Dienstag, 2. November 1971
Sallinger und Mussil hatten eine ganze Liste von Wünschen, bis
jetzt haben sie die Vorschläge für den Beirat der Statistik
des Aussenhandels gemacht. Da der Kommerzialrat-Titel damit
verbunden ist, hatten sie Angst, wie in Hinkunft die Bestellung
erfolgen sollte. Nachdem Zeleny das BKA jetzt ebenfalls Vor-
schläge erstattet. Sie werden in Hinkunft alle Vorschläge,
die Zeleny macht, auch in ihren Vorschlag an mich aufnehmen. Sie
wollen also bei der Nominierung unbedingt formell zumindestens
dabei sein. Ich glaube, man sollte diesen Vorgang beibehalten, denn
dadurch müssen sie auch mehr oder minder unsere Vertreter akzep-
tieren und das hiesse ja vorschlagen auch die Verantwortung über-
nehmen. Sie können uns daher kaum wegen einer einseitigen Vorgangs-
weise kritisieren.
Die Erhöhung des Anteils für die ÖFVW von 13 auf 20 % haben sie
auch jetzt offiziell bestätigt. Nachdem die Landesfinanzreferenten
sich ebenfalls zur Erhöhung entschlossen haben. Ihr Vorschlag war
nur, dass es bei den 100 Mill. bleiben soll, d.h. für die HK
20 Mill. zu leisten sind. Zum italienischen Staatsbesuch wurden
sie jetzt aufgefordert, 50 Vertreter der Wirtschaft namhaft zu
machen, da auch der Handelsminister daran teilnehmen wird. Ich
hatte sofort grösste Bedenken, da ich mir nicht vorstelle konnte,
dass die Spitzen dieser Delegation dann bei den entsprechenden
Verhandlungen anwesend sein würden. Eine Rücksprache mit Kirch-
schläger ergab auch, dass die Italiener 120 Journalisten auf
ihre Kosten einladen wollten. Da wir aber gar nicht so viele Jour-
nalisten aufbringen können, haben sie nun Künstler und Wirtschafts-
leute eingeladen, damit sie die 2 Chartermaschinen füllen. Mussil
wird deshalb einige Beamten der Handelskammer nominieren. Ich
glaube, sie waren sehr froh, dass ich sie nicht nur davon befreite,
sondern sogar gewarnt habe, Spitzenfunktionäre mitzuschicken.
Die ÖVP beabsichtigt einige Initiativen im Parlament zu ergreifen.
Unter anderem wollen sie das Gewerbestrukturverbesserungsgesetz
dahingehend geändert haben, dass anstelle der 3 %-igen Gewerbe-
steuerertrages an die Bürges ein höherer Prozentsatz, wahrschein-
lich 4 höchstens 5 % von ihnen vorgeschlagen wird. Ich erinnerte
sofort, dass dies nicht einmal Koren ihnen zugestanden hat. Koren
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war damals – wie mir Mussil vor längerer Zeit versicherte, nur
bereit 4 % zu akzeptieren, wenn gleichzeitig alle Bürges-Zuschüsse
die anderen Gewerbekreditaktionen zurückfallen. Um die Abwanderung
von Arbeitskräften nach Deutschland zu verhindern, wollen sie eine
einmalige Aktion. Da eine ERP-Sonderaktion für Rationalisierung in
Abwanderungsgebieten nicht möglich ist, wünschen sie, dass die Bürges
einmal 20 Mill. S Sonderaktion erhalten soll. Mein Hinweis, dass doch
die Entwicklungsgebiete wie Waldviertel, Mühlviertel und teilweise NÖ
und das Burgenland, sowie auch Gebiete in Steiermark und Kärnten viel
dringender eine solche Unterstützung bedürfen, konnte Mussil nicht ent-
kräften und meinte dann, man würde auch diese Gebiete ins Gesetz auf-
nehmen. Damit handelt es sich um gar nichts anderes, um nach ihren Be-
rechnungen 200 Mill. S Volumen mit den 20 Mill. S Zinsenzuschüssen
finanzieren zu können. Die 200 Mill. können allerdings nicht stimmen.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte vom Haus genau berechnen lassen, nach einer
entsprechenden Detailinformation durch die Referenten der Handelskammer,
wieviel eine solche Aktion bei 20 Mill. S fallenden Kapital Zinszuschuss
tatsächlich Volumen umfassen würde.
Ich forderte Mussil und Sallinger ganz besonders auf, dass sie den
Finanzminister über die beabsichtigten Aktionen, bevor sie sie im Parla-
ment starten, informieren müssten. Sie sagten dies auch zu. Sie fragten
auch an, ob nach wie vor Mühlbacher die Bürges verankert werden soll.
Nach Meinung Mussil hätten sie einen Beirat zu schaffen gehabt, der bei
der Bürges kontrolliert, ob die Kredite auch entsprechend vergeben wer-
den. Ich erwiderte sofort, dass dies eine falsche Auffassung von
ihm sei, denn Kostroun hätte seinerzeit im Auftrag des Freien Wirt-
schaftsverbandes – ich selbst war ja sogar bei einer Vorbesprechung
im Vorstand dabei – die Forderung nach einer Verankerung eines Ver-
trauensmannes in der Bürges dem Sallinger mitteilen müssen. Es han-
delt sich jetzt nicht darum, dass Nationalrat Mühlbacher in Form eines
Beirates dann verankert wird, sondern er handelt sich darum, dass ein
Angestellter die höchste Funktion berufen wird. Bei der Betriebswirt-
schaftlichen Woche traf ich Mühlbacher, der mir meine Auffassung auch
bestätigte, und gar nicht die Absicht gehabt hat, einen Beirat in der
Bürges zu installieren, sondern wie er sagt jetzt auf alle Fälle darauf
drängen wird, dass Reiter vom Klub der SPÖ als entsprechend hoher Ange-
stellter in der Bürges verankert wird.
Die Gewerbeordnung hat nun die Begutachtung durch den rechts- und
gewerbepolitischen Ausschuss hinter sich. In diesem Ausschuss war
von Igls ein gewisser Beck, der übrigens als Sektionsleiter für den
Fremdenverkehr scheinbar vorgesehen war, den aber die BHK ganz ent-
schieden ablehnt. Beck hat sich dort insbesondere gegen die Abschaf-
fung des Lokalbedarfes ausgesprochen. Insbesondere ist der pharma-
zeutische, der Buchhandel, die Sodawassererzeuger sowie ganz besosn-
ders das Gast- und Schankgewerbe dagegen. Mussil glaubt aber trotzdem,
dass die Vorstandssitzung aber trotzdem einen positiven Beschluss zustan-
debringen wird und den rechts- und gewerbepolitischen Ausschuss be-
stätigen wird. Als Ausweg schwebt ihm noch vor, dass die Verordnungs-
ermächtigung – wie es derzeit für den Schutz von Leben und Gesund-
heit sowie die volkswirtschaftliche Schädigung – auch auf Markt-
stärung ausgedehnt wird. Er meinte, da ich ja dies dann in der
Hand hätte, müsste ich mich nicht gegen eine solche Ausdehnung der Ver-
ordnungsermächtigung wehren. Ich äusserte sofort grösste Bedenken da-
gegen, da dies ein unbestimmter Gesetzesbegriff wäre und ausserdem natür-
lich jedes neue Lokal als Marktstörung definiert werden könnte. Ohne
es ihnen zu sagen, konnte ich es mir schon vorstellen, unter welchem
Druck ich hier von einzelnen Fachgruppen gesetzt werde, damit ich
dann die Marktstörung anwende, den Lokalbedarf bei ihnen nach wie vor
aufrechterhalte. Eine solche Regelung müsste unter allen Umständen
verhindert werden.
Die Landarbeitervertreter haben sich auch an die Bundeskammer gewendet
um gegen die Trennung zwischen Genossenschaften und Gewerbeordnung
ganz entschieden zu protestieren. Wenn nämlich die Landarbeiter in
Hinkunft nicht mehr der Landarbeiterkrankenkasse angehören, behauptet
Mussil, würde diese Krankenkasse einen finanziellen Ruin kommen. Für
mich sei nur die gewerberechtliche Seite von Bedeutung und hier
sollte eine saubere Lösung versucht werden. Ich werde mit Häuser über
dieses Problem noch sprechen, da es doch seine Frage ist, und nicht
meine. Die Bundeshandelskammer ist hier sicher in einem ganz großen
Dilemma, da die ÖVP-Kernschichte der Landarbeiterfunktionäre für sie
dann entsprechend in Frontstellung kommt. Wenn sie einer sauberen Trenn-
ung zwischen Gewerberecht und Sozialrecht zustimmt.
Die Bundeskammer meldete bezüglich des großen Kompetenzgesetzes
das sie ja jetzt kaum mehr beeinflussen kann, nachdem eine ein-
fache Mehrheit genügt, den Wunsch, daß zumindestens der Werksverkehr
in meinem Ministerium bleiben sollte. Hier habe ich keinerlei Zu-
sagen gemacht. Dagegen stimmte ich zu, daß eine Restkompetenz insoferne
verbleiben müßte, daß die Frage wirtschaftliche Angelegenheiten des
Verkehrs in irgendeiner Abteilung weiterbehandelt gehört. Ich könnte,
glaube ich um Zuge der parlamentarischen Verhandlungen dann eine solche
Lösung von uns akzeptiert werden. Da Gratz erklärt hat, über das große
Kompetenzgesetz wird ja noch im Parlament verhandelt werden, es soll ja
nicht ein Mehrheitsbeschluß unter allen Umständen herbeigeführt werden,
gäbe es dann ja dorten noch Kompensationsmöglichkeiten. Im Prinzip
aber bestätigte ich neuerdings, daß die Verkehrskompetenzen auf alle
Fälle ins Verkehrsministerium kommen werden.
Die Bundeshandelskammer ist besorgt, daß die Amerikaner Österreich
jetzt als Spezialfall bei den EG-Verhandlungen betrachten wollen und
sieht darin eine gewisse Gefahr für die weiteren Verhandlungen. Außer-
dem möchte die Bundeshandelskammer über die Ostpolitik weitere Besprech-
ungen mit dem Ministerium führen. Ich erklärte mich selbstverständlich
sofort dazu bereit.
Eine einzige Gegenforderung gegen diesen ganzen Wunschkatalog war,
daß wir nun endgültig zielführende Besprechungen über Preisgesetze
aufnehmen sollten. Sallinger meinte zielführend wäre, jetzt einen
unveränderte Verlängerung auch in Hinkunft dürfte aber auch keine
einzige Regelung von uns angestrebt werden, dem könnten sie uns
nicht zustimmen, wo die Paritätische Kommission ausgeschaltet wird.
Ich versicherte sofort, daß genau das Gegenteil von mir beabsichtigt ist,
daß daher doch eine Rute im Fenster, d.h. ein wirksames Preisgesetz
konzipiert werden müßte. Mussil hat zugegeben, daß man die Preisgesetze
nicht auslaufen lassen kann, daß sie selbst aber auch gewisse Änderungs-
wünsche haben. Ihnen schwebt vor allem vor, daß anstelle des Preisstraf-
rechtes, das zivile Schadensersatzrecht von seiten der Konsumenten
verankert werden sollte. Nach seiner Auffassung gibt es hier einige
gute Vorbilder, wo man in anderen Staaten anstelle, daß das Unternehmen
an eine Strafe bekommt, dem Konsumenten, wenn er übervorteilt wird, z.
B. im Preistreibereigesetz, die Möglichkeit gibt, Schadenersatz zu
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verlangen. Ich kann zwar nicht vorstellen, daß so etwas wirklich
funktioniert, habe aber größtes Interesse daran, die Details zu
erfahren.
Anmerkung für WANKE: Bitte in der Bundeshandelskammer klären,
welche Vorarbeiten und welche Vorlagen und insbesondere welche
ausländischen Beispiele ihnen dienen.
Die Eröffnung der Betriebswirtschaftlichen Woche kam ich in der
Nähe von Koren zu sitzen. Koren ist, daß muß man ihm lassen, ein
sehr gescheiter Mann, kann aber niemals verkneifen, selbst wenn
seine eigenen Leute reden, wie z.B. Schmitz, zynische und zwar
richtige Bemerkungen zu machen. Da er aus seinem Herzen niemals
eine Mördergrube macht, wird er sicherlich in der eigenen Partei
kaum Chancen haben, entscheidenden Einfluß zu nehmen. Er wird viel
zuviele Gegener in seiner eigenen Partei durch seine Bemerkungen und
durch seine Kritik durch seine Theorien sich schaffen. Ihm sollte
Raab als Vorbild dienen, der Schweigen konnte und seine Politik durch-
setzen konnte. Man meinte allerdings, daß Raab nur deshalb diese
Bedeutung erlangt hat, weil er sich eben niemals zu einen Entschluß
durchrang und den vor allem niemals in der Partei zuerst erkämpfte.
Hier irrt Koren aber ganz gewaltig. Raab hat entscheidende und be-
deutende Beschlüsse zustande gebracht, indem er vorbereitend zu-
erst die wichtigsten Leute informierte und sie nicht wahrscheinlich
durch zynische Bemerkungen vor den Kopf stieß, sondern dann letzten
Endes auf seine Linie vergattern konnte. Es hat vielleicht nicht diesen
esprithafte Diskussion gegeben, aber letzten Endes entscheidet in
der Politik wer sich durchsetzen kann und dies hat Raab 100 %-ig zu-
stande gebracht. Diese Diskussion wurde ausgelöst, weil wir uns
beide an unseren Universitätsprofessor Mayer, unseren Lehrer, erinnerten.
Mayer hat nämlich ebenfalls in Wirklichkeit kaum etwas geleistet. Er hat
nur einige bedeutende Artikel in der Jugend geschrieben, insbesondere
im Handwörterbuch der Staatswissenschaften und galt nachher als großer
Wirtschaftstheoretiker. Koren meinte, er hätte eben dann keine wie
immer geartete Stellungnahmen bezogen, weder in der einen
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Frage noch in der anderen und sich dadurch einen Nimbus aufgebaut,
daß der der große Denker und Schweiger sei. Richtig ist, daß immer
die Mär ging, er hätte einen Nachlaß, wo er die ganze Wirtschafts-
theorie neu durchdacht und entsprechend ausgebaut hätte und in Wirk-
lichkeit wurde dann überhaupt nichts gefunden. Koren meinte deshalb,
daß sowohl Mayer auf wissenschaftlichem Gebiet, als Raab auf politischem
Gebiet durch Schweigen zu großen Positionen gekommen sind. Außer-
dem hätte Mayer keine Konkurrenz auf anderen Lehrstühlen gehabt.
Auf der Welthandel war Kerschagl, auf der Wiener Universität Vogel.
Für Mayer möge diese Charakteristik ja zustimmen, bei Raab glaube
ich irrt Koren. Übrigens, wenn Koren nicht irrt, dann ist er meiner
Meinung nach schlecht beraten von sich selbst, daß er nicht Raab
als Vorbild nimmt, der ja immerhin im Stande war, der ÖVP nicht nur
einen bedeutenden Aufstieg zu sichern, sondern darüber hinaus auch
wirklich eine Politik zu verankern, wie sie sie von ihrem Standpunkt
aus nie wieder erreicht wurde.
Der Aussprache unter vier Augen von Dr. Bogsch von BIRPI wollte dieser
nur wissen, ob die österr. Bundesregierung bereit sei und den politischen
Willen habe, die Dokumentation tatsächlich nach Österreich zu bekommen.
Als ich dies bejahte meinte er, daß man dann damit rechnen müßte, daß
entsprechendes Geld, gute Leute und Organisation zur Verfügung ge-
stellt werden müßte. Bezüglich der guten Leute bestätigte er mir,
daß das Patentamt hervorragend nicht nur geführt ist, sondern auch
einen internationalen anerkannten guten Ruf hat. Er meinte aller-
dings, daß für die Dokumentation doch ein anderer Typ von Menschen
noch geschaffen werden müßte und insbesondere die Organisation
neu aufbauen müßte. Bezüglich des Geldes erwiderte ich, daß hier
nicht unbegrenzte Mittel zur Verfügung stehen, daß wir uns aber
doch über die wichtigsten Punkte einigen werden können. Konkrete
Fragen richtete er nicht an mich und ich habe deshalb auch keine
konkreten Zahlen genannt. Bei der Anwesenheit dann von Thaler und
Lorenz wurde nur von ihm darauf hingewiesen, daß sie mit der UNIDO
einen guten Kontakt haben und daß sogar die Atombehörde an sie her-
angetreten ist, um die friedvolle Nutzung der Energie über die
Patentanmeldungen ebenfalls zu kontrollieren, resp. die Entwicklungs-
tendenzen zu erfassen. Da diese beiden internationalen Organisationen
ihren Sitz in Wien haben, glaube er auch, daß hier eine gute
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Verbindung von der Dokumentation mit diesen Behörden stattfinden
könnte und würde. Den Fragebogen, den ich knapp vor der Sitzung
bekommen habe, hat dann Lorenz resp. Thaler mit einem Begleit-
schreiben dem Direktor Bogsch übergeben. Lorenz hat mir gegenüber
behauptet, die Fragebogenbeantwortung liege schon sehr lange bei
uns.
Anmerkung für WANKE: Bitte Vorkehrung treffen, damit in Hinkunft doch
von uns geprüft wird, ob diese Beantwortung nicht allzu große Ver-
pflichtungen enthält, die insbesondere das Finanzministerium betref-
fen, und mir zeitgerecht die Stellungnahme zur Kenntnis bringen.
Wir haben zwar durch unseren Beschluß, daß das Finanzministerium ver-
ständigt werden muß, die ärgsten Weitpunkte beseitigt, doch er -
wir ununterbrochen in die Kompetenz des Finanzministerium rechts-
verbindlich ein. Da ich dann nicht einmal weiß, was wir hier geant-
wortet haben, kann man mir mit Recht einmal vorwerfen, oder ich mache
mir selbst den Vorwurf, nicht entsprechend verantwortungsbewußter
gehandelt zu haben.
Der Bundespräsident hat sowohl den Aussenminister als auch mich
wegen der Italienreise zu sich gebeten. Dort mußte ich zu meiner
größten Verwunderung erfahren, daß nicht von Mittwoch bis Freitag,
sondern von Montag bis Donnerstag abends der Staatsbesuch statt-
findet. Niemand hat mich davon informiert, niemand hat sich im Haus
darum bekümmert. Meisl hat mir ein umfangreiches Elaborat über die
wirtschaftlichen Probleme gegeben und ich war darüber sehr froh, weil
ich dies jetzt dem Bundespräsidenten ebenfalls überlassen konnte.
Dadurch hat Kirchschläger, aber vor allem Jonas gesehen, daß
wir uns doch auf den Besuch einigermaßen vorbereiten.
Kirchschläger selbst hat auch sehr viel Material ausgearbeitet
und wird es mir in den nächsten Tagen ebenfalls zur Verfügung stellen.
Ich muß überhaupt sagen, daß das Aussenamt hier wesentlich besser
arbeitet als unser Haus. Natürlich liegt die Vorbereitung von Staats-
besuchen primär dem Aussenministerium. Trotzdem glaube ich aber wäre
es zielführend wenn bei uns sich die Protokollabteilung resp.
Ottahal mit seinen Leuten um diese Probleme mehr kümmern würde. Das
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Präsidium hat genau gewußt, daß ich an dem Staatsbesuch teilnehme
und sich ja scheinbar bis jetzt überhaupt nicht um die
Einzelheiten informiert.
Anmerkung für HEINDL: In Hinkunft bitte muß, wenn ein solcher Staats-
besuch geplant ist, die formelle Seite stärker von unserem Haus bear-
beitet werden. Es war blamabel, daß ich nicht einmal die Abfahrt und
die Rückkunft des Staatsbesuches gewußt habe.
Nach einem Empfang der Betriebswirtschaftlichen Woche warf ich Mitterer,
dem ich gleich zu den Abschluß über die Fußgängerzone in Wien gra-
tulierte. Ich hatte durch reinen Zufall im Fernsehen von diesem Ab-
schluß gehört und er war sehr erstaunt und erfreut, daß ich mich über
solche Details informiere und ihm also auch fragte, was ich dazu bei-
tragen könnte. Er selbst schlug mir sofort vor, daß die blaue Zone am
Heldenplatz eingeführt werden müßte, ich bin zwar dafür nicht zustän-
dig, sondern der Bautenminister, ich werde aber sofort die Besprechun-
gen mit Moser diesbezüglich aufnehmen. Da derzeit kein Kongreß mehr
in Wien beabsichtigt ist, kann das Kongreßzentrum auch nach Auffassung
von Mitterer dagegen nicht protestieren. In Wirklichkeit wird das
Kongreßzentrum natürlich dagegen schärfste Stellung nehmen, weil sie
befürchtet, daß in Hinkunft man dann überhaupt sagen wird, wenn die
Fußgängerzone in der Innenstadt eingeführt wird, daß eben der Kongreß
ebenfalls nur mehr mit blauen Parkzonen rechnen kann. Die Absicht,
am Heldenplatz eine Tiefgarage anzulegen, scheiterte nicht zuletzt auch
daran, daß der Bundespräsident sich gegen eine solche ganz entschie-
den ausgesprochen hat. Ich glaube er befürchtet, daß dieser Bauplatz
die Arbeit in seiner Kanzlei natürlich empfindlich stören würde.
Allen Respekt vor dem Bundespräsidenten bin ich aber trotzdem der
Meinung, daß dieser Platz sich ideal für die Tiefgarage eignet.
Tagesprogramm, 2.11.1971
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)