Freitag, 12. September 1975
Würzl berichtet von seiner Kommission aus Belgrad, daß sich der
Fremdenverkehrsminister Vukasović einer Aussprache über die
mangelnde Durchführung des Archivsabkommen beschwert hätte. An-
sonsten war ein sehr freundliches Klima und der Minister nimmt an,
dass die Exporte 1:4 stehenbleiben werden, d.h. das scheinbar diese
für die Jugoslawen ungünstige Relation nicht noch weiter verschlechtert
werden soll.
Vizepräsident Snuderl, der seinerzeit schon einmal Justizminister,
dann für Wirtschaftsfragen als Minister zuständig war, jetzt Vize-
präsident der Handelskammer nur ist, hat mich ebenfalls beim Abend-
essen auf das Archivabkommen angesprochen. Er betrachtet sich aber
als ein Freund Österreichs und ganz besonders als mein Freund und
meint auch dies wird vorübergehen. Ein offenes Problem bleibt nur die
Volkszählung besonderer Art. Hier können wir nur hoffen, daß die
vernünftigen Kräfte die Oberhand behalten. Er selbst hat mir auch zu
erkennen gegeben, er wäre bei meinem Flugunterbrechungsaufenthalt in
Belgrad gerne am Flughafen gekommen, aber das Außenministerium hat
es ihm fast verboten. Bei uns war eine ähnliche Situation, nur daß
mich Bielka ersuchte, nicht allzu lange in Belgrad zu bleiben, keines-
falls den Flughafen zu verlassen und beim Retourflug sogar British
Airline über Rom zu nehmen. Ich versicherte Snuderl, wir sollten alles
daransetzen, um die Wirtschaftsbeziehungen zu erhalten, ja sogar zu
verbessern, wie dies auch mit der CSSR, bevor wir den Vermögensvertrag
hatten, der Fall gewesen ist. Damals waren auch nicht zuletzt durch
die Flugzeugabschüsse die politischen Beziehungen eingefroren, aber
die Wirtschaftsbeziehungen funktionierten so einigermaßen. Aller-
dings waren damals die Beziehungen von uns eingefroren und wir hatten
nur die Aufgabe die Wirtschaftsbeziehungen eben zumindestens aufrecht
zu erhalten. Bei Österreich-Jugoslawien ist dies aber anders, da die
jugoslawische Seite scheinbar jetzt vielmehr auf Einfrierung der Be-
ziehungen hinarbeitet als die österreichische.
Die drei Kammern haben sich im Außenhandelsbeirat gegen einen Export
von Diesel nach Schweiz und Deutschland ausgesprochen. Sie befürchten,
daß, obwohl die Lager jetzt übervoll sind, durch diese Exporte die Versor-
gung gefährdet werden könnte. Ich habe teilweise mit den Kammern ge-
sprochen, teilweise hat Meisl dann diese Funktion übernommen und alle
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haben dann zugestimmt, daß wir bei Kürzung des Exportantrages um
1/3 die Exportgenehmigung geben können. Korbl von der Landwirtschafts-
kammer meinte nur eine ähnliche Situation sei jetzt beim Zucker-
überschuß festzustellen und er möchte deshalb, daß auch ich mich
jetzt bereits für einen Zuckerexport einsetze. Hier gibt es meiner
Meinung nach einen großen Unterschied. Die Schweizer und auch die
Deutschen haben zur Zeit der Ölkrise nach Österreich ihre Exporte,
wenn auch gekürzt, so doch aufrecht erhalten. Dies ist einer der
Hauptgründe und aber auch der zweite Grund, daß wir im Rahmen des
GATT und EFTA-Vertrages sowie zur EG verzichtet haben, keine Export-
beschränkungen einzuführen. Bei Zucker ist wahrscheinlich außer
dem Widerstand von der Arbeiterkammer, noch die große Schwierigkeit,
daß man am Weltmarkt kaum einen befriedigenden Preis erlösen wird.
ANMERKUNG für REIM: Bitte mit der Arbeiterkammer die Zuckerexport-
möglichkeit absprechen.
Zu der 125-Jahr-Feier der Geologischen Bundesanstalt kam Kirch-
schläger nicht, da er an leichter Grippe erkrankt ist. Das Programm
wurde deshalb geändert, ich hatte als Erster zu sprechen. Ich verwies
auf die gute Zusammenarbeit zwischen der Anstalt und dem Handels-
ministerium und ganz besonders auf die selbstlose Mitarbeit bei
Erstellung des neuen Berggesetzes. Gleichzeitig kündigte ich an,
daß das Lagerstättengesetz aus dem Jahre 1947 in der künftigen
Legislaturperiode modernisiert und sowie das Berggesetz auf einen
fortschrittlicheren Standpunkt gebracht werden müssen. Ich versuchte
die Rede aufzulockern, indem ich Frau Minister Firnberg, die nach
mir sprach, ein bißchen provozierte indem ich meinte, sie hätte
als die für die Anstalt Zuständige das Recht auf das Hauptreferat.
Sie ging bei ihrer Antwort dann darauf ein und meinte, daß seit
Jahrhundert schon immer die Anstalt dem Unterrichtsministerium
unterstanden ist. Die Praxis sollte sich auch nicht ändern, ob-
wohl wir beide übereinkamen, daß die Anstalt sehr praxisbezogen
arbeiten sollte und auch tatsächlich arbeitet.
Beim Mittagessen für Präsidenten Snuderl von der Bundeskammer gab
es das übliche neckische Spiel zwischen Sallinger und mir, ganz be-
sonders in Wahlzeiten, wo wir, wie man so schön im Wienerischen
sagt, den Schmäh rennen ließen. Da Snuderl sehr gut Deutsch spricht,
verstand er diese ganze, sicherlich nur in Österreich mögliche Hetz
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bei einer solchen Wahl. Sallinger aber bekräftigte mir gegenüber
immer wieder, daß er sich aus dem Wahlkampf weitestgehend heraus-
hält, was auch stimmt. Ich erklärte, daß auch Benya ähnlich sich
verhält. In Wirklichkeit spitzt sich der Wahlkampf auf paar Spitzen-
kandidaten zu. Auf unserer Seite ist dies Kreisky und Androsch.
Der Wahlkampfeinsatz von mir ist deshalb nicht zuletzt, weil man
scheinbar alle größeren Orte für Kreisky reserviert, meistens in
entlegenen Dörfer, die ich überhaupt nicht kenne und die man teil-
weise erst auf der Landkarte mühsam suchen muß. Da dort aber nie-
mals ein Minister früher hingekommen ist mobilisiert die Partei doch
verhältnismäßig sehr viele Zuhörer. Die Gastzimmer sind meistens
ganz voll.
Im Büro-Jour-fixe besprachen wir die Tatsache, daß ich gestern eine
Aussprache mit den Herren der Triester Hafenverwaltung und der staat-
lichen Stellen gehabt habe. Darüber auch in der Presse ein sehr
interessanter Bericht heute stand, wo allerdings nur immer vom
Handelsministerium die Rede war, nicht aber von der Delegation
die zu mir gekommen ist. Gar keine Frage, daß diese Information von
Willenpart stammt, wogegen auch gar nichts einzuwenden ist. Wanke meint
nur mit Recht, wir müßten wieder im Ministerbüro zumindestens ver-
ständigt werden, wenn jemand ein Pressegespräch führt.
Marhold erzählt im Haus, daß das Budget 76 keine Schwierigkeiten
machen wird, außer daß jetzt eine Prämienerhöhung von 20 % für
die Komfortzimmeraktion und die Ausdehnung auf die Ausstattung der
Küchen budgetär nicht gedeckt ist. Wir waren alle sehr erstaunt zu
hören, daß man im Haus schon als selbstverständlich annimmt, daß
die Prämien um 20 % erhöht werden, obwohl Würzl dazu keine Genehmigung
hat. Dieses Verhalten ist ähnlich von Gröger, der bei der Papier-
förderung um 20 % höhere Zuschüsse der Industrie mehr oder minder
zusicherte. Auch hier gibt es keine Bedeckung und ich habe deshalb
diese Forderung ablehnen müssen. Wenn dies auch beim Fremdenverkehr
dann der Fall sein wird, werden die Beamten als die dastehen, die
sich ja für vernünftige Erhöhungen einsetzen und nur der Minister
wird als der für die Wirtschaft kaum ein Verständnis habender hinge-
stellt werden. Wanke meint, daß durch den neuen Erlaß, wonach
niemand entsprechende finanzielle Versprechungen machen kann, dieser
Entwicklung ein Riegel vorgeschoben ist.
Eine ähnliche Situation ergibt sich bei Thun-Hohenstein, der wieder
Zusagen macht für Studien, so z.B. an das Institut der Handels-
forschung. Der Vorsteher dieses Instituts, Prof. Tauber, ist nicht nur
ein Reaktionärer, sondern, wie ich auch immer wieder selbst feststellen
kann, ein uns gegenüber äußerst Gehässiger, sehe daher gar keinen
Grund, dieses Institut, welches sich ausschließlich mit der Absicht
betätigt, gegen das Handelsministerium und ganz besonders natürlich
gegen mich und die Partei zu polemisieren, noch zu unterstützen.
Reim wird sich um die diversen Institute für Gewerbeforschung usw.
auf der Welthandel kümmern und wenn überhaupt irgendwelche Zusagen
gegeben werden, dann darf es nur Reim tun. Dies ist notwendig, um
seine Position Assistent in dieser Welthandels-Hochschule auch zu
festigen. Ich nützte übrigens die Gelegenheit bei der Geologischen
Bundesanstaltsfeier um Firnberg auf die Ungerechtigkeit hinzuweisen,
daß Welthandel-Vorlesungsverzeichnis Reim als beurlaubt bezeichnet
wird, obwohl er dort Vorlesungen und Prüfungen hält. Koren z.B.
der wesentlich weniger macht, er scheint in dem Vorlesungsver-
zeichnis weder als beurlaubt noch auch in seiner Lehrtätigkeit als
beschränkt, beschränkt in diesem Sinne meine ich allerdings nur
für die Zeit die er für die Tätigkeit auf der Welthandelshochschule
aufwendet.
Die mangelnden Informationen, wie wir immer wieder feststellen,
ist auf ein Versagen unserer Branchenreferenten zurückzuführen.
Wir werden in Hinkunft mehr Branchenreferenten einsetzen müssen, die
sich dann tatsächlich auch um ihre Branche mehr kümmern können,
kontaktfreudig sind und imstande insbesondere mit der Industrie besse-
ren Kontakt zu halten. Wo wir allerdings die Leute hernehmen konnte
momentan niemand sagen.
Ein scheinbar sehr initiativer Branchenreferent ist Dr. Hönel. Er
hat es sich gerichtet, nachdem er keine Dienstreisegenehmigung für
Holzverkaufsverhandlungen nach Ägypten bekommen konnte, von Firmen
dazu eingeladen zu werden. Fälbl inkl. Meisl waren sehr erstaunt
dies durch einen reinen Zufall zu erfahren. Ich wurde vor einigen
Tagen aufgefordert, an den ägyptischen Minister Osman einen Brief
wegen Holzexporte zu schreiben. Da er zuerst in Deutsch vorlag, er-
suchte ich denselben auf englisch zu übersetzen, damit ich auch in
dieser Beziehung Osman zeige, daß wir ihn jederzeit entgegenkommen
werden. Er selbst spricht nämlich perfekt Englisch. Ich habe angenommen,
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daß der Brief längst expediert ist, als wir feststellten, daß
Hönel erklärt hat er wird in Kairo diesen Brief persönlich übergeben.
Dies bringt natürlich Meisl auf die Palme, weil die Außenhandels-
politik natürlich in der Außenhandelssektion und nicht in der Industrie-
sektion gemacht wird und auch werden soll. Sekt.Chef Schipper, der
Hönel diese Privatreise genehmigt hat, erklärt, Bukowski hätte davon
gewußt, ja sogar zugestimmt. Ich halte es für zweckmäßig, wenn
wir über die ganze Angelegenheit nicht allzu viel mehr vom Büro,
oder gar von meiner Seite unternehmen. Meisl selbst wird versuchen
den Sachverhalt zu klären, weil er auf eine Abgrenzung zwischen
der Industriesektion und der Außenhandelssektion natürlich größten
Wert legt. Er dürfte mit Römer eine so harte Aussprache gehabt haben,
daß dieser ihn sogar fragte, ob er Hönel vom Flugplatz zurückholen soll.
Dazu dürfte es allerdings nicht gekommen sein.
Tagesprogramm, 12.9.1975
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)