über die Wünsche und konkre-
ten Waren geführt werden sollen und in dritter Phase dann eine Aus-
schreibung zur Folge hätte, wer die Lieferungen abwickeln sollte.
Bezüglich Krisengroschen wollte Weihs von 7 auf 19 Groschen gehen,
während Kreisky auf dem Standpunkt stand, dies sei viel zu viel,
man müsste höchstens auf 15 Groschen den Krisengroschen erhöhen,
um unter den seinerzeitigen Höchstsazt von 19 Groschen zu bleiben,
den Schleinzer auch schon seinerzeit dekretiert hatte. Weihs
sprach sich mit Recht dagegen aus und man einigte sich dann auf
17 Groschen. Damit könnte nach Berechnungen Weihs noch das Auslangen
gefunden. werden.
Die Investorentätigkeit werde ich unverzüglichst in Angriff nehmen
und Kreisky meinte, es müsste jeder Brief über meinen Schreibtisch
gehen. Am 15.Juni hat nämlich Bielka einen Brief an das Handels-
ministerium von einer Fa. Wild in Herbruck AG geschrieben, der Inter-
esse hätte, bei uns in Österreich Investitionen durchzuführen. Ich
werde mir den Akt natürlich jetzt kommen lassen, bin aber überzeugt
davon, dass es sich nur um eine Dutzendanfrage handelt. Kreisky meinte
auch, wir sollten eine ganzseitige Annonce in der Zürcher Zeitung
aufgeben, ich halte von dieser Insertion gar nichts, da er aber so
begeistert ist, glaube ich, wäre ein Versuch wert, eine mit seinen
Leuten abgesprochene Public Relation-Seite in die Zürcher Zeitung
zu geben und dann zuzuwarten.
ANMERKUNG für KOPPE: Bitte, einmal erheben, was diese eine Seite
kosten würde, und womöglich Bundespresse-
dienstbezahlung vorschreiben.
Bei der Ministeratsvorbesprechung schlug Gratz vor, einen Bundes-
schulbaufonds zu schaffen, um die ca. 5 Mia Aufwände, die in den
nächsten elt Jahren fürSchulen notwendig sind, mit Hilfe von Ge-
meindegeldern zu mobilisieren. Der Bund sollte dann im Leasing die
Gebäude übernehmen. Als Kapitaleinzahlung hat sich Gratz vorgestellt,
die vorgesehenen 100 Mio S für den Schulbau, wovon 40 % auf Hochschu-
len und 60 % auf Bundesschulen entfallen, 60 Mio 8 einzuschiessen.
Androsch war bereit, über dieses Problem mit Gratz zu verhandeln,
er war nicht bereit, dass Gratz einen Gesetzentwurf aussendet, wo er
diesen Bundeschulbaufonds vorschlägt. Dies fällt in die ausschliess-
lich Kompetenz des Finanzministers. Da bei den Wohnbaufonds in den
Ländern derzeit 4 Mia S stillgelegt sind, wird Androsch versuchen,
an dieses Geld zur Zwischenfinanzierung heranzukommen. Diese Gelder
müssen auf Grund der derzeitigen Rechtslage stillgelegt bleiben, da
wenn eine Zusicherung für eine Genossenschaft erfolgt, sofort die
Mittel gesperrt sind und die Auszahlung dieser Mittel aber erst nach
Baufortschritt erfolgt. Den Zinsgewinn stecken die Länder ein.
Gesamtwirtschaftlich zur Konjunkturdämpfung halte ich und habe dies
auch gesamt, die Lösung für sehr günstig, weil dadurch eine Über-
hitzung des Bauvolumens vermieden werden kann und wenn wir nicht
zu einer wirklichen Normung kommen, die Bauunternehmungen ja kaum
imstande sind eine grössere Bauleistung zu erbringen.
Wondrack teilte mit, dass der tunesische Botschafter bei ihr war
und ein Sozialabkommen zwischen beiden Staaten anstrebt. Er will
1000 Fremdarbeiter nach Österreich bringen und Wondrack hat die Bundes-
kammer aufgefordert, ihr mitzuteilen, ob eine solche Anwerbung über-
haupt beabsichtigt ist. Kreisky teilte mit, dass er mit Benya eine
Aussprache gehabt hätte über dieses Problem und er auf dem Stand-
punkt steht, hier müsste unbedingt abgewartet werden, was der Ge-
werkschaftsbund zu diesem Problemen Fremdarbeiterbeschäftigung sagt.
Von der UNICEF hat Dr. Kyrle und Dr. Bermann bei ihr vorgesprochen
und ersucht, es sollte der Beitrag von 116.000 $ erhöht werden,
denn nach uns kommen fast keine Länder mehr, vor uns sei z.B. die
Türkei und Finnland mit jeweils 220.000 $ . Androsch erwiderte, dass
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er dafür kein Geld hat und selbst Kreisky musste zugeben,
dass es für ihn ganz unmöglich ist, jetzt von Androsch einen
grösseren Betrag zu verlangen. Die UNICEF stellt sich vor, dass
wir den Budgetansatz von 3 Mill. auf 4 Mill. im Jahre 1971 er-
höhen. Kreisky wollte im Einvernehmen mit dem Vetteidigungsminister
Freihsler die Offiziere, die unter 65 bereits in Pension gehen
wollen, womöglich mit 60 schon in Pension schicken und versuchte,
bei der Gelegenheit auch das Problem der alte Universitätsprofessoren,
die derzeit bis 70 Vorlesungen halten könne, ebenfalls um 5 Jahre he-
runterzudrücken. Da Gratz aber bereits einen Gesetzentwurf ausgeschickt
hatte, wo das Höchstalter von 70 auf 68 herabgesetzt wurde, wird
auch versucht werden, Offiziere, die sich freiwllig melden, mit 63 in
Pension zu schicken, wobei ihnen allerdings die Biennien, die sie
noch zu erwarten hätten, angerechnet werden sollten. Ich glaube,
dass sich diese Diskussion aus der Situation heraus ergeben hat,
dass scheinbar die älteren Generäle im Verteidigungsministerium
Widerstand geleistet haben oder noch leisten, und deshalb vorgezogen
wird, sie mit allen ihren Benifizien, die sie sonst im aktiven Dienst
noch erwerben könnten, bereits jetzt zu pensionieren, unter der Vor-
aussetzung, dass dies auch von ihnen akzeptiert wird.
Nach der Ministerratssitzung hatte ich noch Gelegenheit mit Mussil
zu sprechen und ihn insbesondere darauf aufmerksam zu machen, dass
ich am Donnerstag bei unserer ganztätigen Sitzung von ihm konkrete
Vorschläge erwarte, wie die weitere Zusammenarbeit resp. Arbeit über-
haupt erfolgen sollte. Ich erklärte ihm, dass ich vollstes Verständ-
nis dafür habe, dass es vielleicht einige Probleme gibt, die von
uns nicht in Angriff genommen werden sollten, weil es sich umheilige
Kühe handelt, die eben nicht geschlachtet werden könnten, er müsste
mir dies mitteilen. Alles andere würde ich ansonsten in Angriff nehmen
um hier endlich weiterzukommen, wie z.B. Frage Gewerbeordnung usw.
Er erklärte sofort, dass eine der heiligen Kühe die Frage der Preistrei-
berei- und das Preisregelungsgesetz ist. Ich liess ihn nicht um un-
klaren, dass ich vom wirtschaftspolitischen Standpunkt z.B. auf eine
Novellierung des § 3 a) bestehen werde und diesbezügliche Vorschläge
dem Innenminister erstatten werde. Er erklärte sofort, dass dies ein
Kriegsgrund sei, ich werde versuchen, ihm dies bei unserer ganztätigen
Besprechung auszureden.
Die Heizölsituation betrachtete er als genau so kritisch
und ist überzeugt, dass Gen.Direktor Bauer ihn und mich
falsch informiert. Er hat derzeit weder Heizöl, schwer, noch
Heizöl, leicht, und wird auch im Winter beide Mengen und Sorten
nicht zur Verfügung haben. Ich musste ihm bestätigen, dass ich
z.B. vorige Woche wegen 57 t Öl die von der Austria Bäckerei der
Konsumgenossenschaft benötigtwurden, intervenieren müsste, um
die Brotversorgung für diese Woche sicherzustellen. Da ich mich
wegen Freitag bei der ÖMV über die Schwefelverbrennung ange-
meldet hatte, werde ich dieses Problem neuerdings zur Sprache
bringen.
Der Delegationsleiter von SALT, Semjonow, hat sozialistische
Regierungsmitglieder nach Baden eingeladen. Semjonow war vor
15 Jahren wesentlich an der Gestaltung des Moskauer Memorandums
beteiligt, wie Kreisky bei einer Tischrede feststellte. Nach dem
Essen zogen sich Waldbrunner, Kreisky und Semjonow zurück und
anschliessend teilte mir Waldbrunner mit, dass ihm Semjonow
gesagt hatte, dass nun Aussenhandelsminister Patolitschew nach
Wien kommt und er u s nur empfehlen kann, den Mann besonders
zu behandeln, da er in Russland eine bedeutende Rolle spielt.
Die Betreuung wäre auf gar keinen Fall den Beamten zu überlassen.
Ich konnte Waldbrunner insofern sofort beruhigen, als ich ihm
mitteilte, dass ich persönlich die ganze Zeit für Patolitschew
zur Verfügung stehe.