Freitag, 16. November 1973
Die Internationalen stellen bei der ÖMV fest, dass Italien ihnen, obwohl
es nur eine Genehmigungspflicht für die Ausfuhr von Ölprodukten gibt,
keine Lieferungen mehr ihrer Gesellschaft nach Österreich gestattet.
Shell hat einen Eisenbahnzug mit 800 t und andere Firmen mit Shell – LKW-
Transporte mit 500 t gestern nicht mehr nach Österreich befördern können.
Dies macht monatlich ungefähr 41.000 t Benzin und 41.000 t Heizöl schwer
aus. wenn diese Lieferungen tatsächlich gestoppt wird, kann die ÖMV aus
inländischer Produktion keinesfalls so schnell eine Versorgung der süd-
lichen und westlichen Bundesländer übernehmen. Am Wochenende ist deshalb
mit Versorgungsschwierigkeiten in diesen Gebieten zu rechnen. Ich lasse
mich mit dem Handelsdelegierten in Rom verbinden, erkläre ihm die
Situation und verlange, dass er bei den Italienern interveniert. Inter-
essant ist, dass unser Handelsdelegierter gar nicht weiss, dass z.B. 14.00 t
Schweröl aus Processing und auch von Benzinen mindestens 9.000, von Total,
wenn man die ESSO 7.000 dazurechnet, wo nicht gnz klar ob es ein echtes und
richtiges Processing ist, dass diese Menge also eigentlich österreichisches
Eigentum ist und als er dieses Argument hört hofft, dass er besser bei den
italienischen Stellen intervenieren. kann. KIrchschläger ist sofort bereit,
den Botschafter anzuweisen, dass er eine Demarge unternehmen wird. Die
birfliche Information gebeich auf einen Vorschlag der ÖMV udn der Inter-
nationalen und informiere auch Kreisky. Dieser kommt erst abends beim Diploma-
tentee beim Bundespräsidenten, wo ich ihn auch über Masnahmen, die wir
gegebenenfalls ergreifen wollen,informiere, die italienische Haltung voll
zum Bewusstsein und in seiner ersten Reaktion meint er, dies dürfe man
sich unter gar keinen Umständen gefallen lassen und gegebenenfalls Gegen-
massnahmen ergreifen. Kirchschläger sagt, das wäre des Unmöglichste, das
wir uns erlauben sollten und meint nach einigen Tagen wird es sich wieder
beruhigen. Die arabischen OPEC-Staaten-Vertreter haben bei ihm angefragt,
ob sie in Wien Sonntags eine Konferenz abhalten dürfen. Für mich war es eigen
lich verwunderlich, dass sie eine solche Anfrage richteten, denn selbstver-
ständlich könnten sie sich doch irgendwo zusammensetzen. Scheinbr wollten
sie dies aber ausdrücklich von der österr. Regierung genehmigt haben, weil
der saudi-arabische Botschafter meinte, es werde hier zu bedeutenden Be-
schlüssen für Europa kommen. Da eine solche Ankündigung nur positiv sein
kann, können wir annehmen, dass wir in den nächsten Tagen vielleicht aus
dem ärgsten Schlamassel heraus sind. Der irakische Ölminister Hamadi der
öfters bei der OPEC in Wien weilt, diesmal aber auch den irakisch-österr.
vertrag mit mir unterzeichnen will, und deshalb vonmir am Flughafen abgeholt
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wird, gibt eigentlich nichts zu erkennen. Allerdings frage ich ihn
nicht direkt, sondern weisenur darauf hin, dass unsere ÖMV als nationales
Unternehmen mit der INOC gute Beziehungen aufrechterhält, was er sofort be-
stätigt, nachdem auch Präs, der INOC ist. Da Hamadi mich für Dienstag zu
einem Essen einladen möchte, komme ich ihm zuvor und meine, dass er doch
unser Gast sei,obwohl er nicht offiziell von uns eingeladen wurde, und
ich lade ihn für Samstag, 1 Uhr zu einem Essen ins Imperial ein. Am
Flughafen war auch der Ölminister von Kuwait und von Nigeria. Diese Mini-
ster kennen sich sehr gut, begrüssen sich wie alte Freunde, die OPEC hat
hier also wirklich eine gute Verbindung gelegt. Ich weise Hamadi darauf
hin, dass wir bis September, d.h. die ersten drei Quartale , für fast
eine Milliarde Schilling Import aus Irak getätigt haben und nur ca. 200 Mil
exportiert. Hier könnte unsere verstaatlichte Industrie, insbesondere
die VÖEST und andere grosse Unternehmungen wirklich Anlagen nach Irak
liefern. Hamadi sagt zu, dass er dies auch meint und hoffentlich prüfen läs
Im ÖGB-Bundesvorstand berichtet Benya über die wirtschaftliche Lage und
ganz besonders über die Vereinbarung mit der Handelskammer über die Arbeits-
verfassung. Da ich noch gegen Ende seines Vortrages weggehen muss und
unterbricht er und meint, ob bei Öl alles in Ordnung sei. Der parteilose
Vogel BRO der ÖAMAG von Radenthein attackiert mich, weil kein Öl zur
VErfügung steht. Er bezieht sich dabie hauptsächlich auf das Schwer-
öl, das sie bis jetzt aus Italien bezogen haben. Ich verweise darauf, dass
wir dagegen gerade jetzt Schritteunternehmen, aber dass die Versorgung
ja weitestgehend zumindestens aus der ÖMV gedeckt wird und dort laufend
produziert wird. Auf meine Bemerkung, dass die Firmen, die mit der ÖMV bis
jetzt ihre Grossgeschäfte getätigt haben, auch jetzt besser dran sind,
verweist er, dass dies die teuerste Raffinerie ist. Die sveranlasst
mich, darauf hinzuweisen, dass dafür aber eine gewisse Sicherheit wie sich
jetzt herausstellt, gegeben ist. Sein Chef dürfte sich bei ihm beschwert
haben, dass jetz sowjetisches Öl gekauft werden muss, was natürlich grosse
Frachtkosten hat und ausserdem teurer ist. Immerhin ist die Versorgung
mit sowjetischem Öl heute sicherer als von internationalen westlichen
Firmen.
Da ich niht sicher bin, ob die Situation sich nicht in dernächsten Zeit
noch wesentlich verschlechtert, lasse ich von Metzner, die Strassenver-
kehrsordnung und die Kraftfahrgesetznovelle vorbereiten. In beiden Fällen
müsstne wir die Beschränkung auf 100 km aus Versorgungsgründen, das
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Sonntags-Fahrverbot in der Strassenverkehrsordnung und eine Erhöhung
des Bleigehaltes im Benzin von 0,4 auf wahrscheinlich 0,8 Gramm pro
Liter um die Klopffestigkeit zu erhalten, vorsehen, wenn wir die Benzine
strecken, da das italienische ausfällt. Wir könnten in diesem Fall die Oktan-
zahl herabsetzen und dafür die Klopffestigkeit durch höhere Bleibeigabe
verhindern.
An dem Parteiengespräch nehmen Schleinzer, Koren, Kohlmaier, Taus, Kreisky,
Marsch, Weisz Fischer Moser und ich teil. Kreisky führt die Gespräche
allein und verweist beginnend auf die UNO-City. Das Projekt sei notwendig
und das UNO-Center Österreich von der UNO überhaupt akzeptiert zu bekommen.
Über die Zimmerfrage könnte man sich einigen, aber es müsste ein Kongresszen-
trum von 8.000 Teilnehmern ermöglichst werden. Sonst meint Kreisky, würde
alles nach New York gehen oder für die Dritte Welt noch nach Kenia gehen.
Die MBFR müsste heute im Eisenbahnerheim ud dann im Redoutensaal tagen.
DAfür müssten jetzt wieder mitetlichen Millionen das Burgtheater aus dem
Redoutensaal ins Offizierskasino verlegt werden. Die Kongresse seien
kompensatorische Fremdenverkehrseinnahmen. Die Rotarier mussten 1972
den Kongress von Wien weggeben, weil dafürkein entsprechendes Kongress-
zentrum vorhanen ist. Auch der Gynäkologenkongress in Moskau kann mit
7.000 Teilnehmer war, wie Kreisky von einem Teilnehmer erfuhr, so zer-
risen, weil er an mejhrere n Stellen gleichzeitig tagte. Er hat deshalb
der ÖVP angeboten, eine Kontrolle seinerzeit und möchtenun wissen, ob
im Rahmen der Parteiengespräche eine Möglichkeit besteht. Schleinzer ver-
weist darauf, dass sie dem Gesetz über die IRKW zugestimmt haben, obwohl
die Volkspartei nicht in die Organe eingebunden wurde, dies aber auch nicht
verlangt hat. Jetzt bietet das Kreisky an, aber sie lehnen ab. Sie haben
seinerzeit dem IRKW-Gesetz 3,5 Mia zugestimmt, obwohl dies dann über das
Staber-Projekt sich wesentlich verteuerte. Gratz hat auch schon seine
Parteigenossen in Wien vor eine vollendete Tatsache gestellt und deshalb
käme eine Zustimmung nicht in Frage, auch dann wenn seinerzeit Kreisky
eine Pression ausgeübt hat, dass Waldheim nicht zur Grundsteinlegung ein-
geladen wird. Kreisky repliziert sofort, dass es sich beim Einbinden nie-
mals um Parteien gehandelt hätte, sondern dass man in Institute oder
Banken auf Wunsch von der ÖVP eingeschaltet hätte. Keinesfalls dürfte
ein Proporzaufsichtsrat entsehen. Die Beamten, die jetzt von der Regierung
geschickt,sind, sind mit Ausnahem des Wiener Beamten alle der ÖVP nahestehen
oder zugehörig. Kreisky wollte dann als nächsten Punkt die Volksanwalt-
schaft und ORF bringen, doch hat Schleinzer gemeint, es wäre doch nun
zweckmässig, wenn jetzt ein ÖVP-Punkt zur Diskussion käme und dies sei die
Bevorratung, die Koren explizieren wird. Kreisky nimmt sofort auch hier
wieder das Wort und verweist darauf, dass auch er über die Bevorratung
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referieren möchte und zuerst eine Konzeption dazulegen. Er unterscheidet
Rohstoffe und Lebensmittel, die nur im Haushalt wie in der Schweiz ge-
lagert werden könnten. IN einer Zeit wie jetzt wäre die Panik ausschlag-
gend und deshalb sie die Einlagerung nicht sehr zweckmässig. Über die
Finanzierung gibt es zwei Methoden wie in der Schweiz, wo die 1.000.- S
por Konsumentenbelastung oder in Schweden 5 – 6 Mia S aus dem Budget be-
zahlt werden müssen. Er schlögt deshalb einen neuen WEg vor, die österr.
Nationalbank mit 36 Mia S Devisen sollte 2 Mia S für die Energiegrund-
stoffe und sonstige Grundstoffe zur VErfügung stellen. Dies könnte man
ohne weiteres tun, da die österr. Währung zu 86 % mit Devisen gedeckt
ist und nur die Niederlande mit 112 und die Schweiz mit 93 % mehr haben ,
alle anderen europäischen Staaten haben weniger. Nachdem man mit den
Devisen den Importbedarf deckt, so hat nur die Schweiz 7,6 Monate
BRD 6,9, Japan 5,7 und Österreich schon 5,4 Monate. womit eindeutig diese
Staaten vor den übrigen anderen europäischen Staaten liegen. Diese 2 Mia
S sollten mit 4 % pro Jahr verzinst werden, die Einlagerung soll bei priva-
ten Firmen erfolgen, doch würde diese Menge dann gegebenenfalls dann in
Staatseigentum übergehen. Eine Frage sie auch noch, wie man die Behälter
für die flüssigen Rohstoffe finanziert. Kreisky schlägt gleich ein Komitee
vor, bestehend aus den Parteien, den Wirtschaftspartnern und der Regierung
Im Hauptausschuss müssten die Richtlinien festgelegt werden, wie die
LAge aufzulösen sind, d.h. wann der Zeitpunkt eintritt, wo eben auf
diese Lager zurückgegriffen werden darf. Schleinzer ersucht nun, dass
Koren die VOrste-lung der ÖBP darlegen kann. Koren verweist darauf,
dass eine mittelfristige Planung notwendig sei. Ausserdem sei die Zielvor-
stellung entscheidend, welche Waren und auf welche Dauer bevorratet werden
sollen. Es kämen Industrierohstoffe, Energie, letztere für die Industrie
und den Haushalt in frage.DArüberhinaus müsste eine Erneuerungssicherung
aufgebaut weren auf Grundnahrungsmittel und auf die Produktionsgrundlagen
für die Landwirtschaft wie z.B. Eiweissfuttermittel und Kunstdünger. Die
Finanzierung könnte die Vorräte der Importprodukte erfassen aber auch die
Lagermöglichkeit wie Tanks, d.h. durch inländische Investitionen, die
ebenfalls wesentliche Mittel benötigen. Zu bezahlen sie die Grund-
finanzierung und die Lagerkosten, die wieder aus den Zinsen aber auch
aus der Wälzung der Vorräte entstehen. Ein Devisenzugriff zur National-
bank sei problematisch. In der Schweiz habe man sich mit Wechsel beholfen.
Koren vergisst jetzt auf den Finanzierungsvorschlag der ÖVP und muss
ihn dann später nachtragen, er läuft aber darauf hinaus, dass ein halbes
Prozent Mehrwertsteuer dafür bereitgestellt werden soll. Darüberhinaus
referiert er über ein Krisengesetz, welches rechtlich einwandfrei ist
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denn das Rohstofflenkungsgesetz ist fraglich, das Sonntagsfahrverbot
sei überhaupt nicht möglich, das Krisengesetz soll kein kriegswirt-
schaftliches Ermächtigungsgesetz sein, da Kreisky sofort auf die Er-
fahrungen 1970 – kriegswirtschaftliches Ermächtigungsgesetz gegen Miet-
preiserhöhungen und dann 1934 daraus eine Verfassung verfassuungswidrig
entstanden ist. Schleinzer möchteunbedingt die Auffassung des Handels-
ministers hören und muss dies zweimal bei Kreisky urgieren. Ich setzte
auseinander, dass das Rohstofflenkungsgesetz am Montag im Ausschuss des
Bundesrates und am Mittwoch im Plenum genehmigt wird. Ich werde dann
so schnell wie möglich schauen, dass es im Bundesgesetzblatt verlaut-
bart wird, wobei ich gleihc erkläre, dass ich mit diesem Gesetz eine
Bewirtschaftung durchführen kann, welches aber der letzte Ausweg wäre.
Kohlmaier bezweifelt, ob das Rohstofflenkungsgesetz verfassungsmässig
ausreicht. Ich weise darauf hin, dass der Verfassungsdienst dies aber
ausdrücklich bejahte. Was die Frage der Beschränkung der Geschwindigkeit
und auch das Sonntagsfahrverbot betrifft, erörtere ich, dass wir
die Strassenverkehrsnovelle neben Aufhebung eines Paragraphen durch
den Verfassungsgerichtshof eine Novelle im nächsten Ministerrat
einbringen werden, damit diese zeitgercht im Parlament dann einlangt.
Damit wären die derzeit auf Grund der Gesetz möglichen Vorkehrungen ge-
troffen und ich bin sehr erstaunt, von Koren zu hören, dass auch ande-
re Industriestoffe in ein Lenkungsgesetz einbezogen werden sollen. Ich
erkläre, dass die Bundeskammer sich bis jetzt immer dagegen verwahrt
hat. Allerdings die Industriellenvereinigung einer solchen Lösung
wesentlich positiver gegenübersteht. Kreisky meint noch ironisch,
ich sollte nicht versuchen zwischen der Partei und der Bundeskammer
und der Industriellenvereinigung einen Keil hineinzu-
treiben, was ich ganz entschieden bestreite und auch darauf hinweise
dass ich dies in der Vergangenheit nie getan habe. Kreisky schlägt einen
Gipfel vor, bestehen-d aus zwei Vertretern jeder Partei, das sind 6
zwei Vertretern jedes Sozialpartners, sind 8, zwei der OeNB, der Re-
gierungsmitglieder, die davon betroffen sind und zwei Vertreter, die
die Landeshauptleutekonferenz namhaft machen soll. Er zögert lange,
ob er auch das Wirtschaftsforschungsinstitut einladen sollte. Die
nächste Sitzung soll im Nationalrat Donnerstag um 18 Uhr beginnen.
Um 20 Uhr sollten dann die Parteienverhandlungen fortgesetzt werden
und zwar über die Volksanwaltschaft, wo angeblich nur mehr die Zusammen-
setzung der Organe offen ist, über dne ORF, über Datenschutz und über di
verstaatlichte Industrie. Schleinzer meldet dann auch noch an, dass
über die Steuern geredet werden muss.
Gen.Direktor Finniss wird von Präsident Thaler, Vizepräsident Leberl
und Fabrizii präsentiert. Finniss hat nicht allzuviel Zeit, aber
äusserst sich sehr lobend über unsere geschickte Verhandlungstaktik
unserer Delegation in München. Er glaubt, dass Österreich auf dem
richtigen WEg ist, dürfte überhaupt ein Wien-Fan sein und ich danke
ihm vielmals für die Unterstützung. Da sein Flugzeug bald geht und
die Verkehrssituation, wie er sich ausdrückt, trostlos ist, müssen wir
uns nach kürzester Zeit wieder verabschieden.
Dir. Haselbrunner von der AEG verweist darauf, dass jetzt bereits wieder
die Nettopreise in der Elektrogeräte-Sektor nicht eingehalten werden
und grössere Rabatte den Händlern gegeben werden. Darüber hiaus muss er
feststellen, dass im sozialen Wohnbau Elektrogeräte nicht mehr von
den Firmen direkt sondern über den Grosshandel und auch selbst über den
Kleinhandel, der gegebenenfalls eine Elektroinstallation vornimmt,
bezogen werden. DAdurch wird der soziale Wohnbau stark belastet und
er fragt, ob ich irgendetwas dagegen unternehmen könnte. Ich kann ihn
nur auf Moser verweisen. Bezüglich der Tatsache, dass die Nettopreise
zu wackeln beginnnen und insbesondere mit dem Weihnachtsgeschäft und
dem Neujahr eine neue Periode beginnen könnte, verspreche ich ihm, dass
ich den Fachverband darauf aufmerksam machen werde, dass er in einer
Besprechung mit dem Handelsministerium dieses Problem eingehend er-
örtert und womöglich abstellt.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte eine entsprechende Sitzung veranlassen.
Tagesprogramm, 16.11.1973
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Typoskript Dr. Wanke betr. Koalition