Donnerstag, 22. Feber 1973
Die Partei veranstaltet jetzt Betriebsbesichtigungen in Wien.
Die Fünfhauser Genossen haben mich eingeladen, ich sollte bei
der AKG, einen führenden Betrieb für Mikrofone, unbedingt einen
Besuch mit Stadtrat Pfoch und einigen Gemeinderäten und der
Bezirksvertretung abstatten. Ich bin von diesen Betriebsbesuchen
gar nicht begeistert. 1. habe ich das Gefühl, daß die Arbeiter
keinesfalls überaus glücklich sind, wenn sie prominenten Besuch.
2. erinnere ich mich noch sehr genau an meine Arbeitserlebnisse,
wo ich immer als Lehrbub die Anbiederungsversuche der Oberen als
soche werden sie meistens betrachtet, nur negativ in Erinnerung
habe. Sicherlich ware ich damals ein Gegner vom Regime und damit
auchtomatisch der Besucher. Ich glaube auch, wenn man einen solchen
Betriebsbesuch macht, dann sollte eine besonderer Grund oder Ver-
anlassung vorliegen. Die AKG exportiert ca. 90 % ihrer Prodiukte
und ich habe mich deshalb mit der Direktion und den Besitzern
eingehend über die Exportsituation und w ihre wirtschaftliche Lage
unterhalten. Die Betriebsräte, es sind meistens Frauen in diesem
Betrieb und deshalb auch viele weibliche Betriebsräte, waren natürlich
während der ganzen Zeit anwesend. Wir besichtigten dann eine Be-
triebsstätte, die nicht im Hauptwerk lag und wie mir nachher er-
zählt wurde, haben die Arbeiterinnen wegen des hohen Besuches fast
Ängste ausgestanden. Eine Kollegin war so aufgeregt, daß sie vom
Arbeitsplatz weggeführt werden mußte. Man sagte mir, daß sie Zucker-
karnk ist und die Aufregung war zu viel für sie. Anders ist es, wenn
wirklich ein sichtbarer Grund vorhanden ist. Einmal hatten wir eine
Betriebsbesichtigung mit ausl. Handelsministern bei Siemens im 3.,
Dort war ich nur seine Begleitung und die Betriebsräte und ein Teil
der Funktonäre, die mich genau kennen, haben mich dort freudigst
als alten Bekannten begrüßten. Dies beeindruckte den Minister sehr
stark und er meinte, ich sei also sehr bekannt mit der Arbeiterschaft.
Die AKG hat jetzt natürlich durch die Umstellung auf die Mehrwert-
steuer ihre Exportsubventionen verloren. Darüber hinaus muß sie jetz
am Dollarmarkt um 10 % billiger verkaufen. Trotzdem glaubt dieser
Betrieb auf keine besonderen Schwierigkeiten zu stoßen, da er als
Weltfimra heute Spezialmikrofone erzeugt und in der ganzen westlichen
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Welt, aber selbst auch im Osten gute Absatzchanzen hat, Japaner
können die Mikrofone nur sehr schwer nachmachen, da die Herstellungs-
verfahren streng geheim sind und man, wenn man die Mikrofone zer-
legt, beim besten Willen nicht draufkommt, wie die Produktion tat-
sächlich aufgebaut ist. Der Betrieb will in den nächsten Jahren einen
größeren Teil der Bally-Fabrik, wo heute sie bereits ihr Hauptwerk
errichtet hat, noch umgestalten, wenn er diese Fabrik dann ganz
erwerben kann. Deshalb war er glaube ich auch interessiert daran,
mit den Bezirksvertretern ins Gespräch zu kommen und insbesondere
mit der Stadtverwaltung ein gutes Einvernehmen zu haben. Die bau-
lichen Notwendigkeiten insbesondere die Umbauten sollen nach Auf-
fassung der kfm. Direktion nicht allzuviel kosten. Deshalb braucht
er dann entsprechende Ausnahmegenehmigusngen von der Bauordnung.
Als der Wunsch der Reorganisation war, habe ich einen solchen Be-
triebsbesuch gemacht, hoffentlich folgen nicht so unmotivierte
weitere nach.
Von Stuttgart hat mich KommRat Pappas angerufen und mich mit Direktor
Herzog von Mercedes verbunden. Herzog setzte mir auseinander, daß
eine Erhöhung des Autopreises unumgänglich ist. Sie hätten eigentlich
bereits mit 1. Jänner die Preiserhöhung einführen müssen, aber auf
Wunsch Pappas, der die österreichische Regierungspolitik unterstützen
wollte, bis 1. März verzichtet. Die 7 % ab Werkpreiserhöhung sind nach
Auffassung Herzogs notwendig, da die österreichischen Preise gegenüber
den anderen wesentlich zurückgeblieben sind. Herzog muß zugeben, daß
im Jänner nur 4 – 5 % die Preiserhöhung betragen hätte. Jetzt aber
müssen sie 7 % verlangen um bei den Erlösen auf dasselbe Resultat
zu kommen. Dagegen protestierte ich ganz entschieden und wies darauf
hin, daß in der BRD nicht annähernd solche Preiserhöhungen vorge-
nommen werden. Die Erhöhungen hat Herzog selbst zugegeben, betragen
4,5 %. Außerdem verwies ich darauf, daß Mercedes mit dieser Preiser-
höhung die Preisleadership antritt und damit natürlich den Groll der
ganzen Konsumenten aber auch der öffentlichen Meinung gegen sich richten
wird. Darüber hinaus wird keine andere Marke so hohe Preiserhöhungen
durchführen. Herzog sagte, daß der Vorstand schon endgültig beschlossen
hatte, versprach mir aber, dieses Problem neuerdings mit dem Vorstand
zur Sprache bringen wird. Pappas selbst hat erklärt, er hat jetzt
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sein Ansehen bei Mercedes verloren, denn man hätte nur auf seine
Intervention die Preiserhöhung im Jänner zurückgestelt und jetzt
ergeben sich Schwierigkeiten bei der Einführung. Pappas wird mich
von den endgütligen Ergebnis verständnidigen.
Im Konsumentenbeirat hat Spitalsky eine Zusammenstellung der
Forderungen des 4. Konsumentenforums vorgelegt. Ich hatte angenommen
daß es größere Schwierigkeiten geben wird, wenn wir diese Einzel-
forderungen besprechen. Zu meiner größten Verwunderung hat weder
Univ. Prof. Schönherr, die Vertreter der Handelskammer, KommRat
Schönbichler, KR. Weinberger vom Möbelhandel, LAbg. Dr. Ebert,
dagegen demonstriert. Mit ganz kleinen Abänderungen wurde das
Programm einstimmig genehmigt.
Die soz. Fraktion bin ich zu spät gekommen und konnte daher die
Ausführung von Benya nicht mehr hören aber mein Nachbar berichtete
mir, daß Benya dezidiert erklärt hätte, eine Verlängerung des Sta-
bilisierungsabkommens wie es jetzt besteht kommt nicht in Frage.
Kreisky hat dann über die Absichten der Regierung referiert und
ebenfalls darauf hingewiesen, daß das Stabilisierungsabkommen
jetzt bezüglich der Investitionskredite gelockert werden soll.
Gleichzeitig verwies er darauf, daß unsere Exportindustrie größeren
Schwierigkeiten entgegen geht. Die 10 %ige Dollarabwertung aber auch
die 5 % der Schwedenkrone wird sich für unsere Papierindustrie z. B.
verheerend auswirken. Die Schweden werden jetzt noch billiger
ihre Papiersorten nach Österreich liefern können. Unsere Papier-
industrie ist in einer ungeheuren Kostensperre und die Zeitungen
werden darauf hinweisen, daß jetzt Schwedenpapier billiger wird
als bihser. Die Schweden haben auch nach Ausführung Kreisky einen
Entwicklungsoptimismus dargelegt, haben durch Betriebsschließungen
geglaubt sie können die Struktur der schwedischen Wirtschaft wesent-
lich verbessern. Jetzt stellt sich heraus, daß die Bevölkerung im
Norden Schwedens nicht bereit ist nach Süden zu wandern und deshalb
gibt es regionale große Arbeitslosigkeit. Kreisky hat schon vor
Jahren immer wieder auf Grund des schwedischen Experimentes oder
der schwedischen Wirtschaftslage gewarnt und seine Entschlüsee
weitestgehend nach dem schwedischen Konjunkturbild ausgerichtet.
Ich glaubem daß er hier vollkommen falsch liegt, dennn letzten
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Endes liegt Österreich nicht annähernd so groß wie Schweden und
2. haben wir bei uns nicht annähern eine solche wirtschaftliche
Entwicklung wie in Schweden zu verzeichnen. Niemand denkt daran
und vorallem nicht ein einziger Betrieb oder Betriebszeweig hat
derartige Rationalisierungen durchgeführt, daß er zu Freisetzung
von solchen Arbeitskräften kommt wie in Schweden. Darüber hinaus
ist es richtig, daß die Fern-Ost-Textil und Schuhindustrie durch
überaus günstige Exporte nach Schweden, schwedischen Markt total
erobert und die schwedische Industrie ruiniert hat.
Im Bundesrat gingen die Gesetze soweit sie das Handelsministerium
betreffen, glatt über die Bühne. Zum Chinavertrag hat Kouba tat-
sächlich eine Rede gehalten. Der Bundesrat war hier aktiver als
der Nationalrat, der infolge der fortgeschrittenen Zeit aber auch
weil sich kein einziger Abgeordneter gefunden hat, der dafür I ter-
esse ze8gte, ohne Diskussion über die Bühne.
Präs. Thaler ist erschienen um mir mitzuteilen, er glaubt auch
daß es zweckmäßig ist, wenn man die Wettbewerbsbestimmungen vom
Patentamt wegnimmt und in das Handelsministerium verlegt. Er gab
zu, daß die Panne mit der Waschmittelverordnung und vorallem das
Nichteinhalten des Terminkalenders wegen der Produktdeklaration
deutlich gezeugt hat, daß seine Leute außaer-Stande sind unter
dem ungeheuren Druck der Arbeit, wie er sich ausdrückte, die not-
wendigen gesetzlichen Initiativen zu ergreifen.und die Gesetzent-
würfe vorzulegen. Darüber hinaus wollte er aber die 5 freien Dienst-
posten, die er jetzt von Schipper zugeteilt bekommen hat, sofort
belegen. Ich habe diese Forderung abglehnt, selbst die eine Dodktorin,
die er aufnehmen wollte, habe ich ihn mit der Begründung bescheiden
müßen, daß jetzt doch erst geklärt werden muß, wie die Abgenzung
zwischen Patentamt und gewerblichen Rechtsschutz erfolgt. Auf die
Frage, ob mit dem gewerblichen Rechtsschutz auch Dienstposten ins
Handelsministerium kommen wurden von ihm glatt abgelehnt. Es gab
eine gute Gelegenheit ihm zu erklären, dann könnten aber nicht noch
zusätzliche Dienstposten besetzt werden.
Die beabsichtigte Installation von IBM, internat. Kongreß, hat
er mit dem Außenministerium besprochen. Das Außenministerium,
ist nicht bereit einen Vertrag über diese elektronische Daten-
verarbeitung zu schließen. Thaler möchte nun, daß die Bundes-
handelskammer, die ja auch finanziell daüfür einspringen soll, ent-
sprechend einen solchen Vertrag mit IBM abschließt. Dagegen habe
ich nichts einzuwenden, wenn dem Handelsministerium keine wie
immer geartete finanzielle Belastung betrifft und sichergestelt
ist, daß von Seiten der staatlichen EDV-Anlage die notwendigen
Stunden für die Aufarbeitung der Protokolle usw. zur Verfügung
gestellt werden können.
Thaler hat weiters mitgeteilt, daß von IBM in Den Haag der Prä-
sident mit seiner Gemahlin und weiteren drei Beamten in Österreich
einen Besuch abstatten wollen. Bei dieser Gelegenheit hofft Thaler
die Beziehungen zwischen dem Internationalen Patentinstitut und
Österreich zu verbessern.
Botschafter Leitner kam seinen Abschiedsbesuch machen und bei
dieser Gelegenheit sich über China zu erkundigen. Ich habe ihn auf
Dkfm. Jehli, den neuen Handelsdelegierten in Peking aufmerksam ge-
macht, der ja immerhin noch derzeit in Wien ist und sich mit ihm
sicherlich gerne über seine Erfahrungen in China jetzt unterhalten
möchte. Darüber hinaus empfahl ich ihm sich mit MR. Meisl zu Be-
sprechungen zu kommen, damit er über den letzten Stand der China-
Verhandlungen und der Beziehungen informiert wird. Wanke überreichte
Leitner die erste Schrift des Europa-Institutes, nämlich des Inter-
imsabkommens, Leitner ersuchte um eine Widmung und ich schrieb hin-
ein "Dem Schöpfer des Abkommens für die gute Zusammenarbeit in Dank-
barkeit Staribacher" Och glaube, daß er sich wirklich darüber sehr
gefreut hat und Wanke meinte, daß das ganze jetzt einen sehr mensch-
lichen Abschluß gefunden hat.
Mit Koppe und Wanke diskutierte ich neuerdings, ob wir nicht ein
besseres System der Ministerinformation finden können, wenn es
darum geht, Kongresse oder sonstige Veranstaltungen zu eröffnen.
Wanke steht auf dem Standpunkt und wahrscheinlich hat er recht
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daß es gar nicht notwendig ist, daß ein Minister über Detail
informationen verfügt. Seine Anwesenheit allein genügt, um
dem Kongreß eine gewisse Feierlichkeit zu geben und man
hat daher nur eine allgemeine Phrase zu sagen und dem Kongreß
guten Erfolg zu wünschen. Sicher hat Wanke in einem recht, daß
wenn man sich nicht allzu sehr in Detailinformation vergraben
soll. Die Zuhörer erwarten keinesfalls, daß man von der Materie
zuviel versteht. Die anderen Minister helfen sich wahrscheinlich
dadurch, daß sie eine aufgesetzte Rede runterlesen. Auf alle Fälle
gilt es zu überdenken ob es zielführend ist, daß man durch unmäßige
Belastung durch Detailinformationen dann letzten Endes doch für
nervös wird und erst recht nicht den souveränen Eindruck von den
Wanke behauptet, daß ist das Wichtigste, ausstrahlt. Wenn ich
die Materie beherrsche, dann glaube ich besteht keine Gefahr,
daß ich nervös werde und dann ist es auch ein leichtes frei über
dieses Problem zu referieren oder zu sprechen. Anders sieht dies
aus wenn man keine Detailinformationen und dann halt irgend-
wie mir allgemeinen Phrasen sich über die Runden schwingt. Autoriät
gilt für mich halt nur, soweit es Fachautoriät ist.Fachautorität
setzt aber Fachwissen voraus.
Tagesprogramm, 22.2.2973
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
hs. "Reflexion zu TB des BM", Wanke, Februar 1973
TB Koppe betr. Pressekonferenz Mussil, 22.2.1973
14_0225_03Typoskript "Die Berufsausbildung im Urteil der Lehrlinge", BWK, 22.2.1973
14_0225_05Bildstatistik Umfrage Fessel-Institut zu Lehrlingszufriedenheit
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