Mittwoch. 24. Oktober 1973
Im Handelsausschuss standen drei Fragen zur Diskussion und Be-
schlussfassung. Die wichtigste, das Rohstofflenkungsgesetz –
der Verfassungsdienst hatte, obwohl er hie den Vorbesprechungen
dabei war und insbesondere dann bei der Arbeitsgruppe, welche die
Gesetzesnovelle formuliert hatte, von mir extra aufgefordert wurde,
seine Stellungnahme abzugeben, resp. den Vorschlag, den ich erstat-
tet hatte, nämlich dass die Delegation an Länder, Gemeinden aber
auch an Interessensvertretungen rechtlich einwandfrei formuliert
werden muss, eine Formulierung zugestimmt, die wir dann selbstver-
ständlich übernahmen. Nun hat er einen Tag vor Beschlussfassung
schriftlich uns wissen lassen, dass eine bessere Formulierung not-
wendig ist. Mussil befürchtete, dass damit die Interessensvertre-
tungen ausgeschaltet werden. Ich versicherte, dass dies selbst
wenn eine solche Möglichkeit mir gegeben werde, von mir nicht
beabsichtigt ist, ganz im Gegenteil, dass ich alles daran setzen werde
um die Länder resp. BH mit der eventuellen Bewirtschaftung zu betrauen
und die Interessensvertretung so weit wie möglich heranzuziehen.
Interessant ist, dass Mussil noch immer die Angst hat, die Bürokratie
und vielleicht ich als Handelsminister könnte dies decken, wünscht
eine weitestgehend Bewirtschaftung mit entsprechender Einflussmög-
lichkeit in das Betriebsgeschehen des Unternehmens. Er schilderte,
wie das Eigentum an den Staat übergeht, wie die Unternehmer über-
haupt nichts mehr disponieren können, wie damit die freie Wirtschaft
zu Fall kommt. Ich will gar nicht bestreiten, dass wahrscheinlich
eine wildgewordene Bürokratie im Hochgefühl jetzt endlich etwas
machen zu können durch eine primitiv einfache Regelung eben die Be-
wirtschaftung und Verteilung sich eine Position schafft, wo es von
ihr abhängig ist, wer etwas bekommt. Andererseits aber kann ich mir
überhaupt nicht vorstellen, dass eine wirksame Organisation mit
dieser schwachen Bürokratie aufgebaut werden kann, ohne dass nicht
gleichzeitig Dutzende von neuen Dienstposten geschaffen werden müssen.
Die Angst, die wegen einer eventuellen Ausdehnung Mussil hat, wurde
ihm noch bestätigt, als Hanreich vorschlug, man sollte auch alle wich-
tigen Rohstoffe wie Chemikalien, Kunstdünger war von ihm besonders
genannt, und Pharmazeutika, Metalle usw. neben den Lebensmitteln,
die allerdings im Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz geregelt sind,
in die Liste aufnehmen. Mussil erklärte dezidiert, dass sie dies
ablehnen. Seine Stellungnahme ermöglichte es mir darauf hinzuweisen,
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dass selbst wenn ich so etwas gewünscht hätte, keine Möglichkeit
besteht, weil eben dieses Gesetz nur mit 2/3-Mehrheit beschlossen
werden kann. Hanisch dürfte hier mit Hanreich entsprechende Be-
sprechungen geführt haben, denn ich kann mir nicht vorstellen,
dass die FPÖ von sich heraus eine solche eigentlich dem freuen
Unternehmertum zuwiderhandelnde Stellung entwickelt. Für mich
ist dies äusserst günstig, weil Mussil die Gefahr einer solchen Aus-
weitung vorgeschlagen vom Handelsministerium jetzt schön langsam
erkennt. Ich glaube, dass er zwischen Hanisch und Schleifer, den
letzteren als kleineres Übel betrachtet. Mussils Hinweis, dass
anstelle der Bewirtschaftung es besser ist, eine Bevorratung zu haben,
gab mir die Gelegenheit auf die Besprechungen mit Tödling, Hanreich
Mondl und mir wegen der Schaffung einer Wirtschaftlichen Landesvertei-
digung hinzuweisen. Solange das Landesverteidigungsdoktrin nicht
perfekt ist, sehe ich keine Möglichkeit, einen konkreten Schritt
in der Bevorratung zu machen. Ich verlangte nur, dass insbesondere
für Öl und Ölprodukte eine bessere Lagermöglichkeit, d.h. Errichtung
von Tanks geschaffen werden müssen.
Die Novelle zum Patentgesetz, wo in Hinkunft Unternehmer durch
das Patentamt Auskunft über den technischen Stand eines bestimmten
Patentes erlangen können, zeigte wieder die Unzulänglichkeit unserer
Organisation. Westreicher, eine ÖVP-Abgeordneter , wollte wissen,
wie es möglich ist, dass über diese Recherche ein Bescheid ausge-
stellt wird, wenn sich dann womöglich herausstellt, dass die Aus-
kunft gar nicht rechtsverbindlich sein kann, d.h. z.B. unvollständig.
Selbst das Österr. Patentamt wäre ausserstande, eventuelle Patente,
die irgendwo in der Welt auf diesem Gebiet existieren restlos Aus-
kunft zu geben. Jakatofsky, der Vertreter des Patentamtes, den
ich mir erst an meine Seite holen musste, flüsterte mir, dass das
Patentamt nur in Bescheidform als Amt agieren könne. Zum Glück
hat Mussil den Vorschlag gemacht, es sollte die Gebühr von 3.800 S
als Höchstgebühr bezeichnet werden und jeder einzelne Fall nur die
Kostenmässige Deckung vom Unternehmer verlangt werden. Bis zu einem
Höchstfall von 3.800 S. Hier hat selbst Mitterer Bedenken gehabt, der
meinte, da müsste ich wahrscheinlich ein Kostendeckungsamt einrichten
Ich gebe zu, dass es äusserst schwierig ist, wenn eben über andere
Probleme womöglich gleichzeitig diskutiert werden muss, eine so
knifflige rechtliche Frage, wie ist Bescheidform richtig oder
nicht, überlegt und gleichzeitig eine Antwort mir vorgeschlagen
werden muss. Andererseits erwartet man natürlich eine Unterstützung
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von dem dort anwesenden Beamten. Ich hätte ihn natürlich auch in
Verlegenheit bringen können, wenn ich den Vorsitzenden vorgeschlagen
hätte, dass die Anfragebeantwortung der Beamte durchführt. Da ich
aber überzeugt war, dass er selbst keine Ahnung hatte oder zumindestens
so nervös und aufgeregt war, dass er kaum eine richtige Antwort
geben würde, habe ich mich darüber hinweggeschwindelt. Empört und
überrascht war ich aber, als wir nachdem die Novelle beschlossen war
der Beamte mit erklärte, die Inkraftsetzung 1.1.1974 sei unmöglich.
Ich fragte ihn, ob er einen diesbezüglichen Abänderungsantrag vor-
bereitet hat, was er glattwegs verneinte, und warum er dies erst
jetzt sagt, nachdem wir schon den anderen Tagesordnungspunkt be-
handeln. Er meinte, er sei hingeschickt worden und man hätte ihm
gesagt, man hätte über eine Inkraftsetzung von 1.1.1975 gesprochen.
Zu meiner grössten Verwunderung hat mir der Vorsitzende Staudinger
bestätigt, dass er auch davon gehört hat. Scheinbar, ich habe da
gar nichts dagegen, hat das Patentamt eben die ÖVP dahingehend infor-
miert. Wenn es nach mir gegangen wäre, ich war so verärgert, hätte
ich gar nichts mehr unternommen und das Patentamt hätte schauen
müssen, wie es mit 1.1.1974 fertig wird. Zu meiner grössten Ver-
wunderung hat aber Staudinger erklärt. es ist seine Schuld, dass er
dies vergessen hat und mir vorgeschlagen, wir sollten doch
eventuell den Beschluss resümmieren und einen Abänderungsantrag
1.1.1975 vorlegen. Ich habe mit Hobl und Hanreich eine solche For-
mulierung über den Tisch schnell gemacht und wir haben den faux pas
des Patentamtes damit saniert. Ich verlangte aber von Jakatowsky einen
entsprechenden Bericht, da ich nicht beabsichtige, es bei einer sol-
chen Vorgangsweise bewenden sein zu lassen.
Die dritte Novelle war die Goldprägeabkommen der EFTA-Staaten.
Hier fragte der Beamte des Parlaments, ob es eine Gesetzes-
änderung sei und ob ein Durchführungsgesetz notwendig ist. Auch hier
war unser Beamter nicht besonders informiert, er hat allerdings
wenigsten darauf hingewiesen, dass im Ministerratsvortrag die erste
Frage klar und deutlich beantwortet ist. Zu meiner grössten Ver-
wunderung musste ich erfahren, dass die Ministerratsvorträge ins
Parlament zwar kommen, dort aber sofort in einen Panzerschrank
gegeben werden, d.h. als Verschluss-Sache verhandelt werden. Sie
sind den Beamten des Parlaments nicht zugänglich. Wenn es sich
um vertrauliche Verschlussangelegenheiten des Ministerrates handelt,
hätte ich dafür noch Verständnis, dass sich aber der Verschluss
auf alle Ministerratsbeschlüsse bezieht, finde ich mehr als lächerlich.
In den Ministerien kugeln diese Beschlüsse herum und dort, wo
man sie eventuell braucht, werden sie als streng vertraulich schein-
bar nur dem Präsidenten ausgehändigt.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte besprich mit Lausecker, wie man eine zweck-
mässige Änderung hier herbeiführen könnte.
Ob ein Durchführungsgesetz notwendig ist, wusste unser Beamter auch
nicht, er meinte nur, er glaube kaum, auch eine solche Auskunft
ist ja gerade nicht sehr brillant. Ich kann mir nicht vorstellen,
dass z.B. in einer Materie des Finanzministers eine solche ausge-
sprochene Schwäche der Bürokratie zum Ausdruck kommen könnte. Hier
muss von unserem Hause deutlich Wandel geschaffen werden.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Die Veranwortung dafür trägt das Präsidium
bitte mache dies Schipper klar. Ich selbst wollte
unmittelbar mit ihm sprechen, da er aber bis
Montag abwesend ist, hat es nachher keinen Sinn
wenn ich erst die ganze Sache zu diesem Zeit-
punkt dann wieder aufrolle.
Der russische Geschäftsträger Mamotow und der Handelsrat sind extra
gekommen, um mir zu sagen, dass die SU bereit ist, 80.000 t Öl im
Oktober zu liefern, ich hatte Patolitschew diesbezüglich einen
Brief geschrieben. Sie waren sehr erstaunt von mir zu hören, dass
ich durch ein Telegramm unserer Botschaft bereits informiert bin, dass
nicht nur für Oktober November Dezember jeweils die 80.000 t nach
sowjetischer Zusage gesichert sind, sondern darüber hinaus auch für
Oktober einmal 96.000 geliefert wird und auch für November/Dezember
zu hoffen ist, dass wir mehr als die vereinbarten 80.000 t bekommen.
Hier zeigte sich für mich, dass ach in der grossen Sowjetunion die
Information langsamer über den offiziellen Apparate, nämlich Aussen-
handelsministerium, Aussenminister, Botschaft in Wien geht als doch
der direkte Kontakt den Canisius scheinbar hat und auch nützt.
Der sowj. Handelsrat hat sich bei mir offiziell beschwert, dass
in Durchführung des 10-Jahresprogrammes er grosse Schwierigkeiten
bei einzelnen Firmen hat. Insbesondere wies er darauf hin, dass
die VÖEST einen Blechvertrag auf 100000 t heuer mit 3.000 t dezidiert
erklärt, nicht erfüllen zu können. Ausserdem hätte die sowj. Seite
Schmiedestücke für 18.000 t offeriert und die VÖEST nur 2.400 t
erklärt, übernehmen zu können. Böhler hat überhaupt ein Projekt von
10.000 t abgelehnt. Damit wäre eine Exportmöglichkeit von 30.Mill.$
ungenützt. Weitere Offerte hätte die sowj. Seite gerne von der VÖEST
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über Papierfabriks-Anlagen. Von der Firma Aichlein erwartet sie,
dass sie sich mit Industrieöfen als Unterlieferant bei den grossen
Autowerken Ramans interessiert. Die Frage der Uran-Anreicherung ist
nicht immer offen.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Bitte jetzt mit der Verbund endlich klären,
ob Interesse österreichischerseits besteht.
Nur mit der Firma GFM wurde ein 11,6 Mill. $-Vertrag geschlossen,
und auch mit Plasser & Theurer ein 3 Mill. $-Lieferung. Gute Möglich-
keit besteht auch für die österr. Automobilfabrik für Spezialfahrzeuge.
Die Idee, der Baumwollverarbeiten hat sich nun auf eine Menge von
100 t reduziert, welche für die SU vollkommen unbedeutend ist.
Hier allerdings verlangt die sowj. Seite Garne von einer Feinheit,
die unsere Unternehmungen nicht spinnen können, resp. keine freien
Kapazitäten dafür haben.
Aus der Aussprache habe ich ersehen, dass die sowj. Seite tatsächlich
glaubt, dass ich imstande bin, in Durchführung des 10-Jahresprogrammes
unsere Firmen mehr oder minder dazu zu verhalten. In dem Programm wurde
nämlich nur wie Kossigyn und Kreisky damals feststellten, umfangreiche
Gebiete aufgezählt, ich selbst habe ja weder Patolitschew noch Kuzmin
noch jetzt den Geschäftsträger oder den Handelsrat im Unklaren gelassen,
dass unser Wirtschaftsystem einen direkten Einfluss auf die Unternehmen
kaum vorsieht. Mamotow meinte, ich könnte aber doch zumindestens auch
die verstaatlichte Industrie einen entsprechenden Druck ausüben. Auch
hier musste ich ihm erklären, dass dies vollkommen unmöglich ist,
da letzten Endes auch das verstaatlichte Unternehmen nur einen Abschluss
tätigt, wo es auf seine Rechnung kommt. Hier sehe ich in Hinkunft grosse
Schwierigkeiten, weil letzten Endes scheinbar doch die Oststaaten
damit rechnen, dass wenn man langfristige Programme mit ihnen be-
spricht, dann tatsächlich Österreich sich indirekt zumindestens
verpflichtet fühlt, diese langfristigen Programm insoferne zu erfüllen,
dass jedes Gebiet, welches aufgezählt wird, auch automatisch zu konkreten
Geschäftsabschlüssen führen muss.
Vor der wirtschaftspolitischen Aussprache hat Androsch, wie ich am
Abend dann feststellen konnte, im Fernsehen erklärt, dass jetzt eine
neue Phase der Stabilisierungspolitik beginnt. Bei der Sitzung hatte
ich nicht den Eindruck, dass hier tatsächlich ein neues Abschnitt
eingeleitet werden sollte. Seidel berichtete über die im Wirtschafts-
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forschungsinstitut angestellten Überlegungen der Dämpfung der Konjunktur
im Jahre 1974 bei verhältnismässig hohen Preissteigerungsrate von
7,5 %. Er verteidigte seine Prognosen, die in letzten Zeit, wie er sich
ausdrücklich, öffentlich kritisiert und angegriffen wurden. Hier hat er
sich glaube ich auch indirekt an Kreisky gewendet, der allerdings dann
sehr bald die Sitzung verliess, um die Elsässische Bank zu eröffnen.
Androsch hat nur eine einzige Bemerkung gemacht, nämlich dass ein
wirtschaftspolitisches Paket geschnürt werden muss und ansonsten nur
darauf hingewiesen, dass die Unternehmer durch die günstige Investitions-
förderung und sonstige steuerliche Vorteile jetzt ein Entgegenkommen
auf dem Preissektor zeigen müssen und nicht die Lohnerhöhung sofort
zum Anlasse nehmen dürfen, um neue Preise von vor allem in voller
Höhe zu verlangen. Kloss verteidigte und erklärte die Nationalbank-
politik insbesondere das Festhalten an der Restriktionspolitik auch dann,
wenn jetzt durch eineinhalb Punktprozente die Mindestreserven gesenkt
werden, die Mindestreserve gesenkt werden, die für Jän-
ner Feber durch eine Entlastung von 3,7 Mia S zusätzlich Geldmenge
für die Banken und damit Wirtschaft erbringt. IN einer umfangreichen
Diskussion, es beteiligten sich 13 Redner, wurde dann die Problematik
eigentlich zerreden, denn es ging dann der Streit zwischen Lachs
und Klose, ob im Preisunterausschuss 15 Anträge oder 120 lagern.
Die Bundeskammer beschwert sich nämlich, dass dort nicht expeditiv ge-
arbeitet wird, mir gegenüber übrigens, dass die Unternehmungen dort
ganz unqualifiziert behandelt werden und damit die grosse Gefahr
besteht, dass sie sich überhaupt nicht mehr an die Empfehlungen der
Paritätischen Kommission halten werden. Ich hatte den Eindruck und da
drei Präsidenten, nämlich Sallinger, Benya und Lehner fehlten, dass
aus dieser Besprechung kaum etwas herauskommen kann und wird. Androsch
nützt aber und das muss ich neidlos zugestehen, die Gelegenheit, um
durch diese wirtschaftspolitische Aussprache sich eine Legitimation
zu holen, dass mit den Sozialpartnern über die weitere Stabilitäts-
politik verhandeln kann und Massnahmen fast im Einvernehmen mit ihnen
vorschlägt. In der nächsten Zeit wird er diesbezügliche konkrete Ver-
handlungen weiter führen. Jetzt verstehe ich auch besser, warum er
bei den Erhöhungswünschen vom Verkehrsminister insbesondere die fast
20 %-ige Tariferhöhung Bedenken angemeldet hat und eine Etappenlösung
wünscht.
Die Aussprache über die Algerien-Gas-Finanzierung leitete er mit einem
grossen Angriff gegen die Landesgesellschafter ein. Die Südost-Tages-
post hat einen Riesenaufmacher "Bund verschlampt Algier-Gas" gebracht.
Grundlage war, dass Niederl im Landtag den Antrag über die Landes-
haftung stellte und bei der Glegenheit gleich den Bund scheinbar attak-
kierte. Niederl hat auch ein Telegramm an Androsch gerichtet. Im weiteren
Verlauf der Sitzung konnte festgestellt werden, dass aber wahrsheinlich
sich doch eine Lösung abzeichnet. Reisinger dürfte vormittags mit
Androsch telefoniert haben und sich dahingehend geeinigt, dass der
Bund so wie das Land Wien, NÖ und die Steiermark mit ca. 23 % an der
AFG sich beteiligen sollte und könnte. Mit einem Syndikatvertrag soll
aber festgehalten werden, dass keine der einzelnen Teilnehmer besteimmt
werden kann. Die Kostenaufteilung, die dadurch dem Bund natürlich er-
wachsen, würde auch insoferne Einvernehmen erzielt, als Androsch er-
klärte, nur in anteilsmässiger GRösse diese zu übernehmen. Da der Bund
nur 23 % Gesellschaftsanteil hat, wird er sich auch nur in diesem Aus-
mass am Geschäft beteiligen. Für die anderen Länder bleibt dann nr noch
wenn sie beitreten sollten, ein optischer Anteil von 1 %. Dies gilt
auch für Tirol und Salzburg. Eine grössere Forderung wird glaube
ich kaum von diesen Ländern gestellt werden, da auch Kärnten, Burgen-
land und zuletzt jetzt auch Vorarlberg nur 1 % bekommen haben.
Mit dieser Lösung dürfte Androsch einverstanden sein, denn er erklärte,
er wird jetzt vorbehaltlich der politischen weiteren Entwicklung, ob
dieses Geschäft eben verpolitisiert werden soll, wie die Südost-Tages-
post, dies scheinbar gerne möchte, dem Bundeskanzler resp. der Regierung
berichten. Bei dem Empfang der Elsässischen Bank habe ich dann Gen.Dir.
Treichl getrofen, der mir verzweifelt mitteilte, dass er fürchtet, dass
das ganze Projekt scheitert. Androsch hätte ihm , wie er sich ausdrückte
sogar angeplärrt und er fürchtet, das nieamnd die energiewirtschaftliche
Bedeutung dieses Projektes ausser mir erkennt. Ich beruhigte ihn und
wies darauf hin, dass letzten Endes bereits de Dampfer abgefahren ist,
soweit das Konsortium nicht zerbricht, Österreich auf alle Fälle die
entsprechenden VOrausetzungen schaffen wird, damit das Algeriengas
tatsächlich kommen kann. Die Energiewirtschaftliche Notwendigkeit ist
gegeben und die Preissituation für dieses Gas verhältnismässig günstig.
Allerdings bezweifelt Gen.Dir. Bauer, dfass die Algerier, wenn sie das
Gas dann tatsächlich liefern werden, sich an die Preisabsprachen halten.
Er fürchtet , dass letzten Endes dann die Marktpreise auch von der
AFG bezahlt werden müssen, die seiner Meinung nach wesentlich höher lieg
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wird, als der jetzt vereinbarte, auch unter Berücksichtigung der
Preisgleitklausel von 2 % pro Jahr. Bauer selbst hat auch bei der
Besprechung versucht, die Angrenzung zwischen Austria-Ferngas und
ÖMV durchzusetzen. Ich habe ihm insoferne beigepflichtet als ich
darauf hinwies, dass wir dieses Problem unmittelbar in Angriff
nehmen müssen , um eine zielführende und zweckmässige Abgrenzung
zu erreichen.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Bitte mit Frank die entsprechenden Bespre-
chungen einleiten und zu versuchen, offiziell
zwischen AFG und ÖMV einen Konsens zu erzielen.
Ich selbst bin bereit, mich in der weiteren
Folge dann einzuschalten.
Die Neuverfilmung von Schnitzlers Reigen war ein Höhepunkt der
Weltpremiere in Wien. Die Regierung war stark vertreten, selbst
Kreisky war anwesend. Er fragte mich bei der Gelegenheit, was mit
dem Filmförderungsgesetz ist und ich erwiderte, dass dies derzeit
bei Sinowatz seit etlichen Monaten liegt. Der Film selbst war
für mich eine grosse Enttäuschung. Ich habe den Reigen schon ver-
filmt gesehen, aber auch im Theater, die feine Sprache, der herrliche
Dialog ist vollkommen verlorengegangen, Schenk hat nichts anderes
daraus gemacht als ein sexuell vielleicht sehr amüsante aber Schnitz-
ler vollkommen zuwiderhandelnde Aneinanderreihung von Geschlechtsakten.
Androsch hat zum Schluss mit Recht gesagt, jetzt weiss er, warum er
für die Filmförderung kein Geld hergibt. Ich selbst habe charakteri-
siert, dass ich meinte, die Mutzenbacher ist eine gute Idee. Der Re-
igen von Schnitzler ist eine phantastische Idee, aber die Methode,
Gurken sind gut, Marmelade ist gut, wie gut mag da erst Gurken
mit Marmelade sein, geht auf diesem Gebiet wahrscheinlich nicht nur
nicht sondern ist in meinen Augen wirklich ein Machwerk übelster
Art.
Da ich bei dieser Aufführung auch Komm.Rat Fröhlich mit Frau traf,
informierte ich ihn, dass ich nach wie vor auf dem Standpunkt stehe,
die Obmann-Funktion aufzugeben und ich einem Vorschlag, ihn zum Obmann
zu bestellen, sofort zustimmen würde, ja sogar favorisiere. Fröhlich
meinte, er wird sich jetzt nicht mehr um eine Lösung bemühen, da
bereits seine Frau politische hart attackiert wurde, nur weil er
sich für diese Funktion zur Verfügung gestellt hat. Mein Hinweis
dass er sich ja nicht selbst bemühen müsse, sondern dass die
Sektion
Fremdenverkehr und seine Freunde dies tun könnten,
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ist er ausgewichen. Ich bin wirklich überzeugt, dass eine Kombination
Fröhlich Obmann, Zolles Geschäftsführer auch für uns politisch ge-
sehen für uns die optimalste ist.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Nachdem ich auf alle Fälle früher oder später
aus der ÖFVW ausscheide, so werden doch Schreiner
und Konsorten – Fremdenverkehrswirtschaft –
für diese Lösung zu gewinnen sein.
Tagesprogramm, 24.10.1973