Freitag, 28. April 1972
Da Schipper auf Erholungsurlaub fährt und die Personalver-
tretung unbedingt eine Vorsprache bei mir wollte, musste ein
Termin eingeschoben werden. Ich hatte nur 3/4 Stunden Zeit und
so konnten wir die Tagesordnung nicht ganz abwickeln. Die
Personalvertretung stellt sich vor, dass ich ihnen weitestgehend
entgegenkommen bei der Mitsprache und bei der Mitwirkung im
Ministerium. Ihre Forderung ging so weit, dass sie sogar bei der
Sektionsleiterbesprechung anwesend sein wollten. Ohne dass ich
diese Forderung schroff ablehnte, konnte ich glaube ich doch
erreichen, dass in Hinkunft sie sich vorsichtiger mit ihren
Wünschen einer weitgehender Mitbestimmung als das Gesetz es sieht,
bewegen werden. Ich stellte nämlich klipp und klar fest, dass
wenn ein Vertreter einer Personalvertretung irgendwo anwesend
wäre, müsste er dann auch für alles, was dort beschlossen wird,
die Verantwortung übernehmen. Mitbestimmung heisst auch restlose Mit-
verantwortung. Wenn er sich in der Sektionsleitersitzung verschweigt,
hiesse das – und so weit wollten und konnten sie natürlich nicht
gehen, weshalb der Ing. Engelmayer, der Sprecher, nur gemeint
er könnte dort entsprechende Aufklärung gleich über die Stellung-
nahme der Personalvertretung geben, denn wenn wir irgendwelche
Beschlüsse fassen, die letzten Endes ja doch auch das Personal
betreffen.
Die Forderung nach 25 neuen Dienstposten, die nach wie vor von
ihnen aufrechterhalten wird, gibt uns die Möglichkeit, wenn
einmal im Parlament über die Beamtenbeschäftigung zur
Diskussion kommt, auf dieses Phänomen hinzuweisen. Auf der einen
Seite argumentiert die ÖVP über die Erhöhung der Beamtenstände
auf der andren Seite ist der ÖAAB in den Ministerien daran inter-
essiert, neue Dienstposten zu schaffen. Schipper berichtete,
dass es ihm geglückt ist, bei den Vorbesprechungen über die Per-
sonalstände zu erreichen, dass wir sogar für das Patentamt drei neue
Dienstposten kriegen und zwar verzichten wir in der ZAE auf 3
und ein Dienstposten wird sogar vermehrt, sodass insgesamt die
Forderung des Patentamtes als erfüllt betrachtet werden kann.
Bei den Wünschen der Personalvertretung für die Belohnung und
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sonstige Auszeichnungen Richtlinien zu erstellen, war ich leider
nicht mehr anwesend. Schipper hat es abgelehnt, einen solchen Richt-
linienerlass herauszugeben, da er – wie er mit Recht glaube ich
sagt – im BKA damit auf grössten Widerstand stossen würde und auch
von dort noch kein solcher Erlass existiert, resp. vorbereitet wird.
Bis jetzt geschieht, die Belohnung rein individuell nach Gutdünken
des Präsidialvorstandes. Allerdings verstehe ich dann nicht, dass
Schipper vor etlichen Monaten den Personalvertretungen in unserem Haus
eine solche Objektivierung zugesagt hat. Ich selbst hätte gar nichts
einzuwenden, wenn man gleichzeitig eben wirklich ein System finden
kann, welches nach objektiven Kriterien eine Belohnung ausspricht.
Zu diesen Zweck hatte ich ja auch in einem vorhergehenden Tagesordnungs-
punkt der Personalvertretung vorgeschlagen, man sollte – um überhaupt
die Personaleinteilung zu objektivieren – gewisse Bewertungskriterien
der Arbeitsplätze aufstellen. In diesem Fall würde man dann leicht er-
kennen können, dass es neben vielleicht wirklich überbelasteten Beamten
eine ganze Reihe von Beamten gibt, die wahrlich nicht als ausgelastet
bezeichnet werden können. Heindl hat gehofft, dass Engelmayer, mit
dem er Vorbesprechungen geführt hat, bei diesem Forderungspunkt nicht
ganz ablehnen wird, sondern eigentlich sehr positiv zu einer solchen
Arbeitsplatzbewertung steht. Bei der Aussprache selbst war er dagegen
sehr zurückhaltend.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte bei einem Protokoll, das Öhm macht, sehr
vorsichtig auf diese Ansätze hinweisen.
Der für uns wichtigste Punkt, nämlich die Übernahme Wankes in den
Staatsdienst, war von ihnen als letzter Punkt gereiht und daher unter
meiner Abwesenheit nur ganz kurz erörtert. In Hinkunft aber kann und
werde ich sagen, dass ich dieses Problem mit der Personalvertretung
eingehend erörtert habe, auch dann, wenn ich nicht mehr anwesend
sein könnte und natürlich wie mir Heindl berichtete, nur dilatorisch
dieses Problem von Seiten der Personalvertretung angeschnitten wurde.
In meinen Augen ist es aber ein ausgesprochener Fehler ihrerseits ge-
wesen, diesen Punkt als letzten zu placieren und ich selbst werde daher
keine neuen Aussprache mehr mit ihnen pflegen. Nachdem Schipper jetzt
auf Urlaub ist, könnten wir erst nach seiner Rückkehr wieder mit
ihm darüber verhandeln, ich selbst lege nur grössten Wert darauf, dass
jetzt der Akt so schnell wie möglich erledigt wird und von Schipper
persönlich unterfertigt wird.
Die Besichtigung des SANDOZ-Instituts in Liesing mit BR Brugger
und den Mitgliedern der schweizerisch-österreichischen Handelskammer
war für mich zwar sehr zeitraubend, aber interessant. Dadurch, dass
dies doch eine so grosse Führung war, hat es sich dies schrecklich in
die Länge gezogen. Ich hätte statt der zweieinhalb Stunden das
ganze sicherlich in einer halben Stunde bewältigen können. Durch reinen
Zufall entdeckte ich bei der Bibliotheks- und Dokumentationsbesich-
tigung, dass Körvent dort seine ganzen Patente, soweit sie Chemie
und Pharmazeutika betreffen, auch hierher schickt. Die Firma hat
zwar nur ein Abonnement für ihr Forschungszentrum in Basel, ein
zweites besitzt sie noch in Amerika, schickt aber eine dritte Kopie
an das Forschungszentrum in Wien. Allein dieser eine Sektor nimmt
bereits irrsinnig viel Platz und Aufwand in Anspruch, wie mir die
Leiterin der Dokumentation erklärte. Mit Schaudern denke ich daran,
wie wir das Weltdokumentationzentrum, wo wir einen wesentlich grös-
seren Anteil von Weltpatenten arbeiten sollen, von der Lagerung
ganz zu schweigen. Ich weiss, dass ja nur beabsichtigt ist, die
entsprechenden Patentnummern EDV-mässig von den einzelnen Patent-
ämtern mitgeteilt zu bekommen, sodass sie eigentlich bei uns nur
zentral gesteuert und gespeichert werden. Damit soll angeblich ein
kleiner Büroraum, man spricht von 2–3 Zimmern, das Auslangen
finden. Ich würde mich schwer täuschen, wenn nicht in
kürzester Zeit auch die Patentschriften bei uns eingelagert werden
würden. Zumindestens kann man damit rechnen, dass eine solche For-
derung aufgestellt wird. Dies bedeutet dann allerdings, dass ent-
sprechend grosse Räume und vor allem aber entsprechendes Personal
zur Verfügung stehen muss. Je mehr ich mich mit den Problemen be-
schäftige und durch reine solche Zufälle und Besichtigungen , auf den
Umfang der Patentarbeiten stosse, umso mehr kommt mir der Zweifel,
dass wir alles dies in Hinkunft bei eigentlich so geringem Einsatz
an Mitteln Personal und Gebäude werden bewältigen können.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Neuerdings bitte beim Finanzminister, ich habe
ihn auch persönlich einige Male schon aufgefordert, auf dem schnell-
sten Abschluss der Gesellschaftserrichtung drängen.
Bei den diversen offiziellen Anlässen, wie z.B. Vortrag zur 50-Jahr-
Feier in der Industriellenvereinigung oder bei dem Festbankett hatte
ich natürlich Gelegenheit, mit Brugger auch über andere Probleme als
nur die EWG-Verhandlungen zu sprechen. Ich konnte mit grossem
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Interesse allerdings feststellen, dass wirklich keine differenten
Auffassungen zwischen Österreich und der Schweiz auf unserem Ge-
biet bestehen. Wo es nämlich wirkliche Probleme wie z.B. AUA–Swissair
Zusammenlegung oder Errichtung von Kernkraftwerken im Rheintal
zwischen den beiden Staaten gegeben hat, ressortiert
dies nicht bei uns, sondern bei anderen Ministern, schweizerischer-
und österreichischerseits. Interessant war nur, dass Brugger meinte
man müsste doch wirklich überlegen, ob die Schweiz und Österreich
nicht gemeinsam ein grösseres Kernkraftwerk auf Schweizer Boden
errichten sollten mit einer Beteiligung von Österreich.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte dies Frühbauer-Sekretär mitteilen, wenn
ich die Kompetenz haben werde, werde ich diesen Plan aufgreifen.
Tagesprogramm, 28.4.1972