Freitag, 8. Feber 1974
Das Gespräch mit den Mineralölfirmen nimmt jetzt schön langesam
operettenhaften Charakter an. Mussil sieht sich veranlasst, als
Generalsekretär der Handelskammer mit dem Fachverband aber mit
allen Firmen vorzusprechen, um auf die Dringlichkeit bei Erledi-
gung des Ölpreises hinzuweisen. Die Unternehmer von der ÖVP, Gen.Dir.
Bauer aber auch Mieling und andere der Internationalen erklären
mir immer verzweifelt, wie sie auf der anderen SEite kämpfen,
damit endlich eine objektive Berichterstattung und vor allem
ein objektives Preisverfahren ermöglicht werden kann. Gleichzeitig
kann ich abr immer wieder auf Artikeln und Äusserungen hinweisen,
die genau das GEgenteil erwarten lassen. Schliesslich sieht sich
Mussil veranlasst, Bauer und die anderen Herren zu ersuchen, sie
mögen sich mit der auch der Bundesparteileitung dort mit Bundes-
obmann Schleinzer ins Einvernehmen sezten, weil er bis jetzt in seine
eigenen Reihen nicht durchgedrungen ist. Ich ersuche Mussil, seinen
ganzen Einfluss geltend zu machen, damit auf der Ebene der
Sozialpartnerschaft, dort ist er ja ziemlich autonom und nicht
abhängig von der Bundesparteileitung, die nichtpreisgeregelten
Mineralölprodukte spätestens bis 22. Feber zur nächsten Paritätischen
Kommission so weit haben sollte, dass sie dort behandelt werden
können. Die Ölgesellschaften sehen darin die Hoffnung, dass am
22. Feber villeicht der Ölpreis schon erledigt sein wrid. Mussil
lehnt aber ganz entschieden ab, dass bevor der offizielle Preis
inder Preiskommission geregelt wird, die sogenannten freien Preise
in der Paritätischen Kommission früher zu bestimmen. Ich bin mir scho
klar, dsss es Zug um Zug gehen wird, möchteaber, dass vor allem
nicht eine grössere Differenz an Zeit aber auch an Erhöhungsausmass
zwischen der amtlichen Preiskommission un-d der Paritätischen
Kommission besteht. Bis jetzt haben die Ölfirmen ihre Politik
im Geheimen machen können. Ich habe letzten Endes alle ihre Vor-
schläge akzeptieren müssen, es hat ja sicherlich auch keinen anderen
Ausweg aus der Ölkrise gegeben, musste aber dafürallein in der
Öffentlichkeit geradestehen. Jetzt ist es ein wenig umgekehrt, jetzt
greift mich zwar der nö. Volksblatt als Ölminister an, weil ich
nicht die Vorschläge der Opposition akzeptiere, dch kann ich jetzt
zuwarten und die Ölfirmen stehen allein jetzt momentan in ihrem
Kampf. Aus dieser Situation werden witr schwer herauskommen. Eines
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ist mir auf alle Fälle klar: Die öffentliche Meinung wird sich
früher oder später gegen die Pickerl-Tage wenden. In diesem Fall
werde ich dann früher oder später doch nachgeben müssen, hoffentlich
haben wir dann so einigermassen die 280.000 t Benzin auf Lager,
weil ich dann den Nachweis erbringen kann, dass in Österreich
niemand bereit ist, für eine Bevorratung wirklich anzusparen.
Seit Jahren trommelt die Opposition, dass wir Vorräte anlegen sollen
seit Monaten wurde immer darauf hingewiesen, dass die Ölkrise viel
leichter zu ertragen gewesen wäre, hätten wir Vorräte gehabt, Jetzt
wo wir für den Sommer ansparen sollen, fallen alle um.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Wie könnte man dies propagandistisch besser
heruasarbieten, ohne in den Verdacht zu kom-
men, wieder nur eine Verteidigung von dem
angeschlagenen Staribacher zu machen.
Bei der Vorbesprechung über die Aussprache mit den bäuerlichen
Interessensvertretungen und Organisationen, meinte Kreisky, die
wichtigste Frage sie die Lösung des Überstandes an Rindern. Die
Viehzählung ergab 104.000 Rinder mehr, wobei 50.000 jetzt sehr stark
auf den Markt drücken. 25.000 sollen durch eine Aktion – der Finanz-
minister will dafür zu den schon bestehen 50 Mill. noch 100 Mill.
dazugeben, unverzüglich aus dem Markt genommen werden. Der Orien-
tierungspreis in Italien wurde jetzt um 9 – 11 % angehoben und
zu den derzeit 3.47 S kommen nun 2,37 dazu, sodass insgesamt 5.84 S
ohne den 16 % Zoll aus Ausfuhr belasten.
Die Preiswünsche bei Zucker wird nach Auffassung Kreiskys zwischen
Arbeiterkammer und Bauern zu lösen sein, die Milchpreisregelung
müsste man aber in Angriff nehmen. Weihs erklärt, dass die
15 %-ige Lohnerhöhung 160 Mill. S ausmachen wird, die ich natürlich
bei dieser Preiserhöhung gleich inbegriffen sein müssen.
Die Verwendung von gefärbtem Ofenöl für die Traktoren der Bauern
stösst nach wie vor auf heftigsten Widerstand von Androsch. Er
ist bereit, die Differenz, welche die Bauern bei VErwendung von
Diesel derzeit tragen müssen, nämlich 200 Mill. zu den 387 Mill.
dazuzuzählen und die Stützung wesentlich zu erhöhen.
Bei den Bauernbesprechungen ergibt sich, dass Minkowitsch als
Sprecher des Bauernbundes alle offenen Fragen zur Sprache bringt,
auch eine Regelung für die Getreidepreise, wobei er insbesondere
kritisiert, dass seinerzeit der Roggenpreis zurückgestellt wurde
da Brot zu indexwirksam sei, dann aber die Lohnerhöhung der Bäckerei-
arbeiter zum ANlass genommen wurde, um sehr wohl den Brotpreis
zu erhöhen. Auch bei den Eier- und Geflügelpreisen müsste etwas ge-
schehen und die Inlandsversorgung sichergestellt werden. Gleichzei-
tig verlangt Minkowitsch eine Bremsung der Kostensteigerung und
sieht in der Verwendung von Ofenheizöl für die Traktoren einen
WEg. Darüberhinaus aber meint er, müsste für die Benzinrückver-
gütung, von denen 75 % im Bergbaugebiet zurückfliesst, eine
Punktelösung, wie sie dezreit besteht, unbedingt aufrechterhalten
bleiben. Die Mehrwertsteuer müsste durch Erhöhung des Vorsteuer-
abzuges von 6 % auf 8 % erhöht werden, gleichzietig aber auch
die Mehrwertsteuer für Handelsdünger z.B. auf 8 % gesenkt,
wenn nicht überhaupt auf Null.
Zillner für die Freiheitlichen Bauern möcht,e dass der Milchpreis
mit 70 Groschen abgehoben wird. Er glaubt ein besonderws gutes
Bonmot zu bringen, als er erklärt, wenn sich schon die Ölscheichs a
Österreich bereichern , so dürfte sich nicht der österr. Ölscheich
auch noch in eine Reihe mit den Arabern stellen.
Der Allgemeine Bauernverbandvertreter weist darauf hin, dsss der
Weltmarktpreis für Weizen jetzt 4.- S beträgt und dass nach ihren
Berechnungen nach dem Schema des Landwirtschaftsministeriums der
Milchpreis um 71 Groschen erhöht werden müsste, obwohl sie
das Schema nicht anerkennen. Weissel vom Arbeitsbauernbund
spricht sich ganz entschiedne für die Verwendung von Ofenöl für
die Bauern aus.
Kreisky meint nacht der ersten Runde sollten jetzt die Minister
antworten. Weihs verweist nur dass die Bauern auch 1973 eine wei-
tere Verbesserung erreichen konnten wie die landwirtschaftlichen
Buchführungsbetriebe und deren Ergebnisse zeigen. Ein wirkliches
Problem seien insbesondere die Viehabsatzstockungen. Die Italiener
würden normal 750.000 t importieren, haben aber 1973 einen ge-
ringeren Bedarf um 4 kg gehabt und deshalb weniger als 200.000 t
erspart, gleichzetiig aber auch noch infolge ihrer Agrarpolitik
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1 Mill. Stück Kühe zusätzlich geschlachtet, was weitere 200.000 t
ergab.
Ich verwies darauf, dass die Preiswünsche jetzt in meinem Ressort
liegen und unverzüglich bereits jetzt in Arbeit genommen wurden.
Da die Bauern sich gegen das Milchschema ausgesprochen haben, d.h.
zumindestens nachdem der Bauernbund sofort erklärte, er sei dafür
keine einheitliche Auffassung aber mit anderen Bauernvertretungen
zu erreichen sei, erkläre ich, dass ich dieses Schema in Hinkunft nicht
mehr als Richtschnur annehmen möchte. Zucker könnte erst der Preis
für die neue Ernte verhandelt werden, da nach Auffassung der Arbei-
terkammer die Fabriken einen Übergewinn haben und eine Zuckerpreisre-
gulierung für die abgelaufene Kampagne nicht mehr möglich sei.
Bei Getreide schlageich neuerdings vor, ob wir nicht zu einer Auf-
lockerung der amtlichen Preisregelung kommen könnten, dass aber von
Präsident Lehner, Bierbaum erklärt wird, der aber scheinbar nicht
zustimmt. Androsch verweist darauf, dass die Bauern allein durch
die günstige Steuerpauschalierung gut abschneiden. Dort wird für
den ha besten Bodens 20.000 S gerechnet, während die landwirt-
schaftliche Buchführungsgesellschaft selbst 28.000 S ausweist.
Eine Erhöhung des Mehrwertsteuerabzuges von 6,6 auf 8 % würde
720 Mill. S geringere Bundesabgaben bringen. Die Handelsdünger-
herabsetzung der 16 %-igen Mehrwertsteuer 240 Mill. oder gar wie ge-
wünscht auf Null 480 Mill. Der halbe Mehrwertsteuersatz, der ins-
besondere auch von freiheitlichen Bauern verlangt wird 160 Mill.
die Treibstoffverbilligung, die an und für sich unbestritten ist
weitere 200 Mill. Insgesamt ergibt dies auf der Kostenseite einen
Ausfall des Bundes von 1.560,000.000 S, Dazu kämen noch die
höheren Pensionslasten für die Angleichung der Zuschussrentner
an die Bauernpension von 1 – 1,5 Mia S sodass insgesmt der Bund
eine Belastung 2,5 bis 3 Mia zu tragen hätte. Demgegenüber seien
die Belastungen der Konsumenten durch Preissteigerungen und so weiter
nur 1,6 bis 2 Mia S. INterssant ist, dass Androsch so wie im
April 1973 jetzt auf im Feber 1974 eine Aufstellung der Budget-
belastung der Landwirtschaft gibt. Er verweist darauf, dass für För-
derung damals 1,5 Mia Preisstützung damals 2,5 Mia Milchwirtschafts-
fondsabgang eine halbe Mia, insgesamt also 4,5 Mia, 1974 5,6 Mia
dafür aufgewendet werden sollen. Dagegen reduziert sich nach seinen
Angaben die soziale Leistung von 4,4 Mia auf 2,8 Mia. Die Familien-
leistung ist von 1,8 Mia auf 1,5 Mia gesunken. Insgesamt ergibt
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1973 10,7 Mia die Budgetbelastung gegen 1974 von 9,9 Mia. Sicher
sind solche approximative Berechnungen nicht auf einen Millop genau
zu eruieren. Mir erscheint aber die Verschiebung nicht ganz
plausibel. Ich kann mir nicht vorstellen,dass für die Marktleistung
Förderung und Preisstützung und Milchwirtschaftsfonds Abgang statt 4,5
Mia heuer um nur 1,1 Mia mehr aufgewendet werden soll. Anderer-
seits kann ich mir die Familienbeihilfe von 1,8 Mia auf 1,5 Mia
nicht erklären. Die Bauern dürften aber die Ziffern aus 1973
nicht parat haben und gehen deshalb auf diese Aussagen von Androsch
gar nicht ein. Sie möchten unter allen Umständen Androsch für die
Enquete über die Verwendung von Ofenheizöl bei guter Laune halten
und drängen daher nur auf Lösung dieses Problems. DAbei berufen sie
sich natürlich immer wieder auf die Äusserungen Kreiskys, der
dezidiert am Linzer Parteitag nach irher AUffassung beretis eine
Verwendung zugesagt hat. Kreisky hat sich sehr geschickt darauf vorbe-
reitet, indem er eine von der Partei gedruckte Aussendung über die
Linzer Aussage zur Verfügung hat, aus der ersichtlich ist, dass er
sich zwar sehr positiv dafür ausgesprochen hat aber doch noch
in einem Nebensatz erwähnte, es sei zu prüfen. Jetzt meinte er,
müsse er wie seinerzeit Bundeskanzler Raab sagen, er sei nicht
durchgekommen.
Die weitere Debatte wird insbesondere durch die sozialpolitischen For-
derung der Bauern Angleichung der Zuschussrentner an die Bauernpension
von Häuser eingeleitet, der erklärt, es müsste 5 Jahre Zeitraum zur
Lösung dieser offenen Fragen veranschlagt werden. Die Bauernvertre-
ter sind über diese Vorgangsweise von Häuser neuerdings sehr erbost,
weil er ihnen kien konkretes Datum angibt, wann ednlich dise
Angeleichung erfolgen könnte. Häuser verweist mit Recht darauf, dass
er viele offene Fragen hier zu lösen hat, denn es sei unmöglich,
dass man den Zuschussrentnern eine so weitgehende Zusicherung gibt,
ohne gleichzeititg auch der Problem zu lösen, das gewerblichen
Arbeiter, die Zweidritteldeckung oft nicht aufbringen und dann
obowhl sie jahrelang in die Pension eingezahlt haben, keine richtige
Pension bekommen können. Die Bauern dagegen würden mit ganz kurzen
Beitragsleistungen dann in eine Pension und deshalb wesentliche Besser-
stellung kommen. Dies sei auch der Grud, warum die ganze Angleichung
nicht einige Dutzend Millionen S wie die Bauern immer wieder sagen
sondern für alle ca. 1,3 bis 1,5 Mia S kosten. Da sich die Diskussion
jetzt bald in der Sozialpolitik festrennen würde, meinte Kreisky,
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man sollte jetzt doch einen Punkt nach dem anderen durchgehen,
um zu einem positiven Abschluss zu kommen. Insbesondere meint er,
es müssten 25.000 Stück Rinder jetzt von den Bauern aufgekauft
werden udn er schlägt deshalb vor, der Landwirtschaftsminister sollt
unverzüglich mit den Verhandlungen beginnen und aber eine Lösung
dahingehend finden, dass aus der inländische Konsument für diese
100 Mill. S zusätzlicher Stützung etwas abbekommt. Kreisky
formuliert hier sehr vorsichtig, weil er scheinbar selbst
nicht ganz überzeugut ist, dass Weihs eine solche zweckmässige Aktion
wird zustandebringen. BEtreffend der Preisanträge verweist er
darauf, dass sie hie mir in besten Händen sind, dnn er hat ja nicht
zuletzt auf Grund der ERfahrung, die ich in meiner bisherigen
Tätigkeit, bevor ich Minister wurde, vorgesehen gehabt, dass ich
das Landwirtschaftsressort übernehmen sollte. Diese Bemerkung
war für mich selbst sehr überraschend und zeigt mir, dass er
nicht zuletzt durch die Bemerkung von Nowotny in dem
seinerzetiigen Kronenzeitungs-Artikel jetzt alles das aufklären
will, was dort an Behauptungen in den Raum gestellt wurde.
Ich habe heute mehr denn je den Eindruck, dass es ihn sehr hart
getroffen hat, als ich erklärte, dass meine wahren Freunde mich
vor dieser Aufgabe, nämlich Berufung zum Landwirtschaftsminister,
bewahrt haben. Minkowitsch möchtenur sichergestellt haben,
dass erstens nicht der Milchpreis in einer bestimmten Grösse
inAussicht genommen wird, dann die Lohnerhöhung davon abgezogen
werden muss un-d der REst für die Erzeugerpreise reserviert wird.
Eine Vorgangsweise, die sich in den vergangenen Jahren immer
wieder so abgespielt hat und von dem ich annehme, dass es
acuh diesmal nicht anders sein wird. Trotzdem werde ich natürlich
versuchen, optisch einen anderne Weg einzuschlagen. Ganz besonders
aber spricht sich Minkowitsch dagegen aus, dass gleichzetiig mit
der Milchpreiserhöhung vorgesehen wird, dass eine grössere Milch-
anlieferung dann den Milchkrisengroschen automatisch anhebt. Auf
diese Äusserung gehe ich nicht ein, aber Androsch bemerkt mit
REcht, dass es ja eine Vereinbarung zwischenden Bauernvertretern un
der Regierung diesbezüglich gibt. Niemand achtet darauf, dass diese
Vereinbarung bis Jahresende befristet ist. Vielleicht allerdings
will niemand ieses Problem zur Sprache bringen. Da ich nicht
bereit bin, auch nur für einen einzigen Preiswunsch einen endgül-
tigen Termin zu fixieren, meint Kreisky, es wird wohlwollend im
Handelsministerium geprüft. Sicher ist, dsss ich den Milchpreis
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als erstes werde machen müssen, da ja auch die Lohnbewegung der
Arbeiter in irgendeiner Weise auf den Milchpreis überwälzt werden
muss. Überraschend für mich, drängten die Bauernvertreter nicht
auf eine Zuckerpreiserhöhung für die abgelaufene Kampagne, ob
wohl sie ursprüglich erklärten, der Stichtag sei der 15. Feber
weil zu diesem Zeitpunkt sie die Letzte Restzahlung für die
abgelaufene Kampagne an die Rübenbauern durchführen müssen.
Scheinbar hat man sich wirklich damit abgefunden, erst für die
neue Kampagne einen Zuckerpreis zu bekommen.
Die Diskussion beginnt jetzt eneurdings wegen der Ofenheizöl-
verwendung für die Traktoren. Die Behauptung, alle seien dafür nur
Androsch dagegen, erkläre ich, stimmt nicht ganz, da ja auch
die Handelskammer sich gegen eine solche Verwendung ausspricht
Die Bauern verweisen sofort darauf, dass in dme Brief, den Androsch
ach im Parlament vorgelesen hat, nur die Argumente zusammenge-
fasst wurden. Nirgends haätte sich die Handelskammer gegen
die Verwendung des Ofenheizöls ausgesprochen. Hier kann ihc darauf
verweisen, dass ihc in einer mündliche Aussprache neuerdings
mich überzeugen konnte, dass die Handelskammer dagegen ist, ohne
dass ich einen konkreten Namen nenne. Ich wollte Mussil, der mir
immer wieder erklärt, dass sie dagegen sind, hier nicht in die
Debatte bringen. Dich finde ich es für unfair, wenn man Androsch
hier jetzt allein kämpfen lässt.
Ing. Murl, ein freiheitlicher Bauernvertreter glaube ich, hat
darauf hingewiesen, dass bie der Milchpreisfestsetzung der Silo-
verzichtszuschlag erhöht werden müsste. Dies erscheint mir als eine
vernünftige Anregung, da damit die Qualitätserhöhung der Milch
erreicht wird und gleichzeitig auch die Bergbauerngebiete besser
dotiert werden können.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte urgiere im Milchwirtschaftsfonds, Hofrat
Lechner, und bei Singer meine seinerzeit
angeregten Verhandlungen über die Erstellung
des neuen Milcherzeugerpreises. Bei dieser Ge-
legenheit weise auf diesen Vorschlag Siloverzichtszuschlages hin
Da ich den Bundessekretär der Bildungszentrale und vor allem
einmal den Referenten aus ganz Österreich wie sich dann heraus-
stellte, zugesagt habe, über die Energiekrise zu referieren,
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musste ich die Sitzung mit den Bauernsturm nach drei Stunden
verlassen. Die endgültigen ERgebnisse sind mir nicht bekannt,
aber ich glaube, dass die Bauern mit dieser Aussprache an und für
sich sehr einverstanden waren. Sie haben sich in der ersten Phase
wahrscheinlich gar nicht so weitgehende Zusagen erwartet. Die
wirklich schweren Auseinandersetzungen kommen aber, da der Teufel
im Detail steckt.. Andererseits hat Kreisky glaube ich sehr richtig
erkannt, dass man die Bauern erst nicht vollkommne leer ausgehen
lassen kann, weil man ansonsten den geschlossenen Widerstand
resp. den Angriff aller Bauernvertretungen bekommt.
Ich war sehr überrascht als ich in der Bundesreferentenschulung
das Hauptreferat allein halten musste. Ich hatte angenommen, dass
wenn man schon die Referenten von ganz Österreich zusammenruft,
der Arbeiterkammersaal war immerhin fast zu einem Drittel voll, aus-
ser Burgenland und Vorarlberg waren alle Länder vertreten, dass mehr
als nur über die Energiekrise gesprochen wird. In der Diskussion
wurden dann auch andere Probleme angeschnitten. Insbesondere ein
Diskussionsredner meinte, er hätte von mir erwartet, dass ich auch
mehr die politische Analyse der multinationalen Gesellschaft
und den Kampf gegen diese bringen werde. Da ich persönlich gar
nicht so überzeugt bin, dass die österr. multinationalen Gesellschaften
zumindestens bei uns die Lage nicht allzu verschärft haben und ich
könnte ja nur die österreichischen Multinationalen Gesellschaften
angreifen, so meinte ich, dass meine Aufgabe darin bestand, ihnen
die Facts, die Details, die entsprechenden Arguemnte in die Hand
zu geben. Die politische Analyse findnen sie sowieso in der AZ
und da Czernetz den Vorsitz führte, wollteich nicht ausdrücklich
sagen bei ihm. Ich erklärte rundweg, das meine Aufgabe darin
besteht, wenn ich Argumente und vor allem einmal Ziffern bringe,
dann müssen diese hieb- und stichfest sein. Auf die die sich
jederzeit berufen können. Sicherlich ist diese Einschränkung meiner
Aktivitäten für viele unerklärlich. Ich bin überzuegt, dass man
erwartet, dass ich mich wenn man mich an die Spitze einer Welle
die sich jetzt gegen die Multinationalen breitmacht, stelle.
Czernetz inbesonders verwies darauf, dass niemand diese Multinatio-
nalen kontrolliert. Weder die Einzelstaaten noch ein internationales
Gremien wie z.B. der Europa-Rat oder die UNO. Ich halte allerdings
diese internationalen Organisationen für gar nicht fähig, eine wirk-
liche Kontrolle durchzuführen.Wir werden es glaube ich, in Kürze
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erleben, dass sich diese Institutionen berufen fühlen und
vielleicht sogar auch Beschlüsse fassen. Dann fürchte ich, wird
man in Kürze feststellen, dass ihre Kontrollmöglichkeit Null komma
Josef ist, wie man bei uns in Österreich sagt. Wenn die nationalen
Gesellschaften nicht imstande sind und hier ganz besonders die
verstaatlichte durch harte Konkurrenz einer irrsinnigen Preis-
entwicklung Einhalt zu gebieten, dann glaube ich kannes auf
lange Sicht auch der Staat nicht.
Kreisky, den ich Sonntag bei der Aufführung von Pippin getroffen
habe, meinte, die internationalen Gesellschaften möchtne jetzt mit
ihm sprechen. Er selbst hat ihnen aber wissen lassen, dass der
Handelsminister dafür zuständig ist und er meint, ich sollte dies
letzten Endes allein entscheiden. Kreisky möchte damit der gesam-
ten Branche dokumeniteren, dass sie ausschliesslich mit mir darüber
zu verhandeln haben.
Tagesprogramm, 8.2.1974