Dienstag, der 11. Juni 1974

21-0722

Dienstag, 11. Juni 1974

In der Gewerkschaft der Lebensmittelarbeiter unterhalte ich mich
stundenlang mit den Kollegen der Tabakfabrik Ottakring, Dort hat der
Bruder des christlichen Obmannstellvertreters 10 Zigaretten im
Arbeitsgewand gehabt, als er die Fabrik kurzzeitig verliess, worauf
die Direktion die Entlassung ausgesprochen hat. Alle Versuche
der Kollegenschaft, dies auf gütlichem Wege zu regeln, amn Obmann-
stellvertreter, der ebenfalls in der Tabakfabrik beschäftigt ist,
hat sich auf Empfehlung seine Parteifreundes Gen.Dir. Musils
herausgehalten, waren erfolglos, ausser dass eine Einspruchsfrist
versäumt wurde. Ich habe nach Rücksprache mit unseren Freunden
empfohlen, wenn man wünscht, dass ich mich einschalten werde,
eine Umwandlung der Entlassung in eine einvernehmliche Dienstlösung,
damit die finanziellen Verluste für die 16-jährige Tätigkeit in
der Tabakregie nicht zu gross sind. Wenn der Entlassene klagt, geben
wir ihm, wenn er des Diebstahls freigesprochen wird, im Nachhinein
den Rechtsschutz. Interessant ist, dass die von meinem Vorgänger
Mantler gepflegte Devise: Ich habe das Stehlen nicht erfunden,
ich werde daher das Stehlen nicht abstellen, insbesondere als
Fleischersekretär in St. Marx vor Jahrzehnten geprägt hatte, heute
selbst bei den christlichen Gewerkschafter vielleicht gerade dort
am allerwenigsten und unser Sekretär der christlichen Fraktion
ist bei der Fleischergruppe und ich habe ihn auch wegen dieses
Falles kontaktiert, nicht mehr akzeptiert wird.

In der Mitgliederversammlung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit
wo ich Ehrenmitglied wurde, als ich die Kompetenz an Lanc übertrug
einen zuständigen Minister will man nicht im Kuratorium als Mitglied
haben, damit er nicht beeinflusst wird oder sich zu sehr gebunden
fühlt, war man sehr erstaunt, dass ich auch als Ehrenmitglied
mich für die Belange weiterhin interessieren, Für mich war nur
sehr interessant, dass man dort neue Ideen hat, wie z.B. die Er-
richtung einer Musterfahrschule, in diesem Fall für das Bundes-
heer, um neue Lehrmethoden auszuprobieren. Die Initiative geht
in dem Fall immer wieder von anderen Stellen aus, nur nicht von
der Bürokratie. Ich bin wirklich sehr froh, dass ich diese Gruppe
los bin.



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Im Kuratorium traf ich den Präsidenten des Statistischen Zentral-
amtes Bosse, der mir auf meine dezidierte Anfrage erklärte, dass
die Tage, wo der Lebenshaltungskostenindex vom Stat. Zentralamt jetzt
bereits festgelegt wurde, eine Manipulation ist unmöglich und auch gar
nicht beabsichtigt und ich habe ihm deshalb die Presseaussendung
der ÖVP, die dies trotz seiner Information jetzt neuerdings be-
hauptet, gegeben. Er wird dazu Stellung nehmen, meinte aber, dass
er sich dieses Verhalten gar nicht erklären könne, die ÖVP hat in
Wirklichkeit den Zeitpunkt versäumt, wo sie wegen eventuellen
Manipulierens protestieren hätte können, als nämlich die Gemeinde
Wien beschlossen hat, den Spitalsbettentarif rückwirkend aufzuheben.
Dass die Durchrechnung dann vom Statistischen Zentralamt entsprechend
erfolgt, war eine Selbstverständlichkeit und zu Protesten eigent-
lich schon zu spät und unberechtigt.

Gen.Sekr. Veith beschwerte sich bei mir neuerdings, dass die
Zusammenarbeit zwischen ÖAMTC und ARBÖ wegen des Abg. Hobl so schlecht
funktioniert. Ich versprach ihm nur neuerdings mit dem Gen.Sekr.
Effenberger zu sprechen.

ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mit Effenberger verbinden.

Der Obmann des Konsumverbandes NR Haberl hat mich eingeladen, um
die Preissenkungsaktion mit mir und Wais und Welser sowie Dr. Partik
und Dr. Rauter zu besprechen. Der Vorstand des Konsumverbandes oder der
Einkaufsgruppe hat sich scheinbar furchtbar aufgeregt, dass wir
bis jetzt den Konsum nicht stärker herausgestrichen haben. Mit
Recht konnte ich aber erwidern, dass man uns die gewünschten Unterlage
überhaupt nicht zur Verfügung stellte. Der Konsumverband – und es ist
nicht zu glauben – ist ausserstande, seine Genossenschaften soweit
zu koordinieren, dass sie einheitlich ein paar Artikel für ganz
Österreich verbilligen, Jeder Konsum macht seine eigene Politik,
oft entgegen den Intentionen der Zentrale. Ich habe deshalb und das
glaube ich mit Recht die Vorwürfe ganz entschieden zurückgewiesen,
ja ganz im Gegenteil sofort attackiert, dass man in einer so
mächtigen Organisation nicht imstande ist, wenigstens ein Dutzend
Artikel für ganz Österreich gleichmässig zu senken. Die Stafa
und Kaufhäuser haben nun vor längerer Zeit eine Liste von reinen
Ausverkaufspositionen geschickt. Schon allein die Bezeichnung als
Restposten zeigt dies. Auf Wunsch Dr. Partiks werden wir dies


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nun veröffentlichen. Der Konsumverband wollte sich mit der Tatsache
entschuldigen, dass sie ehrlich sind und daher bei jeder Verlautbarung
diese auch restlos einhalten. Der Verband hat angeblich Probekäufe
bei A&O gemacht und festgestellt, dass die uns mitgeteilten Preis-
senkungen nicht durchgeführt werden. Wir haben sofort erklärt,
dass wir dies genau prüfen werden.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Die Verständigung der Landesbehörden muss minde-
stens so funktionieren wie bei den Ergebnissen der
Paritätischen Kommission, damit dort gegebenen-
falls Kontrollen durchgeführt werden können.

Bei den soz. Frauen berichtete ich über die Preissituation und erklärte
ihnen insbesondere die Problematik der Index-Berechnung und angeb-
lichen Manipulation. In der Diskussion zeigte sich, dass wir hier viel
mehr informatives Material an die Genossinnen schicken müssten.
Mir ist es unerklärlich, warum wir unsere Funktionärinnen so wenig
mit konkreten Daten versorgen.

ANMERKUNG FÜR KOPPE: Wir müssen uns selbst den Vorwurf machen, weil
wir auch so wenig dazu beitragen. Bitte mit
Krämer und Wais besprechen.

Die Europäische Gemeinschaft hat jetzt in der Kommission beschlossen,
es soll eine konsumentenpolitische Grundsatzerklärung erfolgen. Da
wir nicht zuletzt auf Initiative der soz. Frauen im Handelsministerium
1970 bereits ein konsumentenpolitische Deklaration erlassen haben,
die weit geht aber schon damals diese erst jetzt von der EG vorgeschla-
gene Lösung vorsah, habe ich den Frauen empfohlen, sie sollen dies
doch als Ergebnis ihrer Sitzung mitteilen. Auch hier könnten wir
propagandistisch viel stärker in Erscheinung treten. Nicht dass das
Handelsministerium ins Spiel gebracht werden müsste, sondern dass
viel mehr der Erfolg der soz. Frauen herausgestrichen gehört.

Das Gespräch mit den Autoimporteure verlief wie erwartet. Von den
Importfirmen und Händlern kam nicht einer pro Firma sondern meistens
zwei oder drei und noch mehr. Der Sitzungssaal war überfüllt. Natürlich
wurde nur von den einzelnen Redner, soweit sie sich überhaupt meldeten
erklärt, sie sähen keine wie immer geartete Möglichkeit, eine Preis-
senkung vorzunehmen. Ich habe ihnen auseinandergesetzt, dass wenn
wir nicht zu einer friedlichen und freundschaftlichen Lösung kommen,


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die Massenmedien dann mit Recht auf die grossen Lager hinweisen werden
und verlangen, dass entsprechende Preissenkungen erfolgen. Ich werde
dann auf Grund des Preisbestimmungsgesetzes zu prüfen haben, ob tat-
sächlich alle Verbilligungen in den letzten Jahren weitergegeben
wurden. Zuletzt einigten wir uns, dass sie mit ihren Mutterwerken noch
einmal reden werden und wir bilaterale Gespräche mit jeder einzelnen
Firma führen werden.

Im nachmittägigen Ministerrat hat Kreisky überhaupt keine Vorbe-
sprechung gemacht sondern sofort die Beamten dazugebeten. Er berichtete
deshalb nur von der Nixon-Aussprache in Salzburg, verlangte aber, dass
darüber nicht Protokoll geführt wird. Im Grund erörterte Nixon nur seine
Auffassung über den Nahost-Konflikt. Nach Information der Amerikaner
waren die Russen bereit, 6 Divisionen nach Ägypten und Syrien zu
schicken und damit die Israeli zwar nicht ins Meer zu werfen,
aber doch über die Grenzen des 6-Tage-Krieges zurückzuwerfen. Aus
diesem Grunde musste sich Amerika einschalten, und hat dann durch Druck
auf Israel einerseits und Unterstützung Ägyptens andererseits den
Waffenstillstand erreicht. Die grösste Sorge bereitet Amerika
jetzt die Entwicklung in Italien. Wem nicht, auch eine Erkenntnis!

In der Ministerratssitzung machte ich Kreisky darauf aufmerksam, dass
die zweite Etappe der Rundfunkgebührenerhöhung, die mit 1.7. erfolgen
sollte, den Lebenshaltungskostenindex um ca. 1/3 % erhöhen würde. Ich
stellte Kreisky anheim, ob er als Eigentümervertreter oder ich im Zuge
der Preissenkungsaktion mit Bacher verhandeln sollte. Er entschied, dass
er einen Brief an Bacher schreiben wird, ich ersuchte nur, dass dieser
unverzüglich abgesendet werden muss, weil ansonsten kaum mehr eine Chance
besteht, dass die Einhebung sagen wir auf einige Monate verschoben wird.
Kreisky erklärte, dass bezüglich der Einschränkung der ausländischen
Dienstreisen auch für die Minister er entsprechende Richtlinien
zur Diskussion für die Minister vorschlagen wird. Er spürt und
dies mit Recht, dass die Auslandsfahrten in der Bevölkerung sehr schlecht
ankommen. Ich bin ja bloss gespannt, wie er dieses Problem lösen möchte.
Firnberg und Weihs wiesen darauf allerdings nach der Sitzung als sie
mitsammen sprachen und ich zufälligerweise dabeistand, wie sie Auslands-
reisen einschränken sollten, gleichzeitig man immer mit anderen Staaten
kooperieren soll. Ich bin ja hier in einer glücklicheren Position,
weil ich seit eh und je nur ins Ausland reiste, wenn ich irgendwelche


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Verpflichtungen hatte, die womöglich durch Vertragsabschluss oder durch
Beschlüsse der vorhergehenden Regierung oder Verträge, die solche
Auslandsreisen vorsehen, gemacht habe. Einladungen zu Gegenbesuchen,
wo keine vertragliche Verpflichtung besteht, wie z.B. Norwegen und
viele andere Staaten, habe ich kategorisch immer abgelehnt.

ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Lass Dir bitte eine Zusammenstellung von
Ottahal aber auch von den einzelnen Sektionen
machen, wo ich immer hätte in den vergangenen
Jahren hinfahren müssen und nicht gefahren bin.

Meister Leherb hat jetzt mit der neuen Leitung des Fremdenverkehrs-
werbung und meine Vermittlung neuen Kontakt aufgenommen und vor allem
einmal jetzt abgesprochen, wie seine wirklich in der ganzen Welt
ankommenden Plakate besser mit seinen Ausstellungen und sonstigen
Aktivitäten im Ausland koordiniert werden können. Darüber hinaus hat
er mit Recht darauf hingewiesen, dass seine Frau Lotte Profohs
mit der Präsentation dieser Plakate viel Arbeit aufgewendet hat.
Zolles schlug vor und Dr. Zedek stimmte dem zumindestens durch
Schweigen zu, dass man eine entsprechende Lösung im Direktorium
suchen würde. Leherb wird mir sagen, was Profohs sich am meisten
wünschen würde. Plakate und insbesondere die Präsentation soweit
ich mitwirken konnte, war wirklich ein voller Erfolg. Die Zeitaufwendung
die ich aber dafür in Kauf nehmen musste, war auch nicht gerade
gering. Zum Glück bin ich dieses Geschäft jetzt los.

Bei der Sektionsleitersitzung, die wir vor Wahlen immer anstelle von
Vorstandsitzungen durchführen um unsere Funktionärsspitze des Bezirkes
besser zu informieren, analysierten wir auch die NÖ. Wahlergebnisse.
Die Frage unserer Funktionäre konnte ich nicht beantworten, aber
ich teile sie ob wir nicht durch doch eine gewisse Vernachlässigung
unserer Stammwähler insbesondere der Arbeiter und Angestellten dazu
beitragen, dass wir in dieser Wählerschicht Stimmen verlieren. Anderer-
seits haben wir festgehalten, dass man sich um die Jugend viel zu wenig
kümmert, dann aber scheinbar schockartig die Unterstützungen wie die
16.000 S Geburtenbeihilfe schafft. Vor allem aber im Zentralsekre-
tariat wird viel zu wenig für die organisatorische Unterstützung
der Jungen Generation bei uns getan. Diese Genossen sind wirklich
Idealisten, opfern sich auf und ZS Marsch ist nicht einmal bereit,
sie bei Informationstagungen wie z.B. die gestrige Obmänner- und Sekre-
tärsbesprechung zu erwähnen. Das Hauptproblem und das habe ich wieder


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einmal mehr festgestellt, liegt in der mangelnden Koordination,
in der mangelnden Anerkennung von Leistungen anderer und vor
allem in dem mangelnden Willen auch der persönlichen Aversion
diese zurückzustellen im Interesse der gemeinsamen Sache.

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Tagesprogramm, 11.6.1974

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Tagesordnung 121. Ministerratssitzung, 11.6.1974

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GND ID: 1017902909


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      Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


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        Tätigkeit: Straßburg


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          Tätigkeit: Grafikerin und Malerin


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            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Büro des Bundesministers (Sekretärin)


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: ÖAMTC


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                  Tätigkeit: Direktor ÖFVW


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                        Tätigkeit: Landwirtschaftsminister bis 1976
                        GND ID: 130620351


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Finanzdir. Konsum, Vorstand BAWAG


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                            Tätigkeit: Präs. Stat. Zentralamt


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                              Tätigkeit: Büro Staribacher, HM; Pro-Zwentendorf-Kampagne


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                                Tätigkeit: Beamter HM, u.a. zuständig f. Protokollfragen


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                                    Tätigkeit: ARBÖ-Bundessekretär


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                                      Tätigkeit: SPÖ-Zentralsekr.


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                                          Tätigkeit: Konsum


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                                            Tätigkeit: Bundeskanzler
                                            GND ID: 118566512


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                                              Tätigkeit: Künstler


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                                                Tätigkeit: Statistiker AK


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                                                  Tätigkeit: Austria Tabak


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                                                    Tätigkeit: Wissenschaftsministerin
                                                    GND ID: 11869104X


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                                                      Tätigkeit: HK, Syndikus Bundessektion Fremdenverkehr, ÖFVW


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