Donnerstag, 8. Feber 1973
Der Obmann der Fleischwarenindustrie Freudensprung und
Sekretär Wiberal wollten von mir eine Zusage wegen der
notwendigen Preissenkung durch die Mehrwertsteuer, Ent-
lastungssätze. Ich lehnte jede Initiative ab, da wir nur
berührt sind von dieser Materie und Landwirtschaftsminister
und Innenminister die entsprechenden Vorschläge und eTn-
scheidungen treffen müssen. Lohnerhöhung, auf die immer
wieder angespielt wird, hätte im Vorjahr eine max. 2,3 %ige
Preiserhöhung gerechtfertigt.
MR. Gasser hatte eine Aussprache wegen der Organisation
der OB verlangt. Schipper und MR. Böhm haben sich ange-
meldet, daß sie an dieser Sitzung teilenehmen wollen. Neben
Gasser ist noch MR. Petzl u. MR. Sterk erschienen.und
Wanke waren ebenfalls anwesend- Ich erklärte, daß auf Grund
des großen Kompetenzgesetzes das 1. Mal alle Energiekom-
petenzen in einem Ministerium vereint sein werden, Gasser
wollte und insbesondere MR. Petzl erklärten, daß unbedingt
die Agenden der OB erhalten werden müssen. Ausgelöst wurde
die Diskussion, weil Sterk heute in der Industriesektion
die Abteilung Grundstoffe führt. Ich habe die Herren nicht im
umklaren gelassen, daß die Industriepoltik auch die Bergbau-
politik umfaßt. Das neue Berggesetz wird der obersten Berg-
behörde Möglichkeit geben, ihre bergrechtlichen, bergpolizei-
lichen und sonstigen bergmännischen Agenden zu erfüllen. Petzl
wollte unbedingt haben, daß auch die Bergbaupolitik ausschließ-
lich von der OB betrieben wird. Er meinte es sei ganz unver-
ständlich und könnte nicht akzeptiert werden, daß hyrachisch
gesehen die Sektion unter einer Abteilung, eben der von Sterk
untergeordnet ist. Sterk mußte aber erkennen, und ic habe ihm
dies deutlich genug seit eh und je gesagt, daß, wenn er Berg-
baupolitik betreiben will, dies ausschließlich in der Industrie-
sektion machen kann. Wenn wir nun in Hinkunft auch die Bergbau-
förderung letzten Endes in die Industriesektion rübergeben, wird
es einen riesigen Krach auslösen.
Anmerkung für HEINDL:
Ich glaube, daß wir hier äußerst vorgehen müssen und vorallem
abwarten, bis Frank instaliert ist.
Reiger von der Bundeskammer, Dr. Oder von der Wiener Kammer
und Ottahal besprachen mit mir das Problem der KommRat-Be-
stellung. Bäckermeister Schrammel hat bereits am 8.11. den
KommRat-Titel verliehen bekommen und aus Versehen der Wiener
Kammer wurde er bis hetzt noch nicht überreicht. Nach einem
Monat Nichtübergabe hätte das Handelsministerium verständigt
werden müssen, damit die Wiener Zeitung dann nicht die Er-
nennung des KommRat bekanntgibt. Oder meinte, daß auf Weisung
des Handelsministers Mitterer die Überreichung vorigen Monatag
zurückgestellt hat. Ich erklärte sofort, daß ich keinerlei
Weisung gegeben habe und auch jetzt nicht beabsichtige, eine
solche zu geben. Wir haben keinen Einfluß mehr auf die Be-
stellung von Schrammel genommen und können daher auch nicht
entscheiden wie es weitergehen soll. Ottahal machte dann den
Vorschlag, da eine Verleihung nach dem Schrammel jetzt vom
Obersten Gericht wegen Entlastung der Betriebsräte verurteilt
wurde, am Besten die Verleihungsurkunde zurückziehen sollen.
Wenn nämlich der Antrag überhaupt gelöscht werden sollte, dan
müßte eine entsprechende Beschlußfassung des Ministerrates
erfolgen. Reiger meinte, daß doch Schrammel jetzt bereit sei,
die Forderung nach einer Betriebsratswahl zuzustimmen und
deshalb die Gewerkschaft und Schrammel Vrhandlungen aufnehmen
sollten Ich erklärte sofort, daß dies überhaupt nicht mit
der Gewerkschaft zu tun hat, Die Arbeiterkammer wird mir eine
entspreches Schreiben schicken, wo sie gegen eine Bestellung
eines Mannes, der gegen die Gesetzes verstoßt, zum Kommerzial-
rat für unmöglich erklärt. Ich wies daraufhin, daß ich um 11.00
eine Besprechung beim Herrn Bundespräsidenten wegen der Komm-
Rat-Titel habe, die der Herr Bundespräsident selbst angeregt
hat. Reiger schlug dann vor wir sollten zuwarten, was die Aus-
sprache beim Bundespräsidenten ergibt und beim nächsten Jour
fix neuerdings besprechen.
Der Bundespräsident wollte wissen, ob er Richard Häusler den
KommRat – Titel verleiehen soll. Ottahal hat mir auf einem
Aktenvermerk mitgeteilt, daß keinerlei besonderer Grund für
diese Auszeichnung gegeben ist. Ich erzählte Jonas, daß Sallinger
mir versprochen hat, er wird mit den Präsidenten der Landes-
kammer über eine zweckmäßigere Verleihung des KommRat-Titel
und über Verschärfung der Richtlinien verhandeln. Mit solchen
Anträgen will z. B. Schrammel, aber auch von Winkler, seiner-
zeitiger Gastwirt in Salzburg, der auch dann große Schwierig-
keiten ausgelöst hat, nicht wider vorkommt. Jonas meinte,daß
die Kommerzialräte den Wert erhalten sollen und nicht durch
Verleihung an Unwürdige abgewertet werden. Senator Burda hat
angefragt, ob er ebenfalls den KommRat-Titel erhalten könnte.
Da bis jetzt an Ausländer noch niemals ein Kommerzialrats-Titel
verliehen wurde und der Bundespräsident dies ablehnt, wurde
sein Ansuchen ebenfalls negativ beschieden. Jonas war nun sehr
erstaunt, daß man Burda die Auskunft gab, daß sein Ansuchen
abgelehnt wird, obwohl in den Richtlinien eigentlich keine
ausdrückliche Ablehnung vorgesehen ist. Jonas erwartete, daß
diese internenen Informationenen nicht an die anfragende Parte
weitergegeben wird. Im Jahre 1972 wurden von ihm 70 KommRat-
Titeln vergeben, aber nur, weil die entsprechenden 50 Jahr-
Feiern eine Erhöhung des Kontingentes nötig machten.
Die Salinen-Arbeiter haben in der Lebensmittelgewerkschaft
verlangt, daß sie Kampfmaßnahmen setzen können. Seinerzeit
wurden ihre Prämien gestrichen und in die Lohnbewegung resp.
in die sonstigen Leistungen eingebaut. Dadurch haben sie zwar
eine Erhöhung der 6,6 %igen Lohnbewegung die alle Staatsbe-
diensteten bekommen haben auf 8 % ausdehnen können. Jetzt sollen
die Beamten außerdem noch ihre Prämien in Form von Verwaltungs-
dienstzulagen erhalten. Dadurch würde einen Schlechterstellung
der Salinenarbeiter gegenüber den Beamten erfolgen. Ich habe
seinerzeit, als sie sich im Jahre 1967 entschlossen, von dem
Lohnschema das wir immer verhandelt haben, abzugehen und sich
den öffetnlch Bediensteten anzuschließen, sie vor diesem Schritt
gewarnt. Jetzt spielt natürlich der Lohnaufwand für die 650
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Arbeiter keine große Rolle, doch ist dies ein gefährliches
präjudiz für die 300.000 öffentl. Bediensteten. Die Salinen-
arbeiter müsssen sich jetzt überlegen bo sie nicht doch wieder
ein eigenes Lohnschema haben wollen.
In der soz. Fraktion der Lebensmittelarbeitervorstandes wurde
über die Tendenz gesprochen, daß die Arbeiter nicht den 8 Stunden-
Tag wollen, sondern womöglich jetzt die 40 Stunden-Woche in 4
Tagen oder gar 3 1/2 Tagen ableisten möchten. Dieser Tendenz wird
es nur sehr schwer gelingen entgegenzutreten. Mit Recht aber
hat der Sozialminister abgelehnt, eine Verlängerung der täglichen
Arbeitszeit. Tatsache ist aber, daß in den Betrieben länger ge-
arbeitet wird, als das Arbeitszeitgesetz vorsieht.
In der Vorstandssitzung hat Zentralsekretär Blümel die Mitglieder-
statistik genau erörtert. Danach haben die Lebensmittelarbeiter
die 50.000 der Mitgliedergrenze unterschritten. Wir haben im Jahre
1972 2.000 Mitglieder verloren. Die Großbetriebe werden surch
ständige Rationalisierung oder wie z. B. bei Anker oder Hammer
durch die Zusammenlegung wesentlich reduziert. So hat vor der
Zusammenlegung mehr Beschäftigte gehabt als wie jetzt Anker und
Hammer nach der Fusionierung zusammen. Trotzdem nimmt die Gesamt-
beschäftigung in der Nahrungs- und Genußmittelindustrie und Ge-
werbe nicht ab. Die mittleren und kleineren Gewerbebetriebe
nehmen immer mehr Arbeitskräfte auf. Die Organisation dieser
Betriebe ist aber äußerst schwierig, um nicht zu sagen unmöglich.
Im Unterausschuß des Handelsausschusses – Gewerbeordnung – hat sich
die Entwicklung so abgespielt, wie ich es erwartet habe. Müller
der Sprecher der soz. Seite hat noch bei der Fraktion erklärt,
er meinte, wir sollen paragrapheweise wie es die ÖVP wollte,vor-
gehen und er würde schon dafür sorgen, daß wir schnell vorwärts
kommen. In Wirklichkeit hat sich dann herausgestellt, daß natür-
lich eine ungeheure Lange und teilweise auch fruchtlose Diskussion
über djeden Paragraph entbrennt. Insbesondere die FPÖ hat Experten
mitgetracht und keine konkreten Anträge gestellt. Bei jedem
Paragraph werden jetzt rechtsphilo. und teilweise rechtspolitische
Überlegungen und Diskussionen angestellt und ich kann mir nicht
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vorstellen, wenn es mit diesem Tempo weitergeht, die wir die
Gewerbeordnung heuer noch im Nationalrat beschließen. Ich
habe deshalb auf ausgesprochen stur und beleidigt geschaltete
indem ich erklärte, jetzt liegt die Gewerbeordnung über ein 3/4
Jahr im Parlament und die Verhandlungen, die jetzt endlich be-
ginnen, kommen nur zögernd weiter. Insbesondere hat dann Staudinger,
der Obmann des Ausschusses, erklärt, daß wir die nächste Sitzung
erst am 28. Feber abhalten können. Meiner Meinung nach ist das
Haus mit vielen anderen Ausschußsitzungen blockiert, daß kein
früherer Termin möglich ist. Ich werde morgen sehr darauf drängen,
wir ddaß doch zu einem früheren Termin und öfters Sitzsngen haben,
damit wir mit der Materie weiterkommen. Jagoda meinte mir gegen-
über nach Ende der Sitzung, daß auch im Haus, als er mit den Experte
und Interessensvertretungen die Gewerbeordnung durchgegangen ist,
bei den ersten Paragraphen es am schwierigsten gewesen ist. Im
Laufe der weiteren Paragraphe aber ist es dann wesentlich schneller
gegangen. Mussil selbst versicherte mir, daß er maximal zu 30
Paragraphen Probleme hätte und dann die anderen 220 schnell abge-
wickelt werden könnten.
Am Abend traf ich in der Stadthalle Minister Rösch und er er-
zählte mir, daß er tätglich jetzt Meldungen über Preiserhöhungen
undPreisanzeigen erhölt. Soweit er diese über MR. Singer prüfen
läßt kann er feststellen, daß diese zwar alle richtig entlastet
wurden und damit die Preiserhöhungen berechtigt sind. Ein Aus-
spruch war, er wird froh sein, wenn er endlich für die ganze
Preismisere und die Preisbestimmunge und Preisregelung los ist.
Tagesprogramm, 8.2.1973
Reflexion auf TB betr. Rechnungshof, 8.2.1973
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