Sonntag, 25. November 1973
Die Gespräche mit Blümel bei Berka, der seinen 73. Geburtstag
feiert , unser letzter lebender Obmann der Lebensmittelarbeiter,
Presseaussendung, die wir nicht zuletzt auf Wunsch einiger Funktionäre
von der Gesamtvorstandssitzung gemacht haben. Ich selbst bin ein ausge-
sprochener Gegner von Presseaussendungen, die wenn man nicht irgend-
welche ausgesprochenen Sensationen mitteilt, dann untergehen. Im
besonderen FAll hat dann noch die Arbeiterzeitung nicht anderes ge-
macht, als "Lebensmittelarbeiter gegen Preiserhöhungen" und eine
ganz kurze Notiz angeschlossen. Der Inhalt war verzerrt wiedergegeben,
der Erfolg den wir erzielen wollten, war nicht erreicht, meine Be-
denken, die ich bei der ERstellung dieser Presseaussendung gemacht
habe, eingetroffen.
Gehart ruft mich an und teilt mir mit, dass er mit Min.Rat Frank verein-
hart hat, dass sie sich wegen der Heizölschwer-Situation zusammensetzen
werden und ein Papier ausarbeiten werden. Ich vereinbare, dass ihc zu
ihnen ins Ministerium komme, um mir dieses Papier zu holen und
gleichzeitig mit ihnen auch die weiteren Schritte zu besprechen.
Die beiden befürchten, dass wir gerade am Heizöl-schwer-Sektor in eine
kritische Situation kommen und deshalb sofort jetzt Schritte unter-
nehmen müssten. Wir vereinbaren, dass ich zuerst beim jour fixe mit
Mussil über unsere weiteren Wünsche bezüglich der Information und
Statistik ereden werde, darüber hinaus aber auch gleichzeitig ankündige
dass ich mit dem Rohstofflenkungsgesetz die privatrechtlichen Ver-
träge über Heizöllieferungen sistieren muss. Nur auf freiwilliger Basis
wird es nach Auffassung Frank keinesfalls gehen. Wenn nämlich ein
einzelnes Unternehmen sich Anordnungen widersetzt, muss eine gesetz-
liche Grundlage existieren, damit wir gegebenenfalls Kürzungen vorneh-
men können.
Nue ist für mich die Mitteilung, dass Ehrbacher Frank mitgeteilt hat,
er könne den Energienotstand derzeit nicht ausrufen. Auf Grund der
Vorratslage resp. der gefüllten Speicher und der Öl- und Braunkohle-
vorräte ist die Stromversorgung gesichert und eine Notstand könnte un-
möglich ausgerufen werden. Der Bundeslastverteiler-Beirat hat Ehrbacher
zwar ermächtigt, wenn sich die Situation ändert, den Notstand zu be-
antragen. Der Beschluss müsste dann durch die Bundesregierung erfolgen.
Mir ist diese Vorgangsweise vollkommen unerklöräclich, denn im Vor-
jahr, wo es keinesfalls so kritisch war, hat Frühbauer auch in der
18-1322
Bundesregierung den Notstand beantragt. Ich einige mich mit Frank
dahingehend, dass wenn wir von den E-Werken einen Teil ihrer
Ölvorräte – wir nehmen an, dies wird in der GRössenordnung von
50.000 t sein – dann der Bundeslastverteiler die Möglichkeit hat,
durch diese neue Situation die eine gewisse Verknappung ergeben könnte,
den Notstand auszurufen. Nur dann sind wir nämlich imstande, die optische
Massnahme, nämlich Einstellen der Reklame ab 10 Uhr und Einschalten der
reduzierten Strassenbeleuchtung ab 1/2 11 Uhr durchzuführen. Gehart
wird sich jetzt genau erkundigen, wann das Rohstofflenkungsgesetz
im Bundesgesetzblatt erschienen ist. Erst zu diesem Zeitpunkt kann
ich überhaupt den Rohstofflenkungsausschuss einberufen, und ihn mit
den Fragen der Heizöl-schwer- und eventuell Benzinversorgung konfrontieren
Daß sich die beiden Sonntag abends zusammensetzten und dieses Problem
besprochen haben, hat mich mähctig beeindruckt.