Dienstag, den 2. April 1974
Gen.Dir. Luczensky von der DDSG möchte das mit den Tschechen
eine Vereinbarung zustande kommt so ähnlich wie mit den anderen
Oststaaten. Die DDSG mit der tschechischen Reederei das
Frachtabkommen teilt. Er stelle sich vor, daß von Bratislava
bis Linz die Kohle für die Voest halbe halbe transportiert
werden kann. Da wir momentan keine Verhandlungen mit den
Tschechen führen, wird MR Meisl versuchen, Besprechungen
mit den tschechischen Stellen eine gewisse Unterstützung
in diesem Verlangen zu gewähren. Ing. Bittner der Handels-
delegierte hat ihmden Typ gegeben, man sollte jetzt bereits
für die nächsten Verhandlungen entsprechende Vorarbeiten
zu leisten. Die DDSG ist in einer schwierigen Situation.
Erst wenn der Rhein-Main-Donau-Kanal fertig seind wird,wird
der Westverkehr stärker sein. Derzeit beträgt er 20%. Im
Ostverkehr dagegen diktieren die Ostreedereien die Fracht-
rate. Selbst die Dieselpreiserhöhung kann er nicht in
Frachterhöhungen unterbringen. Das einzige was ihnen ver-
bleibt ist eine geringe Möglichkeit auf österreichischer
Strecke mit Österreichischen Firmen wie z.B. die Voest
gewisse Dienstleistungen zu erhöhen. Besonders die Rumänen
sind derzeit die grössten Frachtdrücker. Diese Ostreedereien
haben Überkapazitäten und wollen daher unter allen Umständen
ihre Schiffe entsprechend ausgelastet. Personenverkehr
könnte nur dann zu einem befriedigenden Ergebnis führen, wenn
die DDSG neue Schiffe, die rationelle geführt werdem müssten.
erhält. Angeblich Frühbauer, als er mit den Landeshauptleuten
von NÖ, Wien und vor allem auch OÖ voriges Jahr zwei Fracht-
schiffe versprochen hat mit Androsch gesprochen und diesbe-
zügliche Zusagen gehabt. Jetzt will Androsch dass Geld
derzeit nicht vorstrecken. Die Schiffswerft Korneuburg die
auf diesen Antrag angewiesen ist, hat überdies jetzt auch
wesentlich höhere Preise verlangt. Luczensky hat mir aber
nicht gesagt wie ich dann durch einen Zufall von Dir. Peterseil
von der Korneuburger Werft erfuhr, dass man seinerzeit von
einem Schiff ähnlich der "Austria" gesprochen hat, jetzt aber
ein ganz anderes Schiff mit Kabinen usw. wünscht. Die Austria
hat 36 Mill. gekostet mit der Verteuerung wäre sie heute um
S 40 Mill. ca. herzustellen.
Die geänderte Schiffstype aber welche eben für die
Besatzung Kabinen vorsieht und viele andere Extras kostet
60 Mill. Luczensky ist heute noch Konsulent der Arbeiter-
kammer weil sich niemand findet, der diese Arbeit leisten
könnte. Ich glaube, das Hauptproblem ist dass man doch viel
zu wenig für den Nachwuchs getan hat. Soweit ich mich in
meiner Aera noch bemüht habe Studenten für den Nachwuchs zu
gewinnen, sind diese heute in wesentlich bessere Positionen
aufgerückt. Einer ist bei der Int. Transportarbeitergewerkschaft
und der zweite Sekretär vom zukünftigen Landeshauptmann Wagner
in Kärnten. Überall dasselbe Problem. Tüchtige Leute finden
sofort leitende Positionen und zumindest als Aufstiegsposition
undverlassen natürlich die Arbeiterkammer. Luczensky bekommt
heute mindestens das dreifache seines Arbeiterkammergehaltes.
Verständlich das er natürlich dise Position angenommen hat.
Abgesehen davon müsste man aber sich auch mehr oder minder
darauf einstellen, dass natürlich in der jetzigen Phase ent-
sprechende Besetzungen in anderen Positionen erfolgen, die
wir, wäre das Wahlergebnis 1970/71 nicht so günstig ausgegangen,
wahrscheinlich niemals erreicht hätten.
im Ministerrat berichtete Häuser mündlich über seine Zusatz-
abkommensverhandlungen mit der BRD. Deutschsprachige Staaten
wie Deutschland, Schweiz und Österreich werden ein multilaterales
Abkommen versuchen. Das Gastarbeiterproblem Österreicher in
der Bundesrepublik soll ebenfalls übersichtlicher gestaltet
werden. Da die Salzburger Handelskammer bei meinem Besuch
seinerzeit schon erklärt hat, dass die Abwanderung für sie
ein Problem darstellt wenn sich die Konjunktur in Deutschland
ein bischen erholt, werden sofort wieder Nachfrage und Wünsche
für österreichische Arbeiter in Bayern aktuell kommt der
Raumordnungskonferenz in Passau einige Bedeutung zu. Aller-
dings wird dies hautptsächlich optisch sein. Kreisky will
deshalb, er hat es zwar nicht im Ministerrat besprochen,
aber vorher Veselsky klar und deutlich zu erkennen gegeben,
an dieser Tagung trotzdem nicht teilzunehmen. Der Minister
in der Bundesrepublik nämlich der ehemalige Bürgermeister
Vogel der für diese Fragen kompetent ist, möchte andererseits
scheinbar auch nicht kommen, weil er erklärt hat, er käme nur,
wenn Kreisky erscheint. Wahrscheinlich wird diese gemischte
Kommission dann doch unter Vorsitz von Veselsky stattfinden
können, weil ich nicht annehme, dass wenn Kreisky nicht
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fährt, Androsch nach Passau kommt. Ich selbst habe mich –
gleich von allen Anfgang entschuldigt, weil dieser Termin
für mich vollkommen unmöglich ist. Meiner Meinung nach
ist dieses ganze Problem wirklich mehr eine Angelegenheit von
Beamten und sollte auch von diesen betrieben werden.
Die Bundesrepublik kann sich ja zu keinerlei Massnahmen verpflichtend
erklären, weil die Bayern dann auf alle Fälle ihre eigenen Mass-
nahmen für Arbeitskräfte die sie brauchen setzen. Über den Umweg,
dass Bonn dann keine entsprechende Unterstützung für diese
Regionalgebiete gibt, würde viel zu langwierig erst eine Rück-
wirkung für die österr. Arbeitskräfte spürbar werden, wenn
nicht überhaupt, was ich befürchte, die Bayern stark genug
sind alles durchzusetzen oder gegebenenfalls in eigener
budgetärer Hoheit entsprechend Unterstützung neu zu gründenden
oder gefährdeten Unternehmungen zu gewähren. Die Integration
bedingt eben auch eine weitest gehendere Verflechtung der
Arbeitskräfte. Ob dies den österr. Unternehmungen paßt oder
nicht, dass habe ich ihnen zeitgerecht angekündigt. Bestätigt
habe ich diese Meinung wieder bekommen, als ein grosses
deutsches Textil- u. Bekleidungsunternehmen, nämlich Glöckner,
am Abend im Imperial zuerst eine Modeschau machte und an-
schliessend daran einen Empfang gab. Als ich meine Frau
dort abholte, kam ich mit der Geschäftsleitung dieses 25.000
Beschäftigen Komplexes ins Gespräch. Die errichten hier eine
Niederlassung weil sie 12. Millionen DM nach Österreich
exportieren können und wollen heuer auf 16 Millionen DM
kommen. Die Bekleidungsindustrie hat es in Deutschland
sehr schwer. Der Umsatz von 250 Millionen DM ist mit 40 Mill.
DM Kosten belastet und man fürchtet, dass der Konsument
doch nicht bereit ist so hohe Preise die sich daraus er-
geben würden, zu bezahlen. Deshalb hat es in der Bundes-
republik auch einen schlechten Start für die heurige Saison
gegeben. Die Reaktion darauf ist, dass man sofort expandieren
will u.zw, im Ausland.
Beim Pressefrühstück fragte mich ein einziger Journalist
was nun eigentlich auf dem Preissektor geschieht, nachdem
Androsch ein Preisregelungsgesetz angekündigt hat. Ich redete
mich aus und meinte, dies müsste erst bei uns genau studiert
werden. Die Vertreterin der Vorarlberger Zeitung wollte unbe-
dingt wissen, was mit der Pickerlverordnung geschieht. Ich
habe ihr mitgeteilt, dass wir eben jetzt die als Treibstoff-
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sicherungsgesetz wegen einer Verlängerung die Begutachtung
schicken. Nagiller vom Fernsehen kam auf mich zu wie die
Deutschen so schön sagen und wollte sich entschuldigen, dass
es scheinbar ein Missverständnis über die letzten Aufzeichnungen
wegen des Milchstreikes gegeben hat. Er stlbst meinte, er hätte
keinerlei Vorbereitungen treffen können, sei der Materie fremd
gegenüber gestanden und hätte deshalb erst durch seine Fragen
sich ein Bild verschaffen müssen. Ich empfahl ihm, das nächste
Mal nicht doch so überraschend mit mir ein Interview machen
zu wollen, sondern eben entsprechend mehr Zeit einzuplanen,
dann werde ich ihm jede Information vorher geben, damit er
die Materie besser kennenlernt. Glaube, dass aus meiner Inter-
vention bei Kreuzer und Zilk nicht ein Stachel bei Nagiller
übergeblieben ist. Er hat selbst das Gefühl gehabt, dass er
hier nicht ganz fair gehandelt hat. Entschuldigt hat er sich
allerdings damit, dass er eben die Materie nicht beherrsche.
Beim Mittagessen mit Minister Tunesiens Ayari, war interessanter
Weise auch der Nuntius Rossi geladen. Da ich neben ihm zu
sitzen kam, kamen wir über die China- u. Russlandreise zu
sprechen. Mein Hinweis, dass ich Russland immerhin feststellen
konnte dass einige Kirchen, wie die Russen sagen roboti, während ich
in China überhaupt keinerlei religiösen Aktivitäten bememerkte,
quittierte Rossi dass aber auch in Russland nur orthodoxe, d.h.
nationale Kirchen zugelassen sind. Sie haben keinerlei Kontakt
zu dieser Kirche und können daher auch nicht beurteilen, ob
und wieweit eine Glaubensfreiheit herrscht. Natürlich kann
man aus einer solchen Bemerkung keinerlei Schlüsse ziehen
auf die Politik des Vatikans oder gar der Vertreter des
Vatikans ableiten. Eines ist nur interessant, dass Kardinal
König hier viel positiver den Ostkirchen gegenübersteht als
die offizielle Vatikanvertretung. Thalberg erzählte allerdings
er hätte katholischen Messen in Peking miterlebt, ich glaube
dies hat sich aber sicherlich nur auf die ausländischen Delegationen
respektive Botschaften bezogen. Bei dieser Gelegenheit erwähnte
Thalberg die einmalige Leistung Bukowskis in so kurzer Zeit
chinesisch zu lernen und dort eben Ansprachen in dieser Sprache
zu halten, Thalberg beneidet mich um Bukowski, glaube aber
auch die Stellung die dieser jetzt bei uns im Ministerium hat.
ÖGB berichtete Häuser, nachdem Kreisky nicht erschienen ist,
wahrscheinlich hat er keine Möglichkeit gehabt, denn er kommt
zu jeder Fraktion über die politische Lage. Insbesondere kam er
neben dem Lohnforderungsgesetz was für die Gewerkschaften von
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von Bedeutung ist und jetzt eingebracht wurde auf die Wahlen in Salzburg
zu sprechen. Daraus entwickelte sich eine lebhafte Diskussion insbes.über
die Preisentwicklung. Obwohl Benya angekündigt hatte dass ich
über dieses Problem reden werde hat sich die Diskussion vorher
schon natürlich hauptsächlich auf dieses Problem konzentriert.
Kienzl meinte dass die Meinungsumfragen für ihm klar und deutlich
ergeben wenn Preissteigerungen sind wir 3% der Stimmen ver-
lieren. Allerdings konnte auch er keinerlei konstruktiven Vor-
schlag machen. Er meinte nur wir müssten neue Abkommen finden
denn im seinerzeitigen Stabilisierungsabkommen im Jahre 1973
hätte sich sofort wieder eine entsprechende Besserung der Stimmung
der Bevölkerung für die Regierung ergeben. Es kommt seiner
Meinung nach weniger auf den Erfolg an als wie dass das Volk
die Meinung hat es wird jetzt regiert. Wille dagegen wies
darauf hin dass gegen die weltweite Inflation man nicht mit Ver-
sprechungen Luftblasen aufsteigen lassen sollte, die dann letzten
Endes platzen weil man eben dagegen nichts unternehmen könne.
Ich verwies,dann in meinem Referat dass uns die Wissenschaftler
und Theoretiker im Stich lassen und dass in den Ländern, wo man
Preisstops verfügt hat auch keinen besseren Erfolg in Gegenteil
einen schlechteren erzielte als in Österreich. Robert Weisz hat recht
wenn er überall frägt und dann aber kritisiert dass die jungen
Leute nur immer Ezzes hätten aber in Wirklichkeit au ch keinerlei
Vorschläge machen können. Er meinte dann aber doch es müsste
jetzt ein Preisregelungsgesetz in der härtesten Formulierung
geschaffen werden. Damit müsse man im Parlament die ÖVP konfrontieren.
Wenn sie es ablehnt dann müsse man dies propagandistisch gross
nützen. Ich machte Benya und Robert Weisz anschliessend darauf
aufmerksam dass unter diesen Umständen man wenn der Gesetzentwurf
z.B. im Mai zur Diskussion stehen soll man nur mit Hilfe eines
Initiativantrages der SPÖ vorgehen könne. Wenn ich einen solchen
Gesetzentwurf erst verhandle und in die Begutachtung schicke
usw dann dauert es viel länger als die Bevölkerung über die
erhöhten Preise insbesondere im Mai empört sein wird. Auch
Koren hat Weisz unter vier Augen erklärt er hat jetzt grosse
Angst wegen dieser Entwicklung und nach Meinung Weisz ist die
ÖVP eventuell bereit gewisse Zugeständnisse zu machen.
ANMERKUNG FÜR KOPPE und WAIS: müssten wir jetzt tatsächlich
endlich von Singer und unseren Genossen eine Formulierung von ALLEN
Wünschen der letzten 20 Jahre zum Preisregelungsgesetz kompilieren
lassen. Darüber hinaus müsste man dann noch wahrscheinlich in
Kombination mit der Abschöpfung durch den Finanzminister oder
Steuerbestrafungen ein extrem hartes Gesetz formulieren.
Unserer Bezirksausschußsitzung kam es weniger nach meinen Bericht
zu einer heftigen Debatte als nach dem Heindl in seinem Bericht
über den Wiener Ausschuss das Problem der Jungen Generation
Chile-Komitee erörtert hatte. Unsere jungen Genossen aber nicht
nur die sind empört dass man ohne die Vertreter der Jungen Genera-
tion zu hören oder ihnen auch nur eine Chance zu geben ihre
Meinung kundzutun bereits vermarscht in der Öffentlichkeit
das Vorgehen nicht nur hart, kritisiert sondern als partei-
schädigend hingestellt hat. Weisbier der Wiener Stellvertreter
der Jungen Generation hat mir gesagt dass seinerzeit auf Wunsch
von Kreisky man in der karitativen Unterstützung von Vietnam
aber auch von Chile mit den anderen zusammen arbeitet. Sie hätten
ohnea weiteres auch in der Vergangenheit stets mit der katholischen
Aktion gemeinsam dieses Problem gelöst ohne eigentlich auf die
Mitarbeit der linken Gruppen interessiert und angewiesen zu sein.
Zu ihrer grössten Verwunderung seien sie damals fast dazu gezwungen
worden. Jetzt macht man ihnen aus diesem Verhalten einen Vorwurf.
Hindels versuchte hier beruhigend einzuwirken indem er erklärte
er teile die Meinung der Genossen der Jungen Generation aber der
Wiener Ausschuss und der Vorstand hätte da keine andere Möglichkeit
gehabt als wie die Wiener Junge Generation zu decken aber gleich-
zeitig denn Fall nicht hochzuspielen sondern runter zu spielen.
Nichts könnte uns mehr schaden da hat er vollkommen recht
als jetzt über dieses Problem eine Diskussion der Öffentlichkeit.
Andererseits sehe ich darin eine grosse Gefahr dasswenn die
Partei und insbesondere Marsch nicht zeitgerecht erkennt
und sich dann auch entsprechend verhält die jungen Leute vor dem
Kopf stoßt und dann hier in Österreich auch Juso-Ansätze wirklich
bekommen. Das Mißbehagen in der Partei durch die Serie von Wahl-
niederlagen bei den Landtagswahlen und ich muss auch zugestehen
teilweise in Tirol macht sich eben in einer Spannung bemerkbar
die führenden Genossen werden nervös und die Arbeiter und Funktio-
näre die die Arbeit in Wirklichkeit leisten sind auch nicht mehr
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bereit alles hinzunehmen und einzustecken. Hier muss man zeit-
gerecht nicht nur Dampf ablassen sondern ich glaube auch
primär mit den Leuten mehr diskutieren und ihnen mehr Gelegenheit
geben ihre Auffassung darzulegen. Nichts wäre in der jetzigen
Situation gefährlicher als einen innerparteilichen Streit über
irgend ein Problem zu haben. Das Ergebnis würde vom Gegner
sofort entsprechend hochgespielt und es kann noch so unbedeutend
sein, in der Öffentlichkeit einen entsprechenden Widerhall finden.
Aus diesem Grund habe ich auch als [Fehlstelle] kam ob in
Salzburg jetzt personelle Konsequenzen gezogen werden darauf hinge-
wiesen, dass dies eine reine Salzburger Angelegenheit ist. Bundes-
stellen sollen und können sich so wenig wie möglich einschalten.
Wahrscheinlich um nicht sogar zu sagen mit Sicherheit war aber
auch in Salzburg die Spannung zwischen der Partei und der Ge-
werkschaft hier in dem Fall insbesonders zwischen Steinocher und
Arbeiterkammerpräsident Brunauer mit ein Grund dass die Wahlen
nicht so gelaufen sind als wir es uns alle erwünscht hätten.
Tagesprogramm, 2.4.1974
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 112. Ministerratssitzung, 2.4.1974
20_0410_02hs. Notizen (TO Ministerratssitzung Rückseite)