Samstag, der 1. August 1970

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Bei der Eröffnung der Dornbirner Messe hatte ich Gelegenheit,
mit Bürgermeister Dipl.Ing. Mayer von Bregenz, ein Genosse, der
gemeinsam mit der FPÖ vor ein paar Wochen zum Bürgermeister ge-
wählt wurde, zu sprechen. Mayer selbst sagte mir, dass am Abend
nach den Bregenzer Festspielen die Vertreter der Festspielgemeinde
mit mir gerne im Weissen Kreuz reden wollten, um eine entsprechende
Subvention für ihren Kongress im Festpielhaus von meinem Ressort
zu bekommen. Laut Mitteilung hätte Mitterer vor Jahren bereits
sehr konkrete Zusagen gemacht. Ich selbst musste ihn enttäuschen,
indem ich ihm erklärte, dass es dafür in meinem Budget derzeit
überhaupt keine Mittel gibt und ich auch schwer mir vorstellen kann,
dass wir grössere Mitteln für das Jahr 1972 bereitstellen könnten.
Bei einem ERP-Kredit dagegen – nachdem sich die Festspielgemeinde
eine GesmbH beilegen wird - die den Bau durchzuführen hat – könnte
ich mir sehr gut vorstellen. Die Eröffnung der Dornbirner Messe
war insofern sehr interessant, als nicht nur Präsident Rhomberg, sond
dern auch Mayer-Gunthof das Wort ergriff und einige Wünsche an den
anwesenden Handelsminister überbrachte. Ausserdem redete der Bür-
germeister von Dornbirn, Dr. Bohle, und der Organisator der Hand-
werksausstellung, Dipl.Ing. Ahamer. Ich hatte dadurch einige gute
Aufhänger z.B. bezeichnete mich der Bürgermeister als den Oberbe-
fehlhaber, Mayer-Gunthof meinte, ich müsste ein Christkind sein,
sodass ich auf Grund dieser vorhergehenden Reden sehr aktuell
und ich hoffe auch witzig darauf antworten konnte. Trotzdem hatte
ich selbstverständlich die von mir vorgenommene Kritik an der
restriktiven amerikanischen Importpolitik für Textilien festge-
halten und besonders herausgestrichen. Da ich den Landeshauptmann
Kessler vor der Ansprache schon versichert hatte, ich würde auf
seinen Brief und seine Wünsche, die er dort geäussert hatte,
eingehen und bei der Rede dann doch infolge der fortgeschritttenen
Zeit und auch weil ich wirklich darauf vergessen habe, nicht mehr
eingegangen bin, ersuchte mich der Landeshauptmann, bei dem ge-
meinsamen Mittagessen der Gemeinde Dornbirn, dies nachzuholen.
Ich war dazu gerne bereit und versicherte ihm und den Anwesenden,
dass die Bundesregierung nicht die Absicht hatte, die Kompetenzen .
der Länder zu beschneiden. Was das Fremdenverkehrskonzept betrifft,
das Mitterer noch ausarbeiten liess und das eine gewisse Kompe-
tenzübertragung von den Ländern an den Bund vorgesehen hat, konnte


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ich ihm und den Anwesenden versichern, dass ich ganz im Gegenteil
eine Reorganisation der Fremdenverkehrswerbung, die von den Bun-
desländern immer mehr gefordert wird, tatsächlich immer im Auge
habe und in kürzestes Zeit in Angriff genommen werden wird.

Eine anschliessende Pressekonferenz, die sehr gut vorbereitet warm
es waren fast an die 30 Journalisten anwesend, und die vor allem
Journalisten umfasste, die wirklich Detailkenntnisse von den einzelnen
Sachgebieten mitbrachten, war für mich sehr lehrreich. Ich glaube,
ich hatte mich auf dem heiklen Parkett Vorarlbergs insoferne ganz
gut benommen, als ich einerseits darauf hinwies, dass mir vollkommen i
klar ist, wie kritisch man in Vorarlberg alle die Äusserungen von
Innerösterreich beachtet. Auf eine Nebenbemerkung konnte ich ja
auf die Erfahrungen anderer Politiker wie z.B. Probst mit Fussach,
Withalm mit der Politikerbesteuerung und Benya mit der Zusammenar-
beit der Wirtschaftspartner gemacht hat, hinweisen. Z.B. wollte man
von mir unbedingt wissen, ob sieh schon die Händlerkreise von
Vorarlberg mit mir ins Einvernehmen gesetzt hatten, bezüglich einer
Aufstockung der Grenze für die zollfreie Einfuhr von Reiseartikeln.
Ich erwiderte, es wäre nicht Vorarlberg und die Alemanen wäre-n nicht
so tüchtig, wenn sie nicht schon Gelegenheit genommen hätten und ich
auch mit dem verantwortlichen Obmann der Sektion Handel diesbezügliche
Besprechungen während der Messe schon geführt hätte. Ich konnte al-
lerdings, oder versuchte es zumindestens, die Vorschläge restriktive
Massnahmen zu ergreifen, entkräften, sondern wies im Gegenteil
darauf hin, dass ich eher Vorschläge von Seiten der Handelskreise
erwarte, wo man eine Reziprozität mit der Schweiz erreichen sollte.
Derzeit ist es angeblich so, dass in der Schweiz wirklich kontrol-
liert wird, ob ein Schweizer 24 Stunden im Ausland gewesen ist, be-
vor er Waren zollfrei als Reiseandenken mitnehmen kann. Ich selbst
erklärte bei der Pressekonferenz, dass es mir eigentlich unmöglich
erscheint, als Fremdenverkehrsland hier eine rigorise Kontrolle
durchzuführen und dass man doch eher versuchen müsste, liberaler
in dieser Frage vorzugehen. Ich verwies darauf, dass sogar die
Absicht besteht, die 650 S-Grenze zu erhöhen. Die Ausführungen wurden
– ausser wahrscheinlich von den Journalisten , die den Handel ver-
treten – sehr positiv aufgenommen und da ich mich nicht nur auf
solche Einzelfragen sondern auf jedwede Frage eine ausführliche Aus –
kunft gegeben hatte, sagte mir zum Schluss ein Vertreter vom


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Rundfunk, der ein Interview mit mir aufgenommen hatte, er gehöre
zwar nicht meiner Partei an, sondern im Gegenteil, der ÖVP, aber
er müsse anerkennen, dass dies die beste Pressekonferenz gewesen
ist, die jemals in Vorarlberg abgehalten wurde. Ich halte diese
Bemerkung nicht als Eigenlob fest, sondern nur als Bestätigung
meiner Meinung, dass wir in Vorarlberg zwar auch seine Überzeugung
kann den Vertretern darlegen, nur dass man dies halt so vorsichtig
unddiplomatisch mache muss und vor allem man doch mit dem Wiener
Schmäh, dass man nicht ausrutscht. Ich hoffe zumindestens, dass
mir das geglückt ist.

Die Besprechung mit den Industriellen von der Textilbranche war
äusserst instruktiv und ich glaube auch für mich insofern erfolg.
reich, als es mir gelang, das Eis, das selbstverständlich zwischen
den Vertretern, die mich noch nicht kennen und mir doch gebrochen
werden konnte. Da ich mir ziemlich viel Detailinformationen ver-
schafft hatte und auch ziffernmässig glaube ich ganz gut beschla-
gen war, so entstand der Eindruck, dass hier nicht der Minister
kam, um sich lästige Bittsteller anzuhören, sondern dassich schon
entsprechend vorbereitet mit ihnen diskutieren und argumentieren
wollte. Dabei hatte ich gleich einleitend festgehalten, dass ich
es mir nicht als Aufgabe und Zielschnur gesteckt hatte,immer meine
Meinung den anderen auszuzwingen, aber genau wenig natürlich sie
von mir erwarten dürften, dass ich ihnen zu Ohr rede und gar nichts
anderes sage, als sie von mir hören wollen, sondern dass ich im
Gegenteil meine Auffassung zu den einzelnen Punkten mit ihnen eben
diskutieren wollte. Da Min.Rat Wagner von der Messeabteilung immer
anwesend war, wird es ja wahrscheinlich einen diesbezüglichen Akten-
vermerk machen. Es ist vielleicht zweckmässig, diesen Aktenvermerk
an den Rundlauf an die dafür in Frage kommenden Stellen zu geben,
um meine Auffassung, die ich dort dokumentiert hatte, auch im
Hause bekanntzumachen.

ANMERKUNG für Heindl: Bitte, dies veranlassen.

Da von der ÖVP dabei auch der NR Dr. Plenk, ein Industriellenver-
treter Vorarlbergs anwesend war, benutzte ich gleich die Gelegenheit
daarauf hinzuweisen, dass doch in der Preispolitik wir uns der Dema-
gogie des ÖAAB nicht beugen werden und dass es ganz sinnlos ist,
zu glauben, dass man uns links überholen könne. Plenk stimmte mir
zu und bezeichnete z.B. die Diskussion vom Milchgipfel über das


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Margarinepreisproblem und die Unilever-Gewinne als ausge-
sprochen unsinnig. Zum Schluss sagte noch der Präsident der
Handelskammer Vorarlberg, er hatte sich sehr gefreut, dass
ich gekommen wäre und erw ürde mich auch in die Handelskammer
einladen, was mich zur Bemerkung veranlasste, ich würde dies
sehr gerne annehmen und auch erwarten, aber in NÖ, wo mich die
Handelskammer eingeladen hat, hat Mussil mich leider wieder aus-
geladen. Ich hoffte, dass ich mit dieser Bemerkung die alemani-
sche Sturheit angeregt habe und sie mich wirklich zu einer Voll-
versammlung der HK einladen werden.

GND ID: 118634100


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      Tätigkeit: Bgm. Dornbirn, ÖVP


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        Tätigkeit: Stadtrat Linz


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          Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


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            Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
            GND ID: 102318379X


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              Tätigkeit: Präs. Dornbirner Messe


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                Tätigkeit: Handelsminister, ÖVP, Präs. HK Wien


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                    Tätigkeit: MR HM [1971 zuständig für das Messwesen; gemeinsam mit Pellech genannt; evtl. Falschidentifikation]


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                      Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
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