Montag, 6. September 1971
ORF will jetzt eine neue Serie in Horizonte starten, wo er
sich der Umweltprobleme annimmt. Häuser erklärt mir, daß der
ORF nichts anderes machen wird, als darauf hinweisen, daß
nichts durch die Bundesregierung in Wirklichkeit gemacht wird.
Dies kann ohne weiteres möglich sein. Koppe hat zwar mit dem
Verantwortlichen vom Fernsehen Tozzer umgehend über dieses
Problem gesprochen und hofft, daß doch ein bißchen über die
aktive Arbeit der Bundesregierung rauskommen wird. Ich hatte
mich auf ein umfangreiches Interview vorbereitet. In Wirklich-
keit aber interessierte den nur, ob und wann der Bleigehalt
vom Benzin herabgesetzt wird und was gegen die Kohlenmonoxid der
Auspuffgase gemacht wird. Ich glaube, daß es notwendig und
zielführend ist, wenn wir vor der Sendung noch in irgendeiner
Weise, sei es durch einen Artikel, oder vielleicht fällt Koppe
etwas besseres ein, in Erscheinung treten. Ich glaube wir sollten
ausgelöst durch die Handelsministeriumsstudie, wo wir das erste
Mal über die Luftverschmutzung Redeunterlagen geliefert haben,
neuerdings in der Öffentlichkeit darauf hinweisen, daß die
Initiative von uns ausgegangen ist. Darüber hinaus müßten wir
unsere Erfolge, daß z.B. die Rauchfangkehrer jetzt die Messungen
über die Luftverschmutzung vornehmen, daß aber die gesetzliche
Regelung bei den Ländern liegt, daß wir in der neuen Gewerbeord-
nung die Auszeichnung der Geräte nach ihren Phongehalt in Hin-
kunft bezeichnen wollen, daß wir die heile Welt erhalten wollen
für den österreichischen Fremdenverkehr und deshalb z. B.
500.000,–– aufwenden, um in Fulpmes die Kleinindustrie aus dem
Dorf herauszunehmen und in einem Industriegebiet anzusiedeln.
Daß wir versuchen die Luftverschmutzung durch die Kraftfahrer
auf ein erträgliches Maß zurückzuführen und daß wir letzten Endes
bei der jetzigen schlechten gesetzlichen Grundlage doch versuchen
die Referenten der Landesregierung, die auf Grund der Gewerbe-
ordnung die techn. Prüfung durchzuführen haben, zusammenzufassen
und sie auf eine einheitliche Linie zu bringen. Natürlich ist
dies alles noch nicht ein wesentlicher Durchbruch zu einer Umwelt-
schutztätigkeit, doch ist es ein Ansatz der erst in letzter Zeit
durch unsere Initiative entwickelt wurde.
Anmerkung für KOPPE:
Überlege Dir bitte, wie wir hier wirklich mehr in Erscheinung
treten können.
Ganztägige Ministerbesprechung sollte mit der programmatischen
Rede für den Parteirat von Kreisky auch noch die Fragen des
Budgets behandelt werden. Schon gekürzten Ressortwünsche ergeben
noch immer um 1.153 mehr Dienstposten als im Vorjahr, die durch
einvernehmliche Regelungen auf 1.046 reduziert werden konnten.
Die größten Posten umfaßt noch immer das Wissenschaftsministerium
mit ca. 1.000 mehr und das Unterrichtsministerium mit 2.000 mehr.
Firnberg erklärte sich dann einverstanden, daß die Forderung 450
Hochschullehrer mehr auf 350 reduziert werden. Sie hat nämlich
in ihrem Plan bereits die a.o. Professoren, die nach dem neuen
Typ erst durch Gesetz geschaffen werden sollen, und von der man
100 in ihrem Ministerium vorgesehen hat, geopfert. Ebenso wurde
bei den Assistenten statt 450 nur 350 neue Stellen geschaffen,
was einer 10 %-igen Erhöhung entspricht. Beim Mittagessen setzte
ich Firnberg auseinander, daß sich mit dieser ganzen Entwicklung
eigentlich nicht einverstanden bin. Ich befürchte, daß man jetzt
alles unter dem Gesichtspunkt, man kann nicht genug für die Wissen-
schaft und Forschung ausgeben, in kürzester Zeit ein gewisses
intellektuelles Proletariat bekommen wird. Meiner Meinung nach
müßte man wesentlich mehr für die berufsbildenden und die berufs-
weiterbildenden Schulen ausgeben und versuchen, dieses Image der dortigen
Studenten zu heben. Ich frage mich was wir mit den vielen Doktoren
in Hinkunft werden sie ja Magister heißen, anfangen, wenn wir nicht
einen guten Mittelbau erreichen. Firnberg war über meine universi-
tätsfeindliche Haltung, wie sie sagte, sehr erschüttert. ..... er-
klärte, daß ihm vollkommen unerklärlich ist, daß heuer neuerdings
mehr Dienstposten aufscheinen als im Vorjahr, da die Bundesbahn
u.a. 2.160 Dienstposten einspart. Auch Ossi Weihs hat 266 Dienst-
posten in den Bundesforsten aufgegeben und im Bundesministerium
selbst auf 3 Dienstposten verzichtet. Die Landesverteidigung hat
um 600 Dienstposten weniger. Nur das Aussenamt hat, wie mir Kirch-
schläger zuflüsterte, gut abgeschnitten, in dem sie 30 Dienst-
posten mehr bekommt. Das Justizministerium braucht aufgrund des
Strafänderungsgesetzes die Haftüberprüfung und die erweiterte
07-0977
Berufung wird dort gefordert. 58 neue Dienstposten. Auf die
Frage ob er sie besetzen kann, antwortete er jawohl, denn
der Richterdienstanwärter hat jetzt nur mehr statt 4 Jahre nur
mehr 3 Jahre Ausbildung. Für die Übersiedlung in das neue Ministerium,
wo dann Portiere und eine Telefonzentrale errichtet werden soll,
braucht der neun Dienstposten und 188 sind für die Justizwache
und Bewährungshilfe notwendig, da jetzt auch am
Sonntag die Gefangenen spazieren gehen sollen. Kreisky meinte
er könne sich nicht erinnern, daß er als er noch einge-
sperrt war, am Sonntag spazieren gehen konnte, denn damals war
Besuchstag und da hat es keinen Spaziergang gegeben. Ich konnte
mich überhaupt nicht erinnern, daß ich während der 14 Tage die
ich Polizeihaft gehabt habe, jemals spazieren geführt wurde.
Das Justizministerium beschäftigt 4 Konsulenten, Nowakowski,
Hoya u.a. und es wurde ihm zugesagt, daß in Hinkunft diese
nicht mehr durch einen Dienstposten gebunden werden müssen.
Anmerkung für HEINDL:
Bitte diese Entwicklung im Auge behalten. Vielleicht werden
wir für unser Büro eine Entbindung auch erreichen, wenn wir
dringendst einmal einen Dienstposten benötigen.
Kreisky selbst wollte erst auf meinen Vorschlag, daß man Bodo
Beelitz in die Mission schickt, nicht einsteigen, weil er da-
für keinen Dienstposten frei hat. Nur wenn ich ihm einen abtrete,
könnte er mir dann natürlich Bodo Beelitz zur Verfügung stellen.
Ich erwiderte, daß dies vollkommen unmöglich ist, er glaube nämlich,
daß das Handelsministerium zusätzliche Dienstposten bekommt und
in Wirklichkeit hat er sich dann überzeugt, daß wir bei einem
Dienstposten noch gegenüber dem Vorjahresstand verlieren. Nach
längerer Diskussion, an nenen wir sogar den Sekt.Chef Gatscha
mit neuner Posten angeboten hat , meinte er dann, er
wird sich dann wegen Bodo Beelitz, der ein guter Mann ist, sich
doch noch überlegen, ob er dem nicht doch nach Brüssel entsendet.
Bei den Dienstwagen soll nun versucht werden, 1972 10 % ein-
zusparen. Ein Vorschlag von Kreisky war, daß die Beamten
ab 22 Uhr Taxi benützen sollen. Er möchte überhaupt erreichen,
daß die Taxis weitestgehend Dienstautos ersetzen. Er hat deshalb
in einer Aufstellung, die ich mir nachher verschaffte, er hat
sie dort nicht vorgelesen, festgestellt, daß das Handelsministerium,
welches 17 Dienstautos nach seiner Aufstellung besitzt, 11 durch
Taxis ersetzbar wären.
Anmerkung für HEINDL:
Bitte feststellen, ob wir tatsächlich 17 Kraftfahrzeuge haben
und wieso 11 durch Taxi ersetzt werden könnten.
Das Hauptproblem liegt, wie Androsch und insbesondere wie
Häuser dann richtig bemerkten, daß wenn man einen Dienstwagen
hat, der natürlich dann mehr eingesetzt werden sollte. Androsch
hat in seinem Ministerium durchgezogen, daß, wenn ein Dienst-
wagen gebraucht wird, jeder auf einen Dienstwagen zurückgreifen
kann und keinesfalls es so ist, daß der Sektionschef erklärt,
dies ist sein Dienstwagen und gehört nur zu seiner Verfügung.
Z. B. hat der Rechnungshof im Sozialministerium deshalb auch
beanstandet, daß im Durchschnitt 1968 nur 28 km pro Tag per
Dienstwagen im Einsatz waren.
Androsch wies dann wegen dem Budget darauf hin, daß noch 2 Md.
S offen sind. 1971 + dem Bruttonationalproduktzuwachs von 9 %
gerechnet, dürfen die Gesamtausgaben 122 Md. betragen und haben
derzeit aber noch 124 Md. Das Defizit, welches heuer mit 9,8 Md.
präliminiert ist, soll auch 1972 unter 10 Md. S bleiben. Die
kritischen Ministerien sind Verkehr, Land- und Forstwirtschaft,
Wissenschaft und Verteidigung. Bezüglich der Amtsgebäudeinstand-
haltung wurde festgestellt, daß die 125 Mio. S, die im Budget 1972
vorgesehen sind, nicht annähernd ausreichen, um eine wirklich be-
friedigende Instandhaltung zu gewährleisten. Das Justizministerium
hat zum Beispiel errechnet, daß in 10 Jahren Investitionsplan
750 Mio. S notwendig wären, wobei allerdings diese Posten aus dem
Investitionsplan gestrichen wurde. Das Innenministerium erklärte,
07-0979
daß es 4–500 Mio. S nicht nur Instandhaltung, sondern auch
Neuinvestitionen im nächsten Jahr erbringen müßte, da die Polizei-
direktion allein für Wien 250 Mio. S endgültig ausmachen wird.
Richtig ist, daß die ÖVP-Regierung einige sehr repräsentative
Bauten begonnen hat. Kreisky zählte zu diesen auch das Palais
Dietrichstein, welches mit einem Millionenaufwand restauriert
wurde und eigentlich gar keine Funktion zu erfüllen hat. Moser
wurde beauftragt, unverzüglich einen Bundesreparaturplan der
öffentlichen Gebäude zu erstellen.
Androsch nimmt an, daß er mit 10.9. erkennen wird, wie sich
die Einnahmen gestalten und denkt daran, die 15 % Bindung bei Er-
messenskrediten teilweise ganz aufzuheben, allerdings gleich-
zeitig eine teilweise Kürzung vorzunehmen. Aus diesem Grunde
hat er mir bevor wir noch in die Sitzung gegangen sind, Kreisky
war auch dabei, erklärt, daß er jetzt wieder von der Nationalbank
und anderen Stellen angerufen wurde, was es mit den Ausführungen
von mir in dem Messeartikel der Presse für Bewandtnis hat, wo
ich über die Bindungen und Budgetpolitik gesprochen habe.
Androsch meinte, und ich muß zugeben mit Recht, daß er doch
für diese Frage ausschließlich kompetent sei und daß es nicht
zielführend sei, wenn ich immer mehr in die Budget- und Finanz-
politik eingreife. Ich setzte ihm auseinander, daß ich bereits
in meinem Hause den Auftrag gegeben habe, daß auch, wenn Gehart
irgendwie nur mit Finanz- oder Budgetfragen beschäftigt, er
vorher unbedingt mit Vranitzky von seinem Büro das Einvernehmen
herstellen wird. Androsch meinte nur, daß die 3 Md. Schilling,
die ich angegeben habe, ja falsch sind, er hat, und Kreisky be-
stätigte dies, immer nur von 2 Md. gesprochen. Als ich dann
ihn unter vier Augen allerdings darauf hinwies, daß er
doch seinerzeit immer von 3 Md. geredet hat, so hat er mir dann
zugegeben, daß dies seine ersten Berechnungen waren und sie sich
dann als falsch erwiesen haben. Dieser ganzen Diskussion ziehe
ich den Schluß, daß doch zielführender ist, wenn der ressort-
mäßige zuständige über seine Probleme spricht, denn zweifelsohne
bin ich dann der Blamierte, wenn 3 Md. Schilling gar nicht frei-
gemacht werden können, weil sie gar nicht 3 Md. betragen haben.
Außerdem meinte Androsch mit Recht wir hätten doch bis jetzt
ein so gutes Einvernehmen gehabt und hätten uns über alle Pro-
bleme immer so freundschaftlich ausgesprochen, daß es doch auch
in Hinkunft zielführend ist, wir lassen uns nicht durch andere
aussenstehende wie die Nationalbank und sonstige Banken und
Finanzkreise aufspalten.
Anmerkung für A L L E:
Bitte die Kompetenz in Hinkunft genau zu beachten.
Wichtig zeitgerecht erbrachte Branchenindikatoren wären, ergab
sich daraus, daß die ÖBB jetzt bereits einen Rückgang der Transit-
fahrt auf der BRD um 10 % verzeichnen muß und Kreisky in Kärnten
erfahren hat, daß Sintermagnesit 6.000 t von der Bundesrepublik
abbestellt wurden, d.s. 5 % der Produktion. Weihs ist da-
her über die wirtschaftliche Entwicklung sehr pessimistisch ge-
stimmt. Aufgrund der Weltwirtschaftskrise 1929 sagte er, hätten
die ganzen Prognostiker damals alles auch positiv empfunden und
Hoover hätte dann für die Republikaner auf Jahrzehnte den
Umschwung nicht richtig und zeitgerecht erkannte, verloren gehabt.
Unsere Branchenreferenten müßten Detailinformationen schneller
bekommen und sofort an uns weitergeben. Die Grundsatzgruppe muß
eine Lösung finden.
Tagesprogramm, 6.9.1971
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)