Der Zentralausschuss der Bediensteten wünschte eine Aussprache und
hatte einige kleine Forderungen. Das Bundeskanzleramt anerkannt
das Patentamt nicht als Zentrale Dienststelle, sondern als nachge-
ordnete Dienststelle und verwendet deshalb die Beförderungsricht-
linien für nachgeordnete Dienststellen auf diese zentrale Tätigkeit
des Patentamtes an. Heindl wird versuchen, dies im Bundeskanzleramt
zu klären. Für die C- und B-Beamten gibt es keine Zulagen und des-
halb werden sie oft schlechter gestellt als Schreibkräfte, die sofort
8 60.- Zulagen bekommen. Im Ministerium gibt es nur für die C-Beamten
zwei 5. Dienstklassenposten und zwar den Kanzleidirektor Schubert,
der gleichzeitig Vertreter im Zentralausschuss ist und den Leiter der
Amtskasse. Im Finanzministerium sollen es 40 C-Beamte sein, die in
die 5. Dienstklasse kamen und ausserdem bis zur Dienstalterszulage vor-
rücken können. Dieses Problem wird die Personalvertretung in einem
Schreiben an das Präsidium festhalten. Ein wesentlich wichtigeres
Problem war der Wunsch, statt um 8 Uhr zu beginnen auch im Winter
dem Einzelnen die Möglichkeit zu geben, um 7.30 Uhr bereits den Dienst
anzutreten, d.h. eine gleitende Arbeitszeit einzuführen. Ich sprach
mich im Prinzip für eine gleitende Arbeitszeit aus, nur sagte ich,
eine halbe Stunde sei nicht zielführend, es müsste eine wesentlich
höhere Differenz sein, dass der Dienstbetrieb nicht leidet. Einzelne
Sektionsleitungen und Abteilungsleitungen haben sich gegen eine solche
Idee ganz entschieden ausgesprochen. Ich verlangte deshalb von der
Personalvertretung, dass sie mir einen Vorschlag macht, wie dann eine
entsprechende Sicherstellung des Dienstbetriebes, insbesondere auch
eine Kontrolle der Anwesenheit möglich ist. Schleifer machte als Obmann
des Zentralausschusses den Vorschlag, es sollten – so wie dies bei ihm
schon einmal gewesen ist – An- und Abwesenheitsbücher geführt werden.
Dann hätte die Sektionsleitung die Möglichkeit, jederzeit in den
Abteilungen festzustellen, wo sich der betreffende Beamte befindet, resp.
wie seine Arbeitszeiteinteilung an diesem Tag ist. Der Zentralausschuss
wird mir noch diesbezügliche Vorschläge unterbreiten, ich selbst werde
deshalb mich noch absolut passiv verhalten. Der wichtigste Punkt der
Aussprache aber war, dass sie auf ihre Vorschläge betreffend Be-
setzung von leitenden Posten zu sprechenkam. Sie hatten mir ja vorge-
schlagen, den Min.Rat Kinscher oder Hauffe ohne eine Reihung für diese
beiden vorzunehmen, die Sektionsleitung der SEktion II zu übertragen.
Sie bekärfitgten neuerdings, dass dies ihrer Meinung nach unbedingt
03-0740
jemand aus dem eigenen Hause sein müsste und wiesen darauf hin, dass
es im Bundeskanzleramt, als Jirisch berufen wurde, eine grosse Un-
ruhe gegeben hat, die bis heute noch nicht entsprechend sich gelegt
hat. In der Berghauptmannschaft hatten sie einmal nur aus dem Land-
und Forstwirtschaftsministerium jemanden übernommen, weil sich im
Handelsministerium niemand gefunden hat, diesen Posten anzutreten.
Ich erklärte sofort, dass ich die Tradition meines Vorgängers fort-
setzen werde, ohne zu sagen, dass wir vermuten, dass Mitterer ver-
sucht hat, an Stelle des Sektionschef Habel, mit dem er zerstritten
war, den Sen.Rat Jagoda einzuberufen. Ich habe deshalb, wie ich der
Personalvertretung mitteilte, dem Personalbüro oder die Präsidiums-
büro abteilung D, welche den Personalakt zu führen hat, ersucht,
sie möge sich umschauen ob sonst wo ein entsprechender Beamter zu
finden wäre, der die notwendigen Voraussetzungen bringt in diese
sehr schwierige Stellung. Die Personalvertretung sagte mir dann zu,
dass sie selbstverständlich ihre Meinung, dass nur aus dem Haus
jemand genommen werden soll, nur zutrifft, wenn es sich um gleich-
wertige Bewerber handelt. Schleifer kam auch dann noch auf den
speziellen Fall in seiner Abteilung, Sekt.Rat Sandig, zu sprechen.
Seiner Meinung nach hat Sandik, der mit Konsumentenfragen geschäfts-
ordnungsmässig seinerzeit beschäftigt war, nicht genau gewusst,
um was es sich handelt und er fühlt sich jetzt und seine Abteilung
übergangen. Ich konnte ihm glaube ich klipp und klar überzeugen
zumindestens waren die anderen Personalvertreter durch Kopfnicken und
Äusserungen der Meinung, dass ich vollkommen recht hatte, dass ich
alles unternommen, um Sandik in diese neue Position einzuführen.
Ich habe selbst – wie ich Schleifer erklärte – mit Sandik einige Male
gesprochen und ihm entsprechende Wünsche und Vorschläge unterbreitet,
wie man dieses Problem in Angriff nehmen sollte. Koppe hatte sich
stundenlang – wie Heindl bestätigte, mit Sandik unterhalten und ihm
gesagt, wie er das Problem angehen sollte. Koppe hatte mir seinerzeit
schon mitgeteilt, dass die einzige Tätigkeit von Sandik darin bestand,
seine Frankreichreise zu organisieren. Nachdem sich also im Haus
niemand gefunden hat, der dieses Problem zufriedenstellend lösen
kann, mussten wir auf einen Aussenstehenden, Herrn Welser, zurück-
greifen. Da mit Koppe mitgeteilt hat, dass Welser nicht der SPÖ
angehört, war es jetzt für mich ein gutes Argument, Schleifer zu
sagen, wenn er glaubt, dass es sich um eine parteipolitische Ent-
scheidung gehandelt hat, so irrt er, denn Welser gehört nicht
der SPÖ an. Schleifer antwortete sofort, er erwarte eigentlich,
03-0741
dass ein sozialistischer Minister auch sozialistische Beamte ein-
stelllt oder aufnimmt. Ich konnte aben an Hand dieses Falles beweisen,
dass es uns nicht darum ging, Sozialisten einzustellen, sondern darum,
zweckmässige Leute zu finden, die initiativ arbeiten. Ich bestätigte
und versicherte neuerdings dem Personalausschuss, dass ich mich aus-
schliesslich nach der Aktivität der einzelnen Leute richten würde und
ich weiss, dass es vielleicht manchmal Vorgesetzte geben kann, die eine
Aktivität gar nicht wünschen, dennoch werde ich alle Leute, die aktiv
sein wollen, in dieser Arbeit unterstützen und für Fehler, die durch
die Aktivität entstehen, werde ich mich hundertprozentig davorstellen
und sie letzten Endes auch verantworten. Da bei dieser Aussprache auch
ein Vertreter des kraftfahrtechnischen Dienstes dabei war, und ich
diese Dienststelle einmal besuchen wollte, so sagte ich, dass ich ihn
gleich mitnehmen würde und überraschend seine Dienststelle einmal be-
sichtigen, zu können.
Die kraftfahrtechnische Dienststelle in der Severingasse ist meiner
Meinung nach erstens sehr ungünstig gelegen, er hat fast keine Zu-
und Abfahrtsmöglichkeiten und wenn Wagen ausser Verkehr gezogen werden,
bleiben sie unmittelbar in der Severingasse oder Umgebung dann oft
Monate stehen. Zweitens wird die Registrierung der KFZ von einem ganzen
Heer von Mädchen dort geführt und ich bin nicht sicher, dass dies wirk-
lich eine moderne Methode ist. Die technische Überprüfung erfolgt, soviel
ich feststellen konnte, ich bin ja kein Fachmann, sehr schnell und viel-
leicht auch sogar zielführend, sicher haben aber die Kraftfahrverbände bes-
ere und noch modernere technische Ausrüstungen. Der Personalvertreter
hatte mir bereits mitgeteilt, dass der leitende Hofrat oft Vorschläge
hat, sie aber niemals durchsetzen kann und deshalb eigentlich schon
ziemlich resigniert. Ich schlug dem Personalvertreter auch dem Hofrat
vor, er sollte Anregungen unmittelbar dem Ministerbüro mitteilen und
ich würde dann, ohne dass es bekannt wird, dass er den Dienstweg nicht
eingehalten hat, mit der zuständigen Abteilung im Ministerium reden.
Bei dieser Besichtigung war ein Vorfall für mich sehr bedeutend.
Ein Autofahrer hatte erklärt, der ÖAMTC hätte ihm mitgeteilt, er war dort
gewesen und hat das auch jetzt neuerdings telefonisch bestätigt erhalten,
dass er nicht mehr die 100 Schilling Prüfungstaxe bezahlen müsse,
da die Verordnung schon aufgehoben sei. Ich konnte den Mann, der sich
letzten Endes auch bereiterklärte, die 100 Schilling zu bezahlen, ohne
dass er mich kannte, davon überzeugen, dass dies erst mit 1. Dezember
der Fall sein würde. Ich begab mich aber deshalb unmittelbar nachher
03-0742
zum ÖAMTC, um die Behauptung zu überprüfen. Da man mich im Gassen-
lokal ja nicht kannte, fragte ich, ob dort solche Auskünfte erteilt
werden und man verwies mich in die Rechtsabteilung in den 2. Stock.
Dort erkannte man mich natürlich auch nicht und ich konnte mit der
Auskunftsstelle als Harun al raschid ein sehr interessantes Gespräch
führen. Die Dame gab mir eindeutige Auskunft, dass erst mit 1.12.70
die Kraftfahrzeuge kostenlos überprüft werden müssen und auf meine Frage,
ob vielleicht jemand telefonisch eine solche Auskunft gegeben haben kann,
erwiderte sie sofort, dass dies unmöglich ist, weil alle Auskünfte
zuerst - auch die telefonischen – bei ihr landen. Ich betrachtete es
jetzt natürlich als einen fairen Akt, den Generalsekretär Veith von
meiner Anwesenheit und meinem Testversuch zu verständigen, Dieser
war über das positive Ergebnis der Auskunft sehr zufrieden. Ich machte
ihn, genauso wie den ARBÖ darauf aufmerksam, dass sich die Kraftfahr-
verbände doch den Kopf darüber zerbrechen sollten, was nach dem 1.12.
geschehen sollte. Die Verordnung ist zwar aufgehoben, ich könnte aber
eine Verordnung neuerdings bis 31. März befristet erlassen, wenn die
Kraftfahrverbände dies von mir verlangen. Diese Verordnung ist zwar wieder
gesetzwidrig und wird, wenn sie angefochten wird, garantiert vom Ver-
fassungsgerichtshof aufgehoben. Der Verfassungsgerichtshof wird dann
wahrscheinlich sogar dem Ministerium eine Rüge erteilen, dass sich
auf Grund von ungesetzlichen Bestimmungen eine neuerliche Verordnung
erlassen haben. Wenn die Kraftfahrverbände aber mich in dieser Frage
unterstützten, würde ich eventuelle einen solchen Weg in Erwägung
ziehen. Auf Grund der neuen Gesetzesstellen, die ich aber erst im
Nationalrat durchbringen müsste, könnte ich ja in späterer Folge eine
solche Verordnung wieder erlassen. Wenn ich die Kraftfahrverbände dann
ermächtige, dass sie als Prüfen in Frage kommen, dann müssten sie doch
Interesse.daran haben, dass die staatlichen Stellen einen entsprechenden
Beitrag einheben, damit sie ihre Service-Leistung und Kontrolltätigkeit
gratis ihren Vereinsmitgliedern geben. Auf alle Fälle ist dies ein sehr
heisses Eisen und ich kann doch sicher von Steinhart keinen sinnvollen
Vorschlag in dieser Frage erwarten.
Die Paritätischen Kommssion beschäftigte sich mit verhältnismässig un-
interessanten Punkten. Beim Einleitungsreferat des Bundeskanzlers hatte
sich nur Altenburger gemeldet und über die Preisentwicklung sehr geklagt
und gleichzeitig auch gesagt, die Bundesregierung hätte nichts getan.
Deshalb erwiderte ich ihm, umso mehr als ich aus Bemerkungen der Handels-
kammervertreter und auch der Landwirtschaftskammervertreter einen abgrund-
03-0743
tiefen Hass gegen Altenburger feststellen konnte. Da ich jetzt
auf ihrer Seite sitze, habe ich sie nur ununterbrochen zu beruhigen
damit sie nicht explodieren oder ganz aggressiv auf Altenburgers Referat
antworten. Anschliessend hatte Kreisky Weihs und Lehner zu sich gebeten
und in weiterer Folge bat er auch Charly Blecha und mich zu dieser
Aussprache. Ich kam gerade zurecht, als Lehner, der Präsident der
Landwirtschaftskammern, auseinandersetzte, dass die Landwirtschaft ins-
besondere die Treibstoffverbilligung als ungenügend empfinde. Derzeit hat
das Ministerium Weihs 240,8 Mill. S vorgesehen gegenüber derzeit 218 Mio
es würden deshalb für das Jahr 1971 um 22 Mill. S mehr für die Treibstoff
verbilligung zur Verfügung stehen. Da die Landwirtschaft aber 320 t Diesel
öl verbraucht, würde dies bei 70 Groschen Erhöhung 250 Mill. S ausmachen
die Landwirtschaft wünscht eine wesentliche Erhöhung dieser Subvention.
Wenn man allerdings betrachtet, dass die 320.000 t bei 2.50 S ca.
800 Mill. derzeit dem Bauern kosten, so ist das bereits eine wesent-
lich hohe Subvention, die hier gegeben wird. Androsch sollte sie
ja sogar abbauen. Ich widersprach deshalb sofort dieser Idee. Ich machte
Lehner dann auf eine wesentlich andere Frage aufmerksam. Die Zucker-
industrie möchte gerne, dass der Zuckerpreis jetzt erhöht wird. Die
Hälfte dieser Zuckerpreiserhöhung bekommen ja die Rübenbauern. Ich ver-
wies ihn darauf, dass die Bundesregierung wahrscheinlich nicht bereit
sein wird, eine Zuckerpreiserhöhung zu akzeptieren. Die 80.000 t Zucker-
überschuss aber müssten versuchte werden, wegzubringen. Ich schlug ihm
deshalb vor, er sollte über die Zuckerindustrie und mit den Interessens-
vertretungen Verhandlungen führen über ein Arrangement über verbilligte
Zuckerabgabe an die Bauern oder an die Süsswarenindustrie zu erwirken,
damit nicht, wie dies jetzt der Fall ist, im Vormerkverkehr Weltmarkt-
zucker eingeführt wird von der Süsswarenindustrie und nachher wieder
exportiert wird. Ich bin neugieirig, ob auf diesem Sektor diesbezügliche
Vorschläge kommen.
In der Sektion V und VII im Dritten Bezirk hatten wir eine Aussprache.
Das Präsidium des Bezirkes war vollständig erschienen, um den Genossen
Unterstützung zuzusagen. Heindl hatte sich bereiterklärt in dieser Sek-
tion, wo er auch wohnte, mitzuarbeiten. Die Sektionsmitglieder waren
sehr froh, eine Unterstützung zu erhalten. Ich hoffe, dass es Heindl
gelingen wird, diese Sektion wieder auf die Füsse zu stellen.
Die Besprechungen über die Treibstoffverbilligung und den Verbrauch müssen
03-0744
falsch sein, da ich nicht genau weiss, ob 320.000 t oder 320 Mill. Liter
ich müsste deshalb erst feststellen, ob diese Berechnung stimmt.
ANMERKUNG bitte für Wanke: Diese Berechnung mit Landwirtschaftsministerium
abstimmen und dann mit Finanzministerium davon Mitteilung machen,
Tagesprogramm, 4.11.1970