Freitag, der 17. Juli 1970

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Gehart, der jahrelang im Handelsministerium tätig war, dann aber in
eine Privatfirma gegangen ist, kommt nun wieder über das Aussenamt,
dort wird er nämlich angestellt, in unsere Grundsatzabteilung zurück.
Min.Rat Maisel und er hatten deshalb eine Besprechung mit mir über seine
zukünftige Tätigkeit. Ich war mit jewedem Vorschlag einverstanden, da ich
überzeugt war, dass Gehart als junger dynamischer Mensch sowieso sich
sehr bald wird in alle Fragen,die grundsätzlicher Natur sind, einarbeiten
wird. Bei der Gelegenheit informierte ich gleiche beide, Koppe und Heindl
waren anwesend, über die Aussprache mit Schleifer, Maisel ist der Mei-
nung, dass Schleifer auch bei seinen eigenen Leuten nicht allzu ernst ge-
nommen wird, ich glaube aber, dass wir doch vorsichtiger vorgehen sollen,
allein der Ausdruck "Gorilla-Abteilung" zeigt, wie sehr die Grundsatz-
abteilung und Maisel hier in der Öffentlichkeit des Ministeriums diskri-
miniert werden soll.

Nach wochenlangen Verhandlungen ist es mir endlich geglückt, dem rumä-
nischen Botschafter mitteilen zu können, dass die finanzielle Abtwick-
lung für die 20 Mio zinsenfreien Kredit an Rumänien gesichert ist.
Da der rum Botschafter nach Bukarest zurückfährt, war es wirklich der
letzte Zeitpunkt. Ich hatte mir vorgenommen, wenn in Zukunft im Minister-
rat solche Probleme wieder anstehen, auf alle Fälle zuerst auf die
finanzuelle Sicherung zu drängen und nicht so es das letzte Mal gesche-
hen ist, meine Argumente vom Tisch wischen zu lassen, in der konkreten
Durchführung ergeben sich dann – wie sich herausgestellt hat – ungeheure
Schwierigkeiten. Bei dieser Gelegenheit teilte der rum. Botschafter
mit, dass er erwartet, dass mit Ceausescu auch der Aussenhandelminister
im Herbst nach Wien kommen würde, dass er zweitens eine Gemischten Kom-
mission wünscht und drittens die Kooperation mit den Firmen fortgesetzt
werden soll. Viertens er-wartet er eine weitere Liberalisierung, die 1970
bereits eingeleitet wurde, auch für die nächsten Jahre. In allen vier
Punkten konnte ich meine Zustimmung geben, wobei ich allerdings darauf
hinweis, dass die Kooperation auf österreichischer Seite nur auf frei-
williger Basis mit den Firman erreicht werden könnte. Eine Unterstützung,
sei es zollmässiger oder sonstiger Art, könnte nicht so leicht durchge-
führt werden wie dies auf rum. Seite sicher möglich ist, da es sich
ja dort um verstaatlichte Firmen handelt, die ausschliesslich denWei-
sungen der rum. Bildstellen zu folgen haben. Es ist anzunehmen, dass


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diese Probleme, und als solche erklärte ich mich einverstanden, mit dem
Aussenhandelsminister im Herbst diskutiert werden.

Die Präsidenten der Produktenbörse hatten sich beim Bundesminister Weihs
zu einem Kurzbesuch angemeldet und da sie auch zu mir kommen wollten,
erklärte ich, dass ich zu Weihs hinüberkomme und gleich gemeinsam diesen
Anstandsbeusuch erledigen möchte. Bei dieserGelegenheit konnte ich
feststellen, dass die Herren, die mir fast alle bekannt waren, in Wirk-
lichkeit fragen kamen, ob die Getreideernte tatsächlich von ihnen über-
nommen werden kann, da angeblich die Banken drängen und bei ihnen Be-
denken angemeldet hatten. Weihs erklärte, dass es sich bei diesem AUf-
kaufaktionen zwar um privatwirtschaftliche Verträge handelt, die der
Staat mit den einzelnen Händler, Genossenschaften und Mühlen schliesst,
dass diese aber selbstverständlich geheim gehalten werden. Er verwies
insbesondere darauf, dass am Vortag Minkowitsch erklärt hätte, dass die
Getreideenrteübernahme gefährdet ist, währenddem am nächsten Tag im Bauern-
bündler von Leopold ein Artikel erschienen ist, der gross herausgebracht mit-
teilte, die Getreideernteübernahme ist gesichert. Da die Banken schein-
bar hier wirklich entsprechend Stimmung gegen diese ganzen Verfügungen
des Ministeriums oder die Bedenken, die sie gegen solche Verfügungen
haben, machten , erklärte ich den Herren der Produktenbörse, dass ich
das Gefühl hätte, wenn die Banken nicht so illiquid derzeit wären, sie
wahrscheinlich solche Bemerkungen nicht gemacht hatten, denn die MOG
sind nicht das erste Mal nur kurzfirstig verlängert worden und noch nie.
mals hatten die Banken, die die Geldgeber der Erntefinanzierung sind,
Bedenken gehabt, wie sie sie jetzt zum Ausdruck gebracht hatten. Die
Herren des Produkten-handels und der Produktenbörse waren über diese Er-
klärungen von Weihs und mir hoch erfreut.

Anschliessend hatte ich mir Weihs eine lä-ngere Aussprache über Erhöhung
des Krisengroschens bei der Milch. Meiner Meinung nach müsste es genügen,
wenn der Krisengroschen von 7 auf 17 Groschen und nicht wie unter Schlein-
zer
bis auf 19 Groschen erhöht wird. Ich kann diese Rechnung nicht prüfen,
hatte mit ihm aber folgende Milchmädchenrechnung angestellt: Aus dem
ersten Halbjahr 1970 sei noch ein Restbetrag von 60 Mio S verfügbar.
Im zweiten Halbjahr würden ca. 120 Mio S eingehen, insgesamt stünden
nach seiner Rechnung 180 Mio S dem Krisenfonds zur Verfügung. Nach einer
Aufstellung des Milchwirtschaftsfonds würden wir allerdings für das


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zweite Halbjahr 218 Mio S an Stützungsmitteln benötigen, um den
Überschuss wegzubringen. Bei einer Anlieferung im zweiten Halbjahr
1970 von(eineinzehntel)1,1 Mio t müssten 232.000 t exportiert werden,
das sind 21 %. Gehe ich allerdings von den 1,1 Mio T Milchanlieferung
im zweiten Halbjahr aus, so erhöht sich meine Einnahme aus dem Krisen-
groschen, da ich für die 1. Qualität, welche 30 % der Anlieferung aus-
macht, 10 Groschen erlöse, ergibt das 77 Mio S, für die 2. und 3. Qua-
lität, 30 % der Anlieferung, erlöse ich 17 Groschen, ergibt 55 Mio S.
Im zweiten Halbjahr stünden deshalb 132 Mio S zur Verfügung. Allerdings
ist damit zu rechnen, dass sich durch die Erhöhung des Krisenfonds die
Milchschwemme eindämmt und wahrscheinlich auch nicht 1,1 Mio T angelie-
fert werden. Als Kompensation dafür allerdings muss ich auch nicht mit
so grossen Stützungsmengen im Export rechnen. Sollte sich wider Er-
warten, die Rechnung nicht ausgehen, dann wäre auch mit 17 Groschen
noch das Auslangen denn zu finden, da ich ja etliche Abrechnungen für
den Export in das Jahr 1971 hinüberziehen kann. Ich müsste dann nur
um die Rechnung glatt zu kriegen, den Krisengroschen halt längere
Zeit auf 17 Groschen lassen, als ich dies bei 19 Groschen tun müsste.

Sowohl mit Botschafter Wodak als auch mit Gen.Dir.Bauer und Dir.Feich-
tinger
in der ÖMV Schwechat hatte ich über den zu erwartenden Besuch
Patolitschews gesprochen. Wodak steht auf dem Standpunkt, man müsste
unbedingt die Gaspreisfrage zur Sprache bringen. Die ÖMV dagegen nimmt
genau den gegeteiligen Standpunkt ein. Sicher ist, dass die ÖMV bei
den seinerzeitigen Verhandlungen in Russland es sehr schwer gehabt hat,
den Gaspreis mit 14,1 $ festzusetzen, da die Austria-Ferngas bereits
17 $ den Russen angeboten gehabt haben. Andererseits ist sicher, dass
die Russen jetzt den Italienern sowie den Westdeutschen den Gaspreis
mit 12,6 $ für Lieferungen ab 1973 zur Verfügung stellen. Die Verhand-
lungen, die seinerzeit mit Russland von der ÖMV geführt wurden, hatten
sorgesehen, dass in der ersten Periode von 7 Jahren dieser Preis gel-
ten sollte, Der Vertrag selbst ist ja für 23 Jahre ausgelegt. Wenn
nun meint die ÖMV wie zu stark auf eine Preisreduktion drängen, werden
die Russen diese Haltung aus zwei Gründen nicht verstehen. Erstens
weil wir einen Vertrag ja fix abgeschlossen haben mit ihnen und zwei-
tens, weil ja gerade in der jetzigen Phase die ganzen Energiepreise,
Keks, Heizöl usw., anziehen. Vergleich mit 16,1 $ ist nur im Jahre 1973
möglich und man müsste deshalb nach Meinung Bauers und Feichtigers erst
knapp vor Lieferbeginn mit den Italienern eine entsürechende neue Ver-
handlungsrunde mit Russland wegen einer Preisreduktion starten.



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Viel wichtiger erscheint der ÖMV, dass wir alles daran setzen,
um gegebenenfalls noch zusätzliche Mengen von russischem Rohöl
zu bekommen. Ein diesbezügliches Gespräch das Feichtiger vor mit
mit Moskau führte, hatte kein Ergebnis, da der russische Vertreter
erklärt hat, wir haben kein zusätzliches Öl und können daher auch
keines liefern. Trotzdem will Feichtiger auf alle Fälle nach Moskau
fahren, um mit höheren Stellen gegebenenfalls zusätzliche Mengen zu
erhandeln. Derzeit bemüht sich die ÖMV um das Rohöl, welches bei uns
auf Heizöl destilliert wird, entsprechende zu strecken, Mittelprodukte,
das sind sogenannte Aufmischkomponenten im persischen Golf zu
kaufen. Diese 250.000 t, die als Gasöl für einen Laien ist das nichts
anderes als Dieselöl, hereinkommen, sollten dann mit Heizöl gemischt
werden und dazu beitragen, die 155.000 t Heizöllücke zu überbrücken.
Für diese Aufmischkomponente bräuchte aber Feichtiger unbedingt einen
Zollerlass, da er ansonsten zu noch höheren Preissteigerungen kommen
würde, als wir dies sowieso zu erwarten haben. Betreffend die Raffi-
nerie von Lannach , wo wir uns über die Schwefelfrage eingehendst
informierte, hatte Koppe, aber schön langsam auch ich den Eindruck,
dass die ÖMV sehr sehr froh wäre, wenn es zu diesem Raffineriebau
überhaupt nicht käme. Nach Aussage Gen.Dir, Bauers meint er, man
müsste das in Frieden sterben lassen. Sicher ist eines, dass die
Schwechater Raffinerie, die derzeit auf eine Kapazität mit 5,5 Mio T
ausgelegt ist und wahrscheinlich am 16. Oktober tatsächlich mit dieser
dritten Destillationsstufe in Betrieb gehen kann, jetzt schon einen
Plan für einen Ausbau von 12 Mio t in Vorbereitung hat. Sicher ist
weiters, dass Lannach der ungünstigste Ort für die Errichtung einer
Raffinerie ist. Drittens ist weiters sicher, dass die derzeitigen
präliminierten Verarbeitungskosten in der Raffinerie Lannach nach
Aussgae von Bauer sich auf 8 $ stellen würden. Dies würde um mindestens
2 $ über den zu erwartenden Preis von Schwechat im Jahre 1973 sein.
Wenn hier nicht für Gen.Dir. Bauer der Wunsch Vater dieser Überlegungen
ist, dann müssten wir noch vorsicher vorgehen als wir dies sowieso
vorhaben, denn wenn wir dann die Raffinerie nicht genehmigen, dann
hätten die internationalen Gesellschaften eine gute Absprungsbasis um
uns die Schuld zu geben, dass wir die Industrialisierung von der
Steiermark verhindert haben. Obwohl sie gar nicht mehr die Absicht
hätten, eine entsprechende Raffinerie, die so teuer arbeitet, tat-
sächlich aufzubauen. Anderseits wieder, wenn wir die Raffinerie
aufbauen und einen Alarmplan und entsprechende Vorschläge unterbreiten,
wonach sie nur entsprechend schwefelarmes Öl verheizen dürfen oder


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entsprechend grosse Lagermengen von schwefelarmem Rohöl zu halten
damit sie gegebenenfalls, wenn die ESSO zwei zu stark der Nieder-
schlag wird, sofort dieses schwefelhaltige Öl einsetzen, dann
wird die Kostenlage so ungünstig, dass niemand, wenn dieser Alarm-
plan eintreten sollte, dann tatsächlich verlangen wird, dass er
eben durchgeführt wird. Andererseits verlangen wir derzeit
von der Lannacher Raffinerie, dass sie entsprechende Public-Relation
Arbeit leisten sollte, um die Öffentlichkeit auf dieses Industrie-
projekt aufmerksam zu machen und darauf hinzuweisen, dass bezüg-
lich der Verschmutzung und Verpestung der Lust alles erdenkliche
vorgekehrt wird, damit keinerlei gesundheitliche Schäden von der
Bevölkerung zu befürchten sind. Ich glaube, wir sollten darauf
drängen, dass die zuletzt angeführten Gutachten der meteorologische
Zentralanstalt so schnell wie möglich vorgelegt werden.

ANMERKUNG für Koppe: Bitte, entsprechende Schritte veranlassen.

Auf Grund unserer gestrigen Besprechung mit Sallinger und Mussil
ist es gelungen, einen gewissen Teilerfolg zu erzielen, Mussil
hat mitgeteilt, dass die Bundeskammer sich endlich durchgerungen
hat, in die Grundsatzabteilung Dr. Klose zu entsenden. Bezüglich
der Eier-Kennzeichnungsverordnung kann er keine Zustimmung geben,
ich teilte ihm mit, dass ich deshalb die Verordnung abfertigen
werde. Wir müssen jetzt allerdings einen Akt anlegen, aus dem
ersichtlich ist, dass wir nach ca. 3-wöchigen Verhandlungen mit
der Bundeskammer, Gen.Sekr. Mussil, zu keinem positiven Ergeb-
nis gekommen sind und die Bundeskammer deshalb zur Kenntnis
nimmt, dass von mir der Akt unterschrieben wird und keine wie
immer gearteten Abänderungwünsche dazu stellt, sondern eben die
ganze Qualitätsverordnung als solche ablehnt.

ANMERKUNG für Heindl: Bitte, dies sofort über die zuständige
Abteilung durchführen zu lassen.

Mussil teilte mit auch mit, dass er mit allen Beteiligten und
in Frage kommenden Stellen über die Bürgesfinanzsituation ge-
sprochen hätte. Sekt.Chef Habel sei sehr pessimistisch, Min.
Rat Wohlgemuth sei ganz anderer Meinung wieder und Min.Rat Hauffe
gebe ihm ebenfalls nur unzulänglich falsche Auskunft und die


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Ziffern stimmten ebenfalls nicht. Er hätte deshalb von seiner
Finanzabteilung Dr. Ecker beauftragt und der hätte auch mit
allen möglichen Stellen gesprochen und keinerlei befriedigende
Auskunft erhalten. Mussil ist, das konnte ich entnehmen, über
diese Entwicklung mindestens genauso unzufrieden als ich es
in den vergangenen Wochen gewesen bin.

Tätigkeit: Präs. Bauernbund
GND ID: 118894366


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      Tätigkeit: Landwirtschaftsminister bis 1976
      GND ID: 130620351


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        Tätigkeit: MR HM
        GND ID: 133521052


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          GND ID: 11863447X


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            Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


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              Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
              GND ID: 102318379X


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                Tätigkeit: GD ÖMV


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                  Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


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                    Tätigkeit: MR HM


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                      Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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                        Tätigkeit: Leiter Wirtsch.pol. Abt. HK


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                            Tätigkeit: sowj. Außenhandelsminister


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                              Tätigkeit: ÖMV
                              GND ID: 132912112


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