Die Vorstandsfraktion des Arbeiterkammertages in Wien beschäftigte
sich mit der Resolution, die die nächste Vollversammlung beschliessen
soll. Bei dieser Gelegenheit konnte ich feststellen, dass der ÖAAB ver-
sucht, ganz konkrete Forderungspunkte in die Resolution unterzubringen
Da ich die erste Formulierung des ÖAAB nicht kenne, konnte ich nur bei
der verabredeten Formulierung meine Bedenken geltend machen. z.B. der
Satz: Ein sehr wesentliches Anliegen der Vollversammlung stellt auch
die Sicherstellung der notwendigen Investitionen der Verstaatlichten
Industrie dar. Es müsste Vorsorge getroffen werden, dass dafür aus-
reichende Mittel zur Verfügung stehen, – kann so verstanden werden,
dass im Budget wieder die ÖIAG die Mittel zur Aufstockung des Kapi-
tals bei den einzelnen Gesellschaften bereitgestellt wird. Diese
Forderung wird sicherlich auch vom ÖAAB in den Verstaatlichten Betrie-
ben aufgestellt werden. Da Androsch aber kein Geld hat und auch
andererseits die ÖIAG in Zukunft die Finanzierung in eigener Regie
durchführen soll, kann eine solche Resolution nur gegen die Regierung
ausgelegt werden. Andererseits wieder hat der LAAB ganz entschieden
dagegen ausgesprochen, dass in der SPÖ- Entwurf vorgesehen war, die
Vollversammlung begrüsst daher die bisherigen Initiativen der Bundes-
regierung zur Verbesserung verschiedener Wirtschaftsgesetze, so
etwa des Preistreibereigesetzes, des Preisregelungsgesetzes und das
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und erwartet, dass diese im
NR einer positiven Erledigung zugeführt werden. Wenn der ÖAAB dieser
Forderung zugestimmt hätte, die übrigens seit Jahrzehnten immer von
den Arbeiterkammern und dem Gewerkschaftsbund aufgestellt wurde,
dann hätte es eine zweckmässige Unterstützung der Parlamentfraktion
der SPÖ bedeutet. Ich bin neugierig, ob es unsere Genossen in der
Arbeiterkammer gelingt, den ÖAAB zu einer Resolution zu bewegen,
die in irgendeiner Weise aussagekräftig ist und doch noch einstimmig
gefasst werden kann. Wenn die Voraussetzung, um eine solche Resolution
in der Öffentlichkeit politischen Kampf verwenden zu können ist, wenn
eine solche Resolution einstimmig mit allen Fraktionen gegebenenfalls
gegen die Stimme der KPÖ oder bei Stimmenthaltung der KPÖ gefasst
wird.
Da sich die Fraktionssitzung länger dahinzog, traf ich beim Weggehen
Drennig, der mit folgende Mitteilung machte. Er kannte den Vortrag
von Taus in der Betriebswirtschaftlichen Woche, wahrscheinlich hat
er ihn ja sogar ausgearbeitet und auch die Stellungnahme zu den
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300 Mill. S Investitionsprojekt Investitionskredit AG, die über die
Nationalbank finanziert werden soll. Er bestätigte mit, dass innerhalb
der ÖVP von einzelnen Bankfachleuten die Meinung auch vertreten wird,
man sollte diese Schlussfinanzierung der Industrie über diesen Weg
versuchen. Allerdings sprach er sich – wie sein Chef – ganz entschieden
dagegen aus, dass die Investitionskredit AG allein diese Finanzierungs-
möglichkeit eingeräumt bekommen soll. Bei dieser Gelegenheit konnte ich
in Erfahrung bringen, dass Taus darauf reflektierte, in die Credit-
anstalt als Generaldirektor zu kommen. Die ÖAAB-Fraktion innerhalb der
ÖVP war aber zu schwach, und es wird nun Dr. Treichl, der im Apparat
der CA aufgewachsen ist, diesen Posten einnehmen. Drennig ist ein ganz
gewiegten und tüchtiger junger Mann und ich könnte mir sehr gut vorstellen,
dass er einmal der Taus-Nachfolger wird, er meint allerdings, dass dies
noch zu früh ist, auch dann wenn Taus wirklich in die CA abgeschwommen
wäre. Drennig versprach mir aber ziffernmässige Unterlagen für die End-
finanzierung der Industrie und ich bin neugierig, ob und in welchem Aus-
mass er sie uns zur Verfügung stellen wird. Auf alle Fälle wäre es
zweckmässig, wenn wir interfraktionell dieses Problem besprechen, ihn
jedenfalls zu den Besprechungen heranziehen. Er ist letzten Endes auch
als Vertreter des nö. Bürgschaftsfonds ein bedeutender Mann auf dem
Sektor, der für uns Fremdenverkehr- und Gewerbeförderung von grosser
Bedeutung ist.
Bei meinem Referat vor den Bauarbeitern wurde auch meine Fernsehaufzeich-
nung der Bauarbeiterfraktion mit einem Videorekorder durchgeführt. Die
Bauarbeiter verwendet verhältnismässig sehr viel Geld für neue Einrichtung
nicht nur ihrer Heime, sondern auch vor allem für die technische Ausrüstung
ihrer Gruppe. Ich glaube, zwar dass es vorerst notwendig wäre, dass auch
der Interviewer sich entsprechend schult, aber im grossen und ganzen halte
ich einen solchen Videorekorder, der imstande ist, bei den einzelnen
Bauarbeiterversammlung dann gespielt zu werden, für sehr zweckmässig.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Sollten wir nicht versuchen, diese Videorekorder
besser einzusetzen, und vor allem durch Schulung der Interviewer
ein wirklich lebhafteres Programm zu erstellen.
Der Betriebsrat der Hohenauer Zuckerfabrik hatte mich ersucht, ich sollte
unbedingt ihr Werk besichtigen. Da er nächstes Jahr Betriebsratwahlen
hat, brauchte er dringend meine Anwesenheit. Ich bin zwar nicht davon
überzeugt gewesen, aber habe ihm dann letzten Endes doch zugesagt, dem
Betrieb zu besichtigen. In diesem Fall meldeten sich sofort dann die
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Besitzer, Strakosch und Habich , und luden mich als Handelsminister ganz
offiziell zu dieser Betriebsbesichtigung ein. Dies war deshalb vom
grossen Vorteil, da der Rundfunk ebenfalls anwesend sein wollte. Das
Interview, welches der Reporter sofort von Habich und von mir verlangte,
war über das Problem des Zuckerpreises. Ich konnte mich sehr gut ausreden
da ich bei der 100 Jahr-Feier vor 3 Jahren nicht anwesend sein konnte,
und versprochen hatte, bei der erstbesten Gelegenheit, die Fabrik zu be-
suchen und dies sei jetzt der Fall. Der Dr. Habich dagegen wurde ununter-
brochen gefragt, was sich die Industrie nun vorstellt und sagte zum Schluss
doch zwischen 8 und 16 % würde sich maximal der Antrag der Zuckerindustrie
bewegen. Bei einer abschhiessenden Besprechung, an der nur Dr. Strakos, der
Besitzer der Hohenauer Zuckerfabrik und Dr. Habig, ein Mitbesitzer und
entfernter Verwandter der Familie Strakos, und ich teilnahmen wurde tat-
sächlich von ihnen das Ersuchen gestellt, ich sollte ihren Zuckerpreis-
antrag entsprechend unterstützen. Ich ließ sie nicht im Zweifel, daß der
jetzige Zeitpunkt der denkbar schlechteste sei. Es stimmt zwar, daß
ihre Kosten entsprechend erhöht wurden, so unter anderem eine neuerliche
Lohnerhöhung vor der Kampagne. Außerdem mußten sie für den Kokspreis fast
den doppelten Ansatz als im Vorjahr in Kalkulation stellen. Auch bei
Öl sind sie derzeit noch mit Mobil in Verhandlungen, die um 16 % einen
höheren Preis verlangt als im Vorjahr. Trotzdem glaube ich, daß in der
jetzigen Phase eine Zuckerpreiserhöhung kaum möglich sein wird. Ich ver-
wies darauf, daß die Bundesregierung daransetzt um die Margarinepreis-
erhöhung zu verhindern. Sollte die ÖVP wider Erwarten dieser Umsatzsteuer-
senkung für Margarine und Öle nicht zustimmen, dann würde eine Belastung
auf diesem Sektor unumgänglich sein. Ich könnte mir dann nicht gut vor-
stellen, daß gleichzeitig auch noch eine Zuckerpreiserhöhung genehmigt
würde. Der Zuckerpreis ist in seinen Hauptsorten noch immer preisgeregelt
und deshalb ist eine Zustimmung der Preisbehörde erforderlich. Außerdem
wird Zucker derzeit in einem Ausmaß produziert wie er überhaupt nicht im
Konsum verwendet werden kann. Tatsache ist, daß derzeit bei Beginn der
Kampagne 80.000 t Zucker noch aus der vorhergehenden Kampagne lagern und
der Verbrauch maximal mit 270.000 t angenommen wird und die heurige Ernte
wird wahrscheinlich mindestens diese 270.000 t bringen. Ich schlug deshalb
den beiden Herren vor, sie sollten sich den Kopf zerbrechen wie man den
überschüssigen Zucker so schnell wie möglich im Inland durch entsprechende
Abgabe an bevorzugte Verbraucher wie Bauern zum silagieren oder weiterver-
arbeitende Industrie für die Süßwarenerzeugung wegbringen könnte. Insbe-
sondere der Präsident der Zuckerindustrie, Dr. Habig, wehrte sich gegen
die Idee einen zweiten Zuckerpreis offiziell zu installieren, da er die
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Angst hat, daß damit der offizielle Zuckerpreis auch für den
Konsumenten ins Wanken gerät. Vor Jahren sind die Bauern an ihn
herangetreten und haben gesagt, sie wären bereit zur Silagierung
als Silagemittel Zucker zu verwenden, wenn dieser ungefähr 400,- S
pro Zentner zu haben sei. Die Zuckerfabriken haben darauf im
Vorjahr von den ca. 47,- S pro Meter-Zentner für die Rübe 12,- S
von der plus-plus-Rübe die für Silagezucker verwendet wurde abge-
zogen. Für die anderen plus-plus-Rüben wurden nur 6,- S pro Meter-
Zentner in Abzug gebracht. Dadurch glauben die Zuckerfabriken, daß
sie den Silagezucker tatsächlich um diesen Preis abgeben können.
Die Kalkulation sieht nun folgendermaßen aus: 400,- S Silagezucker
franko Verbraucher, 20,- S abzüglich Fracht ist 380,- S; die Kosten
für die Fabrik 140,- S = 240,- S minus 30,- S Transport Rübe zur
Fabrik verbleibt für den Bauern 210,- S, dies ist bei 7 x 30,- S
für die Rübe 210,- S Einstandspreis für die Bauern als Verrechnungs-
ansatz. Die Zuckerindustrie hat nun dieser Silageproduktion und dem
zweiten Zuckerpreis zugestimmt, wenn sie von der Preisbehörde den
schriftlichen Bescheid kriegt, daß dieser Zucker nicht ihrer
normalen Kalkulation angerechnet wird, das heißt, daß man nicht
diese Zuckermenge als Divisor verwendet, wenn es gilt die anlaufen-
den Kosten zu errechnen. Präsident Lehner von der Präsidentenkonfe-
renz der Landwirtschaftskammern hat mich vor längerer Zeit wissen
lassen, daß diese Angelegenheit als erledigt zu betrachten ist. Zu
meiner größten Verwunderung hat Habig mir aber mitgeteilt, daß er
auf eine schriftliche Mitteilung – um nicht zu sagen auf einen
Bescheid – der Preisbehörde noch immer wartet und solange nicht
bereit ist Silagezucker im größeren Ausmaß zu erzeugen. Seiner
Meinung nach, und insbesondere Dr. Strakos' Meinung nach, könnte
aber hier ein wesentlicher Absatzmarkt gewonnen werden. Man schätzt
daß dies bis zu 80.000 t Zucker gehen könnte, derzeit ist nur
maximal 10.000 t geplant. Ich schlug den beiden Herren vor, sie
sollten innerhalb ihrer Organisation einen konkreten Plan für
weitere Absatzmaßnahmen ausarbeiten, den dann über die Interessens-
vertretunggan die Regierung herantragen und ich bin überzeugt
davon, daß wir gemeinsam ein solches Arrangement beschließen
könnten, wenn in der Paritätischen Kommission die Bundesregierung
zu einem solchen Arrangement aufgefordert wird Stellung zu nehmen.
Dadurch hätte die Zuckerindustrie die größte Gewähr, daß auch dann,
wenn eine andere Bundesregierung einmal sein würde die Interessens-
vertretungen nach wie vor die Linie vertreten müßten, die sie
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jetzt dann mit der Bundesregierung gemeinsam beschlossen haben.
Die Angst der Zuckerindustrie, daß ein für die Zucker verarbeitende
oder für die Landwirtschaft verbilligter Preis, letzten Endes alle
anderen Abnehmer auf den Plan ruft, ist zweifelsohne richtig, muß
aber im Interesse des Zuckerabsatzes unter Verhinderung einer Preis-
steigerung aufgegeben werden.
Bei einem Österreich-Gespräch in Gänserndorf am Abend, wo – wie mir
der Bürgermeister versicherte – nur lauter Genossen anwesend waren,
wurden zwei Minister, ein Nationalrat, der Präsident des nieder-
österreichischen Landtagklubs und der Bürgermeister bemüht. Hier
müßte eine ökonomischere Einteilung Platz greifen.