Donnerstag 29. April 1971
Die Zweigstellenleiter der ÖFVW und die Fremdenverkehrsreferenten
der Bundesländer hatten in Krems eine Besprechung, an der ich auch
teilnahm. Die Tagung, die sich auf einige Tage erstreckte, war vor
meinem Eintreffen nur von 3 Bundesländern, nämlich Vorarlberg, Tirol
und Salzburg, beschickt. Vorerst hatte ich nur mit den Zweigstellen-
leiter und dem Büro der ÖFVW eine eingehende Aussprache. Das Klima
war deshalb so gut, weil wir für sie eine Altersversorgung endlich
geschaffen hatten. Alle vorhergehenden Minister, sowohl Bock als
auch Mitterer, hatten ihnen versprochen, dieses Problem zu lösen
waren aber niemals imstande, einen wirklich konkreten Vorschlag aus-
zuarbeiten und letzten Endes mit dem Betriebsrat zu vereinbaren.
Die Berichte der Zweigstellenleiter gingen nun dahin, dass sie ent-
weder Raumsorgen, vor allem aber Personalsorgen haben. Konkret war
eigentlich nur, dass die Idee, Österreich-Häuser zu schaffen, die
ich in der letzten Zeit mit der BHK ventiliert habe, im grossen und
ganzen die Zustimmung aller gefunden hat. In London wurde vom
Zweigstellenleiter berichtet, ist das Swiss-Center ein grosser Er-
folg. Durch ein Restaurant, vor allem aber durch Service-Stellen,
die alle Schweizer Aktivitäten umfassen, kann das Swiss-Center
wie der Zweigstellenleiter behauptet, aktiv geführt werden. Die
Verwirklichung von Österreich-Häuser wird lange auf sich warten
lassen. Ich kann nur versuchen, wo es sich um Konstruktionen und
Lösungen für vereinzelte Plätze für Europa oder Amerika handelt,
einen solchen Vorschlag konkret dann mit der BHK und dem Aussen-
ministerium in Angriff zu nehmen.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte entsprechende Vorbereitungen im Hause zu
veranlassen und mich vor allem zu erinnern, wenn ich mit Sallinger
und Kirchschläger das nächste Mal zusammenkomme.
Eine weitere berechtigte Forderung war die Erlangung von sogenannten
government request für Journalisten. Das Verkehrsministerium war
jetzt sehr zurückhaltend mit diesen Bestätigungen, weil es befürchtet,
dass die Fluggesellschaften, sei es die AUA oder vor allem auch die
anderen europäischen Fluggesellschaften, sich dagegen aussprechen.
In Wirklichkeit wird nun berichtet, dass die Swissair, Alitalia,
und auch andere Fluggesellschaften jetzt government request sehr
gerne sehen. Da sie die IATA-Bestimmungen sehr streng einhalten müssen,
können sie auf diese Weise aber Journalisten Freiflüge verschaf-
fen.
ANMERKUNG: Bitte, mich bei der nächsten Ministerratsvorbesprechung
für Frühbauer an dieses Problem erinnern.
Die Besprechung der Zweigstellenleiter mit den einzelnen Fremden-
verkehrsreferenten erstreckte sich eigentlich nur auf ein einziges
Problem, nämlich den Versand von Prospekten. Bis jetzt wurde von
den einzelnen Ländern Millionen-Prospekte, wenn man die Orts-Prospek-
te dazuzählt, dezentralisiert an die Zweigestellen verschickt. Viele
Länder wie z.B. Steiermark, wo besonders im vergangen Jahr durch den
Unfall des Referenten Dr. Gaisbacher sehr die Arbeit gelitten hat,
kamen die Prospekte viel zu spät. So soll mit Hilfe des Klein-Computers
errechnet werden, wieviel hergestellt und vor allem
wie viel zielführend und zweckmässig die 20.000 Reise-
büros, welche die ÖFVW erfasst hat, an Prospekten wirklich brauchen.
Frau Guden, unsere Zweigstellenleiterin in Paris, die jetzt in
Pension geht, erinnerte daran, dass dieses Problem bereits 1951
in Feldkirch zur Diskussion stand und seit dieser Zeit nicht mehr
von der Tagesordnung verschwunden ist. Eine befriedigende Lösung
konnte bis jetzt nicht gefunden werden. Der Vertreter des Landes
Tirol wies allerdings mit Recht darauf hin, dass die zentrali-
stische Regelung auch nicht glücklich ist, denn es wäre sinnlos,
dass er zuerst oder gar der Vorarlberger die Prospekte in die
Fremdenverkehrszentrale nach Wien schicken würden, damit sie von
hier wieder die 500 km zurück in die BRD gehen würden. Mit grosser
Mehrheit wurde aber doch positiv das neue System, wonach die Reise-
büros ihren Bedarf der ÖFVW mitteilen sollten, angenommen und ich
bin überzeugt, dass es zweckmässiger und besser ist als der jetzige,
wo hunderttausende Prospekte sinnlos wahrscheinlich in den einzelnen
Stellen liegenbleiben oder sogar verspätet kommen und dann kaum
mehr zu brauchen sind und nach einiger Zeit als Makulatur wegge-
worfen werden. Die Zweigstellenleiter entwickeln für meine Be-
griffe, aber vielleicht kenne ich dieses Problem noch nicht, fast
kaum eine Selbständigkeit in dem Sinne, dass sie bestrebt sind,
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ihre Agenden auf alle Fälle dezentralisiert wahrnehmen zu
können. Ganz im Gegenteil waren sie der Meinung, es sollte
z.B. die Buchhaltung zentral in Wien gemacht werden und gleich-
zeitig auch damit sie entlastet werden für die Angestellten draussen
in den einzelnen Staaten die steuerlichen und Sozialversicherungs-
Abrechnungen einem Büro übertragen werden. Da in der Vorbe-
sprechung mit den Zweigstellenleitern der Zweigstellenleiter
Pohl von Hamburg erklärte, dass die Insertion in der Bock-Ära
auf alle Fälle der IWP, das ist eine ÖVP-Werbegesellschaft, über-
tragen werden musste und jetzt die Gefahr besteht, dass ein
persönlich Bekannter von einem Fremdenverkehrsverein des Landes
Salzburg dazu benützt wird, um wieder eine ÖVP-nahen, in dem
Fall aber auch verwandtschaftlich nahen Werbebüro, nämlich
Hager gegeben werden soll, stark kritisierte, verlangte Langer-
Hansel, dass diese Besprechung als vertraulich gelten müsse.
Beim Empfang am Abend, wo ich den Syndikus der Handelskammer für
Fremdenverkehr traf, erzählte er mir aber bereits, dass er einen
Bericht über die Aussprache in Krems hat. Ich hatte dort insbeson-
dere erwähnt, dass ich die Aktion der Bundeshandelskammer sehr unter-
stütze, die eine Arbeitsgemeinschaft aller am Fremdenverkehr inter-
essierten Stellen mit den Bundesländern errichten will.
In der Routinesitzung des Konsumentenbeirates war der Besuch
eigentlich sehr schlecht. Ich glaube, dass Welser und insbesondere
Koppe viel mehr darauf drängen müssen, dass zumindestens unsere
Kollegen auf alle Fälle Kommen. Wenn es nichts zu besprechen gibt,
dann ist es besser, wir sagen die eine oder andere Sitzung ab als
es wird eine solche Routineangelegenheit, dass wir alle Monate
zusammenkommen, dass aber dann niemand mehr an diesen Sitzungen teil-
nimmt. Da Komm.Rat Ebert von der BHK, der gleichzeitig auch Leiter
eines Arbeitsausschusses bei uns ist, anwesend war, nützte ich
die Gelegenheit, ihn zu bitten, dass er auch die Frage der Direkt-
belieferung der Brauereien von Baustellen untersuchen möge.
Ich habe einige Male schön gehört. dass insbesondere die Gast-
wirte auf dem Lande sich sehr benachteiligt fühlen, wenn die Brau-
ereien selbst die kleinste Baustelle direkt beliefern. Gegen die
Belieferung von Gross-Baustellen von Brauereien haben die Gastwirte
nichts einzuwenden. Ich weiss, dass all diese Praktiken, der Be-
lieferung von Grosskaufhäusern oder der Direktbelieferung von Werks-
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küchen und Baustellen nicht abgeschafft werden kann und auch gar
nicht abgeschafft werden soll. Trotzdem erscheint mir zielführend
eine solche Untersuchung zumindestens anzustellen, damit wenn wir
einmal über diese Probleme angeschossen werden, wir sagen können,
dass dies von uns eingehend untersucht wurde. Für mich ist es also
derzeit nur eine gute Ausrede, vielleicht aber werden die Untersuchun-
gen und Vorschläge des Ausschusses doch eine Teillösung oder eine
zweckmässig andere Konstruktion erbringen. bestätigte
mir wieder, dass ein Antischleuderergesetz in diesem Falle überhaupt
nicht möglich ist und auch gar nichts nützt. Ich kann mir sehr gut
vorstellen, dass es jetzt die ÖVP-Vertreter in der Handelskammer auch
nicht gerade leicht haben, wenn sie ihren Mitgliedern, die ja bekannt-
licherweise in der Regierungsphase von ihnen erwartet haben, dass
sie entsprechende Gesetze erlassen, auch jetzt in der Oppositions-
phase eigentlich in dieser Frage nicht so eine Unterstützung kriegen
wie sich die Kleinhändler dies vorstellen.
Gen.Direktor Homan von den Glanzstoffwerken St. Pölten, ein Konzern-
betrieb der AKU, wollte mit seinem Aufsichtsratsmitglied Gehart von mir
Zusicherungen, damit sie ihr 100-Mill.-Investitonsprojekt leichter
finanzieren können. 75 Mill. Fremdmittel müsste der Konzern auf-
bringen. Die Konzernführung hat nun erfahren, dass in Irland wesentlich
günstigere Investitionsbedingungen bestehen als in Österreich. Sie
wird deshalb eine neue Stahldrahteinlagen-Fabrik in Irland mit
1 Mia. S errichten. Der irische Staat gibt dieser Firma einen Zuschuss
von 25 % und gleichzeitig 15 Jahre Steuerfreiheit. Gen.Dir. Homan
gab unumwunden zu, dass er in Österreich nicht annähernd eine solche
Förderung erwartete, aber doch dass wir ihn unterstützen. Dies umso
mehr als ihm Landesrat Schneider von NÖ, der ihm nur einen Zinsenzu-
schuss von 160.000 S gewähren will, auf das Handelsministerium verwiesen
hat. Der Betrieb ist ein grossen Industriebetrieb, beschäftigt der-
zeit 1.400 Leute und erzeugt ca. 12.000 t, davon sind 4.000 t Textil-
Cord-Stoffe, die aber in Hinkunft nicht mehr ausgeweitet werden können.
Nur bei Reifencord, wo derzeit 8.000 t erzeugt werden, soll durch
Investitionen eine Erhöhung um 2.000 t auf 10.000 jato erreicht
werden-.Ich konnte den Gen.Direktor nur auf den ERP-Fonds verweisen
und versicherte ihm nur, weil er es wünschte, ich werde mit unseren
Vertretern in der ERP-Kommission sprechen.
ANMERKUNG: Bitte mich an diese Aussprache, die ich mit Kienzl
resp. mit Wirlandner führen muss, zu erinnern.
Da ich zum Empfang zum Festtag der Arbeit, den der Vizekanzler
und Sozialminister und ich gegeben hatten, dringendst gehen
musste, hat Min.Rat Dinzl, der einige Fachfragen an Gen.Dir. Homan
stellte und Sekt.Chef Römer, der nur zuhörte, die Besprechung wei-
tergeführt.
Der Präsident der Bundeshandelskammer Sallinger hatte mir vor etlichen
Tagen, als er die Einladung von Häuser bekommen hat, gesagt, er wüsste
nicht, ob die Unternehmer zu dieser Einladung kommen würden. Äusserer
Grund war, dass Häuser nur eine ganz gewöhnliche abgezogene Einla-
dung geschickt hat. Selbstverständlich hätte – auch dann wenn man
für das Protokoll nicht sehr viel übrig hat – eine solche Einladung
gedruckt werden müssen. Die Unternehmer sind allerdings – davon war
ich überzeugt – und es ist auch so eingetroffen, vollzählig erschie-
nen. Ich widmete mich natürlich ausschliesslich den Unternehmer-
vertretern und konnte in Erfahrung bringen, dass sie bezüglich der
politischen Entwicklung gar nicht so unglücklich sind. Sie meinen,
wenn die SPÖ eine gute Politik macht, dann wir dies der Wirtschaft
zugutekommen. Wenn sie eine schlechte Politik macht, dann würde die
Wirtschaft zwar darunter leiden, dann aber die ÖVP bald wieder
in die Regierungsgeschäfte einziehen können. Bei der Festansprache,
die Häuser hielt, entschuldigte er sich für die primitive Einladung
erklärte aber gleichzeitig, dass es ja entscheidend ist, welcher
Geist hinter dieser Idee steckt. Er meinte dann, dass die Zusammen-
arbeit die Erklärung für den wirtschaftlichen Aufstieg und den sozialen
Frieden in Österreich ist. Auch Sallinger hat in seiner Ansprache
auf dieses Phänomen verwiesen und nur gehofft, dass auch in Hinkunft
diese Zusammenarbeit weiter erhalten bleibt. Benya wieder replizierte
dass auch er die Politik der Wirtschaftspartnerschaft nicht nur
unterstützt, sondern als zielführend anerkennt und dass in Hinkunft
alles getan wird von Seiten der Gewerkschaften, um hier den sozialen
Frieden zu erhalten. Die Kontakte mit den Unternehmern zeigen ja auch
gewerkschaftlich sehr günstig, zwei Mitglieder befinden sich ja
in der Bundesregierung und wie er sich ausdrückte, die grosse Angst
sei nur, dass Staribacher von den Unternehmern vollkommen unfunktioniert
werde. Diese Behauptung löste zwar allgemeines Gelächter aus, aber
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ich glaube, dass es ganz gut ist, wenn immer wieder darauf hin-
gewiesen wird, wie sehr ich mich gerade um die Unternehmerinteressen
bemühe. Viele Unternehmer geben mir jetzt einen Vertrauensvorschuss
und viele erklären auch bereits, dass solange ich sie nicht ent-
täuschen werde, sie mich weiterhin unterstützen. Ich gebe mich
keiner Illusion hin, dass diese Erklärungen und Versicherungen
natürlich nur zeitlich bedingt sind. Wenn einmal eine andere
Regierungsform kommen würde, dann glaube ich, würden sie mich
sehr schnell wieder vergessen. Derzeit fürchten sie aber, dass
insbesondere ins Handelsministerium ein FPÖ-Vertreter einziehen
könnte und ich glaube, da denken sie, dass es doch besser ist,
wenn ich weiter in dieser Funktion verbleibe. Wenn ich mir
die Sache für mich überlege, so würde ich lieber heute als morgen
diesen Job an den Nagel hängen, andererseits aber glaube ich auch,
dass es nicht sehr zielführend wäre, wenn die FPÖ tatsächlich
dieses Ressort bekommen würde. Derzeit besteht allerdings nicht
die geringste Gefahr und ich bin auch überzeugt, dass es in Hin-
kunft nach einer Neuwahl für Kreisky sehr schwer sein wird,
dieses Ressort an die FPÖ abzutreten, immer unter der Voraussetzung,
dass es zu einer kleinen Koalition käme, was aber noch gar nicht
sicher ist.
Tagesprogramm, 29.4.1971