Dienstag, 25. Jänner 1972
Es gibt ein Berufsforschungsinstitut unter Führung von Dr. Ingrisch,
Ingrisch ist aber auch gleichzeitig im BfI des ÖGB der Mann, der die
Managementausbildung eingeführt hat und derzeit noch leitet. Ingrisch
musste sich mit dieser Idee gegen die Führung des BFI aber nicht zuletzt
auch gegen den ÖGB mühsam durchsetzen. Vor allem, als er einen Kurs Lohnpo-
litik machte, hat es grössten Widerstand gegeben, weil man zuerst nicht
genau wusste, welche Folgen ein solcher Kurs auch für die Gewerkschaft
haben könnte. Nur weil Dr. Weissel von der Arbeiterkammer hier als Uni-
versitätsdozent diesen Kurs leitete, war es überhaupt möglich Benya und
andere Kollegen davon zu überzeugen, dass dies keine Gefahr für den ÖGB
darstellt. Die Kurse Kybernetik und vor allem dann die Führungsmodelle
sind teilweise schlechter besucht und Ingrisch wollte eine Art Ausfalls-
haftung. Dies musste ich natürlich ablehnen. Im Rahmen der Arbeitsgemein-
schaft wird aber Ingrisch versuchen, neue Modelle zu entwickeln und dann
entsprechend als erster eben vom Handelsministerium Zuschüsse zu bekom-
men.
Mit Magister Knapp, ich glaube, so heisst der Sekretär des BfI, und mit
Dr. Fellinger spreche ich zu Mittag über den Wunsch der Handelskammer und
beide erklären, sie werden mit Vertretern der Handelskammer Besprechun-
gen aufnehmen. Ebenso erklärt sich Eksl, den ich in der Gewerkschaftsfrak-
tion treffe und der gleichzeitig der Leiter des BFI ist, bereit, die ent-
sprechenden Verhandlungen mit Mussil und seinen Leuten aufzunehmen.
Anmerkung für Wanke: Bitte, kontrolliere nach einiger Zeit, ob dies tat-
sächlich auch geschieht und ob Ergebnisse aus diesen Besprechungen zu
erwarten sind.
Im Ministerrat berichtet Kreisky, dass die Anerkennung Bangladesch
für Österreich dann in Frage kommt, wenn Grossbritannien und die
skandinavischen Staaten dies getan haben. Der Pakistanische Botschafter
meinte, es wäre jetzt noch nicht möglich, da doch noch fremde Truppen
im Lande sind. Kreisky erwidert mit Recht, dass dies auch in Österreich
der Fall war und sie trotzdem Österreich bemüht hat, eine entsprechende
Anerkennung aller Staaten zu erlangen.
Die Arbeitsgruppen werden nun endgültig von ihm vorgeschlagen und
unterscheiden sich doch ein wenig von den gestern von ihm in Aussicht
genommenen Personenkreis. Die Wirtschaftsgesetze: Land- und Forstwirtschafts-
minister, Innenminister, Finanzminister, Handelsminister und eventuell
in Frage kommender anderer Minister. Als seinen Vertreter nennt er Veselsky.
Aufgabe ist es, die zeitgemässe Überprüfung der Wirtschaftsgesetze.
Die Arbeitsgruppe für Preisfragen: Bundeskanzler, Vizekanzler, Finanz-
minister, Innenminister, Handelsminister und sonstige zuständige Minister
sowie Staatssekretär Karl. Aufgabe ist es, im Zusammenhang mit der Vorbe-
reitung der Mehrwertsteuer die Entwicklung der Preise zu beobachten.
Mit fällt ganz besonders auf, dass er den Landwirtschaftsminister schein-
bar absichtlich nicht in der Komitee aufnimmt.
Androsch berichtet, dass die 5. und letzte Kennedy-Runde mit Jahresbeginn
angelaufen ist und dadurch dem Staat 220 Mill. S Zoll und Ausgleichsteuer-
einnahmen entfallen. Androsch meint nun, dass Kaffee, Tee, Getränke, Bau-
stoffe, Leder, Taschnerwaren, Buchhandel, Baumwolle, Eisen und Stahl,
Maschinen, elektrische Geräte, Traktoren, optische Geräte, Musikinstru-
mente, Tonaufzeichnungen und Spielzeug billiger werden könnten. Aufgabe
meint Kreisky, wäre es nun, dieser Arbeitsgruppe Preise, sofort das gesamt-
wirtschaftliche Verhalten der Unternehmer zu prüfen. Büromässig müssten
das Finanzministerium und das Handelsministerium die entsprechenden Vor-
arbeiten leisten. Ich selbst habe mich wieder nur insoferne gewundert,
dass von unserem Büro niemand auf diese Phase der Kennedy-Runde aufmerk-
sam gemacht hat. Hier hätten wir schon längst propagandistisch in Erschei-
nung treten können. Einen riesigen Preissenkungseffekt erwarte ich mir
aus der Vielzahl der Produkte, auch dann wenn der Staat wirklich 220 Mill.
Zolleinnahmen verzichtet, nicht. Trotzdem müsste man jetzt natürlich
sofort in unserem Haus zu prüfen beginnen, ob solche Zollsenkungen gewesen
sind und wie die Firmen bereit sind, die Zollermässigungen in verbilligten
Preisen weiterzugeben. Da wir eine solche Aktion schon einmal gemacht
haben, müsste sich diese Untersuchung resp. Verhandlung mit den Unternehmer
leichter bewerkstelligen lassen.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte Aktion sofort einleiten.
Die Ministerbesprechung wegen Aichfeld-Murboden zeigt grosse Anlauf-
schwierigkeiten. Da Moser im Parlament im Bautenausschuss aufgehalten
ist, wird das Wohnbaukonzept ausgeklammert. Ebenso die notwendige Stras-
sensanierung. Veselsky wollte nur, dass der Finanzminister 70 % Annuitäten-
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zuschüsse gibt, um den Zins entsprechend billiger zu halten. Androsch
wehrt sich meiner Meinung nach mit Recht gegen eine solche Aktion.
Die Länder haben die Wohnbauförderung übertragen bekommen und nun
hält er es für ein gefährliches Präjudiz, wenn der Bund jetzt zusätzlich
Annuitätenzuschüsse gewährt.
Die Verkehrsverbindungen in den Raum würden wesentlich besser sein, wenn
es gelänge, den Militärflugplatz Zeltweg auch für private Maschinen
freizubekommen. Dies wird derzeit vom Bundesheer ganz entschieden ab-
gelehnt und Kreisky wird alles daran setzen, um Lütgendorf davon zu
überzeugen. Schlimmstenfalls meint er, müsste man im Ministerrat
einen diesbezüglichen Beschluss herbeiführen.
Mein Vortrag, dass die ÖDK sich auf Gas-Kohle-Brenner umstellt und
dies bereits jetzt machen muss, wird zur Kenntnis genommen. Wann
allerdings die Mehrgasmengen zur Verfügung gestellt werden können,
ist derzeit noch ungewiss, da die SU sich über die Mehrlieferung noch
nicht geäussert hat.
Die Betriebsansiedlungsgesellschaft wird versucht werden, dass das
Land wieder einsteigt, wenn das aber nicht der Fall ist, will Kreisky
sie mit den Gemeinden allein gründen. Als private Firma soll auch
Infrabau – eine Bawag- und Neue Heimat-Firma – angezogen werden.
Der Zeitplan von mir, nämlich, dass ein Jahr gebraucht wird, um die
170.000 t Kohle auf Lager zu legen, um dann die notwendige Befeuerung
für die Dampfanlage des Förderbetriebes und des Elektrizitätswerkes
zu haben, wird zur Kenntnis genommen. Ebenso dass man dann noch 16 Mo-
nate braucht, um den Betrieb wirklich stillzulegen. Aus diesem Grund
soll der Plan jetzt so weit fertig gestellt werden, dass man im Feber
den steirischen Landesvertretern eine endgültige Studie überreichen
könnte. Diese Kommissionssitzung müsste dann die entsprechenden Be-
schlüsse fassen. Ich glaube eigentlich nicht, dass dies der Fall sein
wird, eine Aussprache mit Sterk ergab, dass seinerzeit ein Betonpfropfen
eine heisse Quelle mit 60 Atü und 70 Grad heisses Wasser (Mineral-)
zutage gefördert hat. Bevor man jetzt wirklich dann den Schacht ver-
schüttet, müsste meiner Meinung nach überlegt werden, ob man diese
Quelle nicht so wie dies in Häring, Tirol der Fall war, als Thermalbad
und damit für den Fremdenverkehr nützt.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte dies über die Fremdenverkehrswerbung Heilbäder
untersuchen lassen.
Androsch hat vor der Sitzung mir gesagt, er möchte doch jetzt endgültig
die Angelegenheit Fremdenverkehrswerbungslokal in New York bereinigen.
Ich wies darauf hin, dass wir zwar 17 Mill. S angeblich als Reserve
bei der ÖFVW haben, aber doch nicht diese Gelder dafür verwenden können,
um der AUA jetzt 2,5 Mill. S Ablöse zu bezahlen. Androsch meint, dass
wenn man ein Lokal irgendwo ablöst, dass man doch die Investitionen, so-
weit sie für einem von Nutzen sind, zahlen muss und er meint, wir sollten
uns auf dieser Basis mit der AUA noch einmal besprechen. Betreffend die
Ausfinanzierung der ERP-Fremdenverkehrskredite vertritt er vehement den
Standpunkt, dass wir d.h. dass der Finanzminister eigentlich allein den
Zinsenzuschuss übernehmen soll. Er möchte nicht die Länder dabei haben,
weil die Länder nur verzögernd wirken und andererseits sich das Ergebnis
als positiv von ihrem Standpunkt aus darstellen. Ich verstehe die Hal-
tung zwar nicht, denn sie kostet ihn immerhin etliche Millionen Schilling,
aber wenn er unbedingt will, dass das Finanzministerium diese Aktion aus-
bezahlt, dann werde ich mich nicht dagegen wehren.
Anmerkung für Heindl: Unbedingt aktenmässig die Bezahlung durch das
Finanzministerium absichern.
Im Berufsausbildungsgesetz-Beirat erscheine ich das erste Mal. Ich bin
sehr überrascht zu erfahren, dass auch Min.Rat Kinscher noch nie bei einer
Arbeitssitzung anwesend war. Dies ist immerhin die 37. Sitzung. Der
Vorsitzende bringt einen Bericht, dass in 104 Unterausschuss-Sitzungen
204 Sachverständige, davon 66 Berufsschullehrer befragt wurden. Insgesamt
haben sie 115 Lehrberufe begutachtet und auch die Prüfungsordnungen
bereits in Arbeit genommen. Dringend erschiene auch dem Beirat, dass
die weiteren Bildungswege für die Lehrlinge besser ausgebaut werden
müssten und nicht heute durch die Schulreform neuerdings der Bildungs-
weg verschlossen werden sollte. Ich danke den Mitarbeitern und ersuche
wenn irgendwelche Interessenvertretungen oder Einzelpersonen Vorschlä-
ge, konkrete Anregungen oder irgendwelche Ideen haben, dann solle man
sie mir mitteilen. Ich würde in diesem Falle, dies in meinem Hause
untersuchen lassen und selbstverständlich den Beirat dann um sein Gut-
achten bitten. Da die Arbeitnehmerfraktion nur mit der zweiten Garnitur
gekommen ist, von der Gewerkschaftsjugend fehlt Mrkwicka vom ÖGB
und war Braun von der Angestelltengewerkschaft, Dr. Neuwirth von der AK
ist anwesend, andererseits aber die ÖVP sehr stark von den Arbeitnehmern
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vertreten ist, war dieser Besuch zwecklos. Abgesehen davon, dass
Neuwirth zu spät kam, hat er mir nachher nur noch geflüstert, er
hätte mit Mrkwicka über die Einzelheiten zwar schon gesprochen,
aber sie hätten sich noch immer nicht auf eine endgültige Taktik
in der Vorgangsweise geeinigt. Da ich Braun und Mrkwicka in der
Fraktion anschliessend getroffen habe, habe ich ihnen nur die ein-
malige Gelegenheit, die sie bei meiner Anwesenheit im Berufsausbildungs-
beirat gehabt hätten, vor Augen geführt. Ich warte nun ihre weitere Ini-
tiative ab.
Lachs hat mir bereits in der Früh mitgeteilt, dass Benya über die Mit-
teilung des Fernsehen betreffend die Errichtung eine Preisbeobachtung
durch die Regierung sehr wütend gewesen ist. In der Fraktion selbst,
wo auch Kreisky anwesend war, hat er deshalb zuerst einen Bericht
über die Verhandlungen mit Androsch über die Steuerfragen und dann
natürlich auf einen Artikel der Salzburger Nachrichten "Sozial-
partner an die Leine nehmen" bezug genommen, um das Problem zur Sprache
zu bringen. Benya meinte, er sei mit der Paritätischen Kommission
nicht verheiratet und der ÖGB könnte auch ohne PK existieren. So
wie er beim Finanzminister vorgeschlagen hat, er soll nicht mehr in
Hinkunft über die Zeitungen seine Pläne und vor allem Ziffern bekannt-
geben, so lehnte er auch ab, ein Fernseh-Interview. Weihs hätte ihn
verständigt, dass Handelskammerpräsident Sallinger ein solches
Interview geben wird. Er hatte sich sofort mit Sallinger, der in Vor-
arlberg ist, in Verbindung gestellt und festgestellt, dass man
Sallinger wieder gesagt hätte, ÖGB würde ein Interview geben. Beide
kamen überein, dass sie keines geben, obwohl Sallinger in einem
Artikel jetzt festgestellt hat, dass die Paritätische Kommission
keine Nebenregierung ist, aber andererseits er von Kreisky erfahren
will, was dieser eigentlich mit der Preiskommission will. Kreisky
repliziert sofort, dass seit Herbst die Walze läuft, Kreisky zer-
stört die Sozialpartnerschaft. Dies war bereits behauptet worden,
als er im Dezember im Nationalrat die Novelle des Preisgesetzes ver-
langte, welche letzten Endes eine Verstärkung der PK gebracht hat.
Auch in diesem Fall hat er im engsten Einvernehmen mit Benya die
Taktik besprochen und letzten Endes auch den Erfolg errungen. Die
Vorwürfe der Opposition, dass die Regierung nichts macht, besonders
ging er wieder auf die Anfrage Glasers im Nationalrat zurück, und
die Tatsache, dass jetzt durch die Mehrwertsteuer doch entsprechende
Preiserhöhungen, aber auch Preissenkungen möglich sind, veranlassen
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ihn, eine solche Arbeitsgruppe zu schaffen. Er hätte z.B. in der PK
das erste Mal davon gehört, dass der Getreidepreis am 1.7. erhöht werden
soll als Kompensation gegen die Stickstoffpreiserhöhung. Benya gab
dann in der Diskussion die Erklärung, dass in der Präsidentenbesprechung
nur davon die Rede war, dass der Preisantrag für Getreide in Behandlung
gezogen wird. Für mich war es also ganz klar, dass Weihs hier nach
Rücksprache mit Benya, die Erklärung, dass der Getreidepreis eben
erhöht wird werden, abgegeben hat. Kreisky kannte die Mitteilung des
Fernsehens nicht und erklärte, heute Abend würde er ein Statement zu
dieser Frage abgeben. Darin würde er klar und deutliche seine Reverenz
gegen die Paritätische Kommission erweisen. Die Aussprache mit Schleinzer
hat gezeigt, dass auch dieser Ein Stabilisierungsabkommen, wo er etwas
mitreden möchte, gerne von der Regierung erwartet. Kreisky wies darauf
hin, dass die Wirtschaftspartner autonome Körperschaften seien und
deshalb sich von der Regierung nicht bevormunden lassen. Insbesondere be-
fürchtet Kreisky, dass auf dem Lohnsektor die ÖVP und die BHK entsprechen-
de Bremsen einbauen möchten. Dies wird aber vom ÖGB abgelehnt und deshalb
sei ein solches Abkommen nicht zweckmässig. Der Preisausschuss der Re-
gierung würde letzten Endes auch den Ministern eine gewisse Stütze ge-
ben. Weihs könnte dann z.B. erklären, dass der Zuckerpreis eben nicht
in dem gewünschten Ausmass sondern eben nur bis zu einer gewissen Höhe
von den anderen Regierungsmitgliedern akzeptiert wird. Er könnte sich
in diesem Falle auf die anderen ausreden. Die ÖVP legt die Taktik an eine
Spaltung der SPÖ und der Gewerkschaftsfraktion herbeizuführen, aber dies
würde so wie in den vergangenen Jahren vollkommen hoffnungslos sein.
Wenn es Auffassungsdifferenzen gibt, dann wird Kreisky und Benya immer
über diese Probleme offen sprechen und letzten Endes einen gemeinsamen
weg finden. Die ÖVP möchte gerne eine Art Nebenregierung einrichten –
siehe die Aussprache Schleinzer mit den Firmen über sensible Produkte,
siehe das Verlangen von Schleinzer, bei allen Steuern mitreden zu können.
Die Politik gegen die ÖVP müsste aber "konziliante Härte" sein. Lachs
meinte nur als einziger Diskussionsredner ausser Benya, die Minister
mögen dafür sorgen, dass im Preisunterausschuss sich ihre Beamten aktiver
betätigen. Ausser Singer, ohne den Namen zu nennen, hat überhaupt kein
anderer Beamter sich im Geschehen der Paritätischen Unterausschusskommis-
sion eingemischt. Dies bezieht sich – wie mir Lachs nachher sagte – ins-
besondere auf den Vertreter des Finanzministeriums.
Durch diese Aussprache habe ich das Gefühl, war das Problem so eniger-
massen bereinigt, aber die Vergiftung der Atmosphäre wird leider
noch längere Zeit anhalten. Kreisky spürt, dass die Preise für die
Bundesregierung nicht nur der Prüfstein werden, sondern dass auch die
Aktionen der Opposition schön langsam Erfolg in den eigenen Reihen
mit dieser Argumentation haben. Er hofft deshalb, wenn die Regierung
optisch stärker in Erscheinung tritt, diese Entwicklung stoppen zu
können. In stimme in dem Fall mit Häuser vollkommen überein, das mir ge-
sagt hat, er versteht nicht, was nun diese Arbeitstruppe der Regierungs-
mitglieder soll. Auf längere Sicht gesehen, wird man nämlich feststellen,
dass auch wir hier nichts anderes können, als eben mit den Firmen reden,
Appelle zu richten und letzten Endes dann aber festzustellen, dass auch
wir gegen die Preiserhöhungen kaum etwas unternehmen können. Teilerfolge
kann man allerdings oft erzielen, ohne dass man dies vorher geplant hat.
Ich habe z.B. nur aus einer Mitteilung, dass Weihs nur bis Ende Jänner
bei einer 50 %-igen Abschöpfung die Eier freigegeben hat, doch jetzt er-
reicht, dass Weihs bereit war, eine Freigabe ohne Abschöpfung für die näch-
sten Wochen auszusprechen.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Wir sollten einen regelrechten Schlachtplan für diese
zukünftige Arbeit entwickeln. Dabei wird es ausschliesslich darauf ankommen,
Details zu erfahren und in Angriff zu nehmen, siehe das Eierbeispiel.
In der Lebensmittelarbeitergewerkschaft habe ich sowohl mit dem Brauerei-
Sekretär Macho als auch mit den Zuckerleuten Verhandlungen geführt, wie
man auf de einen Seite die Brauerei-Arbeiter in Tirol und Salzburg wieder
zur Arbeit bringt und auf de anderen Seite verhindert, dass die Zucker-
arbeiter nicht durch die Länge der Verhandlungen über ihre Lohnforderungen
in den Streik treten. Die Zuckerindustrie ist nur bereit, die Löhne zu
bezahlen, wenn es diesmal zu einer Preiserhöhung kommt. Ich habe die
Sekretäre neuerdings und auch das Verhandlungskomitee aufmerksam gemacht,
dass eine Zusage unsererseits unter gar keinen Umständen gemacht werden
kann. Auch nur eine andeutungsweise Erfüllung der Wünsche der Zucker-
indsutrie könnte uns in die furchtbarste Verlegenheit bringen. Die AK
und auch Blümel stehen auf dem Standpunkt, dass eine Erhöhung des Zucker-
preises nicht gerechtfertigt ist. Wenn nun die Zuckerindustrie irgendwo
sagen kann, dass auch die Gewerkschaft der Lebensmittelarbeiter eine solche
Erhöhung für richtig findet, könnte dies unseren Verhandlungen nur sehr
schaden. Wenn die Regierung, und Kreisky hat solche Äusserungen gemacht,
jetzt hart bleiben will, dann wird es längere Zeit keinen Zuckerpreis
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geben. In diesem Fall müsste aber trotzdem erreicht werden, dass die
Zuckerindustrie die vereinbarten neuen Löhne auch bezahlt. Als Geltungs-
termin wurde von uns der 1. Jänner und von der Zuckerindustrie bis jetzt
der 1.2.1972 angeboten. Bis jetzt ist es mir geglückt, immer zwischen
dem Vorwurf, dass ich als Interessenvertreter schon ausschliesslich die
Gewerkschaftsinteressen mit den allgemeinen vermische, abzuwehren. Ich
hoffe, dass mir dies auch in Hinkunft gelingen wird. Die Schwierigkeit
besteht nur darin, dass wenn ich wirklich die ausschliessliche Preis-
kompetenz bekomme, man mir eine Interessenkollision vorwerfen wird.
Vielleicht wird es dann ganz gut sein, wenn wir tatsächlich ein Minister-
komitee haben, welches über die Preise letzten Endes entscheidet. Derzeit
bin ich nämlich rein formell ausser Obligo, weil ich bei den Lebens-
mittelpreisen nicht zuständig bin, sondern dafür das Landwirtschafts-
ministerium die Federführung hat. Selbst wenn ich aber in Fall des grossen
Kompetenzgesetzes die Geschäftsführung der Lebensmittelarbeiter zurück-
legen würde, würde man mir dann doch nicht abnehmen, dass ich nicht alles
daran setze, um den Lebensmittelarbeitern zu ihren höheren Löhnen zu ver-
helfen. Wir haben bis jetzt – so glaube ich zumindestens – eine vernünf-
tige Lohnpolitik gemacht und uns niemals für eine Preiserhöhung einge-
setzt. Trotzdem sind die Vorwürfe immer gegen unsere Gewerkschaft und
insbesondere gegen mich gerichtet. Lachs erzählte mir, dass Kreisky nicht
zuletzt bei der Aussprache mit Benya über die neue Arbeitsgruppe darauf
hingewiesen hat, dass auch die Lohnforderungen der Lebensmittelarbeiter
dann vielleicht besser gebremst werden können. Benya hat mit zwar von
der Aussprache mit Kreisky erzählt, aber darauf hingewiesen, dass sie
nicht so gelaufen ist, wie dann im Fernsehen und scheinbar auch in der Be-
richterstattung von Kreisky zum Ausdruck gekommen ist. Ich selbst bin hier
also in einem furchtbaren Dilemma, allerdings schon seitdem ich in der
Lebensmittelarbeitergewerkschaft und das ist jetzt schon weit über 10
Jahre her, tätig bin. Ich fürchte, dass sich an dem Zustand nichts ändern
wird.
Tagesprogramm, 25.1.1972
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 11. Ministerratssitzung, 25.1.1972
09_0086_03hs. Notizen (TO Ministerratssitzung Rückseite)
Notiz für den Herrn BM betr. Eierabschöpfung