Mittwoch 14. März 1973
Bei der Aufzeichnung der Fernsehsendung "Erfinder sein in Österreich"
ist für die Erfinder Ing. Schuster mit. Da ich einen Akte über seine
vom Staat geleisteten Subventionen habe, fürchte ich diese Diskussion
überhaupt nicht. Er hat etliche Millionen S Unterstützung bekommen.
Schuster selbst hat seinerzeit im Kurier einen Artikel lanciert, so
er über das Erfinderschicksal sich beklagt und meint, ein Erfinder
müsste hunderttausnede Schilling haben, um seine Patentrechte zu sichern.
ohne dass er vom Staat eine entsprechende Unterstützung bekommt. Zwi-
schendurch hat er aber mir gegenüber in aller Öffentlichkeit den
Zeitungsartikel desavoiert. Da Schuster aus Präs. Sallinger für Inter-
ventionen eingesetzt hat, dürfte er über Sallinger dann ein ANtwortschrei-
ben, wonach er eben bedeutende Mittel bereits bekommen hat, kennen.
ICh brauche aber diese Argumentation gar nicht ausspielen, weil er
selbst sich äusserst fair verhält. Ein zweiter Erfinder, Berwein, der
einen elektronischen Schlüssel, der mir sehr interessant erscheint,
erfunden hat, hat dagegen wirklich mit ungeahnten Schwierigkeiten
zu kämpfen. In Österreich gibt es nur zwei Schlüsselfirmen, die dafür
in Frage kommen und beide haben abgelehnt. Er müsste jetzt einige
hunderttausend Schilling zur Erneuerung der Patentrechte aufbringen,
die er nicht besitzt. ANgeblich hat er selbst 1,5 Mill. S bereits in
diese Erfindung investiert. Hier kann man mit INformation oder Ver-
mittlung mit Handelskammer, um einen Unternehmer für diese Erfindung zu
interessieren, die die neue, gemeinsam zu errichtende Beratungsstelle
durchführen soll, nicht helfen. So sehr es gut war, das Gehart diese
Aktivität entfaltete und dadurch uns eine Möglichkeit gibt, zu be-
weisen, dass das Handelsministerium etwas für die Erfinder tut, hier
zeigt sich doch die Unzulänglichkeit unserer Massnahmen.
Arch. Ursprunger versichert mir neuerdings, dass unser Modellfall
Rauris gelingen wird. Er selbst ist davon fest überzeugt und in-
vestiert sogar für den Anlauf der Schafproduktion 100.000 S aus eigener
Tasche. Das gesamte Projekt würde ohne die Fremdenverkehrsinvestitionen
für die Schafproduktion mindestens 30 Mill. S durch Errichtung eines
Schlachthofes und die Einführung der Schafe bei den Bauern kosten.
Ursprunger glaubt noch immer, dass wir diese Mittel aus dem Handels-
ministerium oder über Regierungsbeschluss durch zusätzliche Budgetmittel
erreichen könnten. Ich setze ihm klar und deutlich auseinander, dass
die einzige Stelle, die diese Mittel aufbringen könnte, das LWM ist.
Wenn wir das entsprechende Projekt ausgearbeitet haben, müssen wir
mit Weihs diesbezüglich sofort Verhandlungen aufnehmen, damit er
aus seinem Budget AIK-Kredite usw. zur Verfügung stellt. Ursprunger
hat auch auf Einladung von NR Pfeifer, NÖ, an der toten Grenze ein
entsprechendes Projekt in Arbeit. Er glaubt, dass dort die einzige
Chance besteht, wenn man den Bauern grösser Erträge aus der Landwirt-
schaft verschafft. Er stellt sich vor, durch Bewässerung oder durch
entsprechende Qualitätsproduktion oder durch besonderes Saatgut
höhere Erträge zu erzielen, um die Abwanderung aus der Landwirtschaft
und damit automatisch aus dieser Gegend zu verhindern. Ich lasse ihn
nicht im Zweifel, dass ich von dieser Art der Wirtschaftsförderung
an der toten Grenze nicht sehr viel halte. ICh glaube nämlich, dass
in Wirklichkeit der Sog von Wien grösser ist und GOtt sei Dank so
wird, dass überschüssige Arbeitskräfte von dort in produktivere
Arbeiten abgesaugt werden. Der VErsuch, durhc höhere Erträge die Bauern
auf ihrer Scholle zu halten, wurde in NÖ von der ÖVP vielleicht auch
nur für ihre Parteigänger bis zum Exzess betrieben, da sie aber dort
sehr viele besitzt,der Bauernbund die stärkste Organisation ist, glaube
ich kann niemand, keine einzige Regierung, merh in dieser Richtung auf-
wenden. Der ERfolg der Massnahmen der ÖVP auf diesem Sektor war nicht
gerade sehr erfolgversprechend. Die Ergebnisse zeigen nämlich, dass
die Abwanderung trotzdem – zum Glück für die Industrie in anderen
GEbieten – angehalten hat.
Eine Aussprache mit Hrdlitschka, Zöllner, wo zufällig auch Hof-
stetter und Scheer anwesend ist, über die zukünftigen Massnahmen der
österreichischen Regierung insbesondere des Finanzministers im Zsammen-
hang mit der Aufwertung des Schillings, zeigt, das hier von Seiten
der Arbeiterkammer grösste BEdenken gegen weitere Unterstützung der
Exportindustrie bestehen. Zöllner meint, dass um die zweieinviertel
Prozent schmackhaft zu machen, unnötig auf bedeutende Steuereinnahmen
verzichtet werden soll. Nach Auffassung von Hrdlitschka wurde bereits
in der VErgangenheit viel zu viel Exportsubvention in irgendeienr
Form gegeben . Aus Solidarität gegenüber Androsch werde ich ihm die Si-
tuatuin gedrängt Massnahmen zu verteidgigen, von denen ich selbst nicht
ganz überzeugt bin, dass sie zweckmässig und in diesem starken Ausmass
hätten gegeben werden müssen, resp. gegeben werden. Ich erkenne zwear
die einzelnen Massnahmen, die Androsch jetzt vorschagen wird, noch
nicht, kann mir aber sehr wohl vorstellen, dass er jetzt die Erklärung,
es wird der Exportindustrie für die Aufwertung gegenüber den anderen
Ländern, die eben nicht aufwerten und Benelux hat sich jetzt endgültig
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dazu entschlossen, der Wettbewerbsnachteil ausgeglichen wird,
riesige Mittel beanspruchen wird .
Bei der Ökonomischen Konferenz hat Kreisky einleitend über sein
Ressort gesprochen. Zum Schluss hat er doch die Idee aufgegriffen,
man sollte eine neue FOrm der Mitarbiet unserer Experten an der
Regierungstätigkeit sichern. Ihm schwebt z.B. vor, dass eine Arbeits-
gruppe für Umweltschutz beim Bundeskanzleramt mitarbeiten soll.
Geführt würde diese Arbeitsgruppe durch Knapp, das ist der
Leiter seiner Raumplanungsabteilung, werden. Er hat in aller Öffent-
lichkeit damit Veselsky eigentlich ausgeschaltet. Vor allem indem
er ihn überhaupt, nicht erwähnte, sondern gleich den Abteilungsleiter
der Genosse ist und die Raumordnungsfragen bei ihm bearbeitet.
Nach dem Referat schloss sich immerhin eine DIskussion von sieben
Rednern an. Ich hatte eigentlich nicht einmal so eine Aktivität er-
wartet. Für die Eingeweihten war nur ein einziger Diskussionsbeitrag
interessant, als nämlich Dr. Edith Zimmermann, die Frau des ÖIAG-
Personalleiters, über die Mitbestimmung der Arbeiter und die STellung-
das ÖIAG im neuen Stahlkonzern kritisierte, dass hier unter dem
Druck der bürgerlichen Seite Kreisky zuerst Vorschläge erstattete,
über die Mitbestimmung und Stellung der Betriebsräte und nachher
doch unter dem Druck der Betriebsräte wieder eine bessere Lösung
akzeptieren musste. Leider wwar sie von ihrem Mann falsch informiert
resp. hat die letzte Phase der ENtwicklung nicht mitgemacht, sodass
sie eine falsch BEhauptung aufstellte, was natürlich in dieser
Runde, wo die meisten die Einzelheiten genau kannten, sich richtig-
gehend blamierte. Kreisky hatte deshalb bei seiner BEantwortung ein
leichtes Spiel.
Was mir besonders aufgefallen ist, war, dass vom ORF überhaupt niemand
anwesend war. Vielleicht dass der Hörfunk einen entsprechenden TEil
seiner Rede bringt, das Fernsehen auf alle Fälle hat keine wie immer
gearteten Aufzeichnungen getätigt. Wanke hat sich hier schwer geirrt,
als er glaube, er wird die ökonomische Konferenz über das Fernsehen
beobachten. Die Behauptung Schleinzers dass der Drukc der SPÖ-Regierung
auf den ORF so stark wird, dass er jetzt alle objektive Berichterstat-
tung vergisst, nur um sich der Regierungspartei anzunähern, zeigt
scheinbar jetzt die Folge, dass auch von Seiten des ORF wirklich glaube
ich INformationsnotwendigkeiten vernachlässigt, resp. zurückgestellt
werden.
Das ERöffnungsreferat des Vorsitzenden einer Partei, der gleich-
zeitig auch Bundeskanzler ist und der in einer wirtschaftlichen Phase
eine ökonomische Konferenz einberuft, hätte meiner Meinung nach aufge-
zeichnet gehört. Selbst wenn dann nur ein unbedeutender Bruchteil
davon gesendet worden wäre, hätte man doch allein schon aus optischen
Gründen von Seiten des ORF eine solche Handlung erwartet. Vielleicht
allerdings wurde von Kreisky vereinbart, dass die Ausfphrungen Androsch
antsprechend aufgezeichnet werden, da er ja bereits bei seinem Beginn
angekündigt hat, dass das wichtigste Referat in dieser kritischen
wirtschaftlichen Phase das von Androsch sein wird.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Vielleicht kannst Du über Brantl oder jemanden
anderen erfahren, welche Absprachen hier vorliegen
damit wir uns ein Bild machen können, wie weit der
ORF heute bereits infolge der Angriffe von Kreisky
sich systematisch distanziert und damit sehr wohl
als Medium, das nicht mehr informiert, reagiert.
Nach der Diskussion hat Schützelhofer von der BBU und Wohl von Kupfer-
bergbau Mitterberg über die AUfteilung der Bergbauförderung mit mir
gesprochen. Wohl erwartet, dass er die gesamten 8,5 MIll. S, die für
den Buntmetallbergbau vorgesehen sind, allein bekommt. Schützelhofer
dagegen meint, dass er für den HOffnungbau in Kärnten aber ganz
besonders auch für den Antimonbau im Burgenland entsprechende Bergbau-
mitteln erhält. Ich habe dann zu dieser BEsprechung auch Grünwald von de
ÖIAG gebeten. Dieser erklärte rundwegs heraus, dass die ÖIAG leider
verpflichtet wird, Bergbaue sei es bei Kohle aber auch bei Kupfer aufrec
zu erhalten, die seiner Meinung nach bereits stillgelegt gehören.
Schützelhofer nämlich spielt an, dass wenn die Bergbaumittel zwischen
der BBU und Mitterberg geteilt werden, dann die ÖIAG die restlichen
für dne Kupferbergbau notwendigen MItteln zur VErfügung stellen würde.
Über eine solche Politik ist Grünwald unglücklch. Bezüglich Kohle
hofft Grünwald noch immer, dass die neue Stahl AG die entsprechnedn
Stillegungsbeschlüsse von Fohnsdorf und in weiterer Folge Pölfing-
Bergla unverzüglich wird beschliessen. Ich gebe mich dieser Illusion
nicht hin. Auch die E-Werke, die Kohle abnehmen, z.B. Direktor Werner
von der ÖDK, wollte meine Meinung. Eine diesbezügliche Aussprache mit
Frühbauer hätte ihn auch in dieser HInsicht bestärkt. Frühbauer nimmt
so wie ich an, dasss, da nächstes Jahr in der Steiermark Wahlen statt-
finden und übernächstes Jahr die NR-Wahlen, vor diesem Zeitpunkt eine
Schliessung von Fohnsdorf doch nicht wird beschlossen werden.
Mit Kreutler, ÖMV , und Stanek, Waagner-Biro, habe ich die Möglichkeiten
von Exporten nach dem Irak besprochen. Kreutler hat die ABsicht, dass
ich bei dem OPEC-MIttagessen mit dem Ölvertreter des Irak einem Wirt-
schaftsminister, diesbezügliche BEsprechungen führen sollte. Die ÖMV
bezieht heute aus Irak nur 300.000 t Öl, wird aber in weiterer Folge
über eine Million beziehen. Dadurch ergebn sich grössere Exportmöglich-
keiten, die vom Irak sogar gewünscht werden. Irak möchte nämlich mit seiner
Importen nicht allein von Amerika und Frankreich abhängen. Dr. Stanek
war am Exportlieferungen sehr interessiert. Bei dieser Gelgenheit er-
zählte mir Stanek, dass er einen Auftrag in Österreich nicht bekam,
weil eine Differenz auf den Kilo-Montage-Preis von 30 Groschen von Stahl-
anlage nicht zu überbrücken waren. Die VÖEST und Wiener Brückenbau waren
bereits mit den er gemeinsam dieses Projekt in Stahlbau durchführen wollte,
ausgestiegen. ICh erklärte Stanek, dass ich jederzeit bereit bin und
auch Kreutler bestätigte dies auf GRund der ERfahrungen, die sie mit der
seinerzeitigen Ausschaltung der japanischen Röhrenlieferungen für die
RAG-Pipeline mit mir gemacht haben, dass ich jederzeit bereit bin
in einem solchen Fall mich als VErmittler einzuschalten. Stanek war
sehr erstaunt, dass ich diesofferierte.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Ich weiss nicht, wie wir eine bessere Information
unserer Genossen erreichen, damit sie sich wirklich
des Handelsministeriums und natürlich meiner Person
bedienen, um entsprechnede Abschlüsse zu erledigen.
Gen.Direktor Reisinger hatte bereits telefonisch informiert, dass nach
seiner AUffassung Gen.Dir. Bauer von der ÖMV neuerdings alles unternimmt,
um die Algerien-Gaslieferungen zur Austro-Ferngas zu sabotieren. Bauer
hätte u.a. über seine GEschäftsfreunde zu erkennen gegeben, dass letzten
Endes doe ÖMV das Gas ttransportiert und damit der entscheidende Faktor
bei diesen Importen wäre. Die ÖMV schaltet auch systematisch die VEr-
treter der AFG in allen Besprechungen, die sie mit ihrem Konsortium über
den TRansport des Gases führen, aus. Angeblich haben deshalb die
süddeutschen Unternehmungen bereits verwundert gefragt, wo den eigentlich
die Vertreter der AFG bleiben. Ich versuchte mit einer Aussprache zwischen
Kreutler, Reisinger und mir diese Probleme nach der Ökon.Konferenz zu kläre
Kreutler selbst hat unter vier Augen mir zugestanden, dass hier eine Fehl-
entscheidung der ÖMV vor etlichen Monatne erfolgte, wodurch sie aus dem
algerischen Gasbezug sich automatisch ausschaltete. Ich versuchte ihn inso-
fern zu trösten, als dadurch zumindestens ich bei etwaigen indirekten Vorwür-
fen von Patolitschew über die Tatsache, dass Österreich sich jetzt um eine
zweite Gaslieferungsaquelle bemüht, dass nicht die ÖMV hier der alleinige
Importeur aus der SU ist, in Schwierigkeiten kommen könnte. Diesbezügliche
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Vorwürfe könnte ich leicht parieren, indem ich eben darauf hinweise,
dass die SU ungenügende Zusicherungen der ÖMB gemacht hat, sodass eben
eine zweite Firma sich über eine andere Quelle mit Erdgas eindeckt oder
zumindestens versucht, sich einzudecken.
INterssant war, dass in einem grösseren Kreis dann das Problem dis-
kutiert wurde, ob es in der Wirtschaft eine gewisse freundschafliche
VErpflichtung für Firmen gibt, die in NOtzeiten von einer anderen
Firma unterstützt wurde. Ich selbst habe diese moralische Seite der
Geschäftswelt auch unter Genossen ganz entschieden bestritten. Zum
Glück verhandelt derzeit ein ÖVP-ler, nämlich Gen.Dir. Bauer, über die
Öl- und Gaswirtschaft mit Genossen unserer Seite. Ich glaube aber dass
selbst wenn nur Genossen untereinander Geschäfte besprechen sie doch
auch letzten Endes niemals von freundschaftlichen Gefühlen sondern
eben von den unmittelbaren INteressen ihrer Firma Politik machen. Wenn
es nämlich anders wäre, würden sie zwar moralisch einwandfrei handeln,
aber dann nicht in unserer Wirtschaftsordnung die entsprechenden adäqua-
ten Massnahmen setzen und damit ihren Betrieb schaden. NAtürlich
gibt es Lösungen, wo die beiderseitigen INteressen auf ein Optimum
gekoppelt werden könnten. Dies sind auch die wirtschaftlich günstigsten
Vereinbarungen. Wenn aber dieser Idealfall – und er trifft wahrschein-
lich in den seltensten Fällen zu – nicht eintrifft, dann muss der ent-
sprechende Vertreter einer Firma seine INterssesn mit genau derselben
Brutalität durchsetzen wie wenn es sich um andere parteipolitische
Gesichtspunkten in einer kapitalistischen Wirtschaft eben notwendig
ist. WEnn jemand in der Wirtschafts- und Geschäftspolitik ausschliess-
lich von freundschaftlichen BEziehungen und parteipolitischen Rück-
sichten handelt, muss sich dies letzten Endes in den Erträgen negativ
auswirken. Ich bin überzeugt, dass es in der Politik *) und in der Ge-
schäftswelt nur eine sehr begrenzte "Freundschaft" gibt.
Tagesprogramm, 14.3.1973
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
hs. Kommentar (Forts. v. Bl. 332)