Donnerstag, 4. März 1971
Präs. Skardarasy von der Hotelvereinigung und Direktor Scheiner
wollten eine weitere Unterstützung durch mich bei der Mehrwertsteuer
Der Fremdenverkehr soll sowieso nur mit dem halben Steuersatz 8 %
belastet werden. Sie wollen, dass bei dieser Gelegenheit gleich
die Getränkesteuer von 10 % mit einbezogen wird, d.h. in Wirklichkeit
verschwindet. Die Getränkesteuer ist aber eine Gemeindesteuer und
Androsch könnte sie gar nicht abschaffen, es sei denn die Gemeinden
seien damit einverstanden. Die wollen aber garantiert dann dafür im
Finanzausgleich einen Ausgleich auf Kosten des Bundes. Richtig ist,
dass sie vermuten, dass auch Alkohol, wo derzeit 10 % Sonderabgabe da:
rauf ist, noch in Zukunft wird eine wesentliche Steuerbelastung not-
wendig sein. Sie rechnen, dass 30 % in Summe auf alkoholische Ge-
tränke kommen wird. Sie wollen womöglich eine gleichmässige Steuer
auf alle Getränke, und zwar in absoluten Schillingbeträgen. Für
Bier und Wein 1.– S pro Liter und für Schnaps 4.– S pro Liter.
Dadurch würde zwar eine Nivellierung eintreten, aber die Belastung
wäre für den Gast in einem Hotel oder Gastwirtschaft gleich dem
Kaufmann, der Schnaps oder Wein für die Gasse verkauft. Ich setzte
ihnen auseinander, dass für die Infrastruktur, die letzten Endes
dem Fremdenverkehr zugutekommt, in Hinkunft sehr hohe Budget-
beträge vorgesehen werden müssen.
Da sie ihren Vorschlag über die Vereinfachung des ERP-Verfahrens
ausgearbeitet haben, habe ich Sekt.Chef Jagoda gebeten, dass er
mit den Herren noch einmal eine Besprechung durchführt.
Die Möbelausstellung bei der Frühjahrsmesse wird als Fachmesse einige
Tage vorher eröffnet und durchgeführt. Ich halte diese Lösung für
sehr zielführend, da sie dem Fachhandel und den Handelsgeschäften
überhaupt die Möglichkeit gibt, tatsächlich in Ruhe Geschäfte zu tä-
tigen. Bei dieser Gelegenheit traf ich den Leiter der Sektion Indu-
strie Syndikus Dr. Hofeneder, der mir versicherte, dass er mit unserer
organisatorischen Vorbereitung der Industriepolitik im Ministerium
aber auch mit der sonstigen Arbeit sehr zufrieden ist. Bei der
Ansprache Sallingers flüsterte er mir, es wäre sehr zielführend
für ihn, wenn ich den Fachverband herausstreiche, der sich um
die Ausstellung sehr bemüht hat. Ich habe selbstverständlich diesen
Wunsch erfüllt.
Der ÖAAB ist in unserem Haus sehr stark. Er hat deshalb ver-
sucht jetzt unter meiner Ministerschaft sogar die Tätigkeit d.h.
Versammlungen in die Arbeitszeit zu verlegen. Schipper hat zu diesem
Zweck ihnen die Genehmigung gegeben, dass sie heute um 1 1/2 Stunden
früher aufhören können. Als wir dies erfuhren, hat Heindl sofort
bei Schipper festgestellt, dass ich als Minister erstens davon
nichts weiss und zweitens während der Dienstzeit eine politische
Arbeit unter allen Umständen nicht wünsche. Darauf hat Schipper
ihnen mitgeteilt, dass die Versammlung erst nach Dienstschluss
nach 1/2 5 Uhr beginnen darf. Dies veranlasste den ÖAAB ein
Rundschreiben herauszugeben, wo er seinen Mitgliedern mitteilte,
dass ich die Versammlung untersagt hätte. Wir verlangten deshalb
von Schipper jetzt ein entsprechendes Rundschreiben an alle Ange-
stellten, dass klargestellt wird, dass ich gar nichts gegen politi-
sche Versammlungen habe, dass diese aber selbstverständlich ausser-
halb der Dienstzeit erfolgen müssen.
Der aktivste Mann.des ÖAAB ist Engelmayer, der derzeit bei Min.Rat
Benischek in der technischen Gewerbeabteilung arbeitet. Da er ein
sehr agiler Mann ist, wurde er auch von uns sein Hobby ist nämlich
die Umweltverschmutzung, dem Min Rat Hanisch zugeteilt, damit
er dort in Umweltfragen bei ihm arbeiten kann. Engelmayer kam
nun, um mir mitzuteilen, dass seine Frau – er hat 3 Kinder – schon
sehr ungehalten ist, dass er auch Samstag Sonntag für sein Hobby
arbeitet. Seine Frau hat natürlich sofort das richtige Gefühl, dass
er erstens dafür besser entlohnt werden müsste oder zumindestens eine
entsprechende Karriere machen müsste. Engelmayer gab selbst zu, dass
er von seinen Kollegen misstrauisch behandelt wird, da sie in ihm
einen Streber sehen. Er selbst möchte nun klargestellt haben, wie
seine weitere Tätigkeit in der Abteilung Benischek erfolgen soll.
Zuerst hatte er eine Zweitzuteilung zu Hanisch abgelehnt, weil
er meinte, er könne nicht zwei Herren gleichzeitig dienen. Min.Rat
Benischek ist nun ein Beamter nach dem alten Schlag, der auf dem
Standpunkt steht, seine Tätigkeit richtet sich ausschliesslich
nach den gesetzlichen Erfordernissen. Für Umweltschutz gibt es
keine Gesetze, deshalb könnte man hier auch gar nicht aktiv werden.
Ausserdem legt er auch hierarchische Führung und Gliederung seiner
Abteilung grössten Wert. Z.B. wollte er die Teilnahme von Engelmayer
an einem Management-Kurs verbieten, da er auf dem Standpunkt steht,
der ihm übergeordnete Beamte kann auch nicht daran teilnehmen und
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deshalb würde dies in seiner Abteilung nicht verstanden werden und
entspricht auch nicht seiner Auffassung. Wir unterhielten uns über
dieses Problem sehr eingehend und ich sagte ihm letzten Endes zu,
dass selbstverständlich ich versuchen werde, Min.Rat Benischek
über Sekt.Chef Jagoda dazu zu bringen, ihm erstens keine Schwierigkeiten
in der Berichterstattung und in der Mitarbeiter von de Umweltschutz-
problemen bei Hanisch zu machen und zweitens dafür zu sorgen, dass
seine Arbeit auch anerkannt wird. Vom politischen Standpunkt ist
mir diese Entscheidung gar nicht leicht gefallen. In Wirklichkeit
müssten wir ihn als den aktivsten ÖAAB-ler gegen uns in der von Min.Rat
Benischek durchgeführten Art weiter karnifeln lassen, was letzten Endes
sicher dazu führt, dass er womöglich dann überhaupt resigniert, sowohl
politisch als auch in seiner Arbeit im Ministerium. Auf der anderen
Seite aber wäre es ein Wahnsinn so etwas zu tun, wenn ein aktiver
junger Beamter einmal Initiative zeigt. Wanke meinte, dass Engelmayer
von unserem Arbeitsstil sehr begeistert ist. Das wird ihn allerdings
nicht hindern, uns politisch so gut er kann zu bekämpfen.
Koppe hatte in Erfahrung gebracht, dass die COMECON-Staaten in
Kattowitz über die Kokspreisgestaltung beschlossen haben, den Import-
koks nach Österreich aus dem Osten wesentlich zu reduzieren. Er erfuhr
von Gaskoks – Löw soll einen Herzinfarkt erlitten haben – aber, dass
sogar das Donez-Revier beabsichtigt, die derzeitig lagernden Mengen,
die mit 50 $ fakturiert wurden, auf 43 $ 88 Cent abzuwerten. Ich verlang-
te deshalb Min.Rat Schleifer, dem ÖAAB-Personalvertreter, der bei der
Versammlung war. Der Amtsgehilfe sagte ihm aber, dass er selbst-
verständlich zuerst seine Agenden erledigen sollte und dann aber doch
zum Minister kommen sollte. Schleifer war über diese Mitteilung sehr
erstaunt, er hat scheinbar überhaupt keine Ahnung was in der Branche
auf diesem Sektor vorgeht und meinte dann, unter diesen Umständen sollte
man mit der Preisregelung auch mit dem Linzer Hüttenkoks über den
1. April hinaus zu warten. Die Ostreviere haben nämlich angeblich
gleichzeitig beschlossen, die Herabsetzung des Preises erst dann vorzu-
nehmen, wenn der Linzer Hüttenkokspreis entsprechend erhöht wird.
Ich hatte am Vortag bei der Paritätischen Kommission in Anwesenheit
der Interessensvertretungen ihn ja ersucht, er sollte eine Regelung
anstreben, wonach wir nur den Verbraucherpreis z.B. von 1.80 für 1 kg
Keks festlegen und dann die Importeure und die VÖEST schauen muss,
wie sie mit diesem Preis durchkommen. Ich wiederholte ihm meine Idee
und erklärte, dass wir auch bereit wären, auf 1.90 S zu gehen. Er
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wird nun mit dem Komm.Rat Steidl, dem Vertreter der Kohlenhänd-
ler, Verhandlungen aufnehmen. Seinem Vorschlag, den VÖEST-Koks-
preis noch immer nicht zu erhöhen, konnte ich nicht zustimmen.
Ich verwies im Gegenteil darauf, dass ich heute in den Zeitungen
gelesen hatte, gestern war ich bei dieser Diskussion nicht im National-
rat anwesend, dass Koren sehr hart mich kritisiert hat und von
einem Koks-Show-Geschäft, das ich aufgezogen hatte mit der Linzer
Hüttenkoks, gesprochen hat. Er meinte damit hätten wir der VÖEST
als verstaatlichtem Betrieb einen sehr schlechten Dienst erwiesen
hätten. Ich habe nämlich sowohl dem Handel, als auch der VÖEST erklärt
dass wir so ähnlich wie es bei der ÖVP-Alleinregierung war, die
Preise für Kohle und Koks, d.h. für Brennstoffe nur am 1. April 1971
geregelt werden können, so wie dies auch Klaus mit 1. April 1970
von ihnen zugestimmt erhalten hat Vom politischen Standpunkt wäre
es zwar sehr interessant, noch einige Zeit zu schieben, denn Klaus
hat den ersten April damals sicher nur deshalb fixiert, weil am
1. März die Wahlen stattgefunden haben, bei uns finden die Bundes-
präsidentenwahlen erst am 25. April statt und wir müssen am 1.4.
schon eine Lösung in der Koksfrage finden.
Ich beabsichtigte zuerst im handelspolitischen Ausschuss der Handels-
kammer, wo die Osthandelsreferenten und die Ministerialvertreter mit
den Funktionären der Wiener und Bundeskammer und auch einigen Ver-
tretern der Wirtschaft Bericht erhielten über die Verhältnisse in
den einzelnen Oststaaten, zu gehen. Ich überlegte es mir dann allerdings
denn Meisl erklärte mir, dass dort niemals eine bedeutende Diskussion
stattfindet und zweitens und das war für mich der ausschlaggebende
Grund, weil bei den Handelsdelegierten der Eindruck entstehen müsste,
na der Minister hat wirklich nichts zu tun, am Vortag habe ich mich
immerhin 2 1/2 Stunden mit ihnen über ihre Probleme eingehend im
kleineren Kreis unterhalten.
Dr. Winter von der Lenzinger kam auf Weisung des Gen.Direktor Seidl,
um uns das Problem der Acryl-Faser in allen Details zu schildern.
Seidl wollte die Unterlagen nicht zur Verfügung stellen, da er
sie erst der Länderbank und der CA übermittelt hat. Die Länderbank
hält ja 52 % des Anteils an der Lenzinger und die CA 40 %. Seidl dürfte
nun Angst haben, dass Ockermüller und Treichl, die beiden Direktoren
dieser Grossbanken, es als eine entsprechende Diffamierung ihrer
Person betrachten, wenn er uns vorher die Unterlagen schriftlich aus-
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händigt. Min.Rat Dinzl, der dieser Besprechung zugezogen war,
Seidl hatte dem zugestimmt, hat sehr eingehende Aufzeichnungen sich
gemacht aber auch ich habe mir alle wichtigen Daten herausge-
schrieben. Bei der Erklärung des Projektes fragte Dinzl als erstes
welches Dach und wie dies Gebäude, das sich neu errichten müssen
aussehen wird. Ich wollte schon innerlich in meiner Überheblichkeit,
dass nur die wirtschaftlichen Belange von Bedeutung sind, mir ein
abfälliges Urteil über diese Frage bilden. Zu meiner grössten Ver-
wunderung musste ich aber dann zur Kenntnis nehmen, weil ich beschei-
den fragte, ob denn dies von Bedeutung sei, dass für den technischen
Produktionsprozess die Beleuchtung gleichmässig, womöglich künstliche
Beleuchtung von allergrösster Bedeutung ist. Man soll die wirtschaft-
lichen Überlegungen, die zweifelsohne an die Spitze aller dieser
Projekte gestellt werden, doch nicht zu sehr überschätzen und die
Probleme der Techniker nicht zu sehr gering schätzen. Da ich zu einer
Versammlung gehen müsste, hatte Dinzl noch Gelegenheit, mit Winter
über die vielen Detailprobleme zu sprechen. Ich war über dieses
Interesse von Dinzl angenehm berührt.
In der Sektionsversammlung, wo ich das politische Referat hielt,
musste ich auch anschliessend die Jubilarehrungen vornehmen. In
meiner jahrelangen Tätigkeit – ich kann jetzt schon sagen, jahrzehnte-
langen Tätigkeit – ist es mir noch nie vorgekommen in dieser Funktion,
dass sich namens der Ausgezeichneten einer für die Auszeichnung einer
bei mir bedankt hat. Ich habe deshalb wirklich aus ganzem Herzen
ein Schlusswort gehalten, indem ich feststellte, dass es doch unsere
Pflicht ist und wir den Ausgezeichneten für ihre langjährige Tätigkeit
zu danken haben. Bei dieser Gelegenheit verwende ich bis jetzt – lan-
ge wird es sowieso nicht mehr gehen – den guten Gag, dass viele der
Ausgezeichneten schon bei der Partei gewesen sind, als ich nicht ein-
mal noch auf der Welt gewesen bin.
Tagesprogramm, 4.3.1971