Bei einer Budgetvorbesprechung mit Schipper, Marhold und Schütz
konnte ich feststellen, dass die Bürokratie im Hause nicht ge-
glaubt hat, dass wir imstande sein werden, ein Konzept auch finanziel-
ler Natur für eine wirkliche Industriepolitik und aktive Handelspoli-
tik zu erstellen. Da seinerzeit bereits Androsch, ohne dass ich ihn
gedrängt habe, mir erklärt hat, er möchte ca. 100 Mio S dem Mini-
sterium zur Verfügung stellen, um in Erfüllung unseres Wirtschafts-
programmes entsprechende Ansätze im Budget auch zu haben, hatte ich
die Bürokratie ersucht, man sollte jetzt nachdem die Abstriche im
Finanzministerium mit ca. 45 Mio vorgenommen wurden, sich den Kopf
zerbrechen, wo und welche Posten in dem Budgetentwurf aufgestockt wer-
den sollen, die dann jederzeit von uns, d.h. von mir oder vom Mini-
stergrundsatzbüro entsprechend verfügt werden können. Ebenso musste
Vorsorge getroffen werden, um für den Fremdenverkehr die Mittel ent-
sprechend einsetzen zu können, ohne dass wir die bisherigen verstreu-
ten Aktionen weiter fortführen. Bei einer weiteren Budgetbesprechung,
wo auch dann Sekt.Chef Habel und Min.Rat Gasser von der OB daran teil-
nahmen wurden die Wünsche dieser beiden besprochen, wobei auch hier
zum Ausdruck kam, dass es vielleicht doch möglich sein sollte, die
Kürzungen wenigstens – die das Finanzministerium vorgenommen hat –
wegzubringen. Insgesamt waren ja 40 Mio nicht einvernehmlich festge-
legt worden. Auch diese beiden Vertreter hatten kaum die Überzeugung,
dass es uns wirklich gelingen würde, die notwendigen Ansätze im
Finnzministerium durchzusetzen. Bei den nachmittägigen Verhandlungen,
wo ich zuerst eine Vorbesprechung mit Androsch allein hatte, konnte
ich feststellen, dass Marhold richtig informiert war und vor allem
Waltersdorfer, das ist der sachlich diesbezüglich zuständige Referent
im Finanzministerium. für die Handelssektion, ihn hat wissen, lassen,
dass maximal mit 180 Mio S zu rechnen sei d.h. incl. der Abstriche
von 40 Mio. Wie das Finanzministerium auf Beamtenebene durchgeführt hatte.
Bei der Einnahmensschätzung die Rohölpreise, die im Vorjahr
mit 615 S/t als Grundlage gedient haben und heuer im ersten Entwurf
auf 490.- S reduziert wurden, sehr tief angesetzt waren, hatte das
Finanzministerium zu Recht verlangt, dass wir die Montangebühren
die im Jahre 1969 253 Mio erbracht hatten und im Bundesvoranschlag
1970 mit 245 Mill. eingestellt waren und nach dem Entwurf der Berg-
behörde auf 195 Mill. reduziert werden sollten, ebenfalls wieder er-
höht werden müssten. Dies war deshalb eine berechtigte Forderung,
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weil zwar die Berechnungen, die die OB angestellt hat, im Frühjahr des
Jahres, davon ausgegangen sind, dass die Rohölpreise und die Rohölmen-
gen und Gasmengen nicht zur Verfügung stehen werden, dass aber
in Wirklichkeit jetzt in den letzten Monaten eine sehr starke Erhö-
hung auch der Rohölpreise zu berücksichtigen ist, sodass es also ein
leichtes war, einerseits die gewünschte Forderung von Erhöhung von mind.
40 Mio S bei den Montangebühren auch zuzustimmen. Unter diesen Bedin-
gungen war Androsch bereit, die 100 Mill., die er mir seinerzeit an-
geboten hatte, auch tatsächlich in der Beamtenbesprechung zu vertreten.
Die Diskussion war deshalb verhältnismässig kurz, ich versuchte sie
wie immer mit einigen Bonmots aufzulockern und es war deshalb in
fast einer Stunde möglich, das Budget über die Runden zu bringen.
Die Fremdenverkehrswerbung, die im heurigen Jahr den Bundesanteil
mit 59,1 Mil. S hat und die lt. Vorschlag des FM zuerst auf 46,2 Mill.
hätte gekürzt werden sollen, bekommt denselben Betrag, nämlich 51,9
Mill. S. Für die Fremdenverkehrförderungsausgaben, die heuer mit 35,3
Mill. S veranschlagt wurden und laut Vorschlag des Finanzministeriums
auf 28,8 Mill. S reduziert werden sollten, werden die Anträge der
Sektionen lauteten auf 45,6 Mill. auf 48,8 Mill. S erhöht, weil wir
für die Gemeinden statt 2 Mill. S ausser die 1,8 Mill. S die wir
Zinsenzuschüsse schon für seinerzeitige Leistungen, die gebunden sind,
erbringen müssen, auf 4 Mill. S erhöht werden. Für die Länder wurden
wieder die 500.000.- S eingestellt. Die Bergbauförderng, wo für Kohle
anstelle der derzeitigen 40,7 Mill. von der Sektion 60 Mill. S gefor-
dert wurden, hat das Bundesministerium dann diese 60 Mill. S für den
Kohlenbergbau akzeptiert. Dieser Betrag ist ausschliesslich deshalb
notwendig, weil die GKB-Alpine Betrieb der Fohnsdorfer und GKöflacher
Revier ein solches Defizit aufweisen wird, dass wir mit Hilfe dieser
60 Mill. S die Kohlenproduktion dort über Wasser halten werden.
Weitergehende Wünsche der GKB – ich hatte ja stundenlange Verhand-
lungen mit den Genossen – konnte deshalb nicht berücksichtigt werden,
weil – wie Androsch richtig sagte - er muss ja sowieso noch entsprechen
de Haftungen für die Alpine geben und man müsste halt dann innerhalb
des Konzernes zu einer glücklicheren Lösung kommen. Bei den Industrie-
und Gewerbeförderungsausgaben wurden für derzeit 68 Mill. von der Sek-
tion geforderten und vom Finanzministerium abgestrichenen 13 Mill. S
ausser der Aufhebung dieses Abstriches eine Gesamtpost von 71,5 Mill. S
jetzt eingesetzt, wobei allerdings 20 Mill. S für die Industrieförderung
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intern gesperrt bleiben, damit nicht Wohlgemuth, die Abteilung 24,
glaubt, sie könnte über diese Beträge tatsächlich verfügen. Auch
die Aufwandskredite wurden mit 3 Mill. S festgestellt, ebenfalls
mit Sperrung, um die entsprechenden Studien-und Werksaufträge geben
zu können. Darüber hinaus wird die Bürges in irgendeiner Form für
500.000 Mill. S eine Bundeshaftung bekommen. Dies wird allerdings im
einem eigenen Gesetz notwendig sein. Da wir für die Exportförderung
im derzeitigen Budget 3 Mill. S eingesetzt sind, nicht mehr bekommen
konnten, hatte das Finanzministerium die 100 Mill. S auf 93 Mill. S
jetzt gekürzt, und zu meiner grössten Verwunderung sowohl Sekt.Chef
Schipper als auch Marhold und Schütz zugestimmt, dass wir dies akzep-
tieren sollten. Ich führte noch einen Verzweiflungskampf ganz allein
ich hatte das allerdings mehr aus Optik getan und musste natürlich
dann letzten Endes weil Androsch dann erklärte, jetzt ist aber wirk-
lich Schluss, die 97 Mill. S akzeptieren. Wir müssen jetzt unverzüg-
lich die entsprechende Punktation, wie wir diese Gelder verwenden
werden und in welchem Rahmen wir uns vorstellen, dass die entsprechende
Zinsenzuschüsse gegeben werden, ausarbeiten und Androsch dies bis
spätestens 14. September übermitteln. Politisch gesehen konnte ich
abends dann , als insbesondere Veselsky, der vormittag verhandelt
hatte und für die verstaatlichte Industrie keinerlei Zuschüsse heraus-
fetzen konnte, doch Androsch insoferne recht geben, dass seine Politik
vollkommen richtig ist, denn erstens muss durch das Budget des Handels-
ministeriums es für die ÖVP äusserst schwierig werden, das Budget abzu-
lehnen und ich werde nicht verabsäumen in der Budgetdebatte diese
Tatsache, wenn sie die Ablehnung tatsächlich vornehmen, besonders he-
rauszustreichen, denn die Beamten sagten, sie hätten nie erwartet,
ein solches Budget zu erreichen, und zweitens hat ja die verstaatlich-
te Industrie durch die Neukonstruktion der ÖIAG ein entsprechendes
Konzern-Finanzkonzept vorzulegen. Derzeit ist ein solches Konzept
nicht vorhanden und deshalb hat Androsch glaube ich ganz richtig
entschieden, indem er sagte, wir wollen von der ÖIAG keinerlei Ein-
nahmen aus ihren Gewinnen, andererseits aber kann ich derzeit keine
wie immer gearteten Zuschüsse geben. Veselsky berichtete, dass er
von der Kantgasse angerufen wurde und der Kokal ihm mitgeteilt
hatte, dass eine helle Empörung herrscht und er den Zwischenrufen
entnehmen konnte, dass Direktoren oder sonstige in seinem Zimmer
einen solchen Wirbel gemacht haben, dass man das bis zu ihm ge-
hört hat. Aus all diesen Äusserungen kann ich nur schliessen, dass
entweder Veselsky irgendwie Hoffnungen gemacht hat, Leuten, oder
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andererseits die Genossen und vor allem die Nichtgenossen glaube,
dass die SPÖ unter allen Umständen den verstaatlichten Betrieben
zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen, die Androsch derzeit
im Budget gar nicht unterbringen kann. Ich hatte bei der Besprechung
dann bei uns im Haus die Sektion II und IV nur ganz kurz verständigt,
dass die Streichungen zurückgenommen werden konnte über die anderen
Ziffern habe ich natürlich mit niemandem gesprochen, obwohl ich fürchte
dass sich dies im Haus herumreden wird.
Min.Rat Hanisch wollte unbedingt wegen der Bevorratung und der Finan-
zierung von Bevorratung für die Wirtschaftliche Landesverteidigung mit
mir reden und eine diesbezügliche Aussprache ergab, dass er sich vor-
stellt, dass wir mindestens 50 Mill. S fürs erste oder eine Umlage von
0,45 % auf alle Importe durchführen, um eine entsprechendes Pflicht-
lager finanzieren zu können. Ich hatte dieses Programm für ganz sinnlos
sagte ihm auch, dass de zeit keine wie immer gearteten Möglich-
keiten bestehen, dies auch tatsächlich durchzusetzen. Bei dieser Ge-
legenheit erwähnte er, dass seine Arbeitskraft nicht ausgelastet
ist und er sich sehr gut vorstellen könnte, dass er für Konsumenten-
fragen usw. herangezogen wird, dass man alle Abteilungen dann zusammen-
fassen sollte und er als Sektionsleiter und ältester Ministerialrat
endlich den Sektionschefposten bekommen müsste. Mein Hinweis, dass
ihm ja bekannt ist, dass es unmöglich ist, einen IX-Posten zusätzlich
zu kriegen, wurde von ihm mir gegenüber auch bestätigt, sein Vor-
schlag wäre dann gewesen, man sollte halt die Sektion II, wenn Habel
weggeht, mit Römer als Juristen besetzen und er könnte dann die Sek-
tion II als Sektionschef führen. Ich hatte ihm keine wie immer ge-
artete Zusagen gemacht, sondern nur erklärt, ich kenne ihn schon
seit 25 Jahren, ich könnte doch nichts dafür, wenn ihm Unrecht ge-
schehen sei, man würde sich überlegen, wie weit er zusätzlich Agenden
kriegen könnte, aber ich habe derzeit keine Möglichkeit auf sein
Angebot konkret bereits zu antworten.
Mit Sekt.Chef Reiterer hatte ich eine lange Aussprache über die zu-
künftige Politik in der Sektion. Bei dieser Gelegenheit konnte ich
feststellen, dass man mit ihm doch wesentlich mehr wird reden müssen
als dies in der Vergangenheit der Fall gewesen ist, um ihm erstens
das Gefühl zu geben, dass seine Meinung von grösster Bedeutung ist
ich hatte deshalb ihm auch zugesagt, dass wir gemeinsam bevor ich
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nach Bulgarien fahre, in die Schweiz fahren, und er meinte und ich
hatte diese Äusserung für wichtig, dass wir zuerst in der Schweiz den
ersten offiziellen Auslandsbesuch als Minister machen müssen. Es
wird ja die Sdhweizer-österreichische Kommission, die unverbind-
liche Besprechungen führt wegen der Integration, Anfang September
in Wien tagen und es werden dort dann einige Probleme sicher offen
bleiben, die ich dann in der Schweiz, ich werde hinfliegen und sofort
wieder zurück – dann mit dem Leiter des volkswirtschaftliche Departe-
ments Kruger besprechen kann. Ich werde die Vorgangsweise allerdings
vorerst mit Waldheim noch abstimmen.
Dr. Harmann auch Düsseldorf, der früher in der Messe AG gearbeitet
hat, kam mit Dr. Marton als seinen Repräsentanten, der in der
Fremdenverkehrsgesellschaft Wien arbeitet, um die Idee des inter-
nationalen Hauses bei mir zur Unterstützung vorzulegen. Seine
Absicht ist, dass in Österreich so wie dies in Brüssel jetzt
geschieht, ein internationales Haus errichtet, wo die Länder ihre
entsprechenden Vertretungen, die sich mit Handelsfragen beschäftigen
unterbringen sollen. Die Idee ist zweifelsohne sehr gut, in Chicago
und New York gibt es bereits solche Trade-Centers und er wird jetzt
einmal versuchen, von Salvik ein Grundstück zu bekommen und wird
sich dann die Mitteln von den einzelnen Staaten durch Verträge
sichern. Er will keine finanzielle Unterstützung von Seiten des
Ministeriums und ich glaube deshalb, dass wir schon allein
aus diesem Grund eine Initiative, die uns nichts kostet, unter
allen Umständen unterstützen sollen.
Tagesprogramm, 2.9.1970