Dienstag, der 26. November 1974

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Dienstag, 26. November 1974

Gen.Dir. Ockermüller, Länderbank, ruft mich an, damit ich
jetzt endgültig eine Entscheidung treffe über die Reihung
der Papier- u. Zellulosefabriken betreffend die Investitions-
förderung und Umweltschutz. Die CA-Betriebe Leykam und
Borregaard haben sich, nicht zuletzt auch, da sie den Wasser-
wirtschaftsfonds ansprechen, das notwendige Fremdkapital
besorgt. Pols, Brigl und Lenzing, die der Länderbank nahe-
stehen, dürften ins Hintertreffen gekommen sein, außerdem
befürchtet Ockermüller, daß eine Kapazitätsverdoppelung ein-
tritt und die Hauptschwierigkeit in der Holzbeschaffung liegen
wird. Bautenminister Moser, dem der Wasserwirtschaftsfonds unter-
steht, hat mir vor einiger Zeit schon gesagt, daß eine Reihung
jetzt tatsächlich sehr bald erfolgen müsse. Ich schlage Ocker-
müller
eine fraktionelle Besprechung über dieses Problem vor,
er meint aber, es wäre ohneweiters möglich, sofort mit Gen.Dir.
Treichl, CA, Stepski, dem Vertreter der Papierindustrie, Teschl,
der Gewerkschaft und mir und ihm notwendig, in diesem kleinen
Kreis so bald als möglich eine Besprechung abzuführen.

Anmerkung für WIESINGER: Den Termin, den diese vier Herren per-
sönlich teilnehmen können, in meinem Ministerium, also nicht im
Nationalrat, vereinbaren.

Gen.Sekr. ARBÖ ruft an und teilt mit, daß es große Schwierig-
keiten gibt, die ihm schon seinerzeit von Heindl in Aussicht
gestellte Subvention von 300.000 Schilling im Haus jetzt zu
erreichen. Angeblich hätte man ihm angerufen und erklärt, es
stünden höchstens 30. bis 50.000 Schilling zur Verfügung.

Anmerkung für BUKOWSKI und WAIS: Bitte schaut, ob ihr diese
seinerzeitige Zusage noch unterbringen könnt.

Im Ministerrat hat Rösch darauf bestanden, es muss seine
Kompetenz bei der Vollzugsklausel eindeutig geregelt sein.
Scheinbar hat es bei der Diskussion zwischen Jagoda und
Peterlunger ein Missverständnis gegeben, denn Jagoda hat
mir berichtet und ich zweifle nicht daran, dass es so ge-
wesen ist, Peterlunger wäre einverstanden, dass die Vollzugs-


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klausel, wie wir sie vorgelegt hatten, die Mitwirkung des
Innenministers nicht vorgesehen hat. Rösch sagt mit Recht,
daß dann nur mehr, nachdem jetzt bereits die Landeshauptleute
über die Gendarmerie weitestgehend verfügen können und jetzt
noch auch Minister dieses selbe autonome Recht bekommen würden,
organisationszuständig für die Gendarmerie wäre und sachlich
gar nichts mehr entscheiden könnte, was dort geschieht, da
dieses Gesetz sowieso in dieser Form sicherlich nicht be-
schlossen wird, ersuche ich Jagoda, dem Wunsch Rösch Rechnung
zu tragen, damit eine schnelle Verabschiedung möglich ist, was
auch dann tatsächlich geschieht.

Im Ministerrat vertritt Häuser Kreisky, er ist, glaube ich,
zum Begräbnis von Wielandner nach Bischofshofen gefahren.
Interessant ist nur, daß mich ein Vertreter des Bundeskanzler-
amtes fragt, wo Kreisky ist und warum er nicht den Minister-
rat leitet. Bielka bringt den Schlußbericht über die Inter-
nationale Energieagentur und betrachtet damit seine Tätigkeit
als erledigt.

Nach dem Ministerrat fragt mich Bielka unter vier Augen, ob
ich sehr böse wäre, wenn man vom Außenamt Bukowski, den man
dringend für die so kritische, jetzt freiwerdende Generalkonsul-
stelle für Laibach bräuchte. Ich erkläre ihm sofort, daß ich
meinen Kollegen und Freunden in ihrer Karriere nicht im Wege
stehen möchte, aber diese Entscheidung ganz allein Bukowski
überlassen muß. Ich habe dieses Prinzip bis jetzt während
meiner beruflichen Karriere seit 1945 eingehalten, ja selbst
dann, wenn es mich noch so hart trifft, ich niemals einen Freund
von mir Aufstiegsmöglichkeiten verbauen würde. Ich verspreche
daher Bielka nur, daß ich unverzüglich mit Bukowski diese Aus-
sprache führen werde. Ich bin sehr froh, daß ich bei der an-
schließenden Aussprache mit Bukowski feststellen konnte, daß
er lieber bei uns bleiben möchte. In meinen Augen ist der
Laibacher Posten jetzt zwar durch die gespannten Verhältnisse
mit Jugoslawien sehr interessant und sicherlich auch sehr wichtig,
doch bin ich nicht ganz sicher, ob es wirklich in dieser schwer
zu erwartenden Auseinandersetzung und auf Fälle in der kritischen
Zeit mit Jugoslawien auch vom Standpunkt Bukowski's so erstrebens-
wert wäre, dorthin zu kommen.



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Nach monatelangem Aussetzen haben wir endlich wieder einmal
eine Sektionsleitersitzung abgehalten. Für mich ist es weniger
interessant, da ich die Materien, über die berichtet werden,
weitestgehend kenne und darf in aller Bescheidenheit sagen,
auch bei den Entscheidungen mitgewirkt habe. Ich glaube nur,
wenn es aber in Hinkunft über die Sektionsleitersitzung wieder
Richtlinien und vor allem Informationen für das Haus geben
soll, dann müßten wir doch mit gewisser Regelmäßigkeit einmal
im Monat eine solche Sektionsleitersitzung abhalten. Natürlich
sage ich mir, daß dadurch gerade die Führungsspitze des Büros
und ganz besonders auch der Sektionen 3 Stunden opfern und sich
gegenseitig Informationen geben, wobei ich den Eindruck habe,
der eine interessiert sich für die andere kaum. Als Informations-
mittel für das Haus waren sie aber sicherlich von Bedeutung.

Anmerkung für BUKOWSKI und WANKE: Bitte die entsprechenden Termine
womöglich einhalten und überlegen, ob es eine schnellere und expe-
ditivere Sitzung sein könnte.

Gen.Dir. Bauer informiert mich über die Verhandlungen mit der
sowjetischen Seite bezüglich zweiten Erdgasröhrenvertrag, der
dann auch noch während meiner Anwesenheit unterschrieben wird.
Der Vertrag ist kreditmäßig äußerst günstig, weil er nur eine
durchschnittliche Laufzeit von 2 1/2 Jahren hat. Die 130 Millionen
Dollar werden mit 6 1/2 % verzinst und die Differenz auf die
normale Bankrate muß daher im Preis überwälzt werden. Da aber
bereits 1975 10 Millionen Dollar aus Gaserlösen Mitte des Jahres
zur Verfügung stehen werden, ist kreditmäßig gesehen die mini-
malste Belastung erreicht worden. Die Zinsstützung, die im Gas-
preis bezahlt werden muß, möchte die ÖMV auf jede Gasmenge gleich-
mäßig verteilen, um womöglich einen einheitlichen Gaspreis in
ganz Österreich zu haben. Hier erkläre ich, keine endgültige Zu-
stimmung geben zu können, weil ich mir erst überlegen muß, welche
Auswirkungen dies hat. Hier ist es weniger der eine Groschen,
den die ÖMV berechnet hat, als vielmehr, daß wir dann einen ein-
heitlichen Gaspreis in Österreich haben, d.h., die Ostzonen, die
billiger beziehen könnten, benachteiligen und neu hinzukommende,
insbes. die westlichen Länder bevorzugen. In den westlichsten


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Ländern gibt es aber einen wesentlichen tieferen Strompreis
als wie im Osten. Allerdings wird Tirol und Vorarlberg, für
diese Länder gilt dies besonders, in der jetzigen Phase
noch gar nicht in die Gasversorgung einbezogen werden können.
Dieses Problem erörtere ich auch dann bei der anschliessenden
150-Jahr-Feier für Hutter & Schrantz mit Landeshauptmann Gratz,
der als erstes aber auch meint, man solle doch die Zinsbe-
lastung auf die gesamte Gasmenge aufteilen. Der Gaspreis für
75 ist mit 35 Dollar bis April und dann mit 40 Dollar ver-
einbart, für die 76 45 Dollar und 77 50 Dollar in Aussicht ge-
nommenen Preise ist es der ÖMV gelungen, einen Dollar davon
noch herunterzuhandeln. Es gab dabei keinerlei Berechnungen
oder sonstige sachliche Diskussionen, sondern vielmehr, wie mir
Bauer versicherte, ein Feilschen wie auf einem Markt. Für 78
und den folgenden Jahren wurden die 55 Dollar für die alte
Gasmenge und die neue Gasmenge 500 Millionen Kubikmeter ver-
einbart. In Hinkunft wird es dann auch die ...klausel geben,
die einen Streit über den Preis weitgehend ausschalten wird.
Ich verlange von Bauer den wichtigsten Inhalt der Verträge,
die er mir dann auch verspricht, zusammenzustellen.

Bauer möchte unbedingt meine Zustimmung, daß ich dafür ein-
trete, daß Bobleter einen ÖMV-Mann in sein Büro nach Paris be-
kommt. Ich selbst erkläre, daß Bobleter nicht in meine Kompetenz
fällt und ich daher eine solche Entscheidung niemals treffen
werde. Wenn das Bundeskanzleramt es will, ich habe nichts
dagegen, aktiv oder initiativ werde ich in dieser Frage nicht
werden.

Der Geschäftsführer der Int. Agentur Lansky hätte Bauer angeblich
versichert, er könne sich sehr gut vorstellen, daß Österreich
keinerlei zusätzliche Vorratslager in der nächsten Zeit er-
richten muß. Feichtinger und insbes. Meszaros, die in der
Zwischenzeit dazugekommen sind, erklären, daß sie auch dann,
wenn der Plan von Frank, eine Umlage auf Benzin z.B. von 10
Groschen zu legen, damit die Vorratsfrage keinesfalls auch nur
annähernd geklärt werden kann. Die 2 Millionen Tonnen Benzin
10 Groschen geben 250 Millionen Schilling, womit man nach ÖMV
approximativer Berechnung einen 80.000 Tonnen Behälter-Richtungs-
kosten 1.500 Schilling pro cbm, Produktenfüllkosten 2.000 Schlg.
pro cbm, d.h. 3.500 Schilling pro cbm schon die Jahreserträgnisse


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aufgebraucht hätte. 80.000 Tonnen ist wirklich nichts, wenn
man bedenkt, daß die ÖMV allein 1,200.000 cbm schon jetzt
hat für den 60 Tagesbedarf, aber 1,800.000 cbm gebraucht werden,
wieviel die andere Ölindustrie und ganz besonders die Abnehmer
haben, weiß die ÖMV nicht.

ANMERKUNG für GRÜNWALD und REIM: Ich habe bereits vor längerer
Zeit eine endgültige Aufstellung über die Lager verlangt und bis
jetzt nicht bekommen. Bitte neuerdings urgieren.

Die ÖMV wird sich dafür einsetzen, daß bis Ende Jänner die
Rabatte von der Ölindustrie für Heizöl, schwer, 100 Schilling,
für Diesel 10 Groschen und für Heizöl, extra leicht, 30 Groschen
erstreckt werden. Die Internationalen möchten aber, daß ich sie
zwinge, diese Rabatte zu gewähren. Ich erkläre der ÖMV, daß es
mir ganz egal ist, ob sie gleich kommen und dies anbieten oder
ob eine Verhandlung stattfinden muß, wo ich dies der ÖMV resp.
den Internationalen abringe.

Bei den Ansprachen bei der Unterschrift, aber dann auch ganz
besonders am Abend bei dem Festessen stellt Ossipow mit Recht
fest, daß er bei dem ersten Vertrag mit einem wesentlich ge-
ringeren Dollarkredit 1968 eine viel größere Menge Röhren
kaufen konnte, wenn ich mich richtig erinnere, 100.000 Dollar
und 500.000 Tonnen und dies in 2 Jahren. Jetzt braucht er
130.000 Dollar in 4 Jahren und bekommt nur 200.000 Tonnen Röhren.
Am meisten aber von dieser nachteiligen Entwicklung wird in
Wirklichkeit aber der Abnehmer belastet, denn diese hohen Preise
schlagen sich dann natürlich automatisch im Gaspreis nieder.
Der sowjetische Botschafter fragt mich, ob ich mit dem Vertrag
sehr zufrieden bin und ich erkläre rundweg, nein, weil die
Gasmenge mit 500 Millionen zu gering ist. Ossipow ver-
sichert mir, daß er alles unternehmen wird, damit wir eine
grössere Menge sowohl für die Jahre 75, 76, 77, hier haben sie
nur 250 Millionen zugesichert, wir rechnen aber doch mit
500 Millionen und vor allem im neuen Vertrag wir doch auf
eine Milliarde kommen können. Die Sowjetunion erwartet jährliche
Zuwachsraten von 20 – 30 Milliarden cbm, derzeit haben sie
240 Milliarden, doch brauchen sie im Inland sehr viel und


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das Hauptproblem ist ihre Verteilungsanlage. Ihre Hauptpipelines
nehmen bereits jetzt 80.000 km Länge ein. Der sowjetische Handels-
rat macht mich auch aufmerksam, daß im Zehnjahresvertrag
drinnen steht, daß die Sowjetunion auch Elektrizität liefern würde,
derzeit liefern sie nur bis Ungarn. Ich erkläre ihm, daß ich
mich sofort mit der Verbund ins Einvernehmen setzen werde, damit,
wie er mit Recht urgiert, endlich gewisse Gespräche über evtl.
Lieferungsmöglichkeiten, die von Polen zumind. eingeleitet werden
sollten.

Anmerkung für GEHART: Veranlasse die notwendige Besprechung und
laß dich dauernd informieren, wie es weitergeht. Telefongespräch
zwischen Verbund und mir herstellen.

Der Handelsrat verweist auch darauf, daß der Moskauer Bürger-
meister mit Gratz vereinbart hat, es sollen Hotelbauten in
Moskau erfolgen. Die Sowjets erwarten, daß wir dafür auch die
Kreditmöglichkeit eröffnen. Bezahlen möchten sie es am liebsten,
indem sie ein Teilstück unserer U-Bahn für das zu errichtende
Hotel bei uns bauen. Eine solche Konstruktion erscheint mir
sehr fraglich und ich sage dies auch sofort. Die Wiener hatten
seinerzeit nämlich untersucht, ob es eine solche Möglichkeit
gibt und festgestellt, und sich dann letzten Endes auch dazu
entschlossen, daß dies kein gangbarer Weg ist, den U-Bahn-Bau
in Wien von Sowjets machen zu lassen.

Anmerkung für GRÜNWALD und REIM: Was ist aus der von mir ver-
langten Koordinierung Bundeshandelskammer, Gemeinde Wien und
Handelsministerium wegen der Hotelbauprojekte geworden? Bitte
um Bericht!

Der sowjetische Botschafter interessiert sich ganz besonders
über die internationale Energieagentur und meint, daß es sich
doch hier wahrscheinlich um eine Blockbildung gegen die arabi-
schen Staaten handelt. Ich erkläre ihm den österreichischen
Standpunkt, nämlich Neutralitätsklausel, und verweise auch auf
die bei der offiziellen Sitzung abgegebene Erklärung aller
Staaten, auch der von den Vereinigten Staaten, Standpunkt, daß
es sich hier nicht um eine Organisation mit einer Front- u.
Blockbildung handeln soll, sondern um 1. die Energieaufbringung,


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Verteilung und vor allem Verwendung der Energie und ganz
besonders der Erschließung neuer Energiequellen, also um
ein langfristiges Projekt und kurzfristig, um eine gerechtere
Verteilung in einer Krisensituation. Ich bin zwar nicht ein-
gehend informiert, doch kann ich aus den teils Zeitungsbe-
richten, teils Informationen über das Außenamt wenigstens die
Generallinie erkennen oder zumind. glaube ich dies. Frank ist
derzeit auch nicht sehr gut informiert, weil er erst die Rück-
kunft von Hladik abwarten muß, der in Paris bei den Besprechungen
anwesend war.

Anmerkung für BUKOWSKI: Ich möchte Hladik dann und Frank zur
Berichterstattung.

Bei der Festveranstaltung 150 Jahre Hutter & Schrantz kommt
mir bei den Auszeichnungen wieder zu Gute, daß ich doch ein
wenig persönliche Informationen von jedem besitze, dadurch kann
ich die Ansprache, die, wie der Vorstand sagte, der Höhepunkt
sein sollte, und wie er mir nachher versicherte, auch war, und
die Auszeichnung sehr locker halten. Benya meint zum Schluß,
ich müßte ja ein ganzes Heer von Kriminalbeamten beschäftigen,
um diese Informationen zusammen zu tragen. In Wirklichkeit
huldige ich das Prinzip, man kann entweder sehr gescheit reden,
das meine ich nicht ironisch, sondern wie dies für mich immer
wieder beeindruckend Kreisky macht, oder man kann locker mit
anderen Worten mit "Wiener Schmäh" wahrscheinlich die Zuhörer
auf diese Weise nehmen. Gen.Dir. Keimler, ein Aufsichtsrat, ver-
sicherte mir nachher, wenn ich einmal nicht mehr Handelsminister
bin, wüßte er sofort, welchen Beruf ich ergreifen müßte, den
ich seiner Auffassung nach perfekt beherrsche.

So richtig zum Bewußtsein gekommen ist mir das Problem einer
Rede und wie man sie aufbauen soll, als ich meinen guten Freund
nämlich aus der Jugendorganisation in Fünfhaus von 1945 her
kenne, nämlich Hans Mayr, jetzt Stadtrat für Finanzen, seine
erste große Rede vor der Wiener Konferenz, zumind. teilweise
hörte. Er hat sich vorgenommen, diese groß angelegte Rede nicht
mit Ziffern zu belasten, auch dann, wenn er über das Wiener Budget
75 referieren mußte, sondern grundsätzliche Erwägungen und Aus-


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führungen an die Spitze stellte, ob ihm dies gelungen ist,
kann ich nicht beurteilen, vor allem weiß ich nicht, nachdem
ich nach 3/4 Stunde weggehen mußte, wie lange er dann noch
gesprochen hat und wie sich die Diskussion entwickelte. Vor
allem weiß ich nicht, wie er dann die wirklich harten Kerne,
Tariferhöhungen, notwendigen Investitionen usw. erörterte.
Ich hätte auf alle Fälle aber dieses Referat anders angelegt.
Die Gefahr ist halt dann nur, wenn so locker und womöglich
mit Wiener Schmähs spricht, daß dies zwar bei den Zuhörern
gut ankommt, die Kritiker aber leicht sagen können, den Ernst
der Situation hat er aber nicht erfaßt und von einem Minister
müßte man erwarten, daß er dieses Problem viel gründlicher,
wissenschaftlicher und würdiger, vielleicht sogar mit einem
bisschen Arroganz vorträgt. Da ich dies aber weder kann noch
will, werde ich auf alle Fälle bei meinem System bleiben.

Die Aussprache mit Dr. Schmidt, Arbeitsamt Salzburg, und Dr.
Bernfeld, Arbeitsamt Oberösterreich, war sehr interessant. Beide
haben derzeit noch keinerlei Anhaltspunkte, daß sich die Arbeits-
marktsituation in ihren Bereichen wesentlich verschlechtert, je
nach ihren Ausführungen sogar überhaupt nicht. Die sogenannten
Rückströmer aus der Bundesrepublik konnte alle leicht unterge-
bracht werden, selbst das Baugewerbe ist noch gut beschäftigt,
nur in Salzburg vermutet man und befürchtet man, daß durch die
Einstellungen bei den Appartementbauten im Winter und nächstes
Frühjahr eine gewisse Arbeitslosigkeit im Baugewerbe zu bemerken
sein wird. Die Bauarbeitergewerkschaft ist sehr nervös und er-
wartet einen grösseren Rückschlag. Wenn die beiden nicht, was
ich nicht hoffe, gefärbte Stimmungsbilder geben, in der Annahme,
dies hören die Minister sehr gerne, dann wird es aber keinerlei
Schwierigkeiten größeren Ausmaßes auch auf dem Bausektor in
Salzburg und schon gar nicht in Oberösterreich geben. In Ober-
österreich ist überhaupt nur der Schärdinger Bezirk als
schlechtester Bezirk am meisten gefährdet. Im Zentralraum Wels,
Linz, Enns, Steyr sei überhaupt alles in Ordnung. Bei der
Arbeitsamtsleiterbesprechung, an der sie jetzt gerade teilge-
nommen haben, wurde auch ein allgemein sehr optimistisches Bild
gegeben.



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Gen.Dir. Koller hat mir versichert, daß auch die Voest-Alpine
keinen wie immer gearteten Rückgang zu verzeichnen hat und ihn
auch nicht erwartet. Die Befürchtung von Mitterer, daß die
Stahlkonjunkturen noch heuer einen Rückschlag erleiden wird,
ist damit absolut widerlegt. Ich habe deshalb Koller ersucht,
er soll seinen Stellvertreter Sernetz, der als Schiedsrichter
bei der Wette Mitterer und mir fungiert, veranlassen, Mitterer
den Brief zu schreiben, wo er ihm über die Stahlentwicklung,
d.h. über die ungebrochene Konjunktur im Jahre 74 und über die
Aussicht 75 aufklärt. Einen Durchschlag müßte er dann mir
schicken, damit ich meine Flasche Milch anfordern kann.

Stadtrat Nekula beschwert sich bei mir, daß ihm MR Kurzel den
mit der Sektion V vereinbarten Strompreis nicht genehmigen will.
Er möchte ihm angeblich keinen Bescheid geben, sondern jetzt
einmal wieder einen Brief schreiben. Ich halte eine solche Vor-
gangsweise, wenn sie tatsächlich so erfolgte, nicht für ziel-
führend. Nekula meint, ich sollte Kurzel ganz einfach eine Weisung
geben. Genau dies habe ich aber weder in den vergangenen vier
Jahren gemacht, noch beabsichtige ich es in Zukunft zu tun.
Ich bin überzeugt, daß es Jagoda gelingen wird, Singer dürfte
hier als Gruppenleiter kaum eine Möglichkeit haben sich durch-
zusetzen, sondern eher vielleicht gerade wenn er sich einschaltet,
hier das Gegenteil erreichen, so wird es Jagoda sicherlich ge-
lingen, Kurzel zu einer endgültigen Entscheidung zu bringen und
von der Notwendigkeit, die die Sektion V als sachlich zuständig
ausgehandelt hat, zu überzeugen. Sollte dies nicht der Fall sein,
dann muß ich mich sowieso einschalten, ohne allerdings die Initia-
tive von Kurzel, der sich wirklich über die Probleme den Kopf
zerbricht, auch dann wenn es lange dauert, hinweg zu gehen.

Anmerkung für WAIS: Bitte versuche zu klären, wie dies auch
zeitmäßig weiter gehen soll.

Meinen alten Freund, Zentr.Sekr. der Eisenbahner und NR-Abg.
Ulbrich Ernstl habe ich wieder besucht, er ist jetzt vom
Eisenbahner-Erholungsheim in der Nähe Graz nach Wien transferiert
worden, obwohl es nicht einmal zwei Monate her ist, hatte ich
ihn nicht wiedererkannt. Ich habe 3/4 Stunden mit ihm Schmäh
geführt, d.h. versucht ihn aufzuheitern, was sogar nicht sehr


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schwer war. Er ist geistig vollkommen rege, glaubt sogar
noch mehr oder minder die Geschicke der Eisenbahnergewerk-
schaft bis hinauf zum neuen Verkehrsminister Lanc beeinflussen
zu können und gibt sich der verschiedensten Illusionen hin.
Leodolter sagt mir, daß Ernst ein Phänomen ist. Schon als ich
ihn in der Steiermark besuchte, hat mir die Schwester dort
erklärt, nach den medizinischen Werten könnte er gar nicht
mehr leben. Sein Wille aber ist nach wie vor ungebrochen, der
versetzt bei ihm, wie man sonst landläufig nur vom Glauben
sagt, Berge, zum Glück hat er keine Schmerzen.

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Tagesprogramm, 26.11.1974

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)

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Tagesordnung 142. Ministerratssitzung, 26.11.1974

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23_1424_04

hs. Notizen (TO Ministerratssitzung Rückseite)


Tätigkeit: Alpine, GD ab 1972, SPÖ-nahe


Einträge mit Erwähnung:
    GND ID: 1017902909


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: GD ÖMV


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Handelsminister, ÖVP, Präs. HK Wien


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Gesundheitsministerin


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Bankier


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Wr. Wirtschafts- u. Finanzstadtrat


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Straßburg


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Unterrichtsminister, Bgm. Wien


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg.


                      Einträge mit Erwähnung:
                        GND ID: 124089623


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Bautenminister


                          Einträge mit Erwähnung:
                            GND ID: 125462697


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Obmann Chemiearbeitergewerkschaft


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Büro des Bundesministers (Sekretärin)


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: GD Int. Energieagentur


                                  Einträge mit Erwähnung:


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: Sts. Außenministerium


                                      Einträge mit Erwähnung:


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg.


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: SChef HM
                                            GND ID: 12195126X


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                              GND ID: 102318379X


                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                Tätigkeit: Präs. Vereinigung d. öst. Papierindustrie


                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                  Tätigkeit: Büro Staribacher; ÖIAG
                                                  GND ID: 1053195672


                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                    Tätigkeit: Chef Energiesektion


                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                      Tätigkeit: MR HM


                                                      Einträge mit Erwähnung:
                                                        Tätigkeit: GD VÖEST


                                                        Einträge mit Erwähnung:
                                                          Tätigkeit: Beamter HM


                                                          Einträge mit Erwähnung:
                                                            Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
                                                            GND ID: 119083906


                                                            Einträge mit Erwähnung:
                                                              Tätigkeit: Beamter HM


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                                                                Tätigkeit: stv. sowj. Außenhandelsmin.


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                                                                  Tätigkeit: Innenminister bis 1977, danach Verteidigungsminister


                                                                  Einträge mit Erwähnung:


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                                                                      GND ID: 118566512


                                                                      Einträge mit Erwähnung:
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                                                                        Einträge mit Erwähnung:
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                                                                          Einträge mit Erwähnung:
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                                                                            Einträge mit Erwähnung:
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                                                                              Einträge mit Erwähnung:
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                                                                                GND ID: 132912112


                                                                                Einträge mit Erwähnung: