Dienstag, 6. März 1973
Bei einem Kurs der Lebensmittelarbeiter im Hueberhaus stelle ich
neuerdings fest, dass unsere Betriebsräte, sie kommen aus fast allen
Betrieben Österreichs, ungeheuer diszipliniert sind. Hier macht sich
glaube ich wirklich die Schulung bemerkbar. Kreisky selbst war bis
jetzt immer sehr begeistert, wenn er von Parteiversammlungen oder
Parteibesprechungen unmittelbar in Gewerkschaftsbesprechungen über-
wechselte. Besonders in Graz ist ihm passiert, dass er durch ununter-
brochene negative Frage: Ist denn das notwendig gewesen ? zu positiven
Aussagen gekommen ist, wenn Gewerkschafter ihn dann in seiner Politik
sei es in Feichtenbach bei den Metallarbeitern oder in Linz bei Ange-
stellten unterstützt hatten. Richtig ist, dass wenn man unseren Funkti-
onären der Gewerkschaft erklärt, wie die Probleme stehen, dass sie
dort bereit sind, diszipliniert mitzugehen. Wanke wird sagen, wie
lange noch ?
Im Ministerrat wurden wieder etliche Pensionen von ehemaligen Minister
beschlossen. Kreisky erkundigte sich, wieso Prader erklären konnte,
dass er jetzt 3.000 S bekommt und seiner Organistion schenkt. Der
Ex-Verteidigungsminister hat ein gutes GEspür für optische Massnahmen.
Als freigestellter Landesbeamter Hofrat und NR bekommt er beide Bezüge
und durch die neuen Bestimmungen kommen eben noch 3.000 S auf den
fiktiven Ministerbezug dazu, die er eben einer Organisation zur Ver-
fügung stellt.
Moser berichtet, dass er Niederl anweisen wird, die besondere Be-
schleunigung für die stadtferne Trasse der Phyrnautobahn zu untersuche
und vorzulegen. Zufällig kann ich abends im zweiten Programm FS die
Wiederholung von Zeit im Bild sehen und muss feststellen, dass beim
Interview nur herauskommt, dass er eben die seinerzeit eingereichte
und genehmigte Variante durch Eggenberg nun ablehnt. In seiner feinen
Art hat er nicht davon gesprochen, dass die vorhergehende Bundes-
regierung dies beschlossen hat. Dadurch entstand der Eindruck als
ob er selbst diesen Beschluss seinerzeit gefasst hätte und jetzt durch
die Wahlergebnisse von Graz revidiert. Ich bin überzeugt, dass Moser
dies nicht so wollte, bösartige Zungen werden ihm womöglich jezt
anlasten, dass er durch diese Darstellung Scherbaum nicht Schützenhilfe
geben wollte sondern jetzt als Minister rpäsentiert er einen Wählerauf-
trag, d.h. eine Bürgerinitiative Rechnung trägt.
Den Vertrag zwischen der Rep. Österreich und der CSSR über die
Staatsgrenze stellt Kirchschläger für eine Woche zurück, um unsere
Bedenken wegen der Bergbaurechte, die gegebenenfalls mit den einge-
tauschten Grundstücken von der CSSR nicht automatisch erlöschen und
damit den tschechischen Behörden Rechte hier in Österreich geben
würden, zu bereinigen. Hier ist ein Fehler unsererseits passiert.
In der Dienstbesprechung habe ich auch ganz besonders auf diesen
Umstand aufmerksam gemacht. Die ursprünglich vereinbarte Fassung
wurde bei der Endformulierung abgeändert, der Aussenamt hat diese
uns geschickt und die Einlaufstelle der Sektion I, MR Fälbl , als
CSSR-Bearbeiter zugeteilt. dieser hat das Aktstück schubladiert,
da es für ihn keine Problematik und vor allem einmal uninteressant
war. Hätte dies aber unbedingt zumindestens der OB zur Kenntnis
bringen müssen. Ich habe den Fall neuerdings benützt, um den Sek-
tionsleitern bei der BEsprechung auseinanderzusetzen, wie sehr
Kooperation zwischen einezlnen Sektionen notwendig ist.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Ich glaube, dass man an solchen Fällen konkret
im Haus demonstrieren soll, wie es eben ge-
macht werden müsste. Vorsicht bitte aber, vor-
her mit Fälbl reden, ob der Sachverhalt wirk-
lich so gewesen ist und wir ihn nicht zu unrech
beschuldigen.
In der Dienstbesprechung berichtete auch Schipper das erste Mal, das
wir unsere Auslandsreisen um 15 % – 35 S , unsere INlandsreisen
um 30 % 88.000 S und vor allem unsere Repräsentationsausgaben um
133.% 35.000 S in den ersten zwei Moanten bereits überschritten
haben. Er appellierte neuerdings an alle Sektionsleiter, sich
grösster ZUrückhaltung aufzuerlegen. Schon allein damit diese
Auslandsreisen nicht von mir wesentlich beansprucht werden, benütze
ich das Dienstfahrzeug, da dies auf einer anderen Post verrechnet
wird.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Ein Rückflug mit dem FLugzeug, wie wir das
im Vorjahr praktiziert haben, unter allen
Umständen zu vermeiden.
Betreffend der Reisediäten unserer Prüfer für Autozulassungen
habe ich Schipper ersucht, er möge eine finanzielle Lösung durch
Vorstreckung des Amtes und endgültige BEzahlung durch die Firmen
versuchen. er wird diesbezüglch mit Marhold Besprechungen führen,
da die derzeitigen finanzgesetzlichen BEstimmungen dem entgegen-
stehen. Selbst wenn wir vorerst den BEtrag auflegen, würden
Rückzahlungen automatisch nicht bei uns eingehen, sondern beim
Finanzminister. Hier müsste sich aber mit gutem Willen eine Lösung
15-0288
finden lassen. Der Rechnungshof könnte bei einer späteren Prüfung
kaum etwas materiell gegen eine solche Regelung haben.
ÖGB-Dr. Lachs und AK-DVw. Krywult beschweren sich bei Wanke und
ich komme zufällig dazu, dass über die Liberalisierung resp. Kon-
tingenterhöhung für. die Einfuhr aus den Oststaaten und vor allem
aus Japan ihrere Meinung nach viel zu wenig geschieht. Fälbl hat
hier nur unbedeutende ZUgeständnisse der Handelskammer abgerungen
und glaubt deshalb auf dieser Basis eine Einigung mit der AK und dem
ÖGB herbeiführen zu können. Er vertröstet diese mit REcht, dass im
nächsten Jahr dann sicherlich grössere Schritte gemachtwerden,
denn mit 1.1.1975 wird auf alle Fälle gegenüber Ungarn und Polen voll
liberalisiert. Die STellungnahme des ÖGB kann meiner Meinung nach
nur aus der Überkonjunktursituation erklärt werden. Jetzt können
eventeulle BEschwerden von einzelnen Firmen, d.h. die Betriebsräte
aus diesen Firmen leicht übergangen werden, da ja letzten Endes
in irgendeiner Lösung ein tüchtiger BEtrieb sich bei härterer
Konkurrenz entweder bewähren oder vielleicht sogar eine Ausweich-
produktion aufnimmt. Sollte es einmal, was Gott abhüten möge, aber
wirklich zu einer Krisensituation oder REzession grösseren Ausmasses
kommen, bin ich überzeugt, wird natürlich dann sofort von der Gewerk-
schaftsseite der Ruf nahc entsprechendem Schutz laut werden. Dann
allerdings werden wir kaum mehr eine Möglichkeit haben, die Ent-
scheidungen zurückzunehmen. Die wirklich grosse Gefahr besteht eigent-
lich nur aus der DDR, mit der erst jetzt entsprechende Verhanldungen
aufgenommen werdne müssen im Zuge der Vertragserstellung.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Ich glaube dass es auch im wohlverstandenen
Interesse des ÖGB ist, wenn wir vielleicht doch
Lösungen anstreben, die uns eine gewisse Rück-
zugsmöglichkeit geben.
So wie uns jetzt die Handelskammer dnakbar sein muss, weil die end-
gültige und allumfassende LIberalisierung mit 1.1.1975 von Seiten
der Amtsvorgängen zugesagt wurde und von mir jetzt durch die ent-
sprechenden VErtragsklauseln mit den einezlnen Staaten gemildert wird
bin ich überzeugt, wird auch der ÖGB, wenn wir doch im Laufe von den
nächsten Jahren einmal in eine Rezessionsphase kommen, froh sein,
wenn er diesbezügliche Möglichekiten der Rückspulung hat.
Erstmals seit 3 Jahren hatte ich länger Zeit und vor allem die
Möglichezit noch während der Amtszeit mit den entsprechneden Kollegen
zu reden, um mir eine Messe-Eröffnung vorzubereiten. Da bei der
offiziellen Eröffnung der Wiener Messe der Herr Bundespräsident immer
anwesend ist, kannich vor so einem illustren Kreis nicht meine Methode
des Schmähführens anwenden. Wenn ich mich aber seriös darauf vorberei-
ten kann, habe ich doch ein wesentlich besseres GEfühl als bisher,
wo dies kaum möglich war. Zur grössten Überrashcung sind doch noch dri
Minister, nämlich Leodolter, Kirchschläger und Rösch erschienen. Leo-
dolter habe ich friemütig gestanden, dass mir diese offiziellen An-
sprachen zum Hals heraushängen und mich in Wirklichkeit ein ungeheuer
ungutes Gefühl immer habe. So war glaube über dieses freimütige
Geständnis sehr erstaunt und meinte nur, anschliessend, dass ist
doch sowieso hervorragend gelaufen.
Was mich gewundert hat, ist, dass Hofrat Strauss, der Präsident der
Wiener Messe ganz zu meiner Überraschung ehrausgestrichen hat, dass
ich einen Staatspreis für Möbel gestiftet habe, wofür er mir herzlichs
dnkte. Genau so auch für das ungeheure VErständnis, das ich dem
Messe-Problem gegenüber zutagelege. Hier gäbe sich die Möglichkeit,
mit verhältnismässig geringen materiallen Aufwendungen doch bedeutende
optische ERfolge zu erzielen.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Ich glaube, wir sollten überlegen, ob wir nicht so
solche Aktivitäten in grössere Anzahl auch bei
anderen Gelegenheiten entfalten können.
Präs. Mitterer hat neuerdings bei mir wegen der Salzburger Reise-
bürogenehmigung interveniert. Zum Glück hat Jagoda mir vorher be-
richtet, dass er jetzt trotz eines nicht sehr günstigen Urteils vom
Fremdenverkehrsdirektor Manzano eine Möglichkeit gefunden hat, die
Zulassung zu genehmigen. Mitterer wäre darüber sehr erfreut.
Sekt.Obmann Fröhlich intervenierte bie mir, ob er eine Chance hat,
als Geschäftsführer für die ÖFVW bestellt zu werden. Er möcht,e wie
er sich ausdrückt, aus dieser zwiespältigen Haltung, die er jetzt
als Sektionsobamnn vom Gast- und Schankgewerbe Mir gegenüber an den
Tag legen muss, endlich heraus. Er möchte sehr gerne mit mir zusammen-
arbeiten und nicht immer auf der anderen Seite stehen. Für ihn per-
sönlich wäre das daher eine äusserst günstige Lösung. Ich erklärte
sofrt, dass ich gar nichts dageen habe, dass er mich attackiert,
dies sei letzten Endes die Funktion von Handelskammervertretern.
Er kündigte mir gleichzeitig an, dass er jetzt wieder von seinen
Funktionären beauftragt wurde, dagegen zu protestieren, dass das
Gast- und Schankgewerbe nicht als Exportzweig anerkennt wird und des-
halb von mir keine UNterstützung bekommt, wie sie dies gegenüber dem
Finanzminister wünschen. Ich liess ihn aber bezüglich seiner Bewer-
bung nicht im Unklaren, dass ich bereits angeregt habe, dass eine
Ausschreibung dieses Postens erfolgen sollte. In diesem Fall meinte
er, hat seine Frau ihm geraten, dass er sich unter gar keinen Um-
ständen beteiligen sollte. Da er sihc eine Ablehnung, wie er sich aus-
drückte, nicht leisten könnte. Ich war nicht dieser Meinung und
versprach ihm nur, dass wir gegebenenfalls noch einmal auf dieses
Problem zurückkommen werden. D.h. eine neuerliche Aussprache führen
werden. Ich liess ihn nicht im Unklaren, dass er auf den heftigsten
Widerstand aller Zweigestellenleiter stossen wird, die einen aussen-
stehenden, ob Dr. Lukas als Aussenhandelsstellenleiter oder ihn als
Handelskammerfunktionär entschieden ablehnen. Er meinte alledings,
dass er auch bereit wäre, eine andere Funktion anzustreben, er wolle
nur unbedingt aus der jetzigen Funkion hinaus.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Vielleicht gibt es wirklich eine andere Arbeit,
wo wir ihn tatkräftig unterstüzten könnten.
Beim Faschingsball der ÖFVW traf ich aus den Dr. Zedek von der Handels-
kammer. Es ist das erste Mal, dass ich ihn beim Hausball der Angestell-
ten bemerkte. Bei dieser Gelegenheit hat Langer-Hansel eine langjährige
Sekretärin gleich verabschiedet, ich benützte ebenfalls die Gelegen-
heit, um den Betriebsrat für seine ERfolge zu gratulieren und für die
gewonne Schlacht, d.h. unsere Niederlage, letzten Endes auch durch
die Unterstützung der Gewerkschaft für die BEschäftigten herauszustreich
Zolles war auf Urlaub und ich konnte deshalb mit ihm nicht sprechen.
Mich hätte es sehr interessiert, ob die Behauptung von Fröhlich rich-
tig ist, dass sich die Länder auf ihn als GEschäftsführer geeinigt hät-
ten und ein einstimmiger VOrschlag von dieser Seite zu erwarten sei.
Tagesprogramm, 6.3.1973
Nachtrag TO 62. Ministerratssitzung, 6.3.1973
Tagesordnung 62. Ministerratssitzung, 6.3.1973
hs. Notizen (TO MR-Sitzung Rückseite)
Information für den Herrn BM betr. TOP 12
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