Samstag, der 7. September 1974

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Samstag, den 7. September 1974

Da ich wußte, daß die Arbeiterkammer bei Benya eine Besprechung über
die Marktordnungen hatte, ich Benya und die Arbeiterkammer dringend
über die Zuckerpreissituation informieren wollte, habe ich telefonisch
Hofstetter von meiner Teilnahme verständigt. Benya war sehr erfreut,
daß ich zu dieser Aussprache gekommen bin. Bezüglich der Würfelzucker-
preis-Regelung einigten wir uns sofort, daß ich den § 3a nicht anwen-
den soll, sondern, daß wenn die rechtliche Möglichkeit besteht und
Jagoda hat dies ja eindeutig bestätigt und ich teile seine Meinung,
daß ich eben die Preisregelung auf Grund des Preisregelungsgesetzes
Anlage A durchführen soll. Über die Höhe des Würfelzuckerpreises
einigten wir uns auch verhältnismäßig bald, weil selbst Zöllner und
auch Lachs erklärten, es wäre schon ein großer Erfolg, wenn ich
einen tieferen Preis als 80 Groschen bis 1 Schilling, wie derzeit
für die verschiedenen Sorten von der Zuckerindustrie verlangt wird,
reduzieren könnte. Benya sagt rundwegs, ich könnte ohne weiteres bis
70 Groschen gehen. Ich glaube allerdings, das habe ich dort nicht
erklärt, daß ich eine gute Startchance habe. Habig hat mir über
Mauthner seinerzeit wissen lassen, daß er bereit ist, für gewisse
Würfelzuckersorten, wie z.B. Großwürfel überhaupt nur 50 oder 60
Groschen Preiserhöhung zu verlangen. Was er nun seinerzeit den
Arbeiterkammervertretern zugestanden hat, muß er natürlich jetzt
ebenfalls bei der amtlichen Preisregelung zur Kenntnis nehmen resp.
akzeptieren. Die Frage ist nur, wie ich dies taktisch angehen soll.
Weder Kurzel noch Singer kann ich beauftragen jetzt hier so zu
recherchieren, ob die Zuckerindustrie noch bereit ist, dieses
seinerzeitige Anbot aufrecht zu erhalten.

ANMERKUNG für WAIS: Lass Dir bitte von Mauthner und Blaha, resp.
Wehsely die einzelnen Preisvorschläge noch einmal bestätigen.

Über das Marktordnungsgesetz einigten wir uns dann auch nach ver-
hältnismäßig längerer Debatte. Landwirtschaftsminister Weihs hat
mit Zöllner und Blaha eine Vorverhandlung geführt und mir gegenüber
erklärt, daß er sich weitgehendst geeinigt hat. Dies stimmt auch tat-
sächlich bis auf einige, aber doch sehr entscheidende Punkte. Weihs
glaubt noch immer er kann den Ernährungsplan als daß große fort-
schrittliche neue Element der Marktordnung vorschlagen. Ich habe die


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größten Bedenken, weil dadurch Dutzende um nicht zu sagen hunderte
Millionen vom Finanzminister für die Bevorratung und diesen Ernährungs-
plan bereitgestellt werden müßen. Alle anderen Punkte, glaube ich, können
wir uns ohne weiteres fraktionell einigen. In seinen neuen Entwurf hat
er die automatische Krisenregelung bei dem Milchgroschen, den er mit
der Landwirtschaft auf Vertragsbasis unter Krampf abgeschlossen hat,
jetzt im Gesetz verankert. Neu sollen auch alle Exporte in die Fonds
kommen, wobei für Milch und Getreide sogar eine Abschöpfung vorgesehen
ist. Die Landwirtschaft wird hier sicherlich dann die Erstattung ver-
langen, doch wird man sich dagegen kaum wehren können. Die Regelung
für die Viehimporte ist ein seinem Entwurf jetzt vom Standpunkt des
Gewerkschaftsbundes und der Arbeiterkammer nicht akzeptabel. Hier
schlug Lachs, aber auch Blaha und Zöllner und Schmidt hat sich dem
sofort angeschlossen, die Formulierung vor, wie sie Hauffe jetzt in
meinem inoffiziellen Entwurf auch aufgenommen hat. Diese Formulierung
stammt allerdings von Rief von der Bundeshandelskammer der sich
nicht getraut, sie der Handelskammer offizielle vorzuschlagen. In diesem
Fall würde eine automatische Lizenzierung vorgesehen sein, die nur aus
volkswirtschaftlichen Gründen in eine weltweite Ausschreibung umge-
wandelt werden könnte. Bezüglich der Kommissionen hat Weihs jetzt einen
Vorschlag, daß er erstens bei der Kommission, die ihn für den Milch-
krisengroschen berät, nicht mehr die politischen Parteien, also den
Bauernbund und den Arbeitsbauernbund und die freiheitlichen Bauern,
sondern eben die Kammern einschaltet und den Österreichischen Gewerk-
schaftsbund. Getreide- und der Viehfonds sollen jeweils aus zwölf-
und zwölf Mitglieder, wobei die zweiten zwölf vom Gewerkschaftsbund
und Arbeiterkammer nominiert werden. Benya lehnt dies ab und meint,
soll die Arbeiterkammer die Parität bekommen und der Gewerkschaftsbund
gar nicht genannt werden, d.h. es wird gegenüber 27 jetzt 3 x 9
eine Reduktion der Kommission erfolgen. Beim Viehverkehrsfonds wäre
es 6 zu 6, das sind also 12 gegenüber derzeit 3 x 3 neun Kommissions-
mitgliedern. Wenn es zu einer solchen Kommissionsumwandlung kommt,
wird der Gewerkschaftsbund auf die einfache Abstimmung verzichten,
d.h. es könnte eine 4/5 Mehrheit bleiben. Auf alle Fälle aber muß der
Minister ein eindeutiges Weisungsrecht bekommen. Nebenbei ein sehr
interessantes Detail, daß die Bürokratie sich jetzt durchgesetzt
hat und eine Bestimmung aufgenommen werden soll, daß der Bundesminister
für Finanzen und für Handel, Gewerbe und Industrie bzw. ihre Vertreter
Sitzungsgeld in der gleichen Höhe wie die Kommissionsmitglieder be-
kommen sollen. Hier werden die Minister vorgeschoben, um den Beamten


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Sitzungsgelder auszuzahlen. Interessanterweise wollte sich weder
der Gewerkschaftsbund noch die Arbeiterkammer gegen eine solche
Bestimmung aussprechen, Blaha mit dem Hinweis, daß er die Beamten
ja doch bei den Sitzungen braucht. Ich muß mir deshalb etwas anderes
einfallen lassen. Bei einem genauen Studium aller Entwürfe und vor
allem auch der Stellungnahmen von Schwarz und Hauffe bin ich erst
jetzt auf diese Tatsache gestoßen. In Hinkunft müssen wir im Büro und
ich selbst auch solche Stellungnahmen und ganz besonders diese politisch
heißen Bestimmungen genauer beachten.

Bei einem Ausflug auf dem Schöpfl, mich interessierte die Situation
für das Subventionsansuchen, konnte ich wieder feststellen, daß sich
die Wandergewohnheit sehr geändert hat. Das Gebiet ist teilweise
durch Forstaufschließungsstraßen, vor allem aber durch einen Zufahrtsweg,
der wahrscheinlich nicht für die Öffentlichkeit freigegeben ist, aber
doch benützt wird, so erschlossen, daß die meisten Besucher mit dem
Auto bis zur Schutzhütte fahren. Der Hüttenwirt, der mich nicht erkannte
und anfangs immer nur meinte, daß ich den Herrn Handelsminister sehr
ähnlich schau, lebt glaube ich wirklich primär von den Autofahrern,
die bis rauf kommen. Die Aussichtswarte, die sicherlich eine Attraktion
wäre und die bis August hätte fertig sein sollen, ist natürlich erst
mit den Eisengerüst und den Anstrich zu Ende. Daß bereits in unmittel-
barer Nähe der Schutzhütte mitten auf einer Wiese ein Autowrack steht, ist
daher nicht besonders überraschend, dafür aber umso grauenhafter.
Ich glaube, daß man die Konzeption des Wanderns und Bergsteigens
zumindestens in der Umgebung der Städte neu überdenken müsse. Obwohl
ich persönlich das alles zu Fuß mache, glaube ich, daß man die Hütten
eigentlich nur mit Zufahrtswegen, die man auch für die Gäste freigeben
muß, einigermaßen sanieren könnte. Vielleicht bringt man dann die
Bergsteiger, die eigentlich nicht auf den Berg steigen wollen, aber
dann oben zumindestens ein bißchen spazieren gehen, zur Sanierung
näher an diese heran.

ANMERKUNG für BUKOWSKI: Was wollte man damals von uns für eine Subven-
tion vom Schöpfl und besprich mit den Naturfreunden und vor allem im
Haus diese Kombination Autofahrer, Spaziergeher, Straßenaufschließung.

Tätigkeit: Beamter HM


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    Tätigkeit: MR HM
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      Tätigkeit: Straßburg


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        Tätigkeit: Landwirtschaftsminister bis 1976
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                Tätigkeit: AK


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                  Tätigkeit: Präs. Verb. d. öst. Zuckerindustrie


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                          Tätigkeit: Sekt.R HM


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                            Tätigkeit: Lebensmittelhändler
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                                Tätigkeit: Leitender Sekretär ÖGB, SPÖ-NR-Abg.
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                                  Tätigkeit: Leiter vw. Abt. ÖGB, SPÖ-NR-Abg.


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                                    Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
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