Montag, den 3. März 1975
Jour-fixe war mit Sallinger allein, der mir mitteilte, daß sie
gegen die Meinungsumfragen wegen des Ladenschlusses sind.
Schönbichler hat 70 seiner Funktionäre versammelt gehabt, Sallinger
wurde bei der Fraktion ebenfalls mit eingeladen und dort wurde
beschlossen, der Handelsminister soll einen Gesetzentwurf dem
Parlament zuleiten, wonach die Landeshauptleute ermächtigt werden
einen zweiten Tag zu schließen und einmal Abends eine längere
Öffnungszeit vorzusehen. Ich erklärte Sallinger sofort, daß dies
gegen unsere Vereinbarung ist, wo er selbst verlangt hat, daß vor
den Wahlen nichts mehr auf diesem Gebiet geschehen sollte. Sallinger
gab zu, daß Schönbichler seine Leute nicht in der Hand hat, er sich
aber auch nicht gegen die 70 Leute stellen konnte oder wollte, wes-
halb er dort zustimmte und die ganze Angelegenheit nur noch einmal
in den Handelskammervorstand bringt. Sallinger möchte, daß ich unbe-
dingt nach Nordkorea zur Vertragsunterzeichnung fahre, aber erst
bis er im Frühjahr oder Sommer in Südkorea gewesen ist. Ich er-
kläre, daß ich daran kein Interesse habe und nur dann fahre, wenn
die Regierung der Meinung ist, ich sollte fahren.
Die Ringbrotwerke in Oberösterreich haben sich bei ihm beschwert,
daß sie jetzt zusätzliche Arbeitszeitverkürzung in der Brotindustrie
durchführen sollen. Ich erklärte Sallinger, daß dies auf dem Bäcke-
reiarbeitergesetz beruht, wo die Kollektivverträge dann zusätzliche
Regelungen vorsehen und er selbst Schuld ist weil das Bäckerei-
arbeitergesetz im Sozialausschuß boykottiert wird, in einem Unter-
ausschuß derzeit liegt weil es erst nach den Kammerwahlen behandelt
werden soll.
Sallinger hat mit Mühlbacher vereinbart, daß zur 30-Jahre-Republik-
Feier zwar nicht, wie Mühlbacher wollte 50, aber doch 36 Kommerzial-
ratstitel zusätzlich verliehen werden sollten. Ich soll mich beim
Bundespräsidenten dafür einsetzen die Aufteilung zwischen Freien
Wirtschaftsverband und Handelskammer wurde festgelegt. Sallinger
wünschte auch gleichzeitig, daß zu 125 Jahre Tirol am 13.1.76 und
125 Jahre Kärntner Handelskammer am April 76 ebenfalls zusätzliche
Kommerzialräte zur Verfügung gestellt werden. Er hat sich vorge-
stellt für Kärnten 11 und für Tirol 12, ich selbst erklärte mich
aber nur bereit für Tirol und Kärnten so wie seinerzeit für Salz-
burg jeweils 11 zur Verfügung zu stellen, wenn ein einvernehmlicher
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Vorschlag von Mühlbacher und Sallinger mir vorgelegt wird.
Ich erklärte außerdem, daß es mich freut, daß die Handelskammer
damit rechnet im Jahre 76 noch immer mich als Handelsminister
zu haben. Nach den Kärntner Wahlen die für die ÖVP doch ein gewisser
Schock gewesen sind, wie ich bei Sallinger feststellen konnte, haben
sie jetzt alle Hoffnungen wieder fahren gelassen, einen ÖVP-Handels-
minister wieder zu haben. Noch ein größerer Schock wäre ja, wenn
ein FPÖ-ler das Handelsministerium bekommen würde.
ANMERKUNG für BUKOWSKI: Bitte die Kommerzialratangelegenheit vor-
bereiten, wenn ich den Bundespräsidenten besuche.
Betreffend des Besuches des marokkanischen Handelsminister meinte
Sallinger er hätte nur die Möglichkeit das Essen zu bezahlen. Auf
alle Fälle lehnte er die Aufenthaltskosten, d.h. die Hotelrechnungen
ab. Wir hatt auch seinerzeit wirklich vereinbart daß die ausländi-
schen Delegationen vom Handelsministerium bezahlt werden. Da ich
die Absicht hatte, immer diese Delegationen zur Frühjahrs-oder
Herbstmesse nach Wien einzuladen, wäre dies von der Messeleitung
bezahlt worden. Vielleicht können wir den Besuch noch bis zur
Eröffnung der Messe ausdehnen, dann bezahlt es die Messe AG. Das
Gastgeschenk wird von der Handelskammer zu Verfügung gestellt.
Ich versuchte überhaupt Sallinger, mit dem ich vereinbart hatte,
jedesmal das Gastgeschenk im einzelnen zu bestimmen, daß er mir
ein entsprechendes Gastgeschenk zur Verfügung stellt, und ich
damit alle Sorgen der Beschaffung los bin.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Bitte kläre, ob der marokkanische Minister
nicht doch auf Kosten der Messe bis zur Eröffnung bleiben kann.
Sallinger hatte eine Information, daß in Großbritannien die Export-
subventionierung erhöht wird, indem Kostensteigerungen von der
Regierung teilweise übernommen werden. Ich erwiderte sofort, daß
die Methode Englands auch in Deutschland großen Widerstand aus-
löst. Dort hatte ich in der Handelskammer, sowohl in Frankfurt
am Main als auch in Berlin den Eindruck, daß man wegen der Export-
kredite, die Großbritannien den Sowjets geben und wahrscheinlich
jetzt auch die weiteren Subventionen gewährt werden sagt, die
machen es sich einfach, von uns in der EG wollen sie noch und
noch Unterstützungen und selbst versuchen sie durch besondere
Exportfazilitäten auf dem Weltmarkt womöglich die deutsche Konkurrenz
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hinauszudrücken. Sallinger kam auch mit mir über die Edelstahl-
lösung ins Gespräch und meinte, sie würden einem Gesetzentwurf
zustimmen, wenn ein Fünfer-Vorstand kommt, d.h. Bayer als General-
direktor dann die Entscheidung hätte. Benya selbst soll Sallinger
erklärt haben, dass die Betriebsräte Bayer nicht wollen und es
daher eine schwierige Verhandlungsphase geben wird.
Bei der Sitzung des Textilausschusses wegen der Kennzeichnung
konnte ich feststellen, dass es doch möglich war, eine Einigung
über die Formulierung und den Beginn mit 1. April herbeizuführen.
Schwierig ist nur, dass die Industrie verlangt, beim Grenzüber-
tritt müsste das Finanzministerium die Waren prüfen, ob die Kennzeich-
nung erfolgte. Min.Rat Hruby hat dem Sekretär des Konsumentenbeirates
Sager keine diesbezüglichen Erklärungen abgegeben. Die Situation war
hier ähnliche wie seinerzeit in der Bürges, die Konsumentenseite
verlangt jetzt diese Kennzeichnung ein nichttarifarisches Handels-
hindernis wie wahrscheinlich einige Staaten sagen werden innerhalb
der EFTA und auch der EG, während sich die Industrie vorerst dagegen
wehrt. Die Handelskammer ist in diesem Fall vertragstreuer und weist
insbesondere darauf hin, dass zusätzliche Kosten entstehen, die der
Konsument bezahlen muss. Die tiefere Ursache dürfte aber sein,
dass die Handelssektion sich gegen solche Kennzeichnungen mit der
Textilindustrie verbündet und dagegen sich ausspricht. Insbesondere
gab es das Problem der Übergangsfrist, weil sie eine fast unendlich
lange Aufbrauchfrist für alle Ladenhüter wollte. Ich selbst erklärte
auch hier müsse man ein Kompromiss finden und eine Stufenregelung wie
in der EG wäre auch für Österreich zielführend. Verschiedene Sorten
sollten eben verschieden lang ohne Kennzeichnung noch verkauft
werden dürfen, bis die Lager aufgebraucht sind.
Beim Journalistenfrühstück hat Min.Rat Kinscher über die Lehrberufs-
listen Reduzierung von 304 auf 224 referiert. Sicher ist jetzt in den
5 Jahren in Durchführung des Berufsausbildungsgesetzes viel im Handels-
ministerium auf Grund der einvernehmlichen Vorschläge des Berufs-
ausbildungsbeirates geschehen. Trotzdem glaube ich wäre es höchste Zeit
wenn wir eine umfassendere modernere Lehrlingsausbildung in Angriff neh-
men. Kinscher verwies allerdings mit Recht darauf, dass im 5. Schul-
organisationsgesetz eine notwendige Ergänzung der beruflichen Ausbil-
dung erst auf schulischem Sektor verhandelt und erreicht werden
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muss. Hier müsste in Wirklichkeit der Hebel für eine bessere Berufs-
ausbildung angesetzt werden. Ich bin überzeugt, dass wenn wir den poly-
technischen Lehrgang zweckmässigerweise umbauen, dann auch die
Handelskammer bereit wäre, ein neues System der schulischen Ausbildung
und der beruflichen Ausbildung mit mehr Berufsschulzeit zuzustimmen.
Auf alle Fälle habe ich hingewiesen, dass es jetzt erfolgversprechende
Verhandlungen gibt, um ein Berufsausbildungsinstitut, d.h. eine For-
schungsstätte zwischen Handelskammer und Gewerkschaftsbund zu schaffen.
Da ich in der letzten Zeit nichts mehr hörte, nehme ich an, dass die
Verhandlungen jetzt wieder gut laufen und Fortschritte machen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte erkundige Dich bei der ÖGB-Jugend,
ob dies auch tatsächlich der Fall ist.
Der Bericht Zolles's über die internationale Touristenbörse im Berlin
hat scheinbar für die Zeitungsleute überhaupt kein Interesse, zumindest
stellten sie keine einzige Zusatzfrage. Ähnlich war es bei dem Bericht
von Pschorn über die AH-Statistik-Ergebnisse. In Wirklichkeit waren
zumindestens Rundfunk und Fernsehen nur auf die Ölpreise und damit
im Zusammenhang auf eventuelle Preissenkungen bei Benzin inter-
essiert. Für mich ist dies eine lehrhafte Erkenntnis, dass was immer
positiv geleistet wird, gar keinen Neuigkeitswert für die Massenmedien
hat, sondern eben nur was unmittelbar an Ereignissen bevorsteht,
die für eine grosse Masse von Lesern, Zusehern oder Hörern unmittel-
bar von Interesse sein könnte. Ich finde damit nur bestätigt, was ich
auch seit Jahrzehnten in der Partei immer predige. Man soll nicht
glaube, dass grosse Reformen die Leute bewegen sondern ausschliesslich
was verdiene ich, wie ist die wirtschaftliche Lage und wie steigen die
Preise, warum muss ich für dieses oder jene mehr bezahlen. Unter diesen
Umständen kann ich immer nur dann damit rechnen, grösstenteils mit
negativ wirkenden Problemen in der Öffentlichkeit konfrontiert oder
dargestellt zu werden. Wie ich richtig bereits 1971 voraussagte, ein
reines Watschen-Referat und ich damit ein reiner Watschenmann.
wenn ich daher, da ich ja keine dezidierten Erklärungen in irgendeiner
Richtung abgeben möchte, um entweder Verhandlungen nicht zu stören
oder beginnende Verhandlungen womöglich zu präjudizieren, ausweichende
Antworten gehe, dann muss der Eindruck entstehen, das ich laviere.
Die weitere Folge muss dann sein, dass ich wie dies auch Blecha jetzt
in einer Analyse von Sinowatz und mir mir angedeutet hat, der Eindruck
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entsteht, dass nur 18 % glaube ich annehmen, dass ich die Wahrheit sage,
und die wesentlich grössere Masse glaubt, dass ich Schmäh führe,
mit anderen Worten unglaubwürdig bin. Blecha hat, als er mir diese
Mitteilung vor einiger Zeit machte, noch nicht die endgültige Aus-
wertung gehabt, ich persönlich bin daran auch gar nicht interessiert,
denn ich war mir von allem Anfang an klar, dass mein Bekanntheitsgrad
vielleicht zunimmt, mein Image aber sicherlich mit dieser Arbeit
nicht besser werden kann. Zum Glück ist mir dies von meinem
politischen Karrierestandpunkt auch vollkommen gleich. Noch immer
stehe ich auf dem für mich allein gültigen Standpunkt, ich mache meine
Arbeit und dies ist mehr als genug. Eine unangenehme Arbeit kann
man beim besten Willen nicht so machen, dass angenehme Ergebnisse
immer herauskommen.
Eine COTAL-Delegation, d.h. die Reiseveranstalter von lateinameri-
kanischen Staaten besuchte Österreich und Zolles meinte, es wäre
sehr schön, wenn es gelänge, einen COTAL-Kongress, an dem 1.500 Reise-
veranstalter in Lateinamerika immer teilnehmen, nach Wien zu bringen.
Vor zwei Jahren als der COTAL-Vorstand hier war, hatte ich bereits
in seinem Auftrag eine solche Andeutung gemacht. Jetzt wiederholte
ich diesen Wunsch und die Delegation, insbesondere der jetzige
Präsident, der aus Panama kommt, war davon begeistert. Der Generalsekre-
tär hat mir nur dann beim Essen auseinandergesetzt, dass es sehr
schwierig sein wird, weil die nächsten Kongresse bereits auf
lateinamerikanische Staaten verteilt sind. Noch niemals hat nämlich
COTAL ausserhalb Lateinamerikas einen Kongress abgehalten. Er sieht
aber eine Möglichkeit, dass ein ausserordentlicher Kongress oder
wie er glaubt noch viel besser von den 1.500 Delegierten vielleicht
5000 dazu zu gewinnen wären, nach Österreich zu kommen. Ihm schwebt
allerdings auch gleichzeitig von, dass die Lateinamerikaner ihre
Reisemöglichkeiten darlegen und Europäer nach Wien kommen, um ihre
Wünsche hier darzulegen, dies womöglich in Form von Ausstellungen
ähnlich, wie ich es jetzt in Berlin bei der internationalen Touri-
stenbörse festgestellt habe. Da ich ja der Meinung bin, Ansätze einer
so grossen Touristenbörse könnten wir in Wien versuchen, wäre dies
vielleicht ein Anknüpfungspunkt, allerdings könnte dann der Kongress
nicht so schnell, nämlich im November dieses Jahres noch stattfinden.
Darüber hinaus bin ich nicht ganz sicher, ob wir überhaupt europäische
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Veranstalter veranlassen können, bei uns in Wien eine diesbezüg-
liche Ausstellung oder Verkaufsgespräche zu führen. Sowohl
Senatsrat Krebs versicherte mir, er hätte mit Fröhlich-Sandner ge-
sprochen und die sei bereit, den Kongress nach Wien effektiv einzu-
laden und entsprechende Kosten zu übernehmen sowie Komm.Rat Scheiner
für die Hoteliers auch diesbezügliche Vorkehrungen, verbilligte Unter-
bringung als auch direkte Kostenzuschüsse zu leisten. Zolles meint,
wir müssten dann von der Fremdenverkehrswerbung einen Opernbesuch
finanzieren. Da dies viel Geld kostet, habe ich Scheiner sofort ge-
sagt, er müsste ebenfalls sich daran beteiligen. Die Vorführung der
spanischen Hofreitschule könnte in Form eines Trainings vom Land-
wirtschaftsministerium organisiert werden und würde nicht allzu viel
kosten.
ANMERKUNG FÜR ZOLLES, WAIS : Bitte überlegen Sie, ob wir eine Verkaufs-
veranstaltung zustandebringen könnten und wie dies schnell dies orga-
nisiert werden müsste.
Im Wiener Vorstand und im Wiener Ausschuss gab es nur Sekretariats-
berichte, im Mitgliederstand wurde ein neuerlicher Rückgang von
4.000 im Jahre 1974 festgestellt und mit 255.000 ein weiterer Tief-
stand erreicht. Trotz der Werbeaktionen gelingt es nicht, auch nur
den Mitgliederstand zu halten. Viel erhofft man sich, wenn die EDV-
Anlagen funktionieren werden, dann Werbeaktionen besser vorbereiten
zu können. Durch die Überalterung der Partei sterben natürlich jetzt
mehr Parteimitglieder weg, die jungen Leute haben kein besonderes
Interesse, Parteien beizutreten, sie wollen sich nicht dekla-
rieren. Edlinger bemerkte mit Recht, dass heute viele junge Menschen
abseits stehen, nicht zuletzt deshalb, weil sie sagen, selbst inner-
halb der Soz. Partei gibt man der Blutgruppe Null ja auch entsprechen
de Chancen. Ich bin an und für sich nicht ein besonderer Freund der
Vereinsmeierei und weiss genau, dass diese bei uns in den Organisa-
tionen noch eine grosse Rolle spielt. Davon werden junge Leute
meistens abgestossen. Andererseits aber müsste es der Jungen Generation
gelingen und die ersten Erfolge sind zweifelsohne wenn man gegenüber
Deutschland unsere Entwicklung vergleicht, vorhanden, das doch junge
Menschen innerhalb unserer Partei sich betätigen sollen und müssen.
Ohne Parteien gibt es eben keine Demokratie und wenn es in Deutschland
so weitergeht, bin ich überzeugt, wird dann sehr bald der Ruf nach
dem starken Mann kommen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Wie ist Deine Meinung und die Deiner jungen
Genossen zu diesem Problem und der Gefahr, die ich sehe?
Die Bergbaudelegation, geführt von GD Koller und in derselben Zu-
sammensetzung, wie sie vor einiger Zeit bei mir war, hatten bei
Kreisky den gewünschten Termin bekommen und dort entsprechende Mass-
nahmen verlangt. In Wirklichkeit lauft es darauf hinaus, dass sie
erwarten, doch einen Groschen auf die kWh Abgabe zu bekommen, wie
dies auch in der Bundesrepublik der Fall ist. Dann würden dem Berg-
bau 300 Mill. S zur Verfügung stehen und mir den weiteren zusätzlichen
budgetären Bergbauhilfsmassnahmen könnte dann eine entsprechende
Sanierung erfolgen. Kreisky war hier Gott sei Dank sehr vorsichtig
und hat sich alles angehört, dann aber mich ersucht, ich solle ein
Komitee sofort einberufen, um über alle Probleme zu verhandeln.
Prinzipiell sei nach menschlichem Ermessen der Bergbau zu erhalten.
Der Verlust müsste so wie die Kosten transparent gemacht werden, damit
die Bevölkerung sieht, worum es geht. Am liebsten würde Kreisky einen
Bericht an den Nationalrat machen, damit dort ähnlich wie die Land-
wirtschaft mehr oder minder die Zuschüsse ausser Diskussion kommen.
Der Finanzminister war anwesend und hat sich gegen eine solche Idee
nicht ausgesprochen, obwohl ihm klar sein muss, dass ähnlich wie
beim Grünen Bericht dann sofort ein Grüner Plan dazukam, bei einem
Schwarzen Bericht dann ein Schwarzer Plan kommen würde, der ihm viel
mehr kostet als die jetzige Bergbauförderung. Ich selbst halte von
solchen Berichten an und für sich nicht sehr viel. Drittens sollte
man eine Preiskorrektur in Erwägung ziehen, wobei insbesondere die
OKA entsprechende höhere Wärmeeinheiten-Preise für die Wolfsegg-Traun-
thaler bezahlen müsste. Hier habe ich nachher auch dem Generaldirektor
gesagt, er müsse versuchen, dass Wenzl in Oberösterreich sich mehr
für die WTK bei der OKA einsetzt. Die Überlegung, dass hunderttausend
Tonnen zusätzlich die Verbundgesellschaft Kohle übernehmen soll,
bei der OKA verstromen und dann mehr oder minder den teuren Strom über-
nimmt, damit die WTK auf eine Monoproduktion eben nur Verstromungskohle
übergehen kann, halte ich zwar für technisch richtig, aber finanziell
unrichtig, nur der Verbund aufzulasten.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Hier muss Sterk entsprechende Vorschläge in
der zu gründenden Kommission machen.
Koller beschwerte sich auch, dass die seinerzeitige Vereinbarung
unter meinem Vorsitz zwischen der ÖDK und der GKB nicht eingehalten
wird. Ich erklärte mich sofort bereit, wenn ein Teil sich an mich
wendet, neue Besprechungen über diesen Punkt aufzunehmen.
In der Ministerratsvorbesprechung war Kreisky bereit, meine Anre-
gung, die Botschafter der EG-Staaten wenn Österreich wegen der
Rindersperre zu sich zu berufen durchzuführen. Betreffend des
libyschen Besuches war der Botschafter bei ihm und hat scheinbar
wie ich vermutete gar keine Projekte vorgelegt sondern möchte
jetzt, dass Österreich entsprechende Vorschläge macht. Kreisky
ersuchte mich deshalb, ich sollte ihm Warenlieferwünsche und
Projektlisten erstellen.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI UND WANKE: Bitte sofortige Vorarbeiten ein-
leiten und so schnell wie möglich Listen zusammenstellen.
Die Parteienfinanzierung soll unter allen Umständen jetzt im Parlament
durchgezogen werden. Die Intervention Sallingers bei Benya und
bei anderen, dass dadurch die Zusammenarbeit leiden würde, ist nicht
richtig. Schleinzer macht ununterbrochen jetzt Erklärungen, dass
sie bereit wären, auf alle Unterstützungen zu verzichten, wie z.B.
jetzt auch für die 30 Jahre Republik-Feiern, will womöglich also
an dem jetzigen Zustand überhaupt nichts ändern. Der Hinweis, dass
die Parteien und die Gewerkschaften in einer Änderung der Parteien-
finanzierung und der Spendensteuerfreiheit schwer leiden würden,
ist nach Meinung Androsch vollkommen falsch. Der Erlass auf dem Jahre
1946 von Zimmermann, dass die Parteien keine Körperschaftssteuer
zahlen müssen für ihre Mitgliedsbeiträge, der dann 1952 von Margarétha
auch auf den ÖGB ausgedehnt wurde, sagt nichts anderes, als dass
die Parteien und der ÖGB eben keine Unternehmen im Sinne des Körper-
schaftssteuergesetzes sind. Für jedwede gewerbliche Tätigkeit haben
sowohl die Parteien als auch der ÖGB volle Steuerpflicht. Die ÖVP
beginnt jetzt überhaupt vor den Nationalratswahlen ihre Taktik zu
verstärken, nämlich auf der einen Seite zu erklären, sie wünschten
keinerlei Subventionen in irgendeiner Form und auf der anderen
Seite soziale Forderungen zu stellen, die gigantisch sind. Ich war
selbst überrascht als Kreisky eine Information bekommen hat, dass
Schleinzer erklärte, der Kündigungsschutz für die Alten müsste jetzt
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sofort in Angriff genommen werden. Die soz. Regierung links zu
überholen ist wirklich kaum möglich und wir der Handelskammer noch
viel Sorge bereiten. Ich glaube, dass die Reaktion jetzt besonders
nach den Kärntner Wahlen stärker werden wird. In Kärnten hat sicher-
lich Kreisky zu pessimistisch prognostiziert und ist jetzt selbst
überrascht über das gute Ergebnis. Damit verbessern sich auch,
meint er, die Chancen für die Nationalratswahlen. Insbesondere wird
es dort keine slowenische Liste geben, weshalb die Stimmen in
Völkermarkt 2.584 für die Slowenen zu 3/4 von sozialistischen und zu
1/4 von Volksparteilern stammen oder in Klagenfurt/Land, wo bei
5 % Slowenenstimmenanteil 4,66 von den Sozialisten und 0,34 % von
der ÖVP her stammen, bei den Nationalratswahlen gerechnet werden kann,
dass diese Stimmen wieder zu uns zurückwandern.
Kreisky möchte von allen Ministern eine Zusammenstellung, wo der
Privilegienabbau in den einzelnen Ministerien durchgeführt wurde.
Darunter versteht er allerdings, dass auch freie Schulfahrten, das
Privilegium, wer früher Geld hatte, konnte zur Schule gehen und
Schulbücher und so weiter zu verstehen sind. Ebenso meinte Broda,
könnte man die Amtshilfe als einen Privilegienabbau bezeichnen.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI UND WANKE: Bitte eine Zusammenstellung, was
im Handelsministerium geschehen ist.
Androsch berichtet, dass bei Steyr-Daimler-Puch nicht 866, sondern
nur 395 jetzt entlassen werden sollen, davon 70 % Gastarbeiter.
Allerdings kommen dann noch 60–70 Angestellte dazu. Die wirkliche
Detailinformation aber hatte Häuser, der sich sofort einschaltete
und darauf hinwies, dass dazu noch 2.500 Kurzarbeiter kommen werden.
Der Vorschlag der Konzernleitung, dass 3 Tage gearbeitet und zwei
Tage frei sein soll, kann als Kurzarbeiter-Unterstützung nicht akzep-
tiert werden. Häuser hat deshalb vereinbart, dass 9 Tage Urlaub vor
Ostern und 7 Tage Pfingsturlaub zusätzlich gegeben werden. Der
Lohnausfall beträgt 15 Mill. S, wovon aus Kurzarbeiter-Unterstützung
6 Mill. und 9 Mill. der Konzern zu leisten hätte. Darüber muss erst
die Konzernleitung wahrscheinlich die Zustimmung von CA einholen.
Häuser wies auch darauf hin, dass jetzt Swarovski auf Kündigungen
umsteigt, obwohl Kurzarbeit vereinbart wurde. Seiner Meinung nach
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wird Kurzarbeit in Hinkunft nicht mehr gewährt werden, wenn dann
letzten Endes doch Kündigungen daraus resultieren.
Im Parlament werden wir über die Wirtschaftslage und insbesondere
Beschäftigungspolitik versuchen Debatten abzuführen. Spätestens
mit dem Wirtschaftsbericht, den der Finanzminister im Mai vorlegen
wird.
Tagesprogramm, 3.3.1975
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
TB Koppe, 3.3.1975
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