Donnerstag, 30. Jänner 1975
Prof. Petrilli von der IRI, dem großen italienischen staatlichen
Konzern machte mir einen Besuch um Kooperationen zwischen
italienischen und österreichischen Firmen zu besprechen. Petrilli
möchte das auf Drittmärkten insbes. evtl. Kooperationen seiner
Konzernfirma und österreichischen Firmen versucht werden sollte.
Ich erklärte ein prinzipielles Interesse, machte allerdings auf-
merksam, daß in Österreich dafür ausschließlich die Betriebe ver-
antwortlich seien. Dies gelte auch für verstaatlichte Unter-
nehmungen. Auf das besondere österreichische Interesse auf Aus-
bau der italienischen-österreichischen Beziehungen konnte ich
durch das Beispiel des Accordino hinweisen, dort wird nach dem
Zollabbau im Rahmen der EG nurmehr ein spezifisch wirtschafts-
politischer Handelsspielraum überbleiben, wenn das Accordino nicht
vollkommen erlöschen soll. Wenn also über den örtlichen Bereich,
der das Accordino betrifft, es möglich wäre noch im gesamten
italienisch-österreichischen Bereich eine Kooperation von Firmen
zu erreichen, könnte dies nur für die Beziehungen gut sein. Ich
selbst habe darauf hingewiesen, daß ich jedwedige Kontaktnahme
sei es wie z.B. die Tavola Rotonda auf Kammerebene immer unter-
stützt habe und daß ich auch in Hinkunft jedwedige Kooperation
zwischen italienischen und österreichischen Firmen unterstützen
werde. Ein besonders gutes Beispiel der Zusammenarbeit auf dem
Energiesektor, für den ich zuständig sei, ist die Zusammenarbeit
zwischen ÖMV und SNAM.
Anmerkung für BUKOWSKI: Bitte Grünwald – ÖIAG verständigen.
Hr. Mück vom ORF machte ein Interview für das Fernsehen über die
Preisgestaltung der Energieferien. Er erinnerte daran, daß das
Handelsministerium die Handelskammer ersucht hatte, bei den Vor-
saisonpreisen zu bleiben, wo dies bis jetzt der Fall war.
Anmerkung für WAIS: Bitte Würzl über das Ergebnis dieser Anfrage
berichten lassen.
Bei der Preiskommission über die Mehlpreise erklärte ich den Vor-
schlag der Handelskammer bezüglich Erhöhung des vorverpackten
Grießes W 480 mit 1 Schilling als unakzeptabel. Der Vertreter des
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Landwirtschaftsministeriums und des Finanzministeriums wollte
vorerst von ihren Forderungen nicht Abstand nehmen, da sie
keinerlei Ministerweisung hatten. Letzten Endes gelang es aber
die Handelskammer davon zu überzeugen, daß 1 Schilling bei mir
nicht akzeptiert werden wird. Man einigte sich dann auf 95 Groschen
als höchsten Mehlpreiserhöhungsantrag. Ich erklärte Singer, so-
lange ich keine Detailkalkulationen sehe, keine Zustimmung zu
diesem Vorschlag geben zu können. Wesentlich schwieriger ge-
stalten sich die Verhandlungen mit der Brotindustrie und dem
Bäckergewerbe. Dort gibt es die alte Forderung von 1.20 Schilling
Unterdeckung plus 1.30 Groschen neue Kosten für die Brotpreis-
kalkulation. Selbst wenn auf die Unterdeckung verzichtet wird,
kann 1.30 Groschen Brotpreiserhöhung von mir nicht akzeptiert
werden. Die Arbeiterkammer hat 90 Groschen vorgeschlagen und
10 Groschen für die Semmel, dort verlangen die Bäcker aber mind.
20 Groschen Preiserhöhung. Singer erklärt, daß er unter einem
Zeitdruck steht weil die Wiener Zeitung verlangt, daß bis Freitag
mittags der endgültige Entwurf in der Druckerei sein muß. Ich
fürchte, daß es nicht möglich sein wird zu diesem Zeitpunkt schon
den Brot- u. Semmelpreis fixieren zu können. In diesem Fall würden
wir für Montag den Mehlpreis in Kraft setzen und für Brot und
Semmel weiter verhandeln.
Die Sitzung mit den Landeshauptleuten war wesentlich besser
besucht als ich erwartete. Allerdings waren nur von schwarzen
Bundesländern die Landeshauptleute selbst erschienen, sowohl
Keßler als Wenzl und Maurer, die sich auch das letzte Mal
für dieses Problem sehr interessiert haben, waren anwesend. Von
Wien war Heller und von Kärnten Ausserwinkler als Funktionäre
erschienen. Steinocher von Salzburg hatte sich entschuldigt und
Wallnöfer war ebenfalls nicht gekommen, wobei mir sein Hofrat
Pick, mit dem ich schon einige Male Diskussionen in Innsbruck
gehabt hatte, Wallnöfers Entschuldigung persönlich mitteilte.
Die Steiermark war durch den zuständigen Landesrat Bammer ver-
treten. OÖ war außer durch Wenzl noch mit dem zuständigen Landes-
rat Ing. Reichl von uns sozusagen doppelt besetzt. Überhaupt
nicht vertreten war das Burgenland. Mein Vorschlag an die Teil-
nehmer, daß wir uns mind. 2 mal im Jahr treffen sollten, wurde
sofort akzeptiert, auch die Idee, daß vorher die Beamtenvertreter
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der Preisbehörden zusammenkommen sollten, wie dies übrigens
auch schon die ganzen Jahre hindurch geschieht, wurde zur
Kenntnis genommen. Diese Beamten sollen zuerst unsere Probleme
durchdiskutieren und vielleicht sogar schon einvernehmliche
Vorschläge an die Funktionäre erstatten. Wenzl verlangte nur,
daß wir das nächste Mal eine Tagesordnung ausschicken sollten,
was ich sofort zusagte. Wir hatten auch diesmal eine Tagesordnung
vorbereitet, worin allerdings nur der Bericht über den Erlaß des
Handelsministeriums betreffend neues Preisgesetz draufstand. Dies
erschien mir aber als zu wenig, deshalb hatte ich nach diesem
formellen Beschluß, wie wir in Hinkunft vorgehen wollten, den
Landeshauptleuten einen umfassenden Bericht über die Preissituation
gegeben. Einleitend verwies ich auf die freiwillige Preissenkungs-
aktion und bedankte mich vor den anderen Landeshauptleuten ganz
demonstrativ bei Tirol und Burgenland, die sich ja offiziell
auch dieser Preissenkungsaktion angeschlossen hatten. Ich wies
auch darauf hin, daß jetzt die Bundeshandelskammer einzelne Fach-
gruppen z.B. Elektroindustrie oder Gremien z.B. Möbelhandel
diese Aktion offiziell unterstützen. Ich gab meiner Hoffnung
Ausdruck, daß in Hinkunft wesentlich mehr Unterstützung von den
Ländern und den Interessenvertretungen der neuen Aktion, die
starten will, teilwerden wird. Bei der Besprechung des Erlasses
und der Delegierungsmöglichkeiten des neuen § 3b Preisgesetzes an
die Landeshauptleute entspann sich sofort von Niederösterreich
angeregt die Diskussion, wer die Kosten der Delegierung über-
nehmen würde. Aus dieser Diskussion konnte ich entnehmen, daß
insbes. die ÖVP-Landeshauptleute scheinbar befürchteten, ich
würde jetzt unverzüglich alle Delegierungsmöglichkeit sofort
ausnützen und entsprechendes veranlassen. In Wirklichkeit habe
ich aber gar keine Möglichkeit eine Preisregelung vorzunehmen
und damit auch eine Delegierung erst auszusprechen wenn eine
Preiserhöhung vorgenommen wird. Nach wie vor hoffe ich, daß es
uns in den nächsten Wochen gelingt, da ein oder zwei charakteristi-
sche Preiserhöhungen zu erfahren, wo wir dann positiv einen § 3b
anwenden können. Leider hat mir Wais mitgeteilt, ist das Beispiel
der Brillenfassungen, die angeblich 98.–– Schilling ab Fabrik
kosten, und dann für den Verbraucher auf das zehnfache steigen
durch keinerlei Ziffern belegt. Salzburgs Vertreter hat angeregt,
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wir sollten die Auszeichnungsverordnung für Dienstleistungen,
die das Gesetz dem Handelsministerium gibt, unverzüglich ent-
werfen. Jagoda versprach, einen diesbezüglichen Entwurf den
Interessenvertretungen und den Ländern zur Stellungnahme
zu schicken. Ebenso gelang es dem steirischen Vertreter alle
Landeshauptleute davon zu überzeugen, daß gegen die Erhöhung
von Realitätenvermittler-Gebühren eingeschritten werden soll.
Hier wäre, wenn ein entsprechendes Ziffernmaterial vorliegt,
ein § 3b anwendbar. Die Realitätenvermittler haben unmittelbar
nach Ablauf der Entlastungsverordnung sofort in der Steiermark
angeblich die Sätze entsprechend erhöht.
Anmerkung für WAIS u. JAGODA: Bitte offiziell die Unterlagen
von der Steiermark verlangen.
Präs. Weiß von der Verbundgesellschaft ersuchte, daß das
nächste Mal in den Aufsichtsräten für Dir. Kandolf, Tauernkraft-
werke, Hermann, DoKW, und Erbacher, Verbundgesellschaft, der Fünf-
jahresvertrag auf die Tagesordnung gesetzt werden kann. Bezüglich
Kugler ist er bereit, nach dem 2. März den Nachfolger zu nominieren
damit auch dieser Vertrag verlängert werden kann. Der Betriebs-
ratsobmann Inthal, Betriebsratsobmann der Draukraftwerke hätte
nun Kugler mitgeteilt, daß eine Verlängerung nur in Frage komme,
wenn gleichzeitig eine Geschäftsordnungsänderung Platz greift.
Weiß sagte mit Recht, daß bis jetzt über dieses Problem noch
niemals gesprochen wurde und auch bezüglich der Verlängerung von
Kugler noch niemals ein solches Junktim der ÖVP mitgeteilt wurde.
Seinerzeit, als Erbacher in der Verbund bestellt wurde und eine
Änderung der Geschäftsordnung gewünscht wurde, hat man dies durch
monatelange Verhandlungen im Aufsichtsrat letzten Endes genehmigt.
Ich betrachtete dies als einen Hinweis von Weiß, daß wir auch
bei den Draukraftwerken so vorgehen sollten. Weiß ersuchte zwar,
ich sollte in einem Brief, den Frank jetzt entwerfen wird, auf
diesen Hinweis nicht besonders Bezug nehmen. Frank wird sich in
dieser Frage mit dem Präsidenten des Aufsichtsrates Werner ins
Einvernehmen setzen, der angeblich auch nichts über die Vorgangs-
weise der Betriebsräte wußte und diese Methode ablehnt. Weiß
erklärt, daß bezüglich der Bestellung Baumgartners in die Donau-
kraftwerke die ÖVP noch immer nicht weiß ob es sich nur um eine
politische Maßnahme handelt oder ob auch wirklich eine sachliche
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Begründung dahintersteckt. Ich habe sofort Weiß den Vorwurf
gemacht, daß er als Aufsichtsratspräsident nicht dafür sorgt,
daß eben die Verbund einen diesbezüglichen sachlichen Vorschlag
bereits ausgearbeitet hat. Ich habe von der Verbund dies bereits
vor einem Jahr verlangt und fragte Weiß, wie lang er als Minister,
wenn er solche Wünsche geäußert hat, zugewartet hat. Weiß gab zu,
daß hier der Vorstand der Verbund säumig ist und wird darauf
drängen, daß so schnell als möglich eine sachliche Begründung
und ein entsprechender Plan ausgearbeitet wird. Bezüglich der
Tauernkraftwerke Nachfolge von Nyvelt stellt Weiß ausdrücklich
fest, daß dies eine reine Angelegenheit der Sozialistischen Seite
sei und die ÖVP jeden Vorschlag und Vorgangsweise akzeptieren
wird. Da wir uns über diese Punkte im Detail nicht einigen konnten,
andererseits aber das Junktim, das ich nie expressis verbis auf-
gestellt habe, ich aber sachlich kaum mehr halten kann, erklärte
ich, daß es sich jetzt hier von mir um eine Vorleistung handelt,
ich erwarte in Hinkunft, daß die ÖVP-Seite bei sachlichen Not-
wendigkeiten ihre Zustimmung gibt oder zumind. wie dies bei der
Bestellung Baumgartners dann der Fall sein wird, nicht in der
Öffentlichkeit dagegen demonstriert. Weiß erklärte, eine solche
Verpflichtung jetzt noch nicht übernehmen zu können, verweist
aber darauf, daß auch die Statutenänderung der Donaukraftwerke
wonach jetzt ein vierter Vorstand Baumgartner bestellt werden
kann, nicht in der Öffentlichkeit von der ÖVP kritisiert wurde.
Dies ist sicherlich auf den Einfluß von Weiß zurückzuführen und
er versichert mir, er wird in Hinkunft genau dieselbe Politik
machen, wenn man ihm jetzt nicht durch Junktimierung große
Schwierigkeiten bei der Bestellung von Kandolf, Hermann und
unsererseits Erbacher machen würde. Frank verweist darauf, daß
auch er einzelne Wünsche in der Verbundgesellschaft bis jetzt
nicht durchgebracht hat und deshalb als Aufsichtsratsmitglied
inquisitorische Fragen an den Vorstand bei den nächsten Sitzungen
richten wird. In einer Beziehung hat Frank recht, daß der Vorstand
der Verbund ob schwarz oder rot glaubt, die Zeiten sind noch
immer so wie dies bis jetzt der Fall war, d.h. das Ministerium
nur der Erfüllungsgehilfe der Verbundgesellschaft ist.
Frank berichtet mir anschließend, daß die KELAG einen Brief
an die Verbund gerichtet hat wonach die Aufstockung ihres Anteils
an der Drau recht vollkommen einwandfrei und finanziell ohne
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weiters möglich sei. Frank hat Pacheiner, der bei ihm war, so wie
ich auch dem Landesrat Frühbauer, ohne das wir uns vorher abge-
sprochen haben, dieselbe Auskunft gegeben, Kärnten muß jetzt mit
der Verbundgesellschaft einig werden und mir die Verbundgesell-
schaft entsprechende Vorschläge unterbreiten.
Dkfm. Lacina und seine Kollegin von der Arbeiterkammer, die auch
im Gewerbestrukturverbesserungsgesetz-Beirat sitzt, möchten
wissen, ob das Handelsministerium jetzt die Richtlinien zum Ge-
werbestrukturverbesserungsgesetz ändern möchte. Ich erkläre ihnen
und auch Gehart, daß ich an einer Richtlinienänderung nicht
interessiert bin wohl aber wahrscheinlich der Freie Wirtschafts-
verband vor den Kammerwahlen einen Erfolg dringend braucht und
wahrscheinlich auch wünscht. Eine Richtlinienverbesserung wonach
eben Gewerbetreibende die für die Versorgung dringend notwendig
sind in Hinkunft als Schwerpunktfälle betrachtet werden, erscheint
mir zweckmäßig, soweit eben die finanziellen Möglichkeiten dies
zulassen. Lacina gibt zu, daß wenn man dies richtig formuliert,
in der derzeitigen budgetären Situation seine Deckung finden
könnte.
Anmerkung für GEHART: Bitte die Formulierung so schnell als möglich
zu versuchen.
Botschafter Gohar von Ägypten möchte infolge meines Ägypten-
besuches jetzt ebenfalls eine Kontaktstelle schaffen, wie wir
sie in Kairo vereinbart haben. Zu meiner größten Verwunderung
erklärte er sich als den Kontaktmann, da er seinem Handelsattaché
scheinbar nicht diese Arbeit übertragen will. Von unserer Seite
ist Fälbl dafür zuständig. Gohar erklärt auch rundweg, er glaubt,
daß wir sehr wohl die iranische finanzielle Hilfe in Anspruch
nehmen müssen, um wirkliche ägyptisch-österreichische Geschäfte,
Lieferungen oder vielleicht gar Kooperationen zustande zu bringen,
dies war auch meine Meinung solange nicht in Kairo Minister Amin,
mit dem ich den Vertrag unterzeichnete, einleitend sofort erklärte,
ihm stünden 3 Milliarden Dollar für Investitionen zur Verfügung.
Gohar war auch sehr erfreut, von mir die Listen der Kooperationen
und Lieferwünsche zu bekommen, die wir in Ägypten all den
Ministern überreicht hatten.
Anmerkung für BUKOWSKI und MEISL: In Hinkunft werden wir bei allen
Besuchen den Botschaftern in Österreich ebenfalls die Listen, die
ich übergebe, anschließend überreichen.
Bei Kreisky war sein jahrzehntelanger Bekannter, Strakosch
von den Zuckerfabriken, um ihn auf die kritische Situation
in den Anbauverträgen, Verzögerungen aufmerksam zu machen. Die
niederösterreichischen Rübenbauern haben sich scheinbar zu-
sammengeschlossen und drohen, unter gar keinen Umständen Zucker-
rüben anzubauen sondern auf Mais oder andere Produkte auszu-
weichen. Die Zuckerfabriken wollen nun endgültig das Problem
lösen und Kreisky ist bereit, sich hier einzuschalten. Ich in-
formierte Kreisky über die Getreide- und Mehl sowie Brot- u. Semmel-
situation und erklärte, daß ich nächste Woche hoffe, mit der
Zuckerfrage weiterzukommen. Das Problem ist nicht die 16 %-ige
Erhöhung des Rübenpreises sondern die damit verbundene und ver-
langte 16 %-ige Erhöhung des Zuckerverbraucherpreises. Hier wird
die Arbeiterkammer und der Gewerkschaftsbund wahrscheinlich nicht
ihre Zustimmung geben. Kreisky meint, vielleicht wäre es möglich,
den Zuckerverbraucherpreis für die Konsumenten nicht so stark zu
erhöhen und dafür einen höheren Preis von der Süßwarenindustrie,
d.h. der zuckerverarbeitenden Industrie zu verlangen. Ich werde
Kreisky über den weiteren Fortgang der Zuckerverhandlungen auf
dem laufenden halten.
Tagesprogramm, 30.1.1975