Samstag, 5. Oktober 1974
Nachdem die Feier bei Porsche und insbesondere das gigantische
Feuerwerk bis spät abends dauerte, blieb ich in Salzburg.
Allerdings hatte ich abgelehnt, im Österreichischen Hof, das
ist das nobelste Hotel, zu wohnen und bin eben, wie es auch
ursprünglich beabsichtigt war, in ihrem Werkhotel geblieben.
Porsche hat so wie viele andere Firmen im grossen Bürohaus die
oberen Stockwerke auf der einen Seite als Privatwohnung von Himmer
und noch höhere als Dependance vom Bayrischen Hof, den sie als
Schulungs- und Aufenthaltsstätte ihrer Mitarbeiter aus dem Ausland
resp. für österr. Vertreter verwenden, eingerichtet. In dieser
Dependance wohnte sogar Gen.Dir. Leiding vom VW-Werk und der
Aufsichtsratsvorsitzende Staatssekretär a.d. Ast. Leiding selbst
beurteilt die Wirtschaftssituation für die Autoindustrie in Deutsch-
land sehr düster. Er glaubt überhaupt, dass der Konjunkturrückschlag
auch mit den 950 Mill. DM, welche die Regierung jetzt in die
Bauwirtschaft bis Ende 1974 reinpumpt, fast keinen Einfluss haben
wird. Seiner Information nach beträgt dieser Impuls nur eine
Situationsverbesserung für 8 Tage Bauleistung. Selbst mein Hin-
weis, dass doch dadurch ein zusätzlicher Impuls gegeben wird und
man nicht sagen kann, das sind nur 8 Tage Bauleistung, die dadurch
herauskommen, konnte ihn von dieser Auffassung nicht abbringen.
Andererseits hat Leiding zugegeben, dass in Österreich nicht nur
andere Zustände herrschen, sondern Österreich auch eines der wenigen
Länder ist, wo die Volkswagen eine gute Absatzsituation noch
haben. Bei de Reduzierung der Gesamtzulassung von 200.000 in den
letzten Jahren auf maximal 170.000 1974 wird, wie mir Himmer bestä-
tigte, der Volkswagenanteil von 43.000 auf 45.000 steigen.
Da bei geringeren Zulassungen um 30.000 die VW-Anteile um 2.000
absolut steigen, wird der perzentuelle Anteil noch wesentlich höher
sein und damit wieder die unangefochtene Spitze darstellen. Wenn
in Deutschland jetzt wirklich nicht mehr geschieht und der Kon-
junkturumschwung mit entsprechenden Regierungseinfluss herbei-
geführt wird, dann glaube ich werden wir tatsächlich auch im letzten
Jahr in eine leichte Rezession kommen. Allerdings kann ich mir
nicht vorstellen, dass wenn einmal tatsächlich in Feber die
Arbeitslosigkeit in Deutschland 1 Mill. erreicht hat, dann
nicht entsprechende Sofortmassnahmen von der Regierung eingeleitet
werden.
Da Deutschland eine festgefügte Regierung mit einer entspre-
chenden Mehrheit im Parlament hat, kann ich mir nicht vorstellen,
dass auch dort ähnliche Zustände wie in Italien eintreten werden.
Auf alle Fälle hat sich einmal mehr wieder meine Auffassung ver-
stärkt, dass eine noch so unangenehme Preissteigerung leichter
zu ertragen ist und daher von mir viel leichter hingenommen wird,
als wenn wir tatsächlich zu einer Rezession auch nur in einem
geringen Ausmass kommen würden.
Da ich Wimberger und auch NR Hellwagner versprochen habe, bei näch-
ster Gelegenheit nach Reichersberg zu kommen, und dann nach
natürlich auch das Aluminiumwerk zu besichtigen (in Ranshofen)
nützte ich die Nähe von Salzburg und die Einladung von Hinteregger,
Ford, beim Porsche-Abend an meine Frau, unbedingt nach Reichersberg
zu kommen um die Ausstellung zu besichtigen. Im Aluminiumwerk, wo
ich unangemeldet mit einem Werkschutzmann das ganze Werk ohne
Empfang, Essen und was es sonst alles gibt, in knapp einer
Stunde besichtigte, gesellten sich dann doch zwei Ingenieure,
die ich während der Besichtigung traf, dazu. Sie waren alle
sehr erfreut, aber umso mehr erstaunt. Zum Glück geht mir der Ruf
voraus, dass ich solche unangemeldete Besichtigungen mache und
sie finden dies eigentlich für ganz normal. Mein Eindruck von,
und ich war sehr froh, dass ich es jetzt einmal selbst ge-
sehen habe, von Luftbildern bekommt man falsche Dimensionen,
war, dass es ein ungeheuer gross angelegtes Projekt ist. Die
innerbetrieblichen Verkehrswege müssen gigantische Kosten ver-
ursachen. Für mich eindeutig ein Beweis, wie sehr in der Nazi-
Zeit auch nur politische Überlegungen für Standortfragen ent-
scheidend waren und keinesfalls wirtschaftlich Braunau, die
Geburtsstätte Hitlers, musste einen Industriekonzern bekommen.
Linz, der Lieblingsaufenthalt Hitlers in Österreich, musste eben-
falls mit den Stahlwerken entsprechend ausgezeichnet werden.
In beiden Fällen, zu unserem Glück, wenigstens im Westen gelegen
und damit eine gewisse Streuung unsere Industriekapazität. Rans-
hofen allerdings jetzt total veraltet mit dem stromfressenden
Elektrolyse-Ofen, die nur durch zwei Versuchsöfen neuesten
Datums ergänzt wurden. Die alte, aber ganz besonders die neue
Walzstrecke ist ein moderner Betrieb. Ebenso die kontinuierliche
Alu-Draht-Zieherei, die jetzt durch die Elektrifizierung kontinuier-
lich dreischichtig arbeitet. Da der Strompreis immer teurer wird,
die unrentablen alten Anlagen als Stromfresser wahrscheinlich hohe
22-1193
Kosten verursachen, wird nichts anderes übrigbleiben, als ent-
weder die Elektrolyse stillzulegen und Rohware zuzukaufen,
oder eben wirklich eine neue zu bauen.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND GEHART: Hier müsste die Grundsatzabteilung
resp. Gruppe einmal wirklich die Alternativen versuchen herauszu-
arbeiten.
Der Abt von Reichersberg war begeistert, dass ich doch mein
Versprechen, das ich auf Intervention von NR Hellwagner ihm
schriftlich mitgeteilt habe, nämlich bei einer Gelegenheit ihn
zu besuchen, nachgekommen bin. Auf einem Grund des Klosters will
eine Firma Milacher Bohrversuche durchführen. Man nimmt an, dass
in grösserer Tiefe, 1.800 m, Heilquellen gefunden werden. Jenseits
des Inn, auf deutschem Boden besteht nämlich schon ein Schwefel-
bad, welches sehr gut floriert und bereits 8.000 Fremdenverkehrs-
betten hat. Reichersberg hofft nun, dasselbe durchsetzen zu
können, wenn eben Schwefel gefunden wird. Es soll diesbezüglich
ein geologisches Gutachten von Dr. Tauber geben, welches sagt,
vom Pöckinger bis zum Rieder Bruch würde ein Thermalwasser vor-
handen sein. Die Bohrung kostet aber 8 Mill. S. Ich habe den
Abt nicht im Unklaren gelassen, dass ich ausserstande bin, ihm
eine Zusage für einen auch wenn noch so geringen Zuschuss zu
geben. Ich erklärte mich nur bereit, mit der Obersten Berg-
behörde Besprechungen zu führen, und ganz besonders zu versuchen,
um nicht die RAG, die 2 km entfernt eine Bohrung niedergebracht
hat, die bei 800 m auf Warmwasser gestossen ist und damit sofort
ihren Bohrversuch abgebrochen hat, mir entsprechende Informationen
geben kann, wie man jetzt dem Kloster bei dieser Absicht helfen
könnte.
ANMERKUNG FÜR GRÜNWALD: Die OB soll einen entsprechenden Bericht
ausarbeiten.
In der Ausstellung wurden wir zuerst vom Leiter der oö. Landes-
regierung durch die Ausstellung mit allen ebenso offiziellen
Erklärungen geführt. Zum Glück war aber mit Hinteregger der
sehr bedeutende Antiquitätenhändler Hofstätter mitgekommen. Wir
besichtigten deshalb die Ausstellung dann ein zweites Mal und
hier konnte ich dann wesentlich sehr interessante Details aber
auch ein wenig Einblick in die Kämpfe innerhalb der Wissen-
22-1194
schaft und insbesondere natürlich innerhalb der einzelnen Ver-
treter kennenlernen. Die Ausstellung in Riegersbach von der
oö. Landesregierung finanziert, hat ca. 5 Mill. S gekostet
Damit wurde allerdings auch gleichzeitig das Kloster restau-
riert. Der Eindruck der Ausstellung ist wirklich sehr gut, da
die Familien Schwanthaler, und zwar 250 Jahre, dargestellt werden
sollen und auch teilweise werden, musste und wird nur die Werke
Schwanthalers, und zwar die bedeutenden und auch die unbedeutenden
von jedermann der Schwanthaler heisst, zusammengetragen und ausge-
stellt. Hofstätter erklärt uns dann, dass sich diese Ausstellung
einseitig natürlich nur auf den Höhepunkt der Schwanthaler-Familie
konzentriert. Der so wichtige Vorläufer und bedeutende Meister
Guggenbichler wurde dort überhaupt nicht gezeigt. Ja, man hat sogar
ängstlich vermieden, nur einen Hinweis auf Guggenbichler zu geben.
Auf alle Fälle aber ist diese Methode, wie wir sie jetzt in
Österreich handhaben, nämlich einzelne Burgen oder Klöster zu
einer Ausstellung zu renovieren, dann dort eine entsprechende
Ausstellung zu veranstalten, und damit in- und ausländische
Gäste anzulocken, der richtige Weg. Nach Reichersberg sind
170.000 Besucher gekommen. Da das Kloster zeitgerecht erkannte,
dass auch hier ein kulinarisches Bedürfnis bestehen wird, hat
es den Meierhof, ein riesiges nach oö. Vierkant-Bauernmethode
errichtetes Gebäude, teilweise umgebaut. Der Kuhstall wurde
zu einer modernen Raststätte mit einem sehr guten Küchenbetrieb
umgestaltet. Selbst wenn die Ausstellung Ende Oktober sperrt,
werden dann immer wieder aus der näheren und sicherlich auch
aus der weiteren Umgebung Leute kommen, weil sie dort gut und
preiswert essen können. Der Abt interessierte sich auch, ob wir
für diese Fremdenverkehrsattraktion ihm Unterstützung geben
können. Ich verwies ihn nur darauf, dass er für seine Beschäftigten
die Komfortzimmeraktion jetzt in Anspruch nehmen kann.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Bitte Würzl diesbezüglich informieren und
er soll sich mit Reichersberg ins Einvernehmen setzen.