Sonntag, der 24. Februar 1974 bis Sonntag, der 3. März 1974

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Sonntag, 24. Feber bis 3. März 1974
3. Gemischte iranisch-österreichische Kommission in Teheran

Die Reise stand unter einem ungeheuer zwiespältigen Prätext. Auf der
einen Seite hat das Fernsehen ein Team mitgeschickt, weil es erwartete
dass wir dort über Ölfragen so entscheidende Besprechungen führen,
dass selbst eine unmittelbare Reportage als interessant erschien.
Auf der andren Seite war von der Handelskammer Dr. Mussil und
von der Industriellenvereinigung sogar Präs. Igler, AK-Präsident
Hrdlitschka mitgefahren, was ein ziemlich hohes Niveau für eine
Gemischte Kommission bedeutet. Bei einigen spielten sicherlich
Sight-Seeing-Motive auch eine Rolle, doch war Mussil schon einige Mal
in Teheran, ich selbst habe anfangs ein ungutes Gefühl für diese
Reise gehabt. Erstens erwartete ich mir kaum ein positives Ergebnis,
obwohl einige Projekte von uns intensivst vorbereitet wurden, zweitens
fürchtete ich aber ganz besonders, dass wir letzten Endes in Englisch
verhandeln würden, was sich dann auch tatsächlich herausstellte.
Mussil beschwerte sich zwar bei mir, dass es das erste Mal ist, dass
überhaupt in einer fremden Sprache Verhandlungen geführt werden,
was mir an und für sich auch nicht recht war. Andererseits konnte
ich ihm bei Anwesenheit unseres Botschafters Filz erklären, dass
ich verlangt hatte, man müsste einen deutsch-persischen Über-
setzer beistellen und der Botschafter erklärte, dies sei unmöglich.
Damit war für mich klar, dass weiterhin in Englisch verhandelt wird.
Auch dann, wenn ich immer, um Mussil nicht weiter zu reizen, zuerst
englisch begrüsste, vorstellte die Leute und dann erklärte, die
Delegation wünscht, dass ich in Deutsch zumindestens unsere Ausfüh-
rungen darlege. In kürzester Zeit waren wir natürlich sofort
wieder im Englischen. Insbesondere Igler, der es am perfektesten
beherrschte, nützte diesen Vorteil, Bukowski sprang in so einem Fall
hilfreich ein indem er für Mussil, Hrdlitschka und Geist für diese
leise übersetzte. Ich war also ausschliesslich auf meine Englisch-
Kenntnisse abgewiesen und die sind bekanntlicherweise schlecht genug.
Für die, die Englisch können, muss es verheerend gewirkt haben,
für die die weniger als ich können, eben die drei oben angeführten
war ich sicherlich ein "Jaß", der immer erklärt, er kann nicht eine
Sprache und dann sogar in Englisch verhandeln kann. Ich erinnere mich
noch gut, dass der seinerzeitige Vizekanzler Schärf von Leuten, die
ihm nicht wohlgesinnt waren, immer wieder wegen seiner mangelnden


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Sprachkenntnisse nicht offen, aber hinten herum attackiert wurde.
Dies hat Schärf sosehr gekränkt, dass er sogar in einem Buch aus-
führte, er hätte einmal eine Ansprache in Englisch frei gehalten.
Niemand, der die Details kennt, wird diese Bemerkung verstehen, sie
war nichts anderes, als eine Rechtfertigung sich selbst gegenüber und
seinen überheblichen Gegner teilweise in der eigenen Partei die mangelnden
Sprachkenntnisse ankreideten.

In Persien hat sich die Situation wahrscheinlich gegen früher wesentlich
geändert. Ich war zwar das erste Mal dort, aber mein Eindruck war, jetzt
ist Persien ein Land, in dem sich die ganze Welt reisst, Aktivitäten
zu entfalten. Die Minister sind alle verhältnismässig jung und richtige
Bürokraten oder Technokraten. Der wirklich starke Mann ist der Präsident
der NIOC, der nationalen iranischen Ölkompagnie, der bereits alle Re-
gierungsposten vom Staatssekretär bis zum Ministerpräsidenten durchlaufen
hat, von Beruf sogar Arzt ist und wie er mir versichert, auf Wunsch des
Kaisers, in dem Fall heisst es dort Befehl des Kaisers diesen Posten
jetzt innehat. Bei einer Aussprache mit ihm versuchte ich heraus-
zubringen, wie er zur österreichischen ÖMV steht. Ich erklärte deshalb,
ohne eine Auftrag zu haben von Bauer ihn herzlichst grüssen zu lassen,
nachdem er einleitend gemeint hat, er kennt die österr. Verhältnisse
und die nationale verstaatlichte Industrie sehr gut. Was sicherlich
stimmt, weil er sogar einmal eingeladen war. Trotzdem erwiderte er den
Gruss überhaupt nicht. Dies kann ein Versehen sein, oder auch wie ich
eher glaube, eine deutliche Demonstration, dass er mit dieser Gesell-
schaft nicht sehr gute Erfahrungen resp. Kontakte hat und will. Geist
behauptet zumindestens, dass Bauer in Iran immer mit den falschen Leuten
verhandelt hat. Geist selbst hat einige Bekannte, sei es aus der seiner-
zeitigen Rheinstahl-Zeit, wo er Investitionen dort tätigte und viel
in Persien war, sei es aus der jetzigen Zeit, wo er einige gute Bezie-
hungen hat. Ich erwartete, dass die persische Seite insbesondere Ekbal
und Wirtschaftsminister Ansari unser Raffinerieprojekt glattwegs ab-
lehnen. Dies war auch bei diesen der Fall, nur haben sie sich dann im
Laufe der Verhandlungen doch dazu bequemt, dass eine Studiengruppe
dieses Projekt überprüfen sollte. Ekbal meinte, Österreich soll ein
Memorandum an ihn schicken, Geist selbst, der ja hinter diesem Projekt
besonders steht und es auch dort vorgetragen hat, wird ein solches
unverzüglich ausarbeiten. Geist ist allerdings überzeugt, dass ein
solches Projekt nur gehen kann, wenn die ÖMV doch irgendwie mit-
spielt und ich habe übernommen, mit der ÖMV darüber eingehende Besprechun-
gen

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zu führen.

ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte einen Termin festlegen.

Ein zweites grosses Projekt war die Errichtung eines Edelstahl-
werkes. Hier hatte Geist mit dem General von Arsenal, das ist im wahr-
sten Sinne des Wortes die iranische Waffenschmiede, aus seiner Rhein-
stahl-Zeit gute Beziehungen und hatte dort erfahren, dass man ein
solches Edelstahlwerk in der Grösse von 25.000 t bauen möchte und
wird. Wirtschaftsminister Ansari hat aber mit den Franzosen bereits
ein Projekt auf 250.000 t ursprünglich wollten sie sogar 500.000
Edelstahlwerk besprochen und eine Letter of intent erhalten. Ansari
der dieses Projekt natürlich in seinem Wirtschaftsministerium
primär halten will, war deshalb bereit ein solches Projekt auf
Basis von 50.000 t erstellen zu lassen. Seine Absicht ist, das Arsenal
mit seinem Bedarf primär daraus zu befriedigen, das
andere für die iranische Wirtschaft bereitzustellen und ein etwaiger
Überschuss, der sicherlich am Anfang zu erwarten ist, sollte über
Böhler in die Welt exportiert werden. Genau dieser Punkt bereitete
uns dann bei der Endredaktion grosse Schwierigkeiten. Ansari war
an einer Augenkrankheit erkrankt und konnte die Verhandlungen nicht
mehr weiterführen. Der die Verhandlungen im Detail führende Staats-
sekretär Waldy hatte kaum ein Verhandlungspouvoir und wollte
unbedingt auf diesem Passus im Protokoll beharren. Er berief sich
dabei insbesondere auf Besprechungen von Gen.Dir. Geist mit ira-
nischen Stellen, wo solche Zusagen gemacht worden seien. Geist
bestritt dies ganz entschieden und hätte nur mit Amin, dem
höchsten Stahlfachmann in der iranischen Stahlgruppe allgemeine
Besprechungen geführt. Ich selbst erklärte rundweg, dass nie-
mand in der Delegation für Böhler oder eine sonstige österreichische
Firma solche weitgehende Verpflichtungen nämlich Exportübernahme
von überschüssigen Stahlmengen zusagen könnte.

Die interessanteste Diskussion ergab sich aber mit dem Finanzmini-
ster Abu Amusegar durch die erhöhten Ölpreise werden sie 16
Mia Dollar Mehreinnahmen haben, wofür er 11,5 Mia für das eigene
Budget und 4,5 Mia Surplusreserve hat. ; Mia davon wird er
benützen, um beim internationalen Währungsfonds Kredite, die in
den nächsten 5 – 10 Jahren zurückzuzahlen wären, sofort zurückzu-
zahlen. 1 Mia soll dem internationalen Währungsfonds zur Verfügung
gestellt werden. 2 Mia aber möchte er dazu verwenden um 700 Mill.



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der Zahlungsbilanzen und 250 Mill. um dem Schah seinen Plan verwirk-
lichen zu können, einer neuen internationalen Organisation zur Verfü-
gung stellen. Der Schah hatte das Projekt, welches er auch mit sehr
eingehend erklärte, eine Art Maschall-Plan zu starten. Die OPEC-Staaten
d.h. die die Mehreinnahmen aus den hohen Ölpreisen haben, sollen
für die Entwicklungsländer entsprechende Beträge zur Verfügung stellen,
sehr langfristig und mit 2,5 % verzinst. In der Gemeinsamen Organisation
12 Stimmen. Die Industriestaaten sollen sich auch daran beteiligen,
und entsprechende Zuschüsse leisten, allerdings hier nicht gleichmäs-
sig wie die OPEC-Staaten sondern nach ihren Fähigkeiten. Amerika
also z.B. oder die SU und China mehr als Österreich. Aber auch diese
Staaten hätten nur 12 Delegierte in dieser Kommission. Die Entwicklungs-
länder wieder sollten, obwohl sie etwas nur bekommen, ebenfalls durch
12 Delegierte vertreten sein. Das Management oder der Board sollen
als unabhängige Fachleute berufen werden und nicht mehr als 5 bis
maximal 7 Direktoren umfassen. Der Sitz könnte Genf sein und auf eine
Zwischenfrage unseres Botschafters sogar Wien. Wenn man sich darauf
einigt. Revolutionär wäre, dass sie unabhängig von den Zuschüssen,
die jeder Staat gibt, jedes Mitglied nur 1 Stimme hat. Die Entwick-
lungsländer, die Geld bekommen haben auch eine Stimme.

Interessant war aber, dass Amusegar darauf hinwies, dass die anderen
arabischen Staaten viel mehr noch Überschuss-Devisen besitzen und diese
daher auch mit einbringen müssten. Saudi-Arabien z.B. erwähnte er
hätte 20,3 Mia Dollar Überschuss und d für Surplus würden 17 Mia
zur Verfügung stehen, wovon maximal 6 Mia investiert werden könnten.
Die anderen 11 Mia Dollar könnte Saudi-Arabien beim besten Willen
gar nicht anlegen. Meine Frage an den Schah, ob die arabischen Staaten
schon zugestimmt haben, meint er, dies wird erst verhandelt, aber
Venezuela hätte bereits seine Zustimmung erklärt. Darüberhinaus gibt
es noch bilaterale Hilfe wie z.B. jetzt 300 Mill. Dollar für
Indien zur Entwicklung und zum Ausbau ihrer Eisen- und Kohlen-
produktion.

Haschek, der beim Finanzminister dann nachdem ich vorher bereits
Ansari über Kreditmodalitäten, die Österreich den österr. joint-venture
Teilnehmern und Exporteuren geben könnte, befragt hatte, versucht
Amusegar auseinanderzusetzen, wie unsere finanzielle Situation aus-
sieht und unsere Exportfinanzierung funktioniert. Wir waren alle sehr
überrascht als auf eine Anfrage von Haschek Amusegar erklärte,
es könnte ohne weiteres mit einem Kredit Irans in der Höhe von


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50 – 100 Mill. $ gerechnet werden. Die 4 Punkte, die er als erfüllende
Bedingungen nannte, l. Staatsgarantie, 2. die Kreditzinsen und Kondi-
tionen zu den internationalen Bedingungen, 3. entweder mit der special
drawing rights oder durch eine Währungsklausel abgesichert und 4.
steuerfrei konnte Haschek sofort erklären, das macht keine Schwierig-
keiten.

Als wir auf dem Flug nach Iran die Probleme mit Haschek diskutierten,
sagte dieser mir unter vier Augen, dass die Exportmöglichkeit erschöpft
ist, er hat keine wie immer geartete Aufstockungsmöglichkeit, wenn
nicht sehr bald im Parlament ein neues Gesetz beschlossen wird.
Wir fürchteten daher wirklich eine Finanzierungslücke zu finden,
die durch Iran jetzt noch verstärkt werden würde. Wir waren daher alle
froh, dass die Iraner von uns nicht irgendwelche Unterstützung verlangte
sondern ganz im Gegenteil eine Finanzhilfe anboten. Allerdings setzt
eine endgültige Weiterverhandlung voraus, dass der Finanzminister
grünes Licht gibt. Haschek, der früher zurückgefahren ist, wurde
von mir ersucht, er möge, wenn der Finanzminister sich ganz entschieden
gegen eine solche Formulierung wendet, mich sofort verständigen, damit
ich diesen Punkt im Protokoll entsprechend abschwäche oder vielleicht
sogar eliminiere. Entscheidend war, dass Wirtschaftsminister Ansari
bei der Schahvorsprache diesen Kredit erwähnte und fragte, ob eine
solche Möglichkeit gegeben ist, worauf der Kaiser erklärte, warum nicht.
Damit ist auch für dieses Projekt, d.h. die Finanzierung grünes Licht
gegeben.

Die Aussprache beim Schah war deshalb für mich überraschend und auch
für die anderen unerklärlich lang, da sie über eine Stunde dauerte.
Dies sprach sich natürlich sofort in allen Kreisen herum und bei
Empfängen wurde ich dann immer wieder gefragt, wie dies möglich sei
und mir erklärt, dass dies allein schon ein ganz grosses Erfolg ist.
Der deutsche Handelsattaché, der sich ausschliesslich mit Ölfragen
beschäftigte explizierte mir z.B. dass die Verhandlungen zwischen
der BRD und Iran nur schleppend weitergehen. Das grosse amerikanische
Ölprojekt, eine Raffinerie mit 25 Mill. t, das grosse japanische Öl-
projekt mit einer Raffinerie von 25 Mill. t plus den weiterverarbeitende
chemischen und pharmazeutischen Produkten mit weiterer l Mia $
Investitionen seien angeblich alle geplatzt. Auch die deutschen Ver-
handlungen zeigen derzeit noch kein positives Ergebnis. Die iranische
Seit erklärt zwar immer wieder, dass sie mit allen Stellen entsprechende


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Abschlussbesprechungen führt, in Wirklichkeit aber soll dies nicht
der Fall sein. Nach Auffassung der anderen westeuropäischen Vertreter
haben wir sehr richtig gehandelt, als wir erklärten, eine Raffinerie
komme nur in Österreich in Frage und dort könnte ein joint venture
auch in der Weiterverarbeitung gemacht werden. Der Schah selbst
wollte natürlich, dass wir uns dezidiert an der Weiterverarbeitung
der zu errichtenden Raffinerien in Tebris beteiligen. Dort sollen
die Rohprodukte dann in eine pharmazeutische und chemische Fabrik
kommen, wo Österreich sich mit seinem Know how und Lizenzen aber
auch mit joint venture beteiligen könnte. Know how und Lizenzen
werden von ihnen gekauft wie die Minister mit dezidiert erklärten.
Nur bei joint venture müsste Österreich sich eben auch kapitalmässig
beteiligen. Die Hauptschwierigkeiten besteht aber darin, dass
Firmen, es war z.B. Turnauer mit dem grossen Aluminium-Folien
Projekt Teicht anwesend, äusserst schwierig, die Partner finden, mit
denen sie das joint venture machen sollen. Es gibt Perser, die
erklären, sie haben Lizenzen oder werden welche bekommen und dann
stellt sich heraus, dass ganz andere auf irgendwelchen uns unerklär-
lichen Wegen zu solchen Lizenzen kommen. Letzten Endes entscheidet
alles der Schah direkt und er vergibt auch dann die Lizenzen an
bestimmte Gruppen. Öl und Gas, Stahl, Eisenbahnen und Elektrizitäts-
wirtschaft ist verstaatlicht oder wie es dort heisst, öffentlicher
Sektor. Das Elektrizitätsministerium möchte jetzt sogar sich eine
eigene Zementfabrik machen, da sieh einen grossen Bedarf für
ihre Dammbauten haben. Auf dem privaten Sektor muss man eine Bank
finden, die dann den iranischen Geschäftspartner und den österr.
zusammenbringt und die Lizenz letzten Endes auch wahrscheinlich
über den Hof oder ein Ministerium erhält und vergibt. Turnauer
z.B. hat durch Monate hindurch mit einem Perser verhandelt, der ihm
sehr seriös erschien über dessen Sohn er aber äusserst unglücklich
war, er bezeichnet ihn als schizophren, diese Firma hat aber letzten
Endes nicht die Lizenz bekommen sondern ein dem Hof nahestehende.
In Persien sind diese Auseinandersetzungen Gang und gäbe. In
Österreich natürlich diese Methode vollkommen unverständlich. Auf-
gabe wird es nun sein, die österreichischen Firmen insbesondere
mit den Grossprojekten mit den richtigen Leuten zusammenzubringen, ohne
dass sich irgendwelche Stellen oder Firmen zwischenschalten, die
gar keine tatsächliche Leistung erbringen. Geist erzählte mir,
dass es bei Rheinstahl so war, dass oft Leute gekommen sind und Pro-
visionen verlangten, bevor sie hier überhaupt noch etwas getan haben.



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Geist warnt deshalb vor allen solchen Vorleistungen, die vollkommen
sinnlos sind. Auf der anderen Seite aber wünscht auch der Botschafter
Namdar, den Geist aus der vorhergehenden Zeit sehr genau kennt,
dass alle die Geschäfte und Projekte über ihn abgewickelt werden.
Er selbst würde sich dann entsprechend einschalten, die entspre-
chenden Verbindungen zu den Firmen legen und damit die ganzen Projekte
positiv beeinflussen ja sogar vielleicht erst ermöglichen. Dies wäre
nach westeuropäischen Begriffen auch tatsächlich die Aufgabe des
Botschafters, der hier als Vermittler zwischen seinem Land und
dem Land, wo er akkredidiert ist, herstellt. Trotzdem kann dies
in Persien anders sein, weil vielleicht doch auch Geschäftsinter-
essen mehr mitspielen als in Westeuropa.

Ich wurde vom österr. Fernsehen Swietly aber auch von Fritz, Neue Zeit,
öfters gefragt, was ich von den Verhandlungen halte und ob ich
mit dem Ergebnis zufrieden bin. Ich erklärte rundheraus und das gilt
auch für diese Aufzeichnung, dass man im Detail erst abwarten muss,
was sich aus den einzelnen Projekten ergibt. Scheinbar haben wir jetzt
einen grossen Erfolg erzielt, weil der Schah über eine Stunde mit
mir verhandelte, weil sich etliche Minister mit mir zusammensetzten
und konkrete Projekte besprachen, weil letzten Endes auch die Handels-
kammer und ganz besonders Igler seine Wünsche durchsetzen konnte und
weil und dies erschien mir als das Positivste Geist wirklich imstande
war, mit seinen beiden Bekannten Dr. Wadi und Riad und insbesondere
General Tufani vom Arsenal einige konkrete Projekte einzuleiten.
Beim Raffineriekomplex ist es immerhin geglückt nicht eine direkte
Ablehnung zu erhalten, obwohl nach wie vor noch grosser Vorbehalt
am Platze ist. Wir werden sehen, was aus den einzelnen Anregungen für
konkrete Geschäfte herauskommen werden. Sicher ist eines, dass Igler
versuchte, seine besonderen Freunde und insbesondere natürlich auch
seine Bankverbindung zu nützen, um Geschäfte zu entrieren. Für manche
erschien dies äusserst fragwürdig. Mich selbst störte es nicht, Mehr
denn je bin ich überzeugt, dass eben, wenn Funktionäre der Kammern,
aber auch des Industriellenverbandes unmittelbar spezifische Inter-
essen vertreten oder aus politischen Gründen oder finanzieller
Natur irgendwelche besonderen Projekte fördern, dass sie dann in ein
furchtbares Dilemma kommen, wenn sie dies selbst nicht bemerken,
so bemerkt dies zumindestens die Umgebung und macht auch kein gutes
Bild des Betreffenden. Trotzdem muss ich zugeben, dass Igler natürlich


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äusserst geschäftstüchtig und sehr geschickt auch sonst agiert.

Eine Abwechslung war, dass wir nach Shiras fliegen konnten und dort
von einem Professor der Pathologie auf der Universität, einem Öster-
reicher, in Persepolis geführt wurden. Dieser Mann, Prof. Dutz, wie sich
dann herausstellte auch ein Genosse, hat nicht nur phantastische Detail-
kenntnisse von Persepolis gehabt sondern durch seinen 14-jährigen Auf-
enthalt in Iran auch entsprechende persische Kenntnisse. Typisch
war, als Jonas beabsichtigte zur 2.500-Jahr-Feier nach Iran zu reisen,
man nicht diesen Professor die Möglichkeit gegeben hätte, Jonas wirklich
zu führen und zu informieren. Sondern sich dann die Gschaftlhuber an
ihn herangemacht hätten. Österreichisches Schicksal !

Die Gewerbeschule in Teheran, die ich besichtigte, machte auf
mich einen sehr guten Eindruck, obwohl die 4 österreichischen Lehrer
mir übereinstimmend erklärten, dass die Hauptschwierigkeit darin be-
steht, die persischen Gruppenleiter, das sind in Österreich ausgebildete
Perser, die ungefähr 7 – 10 Lehrlinge unter sich haben, einigermassen
zu befriedigen. Sie waren in Österreich, haben hier anderen Umstände
und Zustände gelernt und sind natürlich jetzt mit ihrer jetzigen Tätig-
keit nicht sehr einverstanden. Auf alle Fälle ist es aber für mich
ein weiterer Beweis, dass es falsch ist, die Lehrlinge zur Ausbildung
nach Österreich zu bringen, wie dies zeitweise beabsichtigt war. Es
gibt in Wirklichkeit wahrscheinlich nichts anderes als eben die Schulen
in den Entwicklungsländern zu errichten und dort zu betreiben. Allerdings
wird Persien jetzt sehr bald mit seinen entsprechenden Divisen- und
Zahlungsbilanzüberschüssen zu einem Entwicklungsland par excellence
werden wo nämlich in Wirklichkeit die Industriestaaten
sich anstellen, um dort ihre Geschäfte machen zu können.
Die iranische Regierung aber insbesondere natürlich der Schah, schützen
die iranischen Unternehmer weitestgehend. Mit Hilfe von Lizenzen und
sonstigen protektionistischen Massnahmen sind sie imstande, die
Industrienationen zu dem zu zwingen, was eigentlich diese wahrscheinlich
gar nicht wollen. Z.B. hatte ich Gelegentlich die Iran National
zu besuchen. Diese Firma stellt Personenautos aber auch Autobusse her.
Bis jetzt haben sie ein Lizenzverfahren von Chrysler gehabt. Dieses
Lizenzverfahren wird nun stärker ausgebaut und in kürzester Zeit,
wenn die Perser so weit sind, werden sie wahrscheinlich die anderen
Firmen, die ebenfalls in Lizenz Autos herstellen, und joint venture


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betreiben, aus dem persischen Markt systematisch verdrängen. Das
persische System ermöglicht es z.B. dass die beiden Brüder, die
Inhaber dieser Firma sind, aber als ganz kleine Mechaniker begonnen
haben und jetzt 150 Mill. $ investiert haben. Die Löhne werden vom
Staat geregelt, der ungelernte Arbeiter erhält 200 Rial, der Facharbei-
ter 700 Rial pro Tag, die Preise, angeblich vom Staat festgesetzt
aber nicht genau eingehalten und vor allem wie sich bei der Autofabrik
feststellen liess, haben sie garantierten Profit. Igler bezeichnete
dieses System als sehr richtig als Frühkapitalismus-Phase mit
entsprechender Einflussnahme der Höflinge und des Hofes so wie dies
auch im alten Österreich-Ungarn der Fall war. Wohin dies politisch
führt, weiss ich nicht.

Tätigkeit: ORF-Wirtschaftsjournalist


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    Tätigkeit: iran. Botschafter


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      Tätigkeit: GD ÖMV


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        Tätigkeit: GD Kontrollbank
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          Tätigkeit: Straßburg


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            Tätigkeit: Büro des Bundesministers (Sekretärin)


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              Tätigkeit: Bundespräsident bis 1974


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                Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


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                      Tätigkeit: AK, ÖIAG
                      GND ID: 128336552


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                        Tätigkeit: Industrieller


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                            Tätigkeit: IV, GD Wr. Schwachstromwerke (WSW)


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