Montag, 2. Juni 1975
Gen.Dir. Bauer rief mich von der Sitzung der Internationalen und der
ÖMV an und teilte mir mit, dass die ÖMV den Heizölpreis-Leicht-Rabatt
von 50 gr. als Einlagerungsrabatt bis Oktober machen will. Die Inter-
nationalen sind strikte dagegen. Er wird mir diesbezüglich einen Brief
schreiben und bittet mich, die Verhandlungen wieder aufzunehmen.
Wenn die Internationalen hier wirklich solche Schwierigkeiten machen,
dann werde ich mich doch dazu entschliessen, den Heizöl-Extra-Leicht-Preis
behördlich festzusetzen.
Beim Journalistenfrühstück war der Bericht über das Accordino vollkom-
men uninteressant, niemand fragte insbesondere war der grösste Inter-
essent Peters von den Tiroler Nachrichten nicht anwesend. Eine längere
Diskussion ergab sich dann aber über den Bericht Würzls über die World
Tourism Organization – WTO – Dibold, AZ, fragte mit Recht, wieso diese
Sitzung 14 Tage gedauert hat. Würzl konnte erklären, dass es die erste
Sitzung war und dass er über die Geschäftsordnung, das Budget usw. überlan-
ge Diskussionen führte. Nachher erzählte er mir, dass das Erschütternde war
dass sich zwei europäische Blöcke gebildet haben. Der eine ist der Block
der Oststaaten und der andere der der EG. Würzl glaubt noch immer, er
hätte Chance gehabt, Österreich als Sitz der WTO durchzudrücken, wenn er
nicht vom Aussenamt die Weisung bekommen hätte, nicht zu aktiv zu agieren.
Da die Oststaaten den Sitz in Madrid scheinbar indirekt zumindestens
zugestimmt haben, ist es für mich klar, dass wenn Österreich, das sich
ja ursprünglich und offiziell gar nicht beworben hätte, in Erscheinung
getreten wäre, in afrikanische aber vor allem einmal die südamerikanischen
Staaten sicherlich alle für Mexiko eingetreten wären, das sowieso gute
Chance gehabt hätte. Dann wäre der Sitz sogar von Europa weg gewesen.
Für die Beamten Europas, die dann in die weite Welt reisen mussten, viel-
leicht gar nicht so unerwünscht.
Die hochgerechnete Prognose von den Meldungen der Fremdenverkehrsgemeinden
ergibt ein Plus von 2,2 % im Sommer. Würzl selbst meint aber, dass dies
Ziffer zu gering ist und er rechnet mit 3–4 % Nächtigungszuwachs. Ohne
dass ich mit ihm geredet habe, konnte ich daher der Presse sagen, dass
auch ich sehr optimistisch bin und der Meinung bin, dass diese Ziffer
erreicht wird.
Bei der Überreichung der Preise für die schönsten Bücher in Österreich
erwähnte ich einleitend, dass das graphische Gewerbe und besonders
die Buchproduktion derzeit auch in einem Konjunkturtief sich befindet.
Ich selbst wäre bereit, jede Massnahme zu ergreifen, um aus dieser
schwierigen Situation herauszukommen, soweit es in meiner Kompetenz
liegt. Interessanterweise ist dann Brandstätter, der Preisträger vom
Molden-Verlag, in einer sehr gut gehaltenen Schluss- und Dankesansprache
ebenfalls auf dieses Problem zu sprechen gekommen. Ohne dass wir uns
vorher abgesprochen haben. Ausserdem hatte er phantastische Ideen
ich habe Reim erklärt, dass wir eine solche Rede oder solche Ideen
vorher brauchen würden, natürlich nicht die, die dann der Schlusssprecher
selbst hält sondern eben von jemandem anderen. Da wir jetzt ein Jahr
Zeit haben, müssten gute Bonmots und Ideen für die Überreichung der
nächsten Preise gesammelt werden. Ähnlich müsste man vorgehen mit den
Preisen für Schönes Wohnen, die Gute Form usw. Meine Gags und meine
Bonmots sind nach einem halben Dutzend mal Verleihungen natürlich
zu Ende.
ANMERKUNG FÜR ALLE: Wer Einfälle hat, bitte Reim sagen, damit er sie
sammelt.
Bei der Buchverleihung traf ich vom Kongresszentrum Dir. Stock, der
mich ersuchte, ich sollte alle Verantwortlichen zusammenrufen, damit
wir entscheiden, ob wir Miss Universum in Wien wählen. Die amerika-
nischen Manager drängen ihn darauf. Er würde eine Ausfallhaftung
von 5 Mill. S brauchen, von der er überzeugt ist, dass sie aber
nicht zum Tragen kommt, denn es müsste sich kostendeckend abwickeln
lassen. Nach seiner Information sehen dann 500 Mill. Fernsehteilnehmer
auf der Welt Österreich und damit eine grosse Werbekampagne, die uns
eigentlich nichts kostet. Wir vereinbarten die Teilnehmer, und ich
lud ORF, Handelskammer, Hotelvereinigung usw. ein.
Bei der Generalversammlung der soz. Fraktion der OeNB traf ich
Waldbrunner. Ich verwies darauf, dass sich sein Sohn jetzt, was er natür-
lich wusste, um die Direktorenstelle bei dem 2. Kernkraftwerk be-
wirbt und der sehr gut beschrieben wird. Momentan gibt es nur
mehrere Bewerber und wie ich erklärte auch Waldbrunner, dass ich vor
dem Oktober keine Entscheidung treffe. Wir unterhielten uns auch über
die Reorganisation der Gesellschaften, insbesondere der Ennskraftwerke,
und er stimmte mit meiner Politik vollkommen überein. Was ihn am
26-0659
meisten freute ist, dass auf Grund des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes
jetzt bestätigt ist, dass das zweite Verstaatlichungsgesetz so bleiben
soll. Die ÖVP hat es nämlich bis jetzt immer bekämpft und in den Aus-
schussbericht kommt jetzt einstimmig zum Ausdruck, dass daran nichts
geändert werden soll. Darin sieht Waldbrunner eine Bestätigung seiner
Politik, obwohl er selbst zugibt, er hätte das Elektrizitätswesen
zentraler gestaltet, wenn er dazu in der Nachkriegszeit 1947 imstande ge-
wesen wäre. Damals aber haben die Länder und die ÖVP darauf gedrängt,
dass nicht nur die Landesgesellschaften sondern auch Sondergesellschaften
für einzelne Länder besonders errichtet werden. Ich glaube auch, dass
dies damals die optimale Lösung gewesen ist und dass man derzeit weniger
denn je imstande ist, dies zu ändern. Was die Reorganisation betrifft,
habe ich vormittags nur Burian angerufen und erklärt, dass ich mit
der Vorgangsweise, wie es die Enns-Vorstände jetzt vorgesehen haben,
nämlich sieben sind zwar nicht mehr hauptamtlich beschäftigt aber
die Abteilungen und Hauptabteilungen werden sogar noch ausgebaut, es
gibt weiterhin 4 Direktionen usw. ganz entschieden ablehne. Der Vor-
schlag Burians, eine kommerzielle Direktion und eine technische
Direktion ist das Maximum, das ich mir vorstellen kann.
Bei meinem Referat erwähnte ich, dass nicht nur die Preise steigen son-
dern auch die Löhne wesentlich gestiegen sind und dass erst heuer
eine leichte Rücknahme der Lohnforderungen ausgelöst durch die wirt-
schaftliche Situation festzustellen ist. D.h. das Realeinkommen ist
in den vergangenen Jahren trotz der höheren Preissteigerungsrate
gut gewesen und auch heuer hat ja Benya angekündigt wird mit einem
Reallohnzuwachs von 4 % gerechnet. Kienzl meldete sich dann in
der Diskussion und meinte, dies sei ein Irrtum, Benya hätte dies
niemals gesagt sondern die Zeitungen hätten das eben geschrieben.
Da Benya dies aber nirgends dementiert hat, glaube ich eher, dass er
eine diesbezügliche Andeutung sicherlich gemacht hat und ich glaube
auch, dass trotz der schlechten Konjunkturlage wahrscheinlich eine
Reallohnsteigerung auch heuer zu verzeichnen sein wird.
Anschliessend habe ich mit Kienzl unter vier Augen gesprochen, der
mir sagte, die Gefahr besteht nur, dass man Benya unterschiebt, er
hätte mehr versprochen als er dann halten kann und dadurch in der
Öffentlichkeit herabgesetzt werden soll. Ich informierte Kienzl
über die rktischen Äusserungen von Kreisky über die Ökonomen und ganz
besonders über seine von vielen hart attackierten Einschränkungsappelle
26-0660
Er selbst meinte, er verwende nur den Ausdruck, der Gürtel wird jetzt
nicht um 5 Löcher sondern nur um 3 Löcher grösser gemacht werden, wes-
halb der Bauch dann stärker wird aber halt nicht mehr so viel wie
bisher. Von Gürtel enger schnallen redet er nie. Kienzl ist davon überzeugt,
dass er diesen Dienst Benya leisten muss, d.h. dass einer da sein muss,
der die Arbeiterschaft auffordert, unbegründete Forderungen zurückzustellen.
Dies hat er mir zwar diesmal nicht neuerdings besonders bekräftigt,
aber ich weiss, dass dies seine Politik ist. Er vergisst und und dies
habe ich ihm schon einige Mal gesagt, dass es bei der Arbeiterschaft
nur ganz schlecht ankommen kann, wenn man als gutbezahlter Funktionär
den anderen zum Masshalten auffordert. Ich kann nur vor einer solchen
Politik warnen.
Bei der Abendveranstaltung, wo sich eine rege Diskussion an mein Referat
anschloss, in Ottakring, traf ich auch den Direktor des Elektrizitätswerkes.
Er meinte bezüglich der Preiswünsche der einzelnen Landesgesellschaften
und auch der Verbund wäre es sehr zweckmässig, wenn wir fraktionell dieses
Problem einmal besprechen würden, damit eine Sprachregelung gefunden wird.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte mit Frank einen Termin für die Direktoren und
Betriebsrätebesprechung, die wir sowieso fällig haben, vereinbaren.
Tagesprogramm, 2.6.1975
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)