Montag, 18. Dezember 1972
Beim Jour Fixe bei Sallinger und Mussil bringt letzterer die Preis-
beanstandungen d.h. die Computerauszüge mit. Er meint, es wäre
unmöglich, dass die Handelskammer im Preisunterausschuss die ganzen
Beanstandungen bearbeitet. Er möchte am liebsten, dass wir die Mel-
dungen an die Handelskammer unterlassen. Zuerst beabsichtigt er
die Länderkammern von diesen Übertretungen zu verständigen. Da
die ganzen Fälle die Wiener Erhebung betreffen, nimmt er dann aber
doch davon Abstand. Spät abends ruft mich Marsch an und fragt, ob
ich tatsächlich zugesagt habe, dass die Ausfertigungen sechsfach
dem Preisunterausschuss von uns vorgelegt werden. Davon war nie die
Rede.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: In Hinkunft erkläre ich, Marsch soll mir bei
Auswerfen des Computers die grösstmögliche Zahl von Durchschlägen
machen, um sie dem Preisunterausschuss zur Verfügung stellen.
Wegen der Entlastung der Baupreise kommt Hecke mit einem Entwurf.
Mussil erklärt freimütig, dass zwar darin die Verpflichtung ent-
halten ist, dass die Handelskammer die Vollmachtsermächtigungen
bringen wird. Doch beabsichtigt diese, diese Verpflichtungen, die
sie schriftlich eingeht, tatsächlich nicht durchzuführen. Ich
stimme diesem Plan nicht zu, nehme hier andererseits auch nicht
dagegen Stellung. Wegen der Entlastungssätze der Buch-Mark wird
Dr. Morawa, Dr. Berger und Dr. Widhalm, der Sekretär des Gremiums,
zugezogen. Wir einigen uns, dass das Ministerium versuchen wird,
in der BRD die Entlastung durchzusetzen. Sollte dies nicht gelingen,
wird eine gemeinse Besprechung für März in Aussicht genommen, um
mit den Interessensvertretungen und dem Ministerium eine gemeinsame
Lösung zu erreichen. Auch hier habe ich nicht zugesagt, dass
die 7.70 abgeändert werden, sondern dass wir nur prüfen werden,
ob wir einen neuen Satz gemeinsam finden können.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Bitte ein Schreiben an die BRD vorbereiten las-
sen.
Jagoda hat von der Handelskammer verlangt, dass sie und die Landes-
kammern die Rechnungsabschlüsse innerhalb der im Gesetz vorgesehenen
Frist – 30. März – erstellen. Die Bundeshandelskammer hat nur zwei
Vollversammlungstermine, einer im November/Dezember, um den Voran-
schlag genehmigen zu lassen und den zweiten im Juni/Juli, um
eben die Rechnungsabschlüsse zu genehmigen. Die Handelskammer
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wird deshalb bei der Novelle des Handelskammergesetzes die Frist für
die Vorlage von 30. März auf 30. Juli erstrecken. Darüber hinaus
möchte sie gerne für die Nachtragsvoranschläge auch eine gesetzliche
Deckung. Derzeit ist dies nicht ausdrücklich expressis verbis erlaubt.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Mussil möchte, dass wir bis zu diesem Zeitpunkt
nicht beanstanden, sondern weiter den bisherigen jahrzehntelangen Con-
tra-legem-Standpunkt belassen.
Auf meine Mitteilung, dass Melis über die Europa-Institutsaktivitäten
bis ins letzte Detail informiert wird, wird ohne Bemerkung zur Kenntnis
genommen. Sallinger urgiert für den Fremdenverkehrskredit für Zoubek.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte überprüfen, ob dieser Fall von uns
schon positiv erledigt ist.
Kreisky hat ebenfalls für den Schuster Georg Maderna, der jetzt vom
Kreditverein der Zentralsparkasse einen Kredit bekommen kann, wenn
Bürgschaft übernommen wird. Ich habe erklärt, dass dies der Fall ist
der eigentlich seinerzeit für die Bürges, als sie geschaffen wurde,
vorgesehen war. Maderna, ein Unselbständiger übernimmt jetzt den
Betrieb von seinem Chef, bekommt einen Kredit von der Z und die
Haftung durch die Bürges.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte Dich mit Masabuch von der Z in Verbindung
zu setzen.
Mussil fragt, welche Beträge für die Wifis zur Verfügung stehen. Er
ist mit der Auskunft: ca. 3 Mill. S zufrieden und lässt sich
dies sogar von mir auf seiner Aktennotiz vermerken. Ich schreibe noch
dazu, wäre nicht notwendig, aber aus Freundschaft – Staribacher.
Der Schlüssel 5:1 für Wifi:BfI verlangt, dass unverändert bleibt.
Sallinger und Mussil stimmen mir zu, dass Kreditansuchen mit 8,5 %
Kreditkosten weder für die Bürges noch für das Gewerbestrukturver-
besserungsgesetz akzeptiert werden können. Die seinerzeitige Vereinbarung
haben den Banken einen reichlichen finanziellen Polster gelassen und
war vor allem nicht auf die Bankrate aufgebaut.
Eine jugoslawische Delegation unter Führung von Staatssekretär Mikic
verhandelt im Handelsministerium mit einer österreichischen Delegation
unter Leitung von Min.Rat Metzner. Österreich wird nach Wegfall der
Fernverkehrssteuer als Gegenleistung wenigstens eine 50 % Reduktion
ihrer Strassenabgaben erreichen. Der Transit zu den jug. Häfen Rijeka
und Koper ist jetzt schon frei. Ebenso der Personenverkehr. Österreich
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ist für den Gelegenheitsverkehr 60 Groschen pro Person/km und
im Linienverkehr 8 % zu bezahlen. Ich erkläre, dem Staatssekretär
Mikic, dass Österreich sehr hofft und ich ganz besonders, davon
überzeugt bin, dass nach Bereinigung der gespannten Verhältnisse
wegen Ortstafeln in Kärnten aber auch während dieser Zeit die
wirtschaftlichen Beziehungen aufrechterhalten und ausgebaut
werden sollen. Ich bitte den Staatssekretär den Aussenhandels-
minister Hadzic und Dr. Snuderl von mir grüssen zu lassen und dass
ich nach Fertigstellung des Fremdenverkehrsabkommen unverzüglich
zur Paraphierung resp. Unterschrift nach Belgrad kommen werde. Den
anwesenden Handelsrat setze ich auseinander, dass ich während der
Zeit vom 8.–10. Jänner leider nicht kommen kann. Ich teile dies
abends auch dem Aussenminister mit, der mit dieser Vorgangs-
weise sehr einverstanden ist und zur Kenntnis nimmt, das ich
zu diesem Zeitpunkt, da Regierungsklausur ist, unmöglich
nach Jugoslawien fahren kann. Dem Gesandten Otto hat er bereits
durch einen Erlass angewiesen, dass er bei seinen Aktivitäten sich
ausschliesslich an die Weisungen zu halten hat. Kirchschläger wird
in einem Kabel auch über die Sitzung mit Mikic berichten.
Min.Rat Steiger und Dr. Bachmayer besprechen die weitere Vorgangs-
weise für die Errichtung der unabhängigen Stelle im Handels-
ministerium auf Grund der EGKS-Verträge.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Ich habe Dr. Grünwald, ÖIAG und Dr. Lachs, ÖGB,
sowie der AK versprochen, das Grundkonzept mit ihnen während der
Weihnachtsfeiertages zu besprechen.
Steiger möchte nun noch vor den Feiertagen eine interministerielle
Kommission damit beschäftigen. Nach dieser interministeriellen
Kommission soll man mit bitte sofort eine Information über das
Ergebnis machen.
Mit GB wird nun in Genf vereinbart, dass die Whisky-Erklärung
mit der EWG auch von GB dahingehend zur Kenntnis genommen wird,
dass ein Zollaufbau anerkannt wird. Solange aber die Verhandlungen
über unsere österreichischen Wünsche geführt werden, wird Öster-
reich keinen Zoll de facto einführen. Sollten die Verhandlungen
aber scheitern, wird im Jahre 1973 ein 40 %-iger Zoll errichtet
und ab 1974 ist Österreich bezüglich eines weiteren Zollaufbaues
frei. Diese Lösung teilt mir Steiger mit, hätte auch die Handels-
kammer mehr oder minder zur Kenntnis genommen. Ich versuche Mussil
im Parlament zu erreichen, damit er diese Haltung neuerdings be-
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stätigt. Bezüglich des Briefentwurfes an die Schweiz wegen der
Einführung der landwirtschaftlichen Verarbeitungsprodukte-Regelung
auch innerhalb der EFTA meint Steiger, dass dies jetzt verfrüht wäre.
Bei der Neutralen-Besprechung wurde dem Wunsch der Schweiz, die Unter-
suchungen Punkt für Punkt vorzunehmen, zugestimmt. Die Schweiz möchte
eine Ausnahmeliste für Schokolade, Anerkennung der Rezeptur, was
bereits jetzt im Rahmen der EWG geschehen ist. Für Milchpulver keine
Abschöpfung, da die Schweizer Preise höher sind als die in Öster-
reich und auch die Weltmarktpreise auf die letzten Endes abgeschöpft
werden soll, für Suppen und Sossen die derzeitige Abschöpfungsfreiheit
garantiert, für die hochwertige Stärke auch der derzeitige Bestätigungs-
vermerk des Handelsministeriums, welche die Freiheit garantiert.
Über diese Punkte wird jetzt auf Beamtenebene eine für die Schweiz posi-
tive Regelung herbeigeführt werden können. Sollten die Verhandlungen
aber stocken, wäre dann ein Zeitpunkt gegeben, mit einem Brief bei Brug-
ger zu intervenieren. Steiger wird Gleissner von der Handelskammer
von dieser Vorgangsweise, die er für die einzig mögliche und
richtige hält, versuchen die Zustimmung zu erlangen. Wirklich schwie-
rig, meint Steiger, wird es mit Finnland, das jetzt auf dem Lävulose-
sektor dasselbe Dumping aufführen wie seinerzeit die Schweden bei
der Stärke. Hier wird es notwendig sein, eine Regelung zu erreichen.
Degischer kommt zu mir, um bei der Ministerratsvorbesprechung von
Unterrichtsminister Sinowatz, wegen der Volksbücherei-Gesetzregelung
eine Kompetenzzustimmung zu erreichen. Da die Beamten des Unterrichts-
ministeriums die Mitkompetenz des Handelsministeriums entschieden ab-
gelehnt haben und Degischer tatsächlich auch kaum eine Möglichkeit
sieht, dass wir rechtlich dies erzwingen könnten, schlägt er als Kompro-
miss vor, dass zumindestens der Unterrichtsminister zustimmen sollte,
dass eine interministerielle Kommission sich mit diesen Fragen, wenn
die alleinige Kompetenz des Unterrichtsministeriums Gesetz werden soll
beschäftigten sollte. Ich interveniere bei Sinowatz und er stimmt
dieser Regelung zu. Es ist unwahrscheinlich, aber wahr, das Haus
rührt sich nur dann bei den Ministerratsvorträgen, wenn es um Dienst-
reisen oder um Kompetenzfragen geht. Ich bin über diesen Zustand nicht
unglücklich, ganz im Gegenteil, da ich wenn einmal wirklich Bean-
standungen von der Handelskammer oder von der Oppositionsseite er-
folgen könnten, ich mir ruhigem Gewissen darauf hinweisen kann, dass
ich alle Wünsche, die von Seiten des Hauses an mich herangetragen
wurden, in der Ministerratsvorbesprechung oder in bilateralen Ge-
sprächen mit den Ministern zur Sprache gebracht habe und bis jetzt
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sogar meistens mit Erfolg abschliessen konnte. Materielle Vor-
schläge sind ja bis jetzt kaum mitgeteilt worden. Entweder
gibt es die gar nicht oder man erfüllt eine parteipolitische Ver-
pflichtung, mich in dieser Hinsicht nicht zu unterstützen, ausser
wenn ich das ausdrücklich verlangen würde. Da ich diese Ezzes
aber sowieso nicht brauche, andererseits einmal eine gute Aus-
rede haben werde, wenn ich hart attackiert werden sollte, ist
mit der jetzige Zustand nur recht, wenn er auch
Vor der Ministerratssitzung zeigt mir Broda einen Brief von Lan-
ger-Hansel, worin dieser als Geschäftsführer der Fremdenverkehrs-
werbung ersucht, die Untersuchung gegen Scherbaum durch die
Staatsanwaltschaft an sich zu ziehen. In dem Schreiben werde ich
nur erwähnt, dass ich Obmann sei, doch kann man daraus ableiten,
dass ich mich mit der Meinung Langer-Hansels decke. Langer-Hansel
meint, dass das Ansehen der ÖFVW durch einen Prozess gegen Scher-
baum im Ausland geschädigt werden könnte. Ausserdem sei das Kompro-
miss, daß Scherbaum den Schaden gutmachen wird, gefährdet.
Ich erkläre Broda, dass ich mich mit diesem Schreiben keinesfalls
decke. Ich erinnere mich sehr genau, dass ich von Langer-Hansel
die restlose Aufklärung verlangt und vor allem die vollkommene
Mitteilung an das Direktorium gefordert habe. Ebenso, dass Langer-
Hansel die Untersuchung durch die Wirtschaftspolizei tatkräftigst
unterstützen soll.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte klarstellen, was Langer-Hansel veran-
lasst hat, eine solchen unverantwortlichen Brief an Broda zu
schreiben.
Landwirtschaftsminister Weihs ersucht mich, die österr. Botschafter
anzuweisen, dass sie die Intentionen bezüglich der Milchpulver-
und Butterverhandlungen mit GB unterstützen sollen.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte die notwendigen Kabel an die Botschaften
mit einem einvernehmlichen Schreiben mit Plesch besprechen und noch
vor den Feiertagen abfertigen.
Vor der Ministerratsbesprechung diskutiere ich mit Androsch die
neuen Bestimmungen über den Bundeshaushalt. Androsch erklärt,
dass die Kreditinstitute dort nur aufgeführt sind, damit eine
Deckung für die derzeitigen Geschäfte, die er bereits mit der
österr. Kontrollbank abwickelt auch gesetzlich im Bundeshaushalts-
gesetz hat. Bezüglich der Postsparkasse erklärt er wortwörtlich
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er wird nicht eine eigene Gesellschaft ruinieren und selbstverständ-
lich alle bisherigen Geschäfte auch weiterhin über die Postsparkasse
abwickeln. Aus dieser Diskussion entnehme ich allerdings, dass er
grössten Wert darauf legt, die Regierungszusage eines Haushaltsrecht
noch heuer dem Parlament vorzulegen, durchziehen wird. In der Mini-
sterratsvorbesprechung kommt es dann zu einer stundenlangen Dis-
kussion über dieses Problem. Androsch erklärt die wichtigsten Ein-
wände berücksichtigt zu haben. Ich selbst verweise auf unseren Brief,
der noch immer unbeantwortet ist, worauf Androsch meint, unsere Wünsche
seien bereits erfüllt. Eine flüchtige Überprüfung im Bundessubventions-
gesetz zeigt mir, dass dies kaum der Fall sein dürfte. Da Androsch selbst
den Einwendungen von Frühbauer, der erklärt, dass in Hinkunft jeder Fi-
nanzminister die Bundesbahn finanziell führen wird und nicht mehr der
Ressortchef, auch nicht Rechnung trägt, ausser dass er erklärt, man
könnte im Parlament dann noch über alles sprechen, fasst Kreisky
dann zusammen. Schärf hätte ihm immer schon erklärt, dass alle Ge-
setze so gemacht werden sollten, dass sie dann, wenn die SPÖ nicht
mehr in der Regierung ist, nicht gegen sie verwendet werden können.
Schärf hat als Beispiel einige Male darauf hingewiesen, dass er damals
als Sekretär des Klubs in der ersten Republik zum Beispiel den Partei-
obmann Seitz auf einige Punkte aufmerksam gemacht hat. Kreisky möchte
nun nicht haben, dass man später einmal sagt, was die Regierung damals
unter seinem Vorsitz beschlossen hat, käme jetzt dann der Opposition
resp. einer anderen Regierung zugute. Trotzdem wird grundsätzlich
den Entwürfen des Finanzministers zugestimmt, da er sich mit Frühbauer
arrangieren wird, dass die österr. Bundesbahnen und die Post durch die
neuen Haushaltsbestimmungen nicht total in Abhängigkeit des Finanz-
ministeriumsbeamten gelangen sollen. Androsch weist darauf hin, dass
er mit Hilfe des monatlichen Präalabels und des Kampfes um die Budget-
ansätze bei jedem Budget jetzt bereits die Bahn und die Post eigentlich
schikanieren könnte. Gegen was er sich im neuen Haushaltsrecht nur
wehren möchte ist, dass er z.B. mit Ach und Krach in den vergangenen
Jahren das Bundesbudgetdefizit von 7 Mia. auf 5 Mia. gesenkt hat,
gleichzeitig aber die ÖBB die Verwaltungsschulden um + 1,2 Mia. S er-
höht hat. Die Post wieder hat 200 Mill. S Personalmehraufwand ausgegeben
ohne dass der Finanzminister sich dagegen wehren konnte. Der Rechnungs-
hof hat nun beanstandet, dass die Verwaltungsschulden eine längere
Laufzeit als 3 Jahre haben. Im Entwurf wird nun eine gesetzliche Rege-
lung vorgesehen, damit eine 15-jährige Laufzeit der Verwaltungsschulden
möglich ist. Allerdings in Hinkunft nur mehr mit Zustimmung des Finanz-
ministeriums. Interessant für mich war aus der seinerzeitigen Stellung-
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nahme von Marhold, dass er sich gegen das Haushaltsgesetz nicht
ausgesprochen hat. Die Wünsche zum Bundesförderungsgesetz hat Marhold
mir mitgeteilt, hat das Finanzministerium für unsere Probleme
grösstes Verständnis gezeigt und zugesagt, eine Klarstellung vor-
zunehmen, ohne dass Androsch die Details sicherlich gekannt hat,
hat er mit seiner Bemerkung, dass die Wünsche des Handelsministerium
befriedigt wurden, scheinbar eine diesbezügliche Mitteilung seiner
Beamten bekommen. Eventuelle Detailfeststellungen könnten noch bei
der parlamentarischen Behandlung im Nationalrat von unserer Seite
vorgenommen werden.
Kirchschläger und Kreisky wurden von mir informiert, dass bei
der internationalen Patentkonferenz im nächsten Jahr Univ.Prof.
Schönherr als Vorsitzender vorgeschlagen wird. Kirchschläger ist
damit einverstanden, wenn Schönherr die Gewähr gibt, dass er die
entsprechenden Sprachkenntnisse hat, mindestens 1 Verhandlungs-
sprache, Englisch oder Französisch oder Spanisch, müsste er als
Vorsitzender beherrschen. Das Aussenministerium hat nur mit einigen
Univ.Prof. als Vorsitzende internationaler Konferenzen die die
Verhandlungen nicht leiten konnten, schlechte Erfahrungen gemacht.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte feststellen, ob Schönherr die Ver-
handlungssprache beherrscht, was ich als sicher annehme.
Kreisky teilt mit, dass wenn der Verfassungsdienst ein negatives Gut-
achten zu einem Gesetzentwurf eines Ministers verlegt und aus
rechtspolitischen Überzeugungen und Zielsetzungen der Bundeskanzler
einen gegenteiligen Standpunkt als der Verfassungsdienst einnimmt,
er einen diesbezüglichen Brief an den Minister resp. Bemerkung
zum Verfassungsdienstgutachten abgeben wird. Darin wird er zum
Ausdruck bringen, dass dieses Problem für ihn nicht nur eine
rechtspolitische Frage ist sondern dass die gesellschaftspolitische
Zielsetzung insbesondere das Entwicklungsprinzip für ihn wich-
tiger erscheint, als die rechtspositivistischen Meinungen des
Verfassungsdienstes. Es wird dann im Parlament das Verfassungsdienst-
gutachten vorliegen und als Ergänzung dazu die Meinung des Bundes-
kanzlers, der eben seinen Minister durch diesen Brief abdeckt.
Kreisky kann und will sich scheinbar nicht über den Verfassungs-
dienst – Gutachten – hinwegsetzen. Ich glaube, dass unsere Lösung im
Hause besser ist, da wir gar nicht in die Gefahr kommen, dass
nachdem wir jetzt erreicht haben, dass für sie Sozialgesetze auch
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mit dem Sozialminister die Absprache bereits auf Beamten-
ebene positiv verläuft, durch negative Gutachten die schwer-
wiegende Einwände gegen eine Materie beinhalten, im Parlament
zitiert werden können. Allerdings muss ich zugeben, dass der
Verfassungsdienst natürlich eine wesentlich stärkere Stellung
in der Bürokratie des BKA hat als eine bei uns von einzelnen
Referenten aufgezogene Begutachtung zu einzelnen Gesetzesmaterien.
Kreisky hat ein Schreiben über das Verbot der Tabakwerbung gehabt,
meint, wer davon berührt sei, hat mir allerdings dann weder dieses
Schreiben gegeben, noch mitgeteilt, um was es sich dabei handelt.
Ich erklärte ihm, dass wir dieses Problem einvernehmlich im
Werbeausschuss geregelt haben.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte von Reiter zu ergründen, was es
mit diesem Schreiben für eine Bewandtnis hat.
Moser hat Schwierigkeiten bei der Einführung der gleitenden Dienst-
zeit bei den nachgeordneten Dienststellen des Eich- und Vermessungs-
wesens. Die Personalvertretung hat sich, soweit die Sozialisten über-
haupt dort vertreten sind, ganz entschieden gegen die Einführung der
Stechuhren ausgesprochen. Die VP-ler haben dem allerdings zugestimnt.
Robert Weisz erklärt, dass bei der Gemeinde Wien 3 Lösungen vorge-
schlagen wurden. Entweder in eine Liste sich selbst einzutragen,
oder den Abteilungsleiter die Bestätigung der gleitenden Dienstzeit
vornehmen zu lassen oder durch Zeitmesser (Stechuhren) die Kontrolle
durchzuführen. Die Personalvertretung aber auch die Beschäftigten
haben sich entgegen dem Wunsch des Vorsitzenden Weisz für die
Zeitmesser, d.h. Stechuhren entschieden. Häuser erklärt, dass
wenn die gleitende Arbeitszeit tatsächlich eingeführt werden soll
und nicht täglich nur geglitten wird, sondern dies durch Wochen oder
gar vielleicht durch Monate abgerechnet wird, ohne Stechuhren dies
vollkommen unmöglich ist. Insbesondere im Hinblick auf die jetzt
vorgesehene Bezahlung der Überstunden gibt es keine andere Lösung
als die Anschaffung von Stechuhren in jedem Ministerium, welches
die gleitende Arbeitszeit einführt.
Weihs teilt mit, dass sich ans Landwirtschaftsministerium die FPÖ
gewandt hat, um für die politischen Akademien Beamte zu bekommen.
Es wird einvernehmlich festgehalten, dass jeder Minister selbstver-
ständlich den Beamten diesbezügliche Möglichkeiten geben will.
Rösch stellt fest, dass im Ortstafelkonflikt jetzt er eine
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Verfassungsbestimmung wegen der zusätzlichen Landesfarben
resp. Wappen bei den Ortstafeln ausarbeiten muss. Kreisky
möchte, dass es ohne Verfassungsgesetz zu einer Regelung zwischen
Rösch und mir kommen sollte. Die Initiative ist von Rösch,
da er kompetenzmässig auf alle Fälle zuständig ist, selbst wenn nur
die Landesfarben an die Ortstafeln angebracht werden, von ihm auszu-
gehen.
Kreisky teilt mit, dass zum Ortstafelstreit eine Kommission ein-
gesetzt wird. Die ÖVP, der Landesparteiobmann von Kärnten hat vorge-
schlagen, dass Ermacora in diese Kommission entsendet werden soll.
Dadurch wird er als Gutachter an der weiteren Entwicklung des
Ortstafelstreites teilnehmen und hat sich verbindlich verpflichtet
dann im Parlament nicht mehr als Abgeordneter in dieser Frage
in Erscheinung zu treten. Eine Verschärfung hat eine Erklärung des
jug. Verteidigungsministers Juvic erfahren und Kirchschläger wird
den Botschafter zu sich bitten, um Aufklärung über diese provokante
Rede zu verlangen.
Sinowatz möchte die offene Frage mit den Lehrern bezüglich der Ent-
schädigung für die Schulbücher, die mit 25 Mill. vom Finanzminister
begrenzt sind, durch eine Ergänzung zu Ende bringen. Der Unterrichts-
minister hat noch aus der normalen Belohnung Beträge offen, die
er dafür einsetzen möchte. Kreisky warnt davor, denn die Lehrer
dürften nicht immer alle ihre Forderungen restlos durchsetzen.
wenn auch die soz. Lehrervertreter ganz besonders die Sprecherin
Jacot viel radikaler ist als selbst die ÖAAB-ler, müsste man jetzt
unbedingt Nein sagen, da ansonsten die Verhandlungen über die
Verwaltungszulage die die Lehrer jetzt ebenfalls wollen, nicht
abgewehrt werden kann. Robert Weisz meinte, man sollte auf
alle Fälle so schnell wie möglich jetzt mit dem Schulbuchentgelt
zu einer Einigung kommen, weil ansonsten der Streit noch anhält und
gleichzeitig dann als weiterer Streitpunkt die Forderung nach Aus-
dehnung der Verwaltungsdienstzulagen auch auf die Lehrer mit
hineingezogen wird.
Veselsky teilt mit, dass nun für Aichfeld-Murboden der Geschäfts-
führer bestellt ist und Steiermark die Landeshaftung und die
10 %-igen Annuitäten, die sie seinerzeit versprochen haben, ablehnen.
Er muss nun mit LH Niederl verhandeln und beziffert, wenn Steier-
mark ausspringt , dies mit 18,5 Mill. S weitere Bundesbelastung.
Androsch hat gegen eine Verhandlung mit Niederl von Seiten
Veselskys keinen Einwand.
Durch die überlange Besprechung in der Regierungssitzung komme
ich verspätet zur Weihnachtsfeier der Jungen Generation im
dritten Bezirk. Da wir mit der JG ein verhältnismässig gutes
Einvernehmen im Bezirk haben, ist diese Weihnachtsfeier für mich
auch gleich eine Gelegenheit, mich für ihre Mitarbeit herzlichst zu
bedanken. In anderen Bezirken wie z.B. bei Gawlik in Rudolfsheim
oder im 22. Bezirk besteht fast ein Kriegszustand zwischen der
Partei und der JG. Weisbier erklärt mir, wenn der Wiener
Ausschuss nicht bald das Regulativ genehmigt, werden alle
Funktionäre ihre Mandate zur Verfügung stellen. Ich hoffe,
dass es nicht so weit kommt, denn dies würde uns in der Land-
strasse auch verhältnismässig hart treffen, für etwas, wofür wir
gar nichts dafür können.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte versuche über Gem.Rat Tischler zu
klären, wieweit die anderen Bezirke resp. das Wiener Sekretariat
nicht doch endlich der Forderung der Jungen Generation nämlich
Anerkennung des Statutes Rechnung tragen werden.
Tagesprogramm, 18.12.1972
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)