Freitag, der 26. April 1974

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Freitag, 26. April 1974

So sehr ich gegen das Protokoll bin, aber bei einem solchen
Ereignis wie das Ableben des Bundespräsidenten ist es glaube
ich unumgänglich. Eine einzige Schwierigkeit ist, dass wir
drei Protokolle haben, Präsidentschaftskanzlei, Bundeskanzler
und Aussenministerium, was gewisse Komplikationen mit sich bringt.
Die einfachste Lösung wäre aber wahrscheinlich kaum zu machen,
ein einziges Protokoll über alle Bundesstellen, damit es nicht
nur keine Überschneidungen gibt sondern wahrscheinlich das
zentral besser erledigt werden kann, als wenn jeder Minister
oder gar vielleicht die Spitzenprotokolle – Präsidentschaftskanzlei
Bundeskanzleramt und Aussenminister – keine Gelegenheit haben,
miteinander Probleme abzustimmen. Im Grund genommen aber besonders
für den Aussenstehenden funktionierte es aber verhältnismässig
wirklich phantastisch. Das einzige Problem, man wüsste zwar
nicht wann die nächste Veranstaltung ist wie man sich und wo man
sich einzufinden hat, doch im Prinzip hat sich das dann herumgere-
det und es klappte eigentlich ganz vorzüglich.

Auf dem Flug nach Graz hat die Maschine vorher aus Salzburg
Toni Sailer abgeholt und ich nützte die Gelegenheit, um mit
ihm seine Anwesenheit in Tokio bei Eröffnung unserer Zweigstelle
der ÖFVW zu besprochen. Sailer war damit einverstanden und hatte
nur den Wunsch, den Termin mit ihm abzustimmen.

ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mich bei der nächsten Direktoriums-
sitzung daran erinnern.

Die Fa. Carlo Gruber hat zur Überreichung der Auszeichnung die
gesamte österr. Skimeisterschaftsmannschaft und die drei Welt-
meister, Pröll, Zwilling und Klammer aufgeboten. Diesen überreichte
er noch einen neuen Pullover mit einer V-Form in Gold und bei
Pröll für jeden Cupsieg einen Goldring am linken Ärmel. Die Firma
scheut also keine Kosten, obwohl es ihr finanzielle denkbar schlecht
geht, wie ich im Detail auch von den steirischen Stellen erfuhr.
Am erschüttertsten war ich als ich erfuhr, dass diese Firma bis
jetzt nicht einmal noch einen Betriebsrat hat. Erst jetzt, wo er
unbedingt die Unterstützung der Arbeiterkammer und des Gewerkschafts-
bundes braucht, hat er in einem Gespräch mit Präs. Schwarz, wo


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ich zufällig anwesend war, erklärt, das wird alles jetzt in Ord-
nung gebracht. Ich habe ihm keinerlei Zusicherungen gemacht. er
erhofft vom Sozialministerium als Übergangsmassnahme eine Unterstützung
von der Arbeitsmarktförderung. Der steirische, auch uns gut bekannte,
weil er im Ministerium mitgearbeitet hat, Arbeitsamtvertreter Ebner
hat mir angedeutet, dass diesbezügliche Massnahmen eingeleitet sind.

ANMERKUNG FÜR GEHART: Bitte mit Sozialministerium besprechen.

Die Aussprache und Besichtigung mit der Firma List war für mich sehr
interessant. Zu meiner grössten Verwunderung habe ich festgestellt,
dass es sich dort um eine gigantische Anstalt handelt. Es sind immer-
hin 500 Beschäftigte Ausser der Weiterentwicklung von Verbrennungs-
motoren hat sich jetzt die Anstalt auf die Produktion von Prüfgeräten
spezialisiert. Über die Hälfte beträgt heute bereits der Umsatz.
auf diesem Sektor. Da es hier natürlich international eine sehr harte
Konkurrenz gibt, kommt nur eine Spezialisierung auf gewisse Prüf-
geräte und dort eine exakte Ausführung in Frage. Weder Prof. List,
noch sein Sohn, der jetzt schön langsam in die kommerzielle Ge-
schäftsführung hineinwächst haben unmittelbar mich wegen einer Subven-
tion oder eine Unterstützung angegangen. Allgemein bemerkten sie aller-
dings, dass sie ohne entsprechende Hilfe durch den Forschungsförderungs-
fonds keine Chance hätten, zu überleben. Der finanzielle Direktor meint
dass jetzt zwar den grossen Auftrag von der SU nämlich die Dieselprüf-
geräte für Kammer zu liefern finanzieren können, dass sie aber einen
Auftrag, den sie eventuell von Opel bekommen könnten, nicht annehmen
können, obwohl die kapazitätsmässig in der Lage wären, weil die finan-
zielle Möglichkeit für sie erschöpft ist und auch ihre Bankverbin-
dungen nicht ausreichen.

Bei der Eröffnung des Stahlhandelszentrums Greinitz, eine Tochterhandels-
gesellschaft VÖEST-Alpine, haben ausser dem Präsidenten Roth , der Direktor
der Gesellschaft, ein Betriebsratsobmann, Gen.Dir. Koller von der
VÖEST , Bürgermeister Götz und Landeshauptmann Niederl gesprochen.
Als siebenter Festredner hätte mir ein Manuskript sowieso nichts genützt,
abgesehen davon, dass ich ohnedies keines hatte. Zum Glück aber habe ich
aus den Reden der Vorredner einige gute Anhaltspunkte bekommen. Am
dankbarsten war ich Götz, der meinte, als die Firma gegründet wurde vor
mehr als einem Jahrhundert, hatte man noch für Handel, Gewerbe und
Industrie Verständnis, jetzt wird die Wirtschaft aber weniger unter-


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stützt und alles richtet sich nur auf die Sozialpolitik, die
Wohnbauten besonders. Leicht konnte ich ihm auseinandersetzen, dass
über 30 % die Investitionsrat beträgt, damit Österreich an der Spitze
liegt und wir eben auch die soziale Seite insbesondere Wohnbau nicht
vernachlässigen dürfen, um ein modernes Österreich zu bauen. Der Applaus
der Arbeiter und Angestellten und vieler, die natürlich mit Götz'
Bürgermeisterei nicht einverstanden sind, war mir natürlich sicher.
Götz hatte nachher allerdings zu mir gesagt, das sei wie ein spezifi-
scher Grazer Problem, denn dort hätte man erst nach seinem Amtsantritt
sich für die Industrialisierung Graz' wieder mehr eingesetzt.
Bei der Messeeröffnung hat Götz dann für ein Jahr Tätigkeit Rückblick
gehalten und unter anderem auch herausgestrichen, dass jetzt endlich
ein Industriepark gegründet wird.
Anschliessend an die Eröffnung besichtigte ich den Betrieb und
musste zu meiner Überraschung feststellen, daß es sich nicht um ein
Stahlhandelszentrum handelt sondern um richtiggehende Eisenhandlung
mit 70.000 Artikeln bis zum Autoreifen, Haushaltsgeräten aus Plastik
usw. Mit dem Dir. Mattersdorfer unterhielt ich mich natürlich über
das Problem der Handelsspanne. Er erklärte mir freimütig, daß natürlich
der gesamte Eisenhandel noch mit Handelsspannen arbeitet und daher
die Argumentation der ÖVP jetzt also von Schöbichler und Mitterer
dass hier die Kalkulationen eine Rolle spielen, lächerlich ist.
Die Firmen erstellen Bruttopreise und geben darauf entsprechende
Rabatte. In nächster Zeit ist jetzt eine grössere Erhöhung auf dem
gesamten Stahlsektor im Zuge der Angleichung an die Exportpreise
durch EGKS begründet zu erwarten. Bei dieser Gelegenheit meint er,
könnten wir versuchen die Handelsspannen zu reduzieren, indem man
die Bruttopreise entweder unverändert lässt oder nur geringfügig
erhöht. Die Begründung wäre, daß von den ca. 700 Grosshändlern
wo in Wirklichkeit nurmehr ein oder zwei Dutzend eine wirkliche
Funktion erfüllen dann die anderen automatisch ausgeschaltet
wären oder werden. Wahrscheinlich sollten wir tatsächlich jede
einzelne Sparte, Eisenwaren, Elektrogeräte, Haushaltswaren, Textilien,
Schuhe, usw. durch unverbindliche Informationsgespräche einmal
erkunden welche Möglichkeiten es für Senkung überhöhter Handels-
spannen und Reorganisation der Handelsstruktur möglich ist.
Anmerkung für Dr. WAIS: Bitte mit Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund
eine solche Analyse einleiten und insbesondere
extreme Beispiele sammeln.



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Die gut besuchte Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft für
Gemeinwirtschaft im Steirerhof eine interessante Diskussion
mit zehn Diskussionsredner gegeben aber ansonsten im Grunde
genommen nichts gebracht.Der einzige Vorteil glaube ich war
dass dort nicht nur lauter Sozialisten anwesend waren.
Spät abends bin ich dann noch zum Festessen der Greinitz AG
Direktor Mattersdorfer hat ihn ersucht, ich sollte auch dann
wenn es längst vorüber ist noch vorüber kommen, nützte ich
die Gelegenheit, um den Voest-Alpine-Leuten Koller war schon
nach Linz zurückgefahren auseinander zu setzen, daß sich mit
der letzten Tranche 12 Millionen Bergbauförderung für die
GKB die 50 Millionen fast ausgeschöpft habe. Sie müssen jetzt
damit rechnen, für die nächsten Wochen und Monate übergangsmässig
eine finanzielle Lösung zu finden, bis Sterk
mir neue finanzielle Möglichkeiten eröffnet.

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Tagesprogramm, 26.4.1974


GND ID: 1017902909


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    Tätigkeit: MR HM


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      Tätigkeit: Handelsminister, ÖVP, Präs. HK Wien


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        Tätigkeit: Büro des Bundesministers (Sekretärin)


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          Tätigkeit: steir. LH, ÖVP


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              Tätigkeit: AK-Präs. Stmk.
              GND ID: 1017938318


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                Tätigkeit: GD VÖEST


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                    Tätigkeit: Obmann Sektion Handel BHK


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