Dienstag, 10. September 1974
In der Ministerratsvorbesprechung berichtete Kreisky über die
gestrige fraktionelle Besprechung mit dem ÖGB, der AK wegen der
Marktordnung. Er wiederholte, dass es zu einem Auslaufen der MOG
kommt, wenn es nicht zu einschneidenden Änderungen gelingt, die
Zustimmung der ÖVP zu erlangen. Für die Konsumenten und für die
Landwirtschaft müssten andere Massnahmen vorbereitet werden. Ihm
schwebt vor, dass man für die Landwirtschaft zur Verfügung stehenden
Mittel entsprechende Direktzahlungen gewährt. Ich bin aber fest
überzeugt, dass es letzten Endes doch noch, auch wenn wir jetzt
nicht zuletzt aus taktischen Gründen ein solches Auslaufen in Er-
wägung ziehen, zu einem Kompromiss kommen wird. Hoffentlich wird es
nicht ein faules Kompromiss.
Beim gestrigen Hörer- und Seherbeirat, dessen Zusammensetzung
jetzt wie Kreisky sich ausdrückt, eine willkürliche Angelegenheit
vom Nationalrat war und er niemals vorgeschlagen hat, zeigte sich,
dass die ÖVP mit den Freiheitlichen gemeinsam die konservativen
Vertreter zu einem Bürgerblock zusammenbrachte, während die Liberalen
als solcher Kandidat war Schupplich vorgesehen, sich nicht durchsetze
konnte, sondern eben Prof. Korninger, der Rektor der Uni Wien gewählt
wurde. Da nur 16 SPÖ-ler in dem Hörer- und Seherbeirat sind, Schupplich
sich nicht selbst wählte, sehr zum Unterschied von Korninger, wurde
dieser eben als Vorsitzender gewählt. Er hätte bei dem Hörer- und
Seherbeirat, wie er sich vorstellte, nicht die einzelnen Organisa-
tionen aufgezählt, sondern durch einen vielleicht komplizierteren
Vorgang eine demokratische Wahl der einzelnen Mitglieder vorgenommen.
So aber wird ein richtiges proporzabhängiges Instrument sein. Im
Kuratorium, hofft Kreisky, kann das nicht passieren, vor allem, wenn
alle soz. Betriebsräte tatsächlich auf eine Linie zu bringen sind.
In der Fraktion, wo man auf Anfrage von Bruckner, ein Vertreter im
Hörer- und Seherbeirat, über dieses Problem neuerdings diskutierte,
es stellt sich heraus, dass Steinbauer von der ÖVP dort richtig-
gehend dirigiert. Auf der einen Seite, will er das ganze Rundfunkge-
setz als "Murks" bezeichnend, diskriminieren, auf der anderen Seite
mobilisiert er alle Konservativen, um eben ihre Männer in Position
zu bringen. Die Gewerkschafter Kunst und Freie Berufe glauben, dass
die soz. Betriebsräte im Kuratorium halten werden. Ich fürchte, dass
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wenn es zu einer geheimen Abstimmung kommt, das Mehrheitsverhältnis
dort nicht allzu stark ein Abspringen des einen oder anderen
erlaubt. Benya hat mir am Vortag erzählt, dass er einen schlech-
ten Eindruck von der Organisation des Sozialisten im Hörer- und
Seherbeirat bemerkte und über diese Entwicklung sehr unglücklich
war und ist. Kreisky wieder zieht aus dem negativen wieder einen
positiven Schluss, nämlich jetzt in der Öffentlichkeit zu be-
haupten, man könne also beim besten Willen nicht von einem Re-
gierungsfunk sprechen. Was die Regierung nur wollte, war eine
Demokratisierung und wenn sich dies gegen sie ausrichtet, so
nimmt sie dies auch zur Kenntnis. Ich bin über die ganze Demokra-
tisierungswelle manchmal einigermassen beunruhigt und möchte sie
nicht gerade in unserer Gewerkschaftsbewegung allzu stark verankert
haben. Wir sind eine verhältnismässig zentralistisch geführte
Organisation und ich glaube, dies hat sich gut ausgewirkt. Wenn
ich jetzt die Demokratisierungswelle der Vorwahlen in der
Steiermark heranziehe, dann kann ich nur sagen, das hätten sich
die wahrscheinlich auch ersparen sollen und können. Vielleicht
war es dort sogar nur ein gewisses Nachlassen des ÖVP-Experimentes
und die Optik spricht jetzt gegen die steirische SPÖ. 12 % Be-
teiligung ist ein Debakel und brachte in Wirklichkeit auch nichts
anderes als man sowieso wirklich schon vorher wusste.
Rösch berichtet, dass über die Lagererrichtung den Bürgermeister
und die Funktionäre genau informierte, und zwar schon mit
Beginn des Jahres. Die MA 48 musste sogar die entsprechenden Adap-
tierungsarbeitsgenehmigungen erteilen. Jetzt fühlen sich 20 Leute
bedroht und Bürgermeister Gratz hat sofort eine spektakuläre Er-
klärung abgegeben. Rösch ist aber ein ungemein guter Kollege,
der gar nicht gegen diese Vorgangsweise polemisierte, sondern nur
wieder versucht, einen Ausweg zu finden, obwohl ihm, wie Broda in der
Diskussion sagte, sehr hart mitgespielt wurde. Kreisky verwies
darauf, dass seiner bei der Verlegung des Lagers nach NÖ Maurer
sich auch sehr dagegen ausgesprochen hat und man hat seine Vor-
schläge überhaupt nicht berücksichtigt sondern eben als Notwendigkeit
die Errichtung des Lagers durchgeführt. Kreisky befürchtet, dass
durch die Erklärung des Senators Jackson mit dem Kissinger angeblich
grössere Judenauswanderungen aus der SU vereinbart hat. wenn diese
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alle über Österreich fahren, wir wieder Komplikationen mit den
Arabern bekommen können. Derzeit kommen ca. 40 – 80 täglich, wovon
4 – 8 nicht nach Israel sondern woandershin auswandern wollen und
teilweise auch durchführen. Die US-Agency dagegen möchte als ein-
ziges Destinationsland Israel, um dem arabischen Lager zu zeigen,
dass wir mit ihnen auch ein gutes Einvernehmen wollen, legt Kreisky
auf den Besuch des syrischen Ministerpräsidenten, der in Beglei-
tung seines Aussenministers kommt, grössten Wert auf entsprechende
Betreuung.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte 18. September, 20 Uhr für Abendessen
syr. Ministerpräsident Termin sperren.
Veselsky berichtet über die verfassungsrechtlichen Bestimmungen
eines Datenschutzgesetzes und meint, dass der FM die Ausdehnung
auch auf die Kreditwirtschaft wollte, während der Handelsmini-
steriumsvertreter meinte, die Gewerbeordnung reicht vollkommen aus.
Veselsky möchte jetzt für die private Wirtschaft nur eine Strafbestimmung
aufnehmen. Über die Grundzüge hat er einen mündlichen Ministerrats-
vortrag vorgelegt.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Jagoda soll sich mit Veselsky über die end-
gültige Formulierung ins Einvernehmen setzen.
Androsch wollte, dass der Grüne Plan zurückgestellt wird, doch war
dies deshalb nicht möglich, weil Weihs eine gesetzliche Verpflich-
tung hat, ihn bis 15.9. fertigzustellen. Androsch wollte nämlich
nach der Sonntag-Sitzung am 18.1. erst eine offizielle Verlautbarung
der Steigerung von 780 Mill. auf 950 Mill. S. Diese Erhöhung geht,
wie Weihs mir sagte, hauptsächlich auf die Erhöhung der Zinsenzu-
schüsse von 3,5 auf 5 % für die AIK-Kredite zurück. Angeblich werden
diese Zinszuschüsse auch für die zurückliegenden noch laufenden
Kredite erhöht. Dafür benötigt er um 150 Mill. S mehr. Darüber hinaus
wird für die Bergbauern – Sonderprogramm – neben dm alten
300 Mill. für die Infrastruktur d.h. hauptsächlich Güterwege usw.
zusätzlich 130 Mill. gegeben. Androsch hat scheinbar also auch bei den
anderen Ministern nicht rigoros die Budgethähne zugedreht, sondern ge-
wisse Verbesserungen vorgenommen. Ob und inwieweit es wirklich ein
Sparbudget im Sinne der Stabilität oder besser gesagt der Stabilisitspolitik ist, kann man erst wahrscheinlich beurteilen, wenn man alle
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anderen Details kennt. In einem Wahljahr ist das auch schwer,
um nicht zu sagen überhaupt unmöglich durchzuführen.
Im Ministerrat berichtete dann Bielka über seine Besprechungen
mit Knopek über die Vermögensfrage. Anschliessend habe ich mit
Bielka den Besuch von Aussenminister Barcak besprochen. Bielka
wies darauf hin, dass er grosse Schwierigkeiten hat, damit Knopek
die Vermögensfrage wirklich zu einem positiven Abschluss bringt.
Knopek erklärte, er könnte kein zusätzliches Angebot machen, weil
er von seinem Ministerpräsident nicht ermächtigt sei. Die Tschechen
sind seinerzeit von 500 Mill. auf 700 Mill. gegangen. Nach Meinung
von Bielka war Wodak viel zu grosszügig, als er von den 2,3 Mia
sofort auf die 1 Mia zurückgegangen ist. Jetzt hoffen die Tschechen
noch immer, dass es zwischen 700 Mill. und 1 Mia ein Kompromiss
geben kann. Da die Zeitungen bei uns aber noch immer von 4 Mia
Entschädigung reden, meint Bielka, dass er kaum noch eine Chance
hat, hier nachzugeben. Die Tschechen wollen jetzt eine gewisse
Natural-Restitution, d.h. wo sie ganz kleine Vermögenswerte an
der Grenze jetzt bereits zurückstellen, als ersten Schritt an-
bieten. Bielka sagt mit Recht, das können sie zwar tun, aber
gibt ihnen dann trotzdem nicht die Chance, dass man sagt, die
Verhandlungen laufen schon so gut, die Tschechen haben bereits
den ersten Schritt getan. Nach Meinung Bielkas müssen die
Tschechen einsehen, dass sie die 1 Mia jetzt unverzüglich womöglich
abschliessen müssen. Durch die günstige aktive Handelsbilanz-
politik können sie auch die Entschädigungssumme viel schneller
zahlen als dies bis jetzt vorgesehen war. Bei den 3 % vom Aussen-
handelsvolumen würden sie fast 10 Jahre ca. brauchen. Bielka möchte
hier auch eine schnellere Auszahlung, damit die 40 – 50.000 Be-
troffenen, die 90.000 Entschädigungsfälle haben, früher zu ihrem
Geld kommen können. Er ersucht mich und für mich ist es selbst-
verständlich, dass ich bei der inoffiziellen Besprechnng mit Barcak
auf die besondere österreichische Situation hinweisen werde. Es
darf nicht der Eindruck entstehen, die Tschechen glauben, ohne dass
dieser Stein weggeräumt ist, damit die normalen Beziehungen schön
langsam wieder anlaufen können.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Bitte inoffiziell vom Aussenamt eventuelle
Detais für die Aussprache mit Barcak, wo Du ja anwesend sein wirst,
jetzt schon besorgen.
Botschafter Karski sollte wegen des Besuches des Minister-
präsidenten Jaroszewicz zu mir kommen. Er schickte aber nur
seinen Handelsrat, weil er selbst um dieselbe Zeit bei Kreisky
einen Vorsprachetermin erhielt. Polen wollen eine Regie-
rungsvereinbarung, wonach Österreich und Polen sich verpflichten
ein Energielieferungsabskommen und eine Kreditabkommen so
schnell wie möglich abzuschliessen. Bezüglich des Kreditab-
kommens verwies ich, dass ich bevor ich ein solches Papier
tatsächlich der Regierung vorlege, vom Finanzminister resp.
Bundeskanzler die Erklärung brauche, dass tatsächlich die
3 Mia S, die die Polen wollen, bereitgestellt werden könnten.
Derzeit verhandelt nur Haschek von der Kontrollbank mit der
polnischen Seite. Bezüglich des Wunsches, dass wegen dieses
Abkommens Sekt.Chef Frank und Min.Rat Fälbl über das Wochen-
ende nach Polen fahren sollten, habe ich erklärt, eine solche
Möglichkeit gäbe es, wenn man allerdings vorher durch gewisse
Fragen klärt. Frank konnte nachweisen, dass die Verbund alle
Anforderungen resp. Wünsche der polnischen Seite bezüglich
Termines immer akzeptiert und die Polen ständig in Verzug
sind. Dies trifft auch für die letzten einvernehmlich zu be-
schliessenden Chromimporte zu. Da der Handelsrat Mitte Oktober
nach Polen zurückkehrt, war er zwar über meine Stellungnahme
sichtlich enttäuscht, hat aber zur Kenntnis genommen, dass
ich im Prinzip niemals Zusicherungen mache, für die ich nicht
kompetent bin, die ich dann daher natürlich auch nicht
einhalten kann. Frank befürchtet übrigens, dass die Polen nach
einem solchen Rahmenabkommen die Verbund unter einen stär-
keren Druck setzen werden. Die poln. Seite beruft sich bei ih-
ren Wünschen und verlangen immer wieder bei Verhandlungen die
Veselsky mit Rinkiewicz in Warschau und zuletzt bei der
dritten Runde in Wien geführt hat. Dort wurden nach ihrer
Meinung, ihnen weitestgehende Zusagen gemacht, die jetzt
effektuiert werden sollen. Da ich nicht bereit bin, irgend-
welche andere Ministerien durch Rahmenverträge zu präjudi-
zieren, erklärte ich abschliessend, dass ausschliesslich jetzt
das Gespräch zwischen Karski und Kreisky, wenn man so will
K und K eine endgültige Klärung herbeiführen muss. Wenn ich
einen diesbezügliche Auftrag vom Bundeskanzler bekomme, bin
ich gerne bereit, einen solchen Rahmenvertrag unverzüglich
abzuschliessen. Fälbl hat diesbezügliche Vorbereitungen bereits
getroffen.
Der ganze Nachmittag war wieder einmal den Elektrizitäts-
problemen gewidmet. Zuerst hatten wir fraktionell mit dem
Verbundvorstand Ehrbacher und Bandhauer die Aufteilung der
ERP-Mittel besprochen. Die Verbund braucht die 100 Mill.
dringendst nicht für die Doka, wie ich angenommen habe, sondern
für die ÖDK, die DoKW bekommen, so hofft die Verbund 14 Mill.
Refundierung von Ottensheim und 250 Mill. refundiert für Alten-
wörth aus dem Eventualbudget, sodass sich die Situation ein
bisschen verbessern wird. Die ÖDK braucht dagegen die 100 Mill.
ERP-Mittel dringendst. Wir einigten uns aber dann darauf, dass
wir für Burgenland, welches im Vorjahr 10 Mill. bekommen hat,
mindestens 5 Mill. S bereitstellen wollen.
Bezüglich der Konzentration von Ennskraftwerke mit den Donaukraft-
werken wurde festgehalten, dass der Verbundvorstand 3 Arbeits-
gruppen bilden will, um mit OKA, Ennskraftwerken und Donau die
Probleme erstens der kaufmännischen, rechtlichen und steuerlichen
Probleme, zweitens der Betriebsabwicklung, die nach wie vor
über den Bundeslastverteiler erfolgen muss, und drittens über
die Personalreduktion Arbeitskreise bilden wird und dort die Be-
sprechungen führen wird.
Im EVU-Kontaktkomitee, wo ich durch die Bundesfraktion um eine
Stunde zu spät kam, wurde sehr ausführlich bis 1/2 8 Uhr über
die nächsten Aktivitäten berichtet und diskutiert. Insbesondere
soll bei Arbeitsausschüssen nach den nächsten Konstituierungen
in den Sondergesellschaften aber auch in der Verbund sichergestellt
sein, dass die Drittelparität gewahrt bleibt. Derzeit ist es so,
dass man immer wieder erklärt, das Präsidium, ein Begriff, den es im
Aktienrecht gar nicht gibt und den daher die Betriebsräte gar
nicht beachtet haben wollen, erklärt, es müsste das gesamte Prä-
sidium in den Arbeitsausschüssen sein, worauf man keine Mög-
lichkeit mehr für eine Betriebsvertretun sieht, da ansonsten ein
zu grosser Arbeitsausschuss entsteht. In Hinkunft sollen sich
die Arbeitsausschüsse deshalb womöglich 4 + 2 BR zusammensetzen.
Über die Frage der Konzentration ergab sich eine harte Diskussion,
weil insbesondere der BR von der ÖDK Inthal darauf hinwies,
dass die Vorschläge der Verbund zwar nicht nur die der ÖVP-Ver-
treter Zach und Arthold, sondern auch die der soz. Vertreter
Ehrbacher und Bandhauer in dem Brief an mich den Verdacht
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erwecken, man will die Sondergesellschaften auflösen. Unglück-
lich formuliert war sicher, dass man dort vorgesehen hat,
dass tüchtige Leute der Verbund in die Sondergesellschaften
kommen können, niemals aber, dass auch aus Sondergesellschaften
tüchtige Leute in der Verbund Verwendung finden könnten. Kobilka
Vorstandsdirektor der Donau, hat gemeint, die beste Lösung wäre
in der Vergangenheit gewesen, wenn man die Sondergesellschaft nach
Funktion und nicht nach regionalen, wie jetzt Inthal möchte,
aufgeteilt hätte. Da wären für die Laufkraftwerke die Donau
zuständig gewesen, für Hochgebirgs- und Speicher die Tauernkraft-
werke und für Dampf- die ÖDK. Inthal meinte, das sei ohne weiters
möglich gewesen, wenn man nicht die Kernkraftwerke mit eigenen
Gesellschaften jetzt gegründet hätte und damit die Dampfkraft-
werke auch auf lange Sicht gesehen kein grösseres Betätigungs-
feld mehr für eine Sondergesellschaft abgeben. Hier irrt er
glaube ich teilweise, weil nicht zuletzt auch dann, wenn die
Kernkraftwerke in Hinkunft mit eigenen Gesellschaften gebaut
und betrieben werden, selbst bei einer mangelnden Ausdehnung der
Kohledampfkraftwerke, es gibt ja nur die einzige Chance noch
für Voitsberg III„ dann doch noch immer die Möglichkeit von
gasbefeuerten und ölbefeuerten Dampfkraftwerken besteht. Die
Laufkraftwerke und vor allem einmal auch der Ausbau der Hoch-
gebirgsspeicher wird nach Osttirol ziemlich schnell dem Ende
zugehen.
Die grössten Diskussionen ergaben sich natürlich immer über
Personalprobleme. Da der ÖDK-Vorstand Kugler mit Mitte nächsten
Jahres in Pension geht, andererseits die Tauernkraftwerks-Vorstand
Nyvelt mit April 1976, ergibt sich die Frage der Nachfolge.
Für den ÖVP-ler Kugler, bewerben sich 3 ÖVP-ler. Stadtrat von
Klagenfurt Kullnig, Dr. Klinger aus dem Stab Kuglers und
Dr. Steiner der jetzigen Personalreferent der ÖDK. Für den
SPÖ-ler Nyvelt ist noch kein konkreter Vorschlag derzeit vorhanden.
Natürlich will die Verbund und ich unterstütze diese Taktik,
bei Auslaufen von Verträgen und vor allem einmal bei Pensionie-
rungen zu versuchen, eine Konzentration durchzuziehen, wie wir
dies jetzt bei den Ennskraftwerken mit der Donau auch machen.
Allerdings soll Schleinzer Kugler versprochen haben, dass er
zwei Jahre seinen Vertrag verlängert bekommt.
Das wirklich heisseste Eisen wurde dann knapp vor Schluss
von Pacheiner, Vorstandsdirektor der Kelag, d.h. aber eigentlich
von seinem Betriebsrat Schatzmayr angeschnitten. Die Kelag
möchte den Anteil an der Drau von ca. 30 % auf 49 %, wie im Ver-
staatlichungsgesetz die Möglichkeit vorgesehen ist, ausdehnen.
Ich habe sofort meine grössten Bedenken geäussert, weil ich mir
nicht vorstellen kann, dass der Bund tatsächlich jetzt diese
Ausverkaufspolitik betreibt, insbesondere hat der Bund in Malta jetzt
Milliarden Investitionen, an der sich die Kelag natürlich nur
teilweise beteiligen kann und will, und möchte aber trotzdem eine
wesentlich grössere Beteiligung der Drau. Diesbezügliche bilaterale
Besprechungen zwischen Kelag und Verbund werden diese Woche noch
geführt. Ich habe beim Abendempfang der Messe im Theater an d. Wien
Frühbauer getroffen und gleich darauf aufmerksam gemacht, dass dieses
Problem grössere Schwierigkeiten auslösen wird. Mein bestes Argument
gegen ihn war, warum er nicht noch während der Zeit, wo er für
die Energiewirtschaft zuständig war, diesen Wunsch Kärntens in
Angriff genommen hat. Frühbauer meinte, da hätte man dies noch nicht
an ihn herangetragen, wie er dies eben jetzt an mich tut. Frühbauer
hat angekündigt, dass wenn er mit mir nicht auf eine einvernehmliche
Lösung kommt, er sich an Kreisky wenden wird. Ich habe ihm sofort
erklärt, ich bin ihm gar nicht böse, wenn er dies gleich jetzt
macht. Wenn eine politische Notwendigkeit besteht und wenn aus
Gründen, die ich nicht beurteilen kann und will, die Partei
solche Beschlüsse fassen sollte, dann habe ich gar nichts dagegen
aber dann liegt die Verantwortung dort und nicht bei mir.
In der Fraktion hat Hofstetter mich vorher gefragt, ob ich even-
tuell bereit bin, einen Bericht zu geben, wenn Kreisky nicht kommen
könnte. Ich habe selbstverständlich zugesagt, doch ist im letzten
Moment Kreisky dann doch erschienen. Er berichtete über die MOG und
auch über die Budgetsituation. Er meinte, es müsste auf allen Sektoren
gespart werden ausser beim Personal, dort seien wir nicht imstande
die notwendigen Sparmassnahmen durchzuführen. Um der ÖVP die Angriffs-
spitze zu nehmen, wird er Gasperschitz einladen, mit seinen ÖAAB-
Gewerkschaftler jetzt zu sagen, wo Dienstposten eingespart werden
können. Kreisky will dies im Sinne der Mitbestimmung der Gewerk-
schaften und der Betriebsvertretungen verstanden wissen. Durch die
hohen Personalkosten müsste man jetzt neue Finanzierungen für die
Aufrüstung unserer Gesellschaft, wie er sich ausdrückte, finden.
Sein Hinweis, dass eine Belastung des Autos um 2 % und letzten
Endes auch Farbfernseher nicht unbedingt zu den Gütern des täglichen
Lebens gehören, lassen mich darauf schliessen, dass er beabsichtigt,
gewisse steuerliche Belastungen nicht für das nächste Jahr, sicherlich
aber nach den Wahlen in Erwägung zu ziehen. Kreisky meinte auch dann
im Schlusswort, es müsste dann Preisdirigismus, den wir viel
stärker herausstreichen müssen, auf der einen Seite eine Kontrolle
für Preiserhöhungen geben, die ungerechtfertigt sind, auf der
anderen Seite aber eben Möglichkeiten erschlossen werden, um eine
gewisse Konsumbeschränkung zu erreichen. Mit einer ähnlichen Idee
ist übrigens Moser an mich herangetreten. Er meinte, bevor wir
den Benzinpreis senken, wäre es zweckmässig, die Mineralölsteuer
neuerdings zu erhöhen. Ein Weg, den übrigens die Schweiz jetzt mit
10 Rappen begangen hat. Ich versuchte, Moser auseinanderzusetzen,
dass ich gar nicht beabsichtigte, die Benzinpreise zu senken. Es
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Androsch mit Kreisky
gemeinsam Überlegungen anstellt, wie man eben neue Finanzierungs-
quellen für die Infrastruktur flüssig macht. Die Umschichtung
die Kreisky über Vorschlag Androsch seinerzeit versuchte,
nämlich Mineralölsteuer für den Nahverkehr frei zu machen, ist ja
gescheitert. Die Bahn wird aber grosse Investitionen benötigen und
man müsste deshalb nach neuen Finanzierungsquellen Ausschau halten.
Lachs beschwerte sich insbesondere, dass auch im neuen Budget
zusätzliche Mittel für die Landwirtschaft bereitgestellt werden,
so wie z.B. 600 Mill. S für die Treibstoffvergütung, diese aber
trotz des Vorschlages des ÖGB aber auch der AK nicht über die
Gemeinden, sondern wieder über die Landwirtschaftskammer zur Verteilung
kommen. Kreisky meint in seinem Schlusswort, dies sei für ihn ein
ganz neuer Gesichtspunkt, dass auch die Arbeiterkammer und der ÖGB
gegen die bisherige Verteilung der Budgetmittel remonstriert,
denn er selbst hatte seit eh und je eine Änderung gewollt. Leider
ist dies bis jetzt nicht geglückt und er hofft, dass das Komitee,
welches die neue Agrarpolitik der Partei ausarbeiten soll, in dem
ja auch die AK und der ÖGB verankert sind, entsprechende Vor-
schläge machen werden. Ob wir tatsächlich im letzten Jahr unserer
Regierung eine so grosse Änderung der Agrarpolitik durchsetzen
können, bezweifle ich. Vielleicht wäre es vor vier Jahren gelungen.
Tagesprogramm, 10.9.1974
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 131. Ministerratssitzung, 10.9.1974
22_1058_02hs. Notizen (TO Ministerratssitzung Rückseite)