Mittwoch, der 8. Oktober 1975

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Mittwoch, 8. Oktober 1975

Marhold schlägt vor, daß wir der Gewerbeforschungsinstitut
500.000 Schilling über die WIFIs geben sollen. Die WIFI be-
kommen 5 Mio., er möchte daß man ihnen zweckgebunden weitere
500.000 S gibt. Die Unterlagen des Gewerbeforschungsinstituts
sind für uns kaum brauchbar. Die ganze Transaktion wird auf
alle Fälle Reim machen um in der Welthandel- Universität einen
besseren Einfluß und mehr Bedeutung zu bekommen, außerdem er-
scheint mir zweckmäßig, wenn Reim jetzt mit dem Institut ständig
das Arbeitsprogramm in Zukunft bespricht. Wichtig erscheint mir,
Unterlagen über die Nahversorgungsfrage zu bekommen.

Anmerkung für REIM: Bitte besprich mit Wanke ein Programm.

Den Mineralölfirmen setzte ich auseinander, daß ich ein länger-
fristiges Rabattprogramm möchte. Die ständige kurzfristige Ver-
längerung halte ich für total verfehlt. Unter diesen Umständen
muß es zu Versorgungsschwierigkeiten kommen, wenn natürlich jede
Tankstelle, jeder Händler versucht die Aufhebung der 50-Groschen-
Rabatte mit einem vollen Lager zu lukrieren. GD Bauer meinte, die
Heizöl- schwer- Rabatte von 250 Schilling werden bleiben weil sie
Heizöl, schwer kaum marktkonform teurer verkaufen können. Bei Diesel
werden sich noch entsprechende Überlegungen anstellen, nur bei
Heizöl extra leicht möchte sie gerne eine Anhebung. Die Mineralöl-
firmen werden sich noch intern beraten. Was die Preiserhöhungen bei
OPEC betrifft hat jetzt auch die Sowjetunion angekündigt, daß sie
um 10 % den Preis erhöhen wird. Genauere Unterlagen liegen aber
noch nicht vor, weshalb über die neuen Preise nicht gesprochen
werden kann. Ich verwies darauf, daß der Druck der Länder auf
mehr Straßen doch auf Überlegungen mit der Mineralölsteuer notwendig
machen. Die Mehrwertsteuer wird auf alle Fälle mit 1. Jänner erhöht.
Darüber hinaus wird es notwendig sein, auch die Versorgung, d.h. die
Lagerbezahlung ins Kalkül zu ziehen. Ich appellierte neuerdings
an die Ölfirmen nicht eine Bewirtschaftungsregelung mit Abgabe-
lenkung durch das Handelsministerium und dann natürlich entsprechend
bescheidmäßig gegebene Weisungen anzustreben. Ich hoffe, daß es
gelingen wird, die Internationalen von einer ähnlichen Regelung
wie ich sie beim Energiesicherungsgesetz vorgeschlagen habe zu ge-
winnen, die ÖMV ist weitgehend dazu bereit.



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Die Besteckindustrie hat vorgeschlagen, daß wir ebenfalls
Mindestpreise zu ihrer Sicherung einführen. Aus Deutschland
kommen Bestecke mit 19.60 S gegenüber 40.00 Schilling Inlands-
preis. Der Verbraucherpreis für diese Importware ist 29.80 S
gegen 55 bis 58.00 Schilling inländischer Produktion. Neben den
Strumpfhosen kommen jetzt auch die Besteckindustrie und ich bin
überzeugt, in kürzester Zeit werden wir Dutzende von Industrien
haben die ebenfalls Mindestpreisschutz haben wollen. Am Abend
habe ich im Kautsky-Kreis auch dieses Problem referiert und meinte,
wenn wir diesen Wünschen Rechnung tragen, dann werden wir in
kürzester Zeit einen zwar wirkungslosen aber international schwer
durchsetzbaren Schutzsystem haben. Was ich fürchte ist, daß Re-
pressalien dann von anderen Staaten folgen werden. Außerdem wird
es uns kaum gelingen, eine Industriegruppe nach der anderen dann
zu hindern, ebenfalls dann diesen Vorschlag zu machen. Die Handels-
kammer, ja teilweise die Arbeiterkammer und der Gewerkschaftsbund
sind dafür, weil das das billigste Argument ist, sie haben den
besten Schutz ihnen gewährt. In der Praxis wird sich dann heraus-
stellen, daß da ständig unterfahren wird. Ich glaube, das wir
mit Vidierungsverfahren versuchen sollten, eine Selbstbeschränkung
resp. einen Kopplungskauf zu erreichen, wie dies auch bis jetzt bei
Strumpfhosenproduktion geglückt ist.

Anmerkung für WANKE: Bitte überleg, ob man eine Verstärkung der
Vidierung ohne Entliberalisierung erreichen könnte.

Die Angelobung der Provisorischen mit der Geschäftsführung betrauten
Regierung ist eine Neueinführung des Verfassungsdienstes. Angeblich
gibt es ein Verwaltungsgerichtshofurteil wonach auch diese Regierung
angelobt werden muß. Wenn man die Juristen arbeiten läßt, so ist
unwahrscheinlich was die alles entdecken, neu einführen und meiner
Meinung nach komplizieren. Vielleicht kommt noch irgend so ein
Paragraphenhengst auf die Idee, daß alle Beschlüsse, die bis jetzt
provisorische Regierungen gefaßt haben, ungültig sind weil sie sozu-
sagen nicht verfassungsmäßig im Amt waren. Wenn das ein gefinkelter
Anwalt spitz kriegt und genug Geld hat um hier seinen Klienten, der
irgendwann einmal einen negativen Bescheid.bekommen hat, diesen
Entscheid vor dem Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof bringt,
kann ich mir ungefähr ausmalen, was an Anwaltskosten daraus für
diesen erwachsen würde. Rechtsstaat ist schön etwas Schönes, wenn


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die Juristen nicht eben nur dann durch ihre Rechtstheorie
gefährden.

Dir. Horwath von der BEWAG möchte, daß ich neuerdings interveniere,
um zwischen Verbundgesellschaft und BEWAG eine endgültige Lösung
der offenen Probleme herbeizuführen. Die BEWAG, die ja keinerlei
eigene Kraftwerke besitzt und alles von der Verbundgesellschaft
bezieht, möchte einen Kooperationsvertrag anstelle des jetzigen
Liefervertrages der angeblich nach einem Gutachten von Stadler
ein Glücksvertrag ist, nicht daß dieser Vertrag ein Glück für die
BEWAG sei, sondern daß eben die Kosten die die BEWAG für den Strom
bezahlen muß, fast einem Glücksspiel gleicht. Ich glaube auch diese
Auffassung ist extrem und sicherlich nicht haltbar. Die BEWAG muß
den überhöhten Bezug bei der Leistungsspitze-Überschreitung teuer
bezahlen als die normale Kilowattstunde. Worin darin ein Glücks-
vertrag zu sehen ist, ist mir nicht ganz klar. Die BEWAG kauft
heute den Verbundstrom um 36 Groschen die Kilowatt-Stunde, d.s.
ca. 40 % ihres Tariferlöses, dies möchte sie jetzt auf einen
Kooperationsbasis-Vertrag auf längere Zeit fixieren. Die Lastver-
teilung würde sie dem Verbund überlassen und investiert derzeit
30 Mio für die Rundsteuerung. Dadurch könnte der Verbund die
Spitzenbelastung weitestgehend herabsetzen. Damit aber der Verbund
nicht fürchtet, daß die BEWAG dann zugunsten der burgenländischen
Bevölkerung die Tarife sehr tief hält weil damit auch der Verbund-
anteil entsprechend klein wäre, sollen die Tarife der NEWAG und
STEWEAG mit Erhöhungen folgen. Burgenland möchte nämlich ihre
Elektrifizierung besonders in den nächsten Jahren weitertreiben.
Die Verbund soll deshalb die Einspeisung der 220.000 Volt im Süd-
Burgenland von 1978 auf 1976 vorziehen. Ebenso wäre es notwendig,
im ERP-Verfahren für die nächsten Jahre 50 Mio schon im Jahre 1976
und 1977 bereitzustellen, dafür dann aber einige Jahre überhaupt
nichts zu geben. Im Jahre 1970–1975 hat die BEWAG 49 Mio. Schilling
ERP-Gelder bekommen. Ich habe volles Verständnis, daß die Burgen-
länder insbes. Horwath jetzt im nächsten Jahr eine größere Elektri-
fizierungskampagne starten wollen. Erstens haben sie viele Elektro-
monteure, die beschäftigt werden müssen, weil bekanntlicherweise die
Industrialisierung im Burgenland sehr zurückgeblieben ist, zweitens
aber sind jetzt Vorbereitungen zu treffen, da die Burgenländer 1977
im März wählen. Maßnahmen unmittelbar vor der Wahl sind bekanntlicher-
weise kaum zielführend, mit Recht verweisen die Burgenländer darauf,


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daß sie bei den Nationalratswahlen jetzt einen so schönen
Erfolg erzielt haben, während in Vorarlberg wo wir Milliarden-
Projekte begonnen haben und durchführen ein wesentlich schlechteres
Wahlergebnis zu verzeichnen ist. Sicherlich kann man nicht nach
den Wahlergebnissen Wirtschaftspolitik betreiben, schlecht wäre es
aber, wenn man den Osten wirklich gegenüber dem Westen vernach-
lässigen würde. Gerade Wien und Burgenland fühlen sich sehr be-
nachteiligt. Gratz hat sich diesbezüglich am Wahltag bei den Burgen-
ländern diesbezüglich beschwert. Andererseits wieder ist in der Ver-
gangenheit auch nicht gerade sinnvoll im Burgenland vorgegangen
worden, das Autobahnstück, das unmittelbar vor Eisenstadt gebaut
wurde und sicher hunderte Mio gekostet hat und jetzt ganz zwecklos
rumsteht, weil ja noch die Anschlüsse jahrelang nicht gebaut werden,
ist dafür ein typischer Beweis, leider handelt sich hier um zweck-
gebundene Einnahmen der Mineralölsteuer, die eben auf die Länder
gleichmäßig verteilt werden und dann zu solchen Ergebnissen führt.
Das einzig Gute dabei ist, daß landwirtschaftlich wertvolle Flächen
für den Straßenbau verwendet werden und dadurch die Überschußproduktion
im landwirtschaftlichen Bereich ein wenig gedämpft wird.

Bei der Staatswappenverleihung an die IME, die in Wirklichkeit nichts
anderes macht als Backöfen vertreibt, sei es im Inland sei aber
ganz besonders nach den Osten, kam mir meine Politik so richtig
zum Bewußtsein. Die Firma ist ganz klein, hat wenig Beschäftigte,
ich weiß nicht, wer sie vorgeschlagen hat, ist mir auch wirklich egal.
Das Staatswappen ist in dem Fall eine Auszeichnung, die auf den Brief-
kopf ein wenig Propaganda für die Firma und vielleicht auch für
Österreich macht. Ich befriedige mit dieser großzügigen Verleihung
die Firmen die ansonsten wahrscheinlich kaum eine Möglichkeit haben,
irgendwie ausgezeichnet zu werden. Die Kommerzialrat-Titel sind
sehr beschränkt, was bleiben würde, evtl. Handelskammerauszeichnungen.
Mit den Staatswappen unterfahre ich fast diese Möglichkeit, natürlich
werden die Firmen, die das Staatswappen schon haben über die Inflation
der Auszeichnungen die ich vor 5 Jahren eingeführt habe, nicht sehr
glücklich sein.

Das Interview mit Dr. Wailand war sehr angenehm, weil er angeblich
ein Staribacher-Fan ist, wie Wais behauptet hat. Sicher ist, daß
ich kaum Schwierigkeiten mit Zeitungen habe, ja selbst nicht einmal
mit gegnerischen. Eine wirklich peinliche Frage war nur, wie es im


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Gewerkschaftsbund nach Rücktritt Benyas weitergehen soll. Ich
habe sofort erklärt, was wirklich auch meine Überzeugung ist,
daß Benya so wie Böhm bis zuletzt diesen Posten ausfüllen wird.
Die Nachfolgefrage ist daher in meinen Augen weder akut noch zweck-
mäßig zu besprechen. Ich verwies darauf, daß in den Zeitungen sowieso
zu viel Personalpolitik gemacht wird, da sollte man doch mehr auf
die zuständigen Gremien warten. Ich hoffe, daß Wailand dies nicht
als Vorwurf betrachtet hat sondern nur als Hinweis, daß ich eben
über dieses Problem nicht sprechen wünsche, schon gar nicht über
Zeitungen. Ich weiß und bin überzeugt, daß sogenannte Politiker
immer wieder glauben über die Zeitungen insbes. Personalpolitik
betreiben zu können. Da ich von der Zweckmäßigkeit eines solchen
Vorgehens überhaupt nicht überzeugt bin, war es für mich selbstver-
ständlich, das ich es entschieden abgelehnt habe darüber zu sprechen.

Die wirtschaftspolitische Aussprache war insofern interessant als
Mussil natürlich bei seinem Diskussionsbeitrag nicht umhin konnte,
Behauptungen aufzustellen, die eben noch aus der Wahlkampfzeit
von ihm herübergenommen wurde. Er meinte, die Preisentwicklung sei
in den umliegenden Staaten, wie z.B. Deutschland und der Schweiz
wesentlich günstiger, was stimmt, gleichzeitig sei aber in der
Schweiz eine geringere Arbeitslosigkeit an die 10.000 Arbeitslose,
alle die es wußten haben ihm sofort unterbrochen mit einem Gelächter
und der Bemerkung, daß er nicht weiß, daß in der Schweiz nur eine
freiwilligen Arbeitslosenversicherung besteht und dadurch die
Ziffern aus der Arbeitslosenstatistik nicht vollständig sind. Angeb-
lich soll in der Zürcher Zeitung von 100.000 Arbeitslosen ge-
sprochen worden sein.

Anmerkung für GEHART: Vielleicht kann über unsere Botschaft
authentische Ziffern laufend gemeldet bekommen.

Vize-Präs. Seidl meinte allerdings nur mir gegenüber, daß die
Auftragslage und die Verkäufe bei der Industrie gar nicht so ungünstig
sind als man allgemein annimmt. Ich verwies darauf, daß das Wirt-
schaftsforschungsinstitut auf unsere Anregung jetzt errechnet hat
das die Kapazitätsausnützung bei der Industrie, wenn man die letzten
drei Jahre zugrunde legt, 90 % beträgt. Die Angaben, die man immer
wieder hört über die Industrieauslastung von nicht einmal zwei Drittel
zeigen deutlich, daß sich diese Ziffern an extrem Kapazitätsangaben


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der einzelnen Betriebe orientieren. Interessant war, daß ich
alle Handelskammervertreter von Klose angefangen bis Farnleitner
und natürlich auch Mussil und Igler getestet habe und keiner
hat mir diese sonst so tiefe Kapazitätsauslastungszahl genannte.
Allerdings hat auch niemand geglaubt, daß dies 90 % beträgt.

Anmerkung für GEHART: Die Berechnung wäre mit anderen Zahlen
zweckmäßig von Seidl bei einem Pressefrühstück zu präsentieren.

In der Paritätischen Kommission, die ich dann präsentieren mußte,
weil Kreisky weggelaufen ist, gab es nur zwei Punkte. Die Fühlung-
nahmefreigabe für Gast-und Schankgewerbe, die die Handelskammer
auch zustimmte, Mussil hatte bereits in der Wirtschaftspolitischen
Aussprache und dann natürlich auch in der Paritätischen Kommission
darauf verwiesen, daß Forderungen der Gewerkschaften zu hoch sind.
Die Gast-und Schankgewerbe wollen auch eine wesentliche Erhöhung
des 13. und 14. Monatsbezuges. Die Privatangestellten haben für
die Handelsangestellten eine 17 %-ige Lohnforderung gestellt. Mussil
selbst glaubt, die beste Lösung wäre, wenn jetzt 2 Jahre insofern
eine Pause ist als nurmehr die Lebenshaltungskostensteigerungen in
den Löhnen abgegolten werden, da das Bruttonationalprodukt negativ
ist, kann es keine Produktivitätssteigerung geben, weshalb auch
keine höheren Reallöhne bezahlt werden können. In den bisherigen
Rezessionen haben wir immer wieder verlangt von Seiten der Gewerk-
schaft, daß durch höhere Löhne entsprechende Einkommen und damit
Nachfrage geschaffen wird. Diese makroökonomische Aussage ist derzeit
falsch, im vergangenen Jahr wo wesentliche Lohnerhöhungen stattge-
funden haben, gleichzeitig auch Steuersenkungen erfolgten, hat die
Arbeiterschaft aber nicht mehr konsumiert sondern wesentlich mehr
gespart. Die Spareinlagen usw. sind in den ersten acht Monaten, wie
Kloss berichtet, um 88 % gestiegen. Wenn wir jetzt wieder diese
makroökonomische Aussage wiederholen und der Gewerkschaftsbund
hat das natürlich gemacht, so kann sofort als Gegenargument kommen,
die Arbeiter konsumieren nicht, sondern sie sparen. Meiner Meinung
nach müßte man jetzt einmal eine Untersuchung anstellen, wie sich
die Einkommensschichten verhalten, ich bin nämlich fest davon über-
zeugt, daß die Lohnpolitik in diesem Punkt falsch ist. Die tieferen
Einkommen glaube ich, würden wenn sie tatsächlich entsprechende Er-
höhungen bekommen, doch wesentlich mehr konsumieren als dies wahr-
scheinlich bei mittleren und insbes. bei höheren Einkommen der Fall


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ist, andererseits wieder bin ich überzeugt, daß gerade die
Arbeiter die weniger durch entsprechenden Kündigungsschutz als
die Angestellten dann in zweiter Hinsicht geschützt sind, größere
Spareinlagen tätigen als z.B. Beamte, die als unkündbar von einer
Rezession kaum betroffen werden.

Anmerkung für WANKE: Wieweit gibt es hier Untersuchungen, wieweit
sollte man solche Untersuchungen anregen?

Im Kautsky-Kreis wurde auf einen Vortrag von Kienzl heftigst
debattiert, ob wir eine vorübergehende Rezession haben oder nicht
bereits schon der Ansatz für eine schwere Krise wie in den 30er
Jahren gegeben ist. Milford hat wieder einmal mehr seine theoretischen
Überlegungen dargelegt, die in der Praxis halt kaum zu verwirklichen
sind, Investitionsförderung vom Staat, also Keynes'sche Politik,
gleichzeitig aber inflationsdämpfend zu wirken, Höchstpreise fest-
zusetzen, das Ganze wahrscheinlich alles mit einem riesigen Behörden-
apparat zu bewältigen, den wir erstens nicht haben und der wenn er
dann letzten Endes dann aufgerichtet wird sicherlich kaum wirksam
eingreifen kann. Da ich auch gefragt wurde was meine Meinung zu
dieser Entwicklung ist, habe ich darauf hingewiesen, daß ich als
Optimist und auf Grund von Daten ohne Schönfärberei annehme, daß
tatsächlich im nächsten Jahr ein Konjunkturaufschwung auch in
Westeuropa einsetzen könnte und wird, dann erwarte ich allerdings
eine Inflationsstoß, der uns nur mit Sehnsucht dann an die Zeiten
erinnern wird, wo wir noch nicht zweistellige Preissteigerungen
hatten. Die Überlegungen, der Staat könnte alles machen, um Keynes'sche
Politik zu betreiben, d.h. Aufträge an die Wirtschaft zu geben,
scheitert daran, daß eben die Staatsaufträge gewissen Industriezweigen
zugute kommen, die jetzt nicht nur gut ausgelastet sind, sondern wo
Androsch ankündigte, er müsse 2 Milliarden Schilling Rückstellungen
noch machen heuer, die Industrie ist nämlich außerstande die Aufträge
tatsächlich zu effektuieren, um auch die anderen Industrien mit einer
Keynes'schen Politik aufrecht zu halten, glaube ich, können wir nur
unsere Politik, die ich in den letzten Jahren verfolgt habe, fort-
setzen, wenn wir den Staatshandelsländern Kredit geben und die bereit
sind selbst Konsumgüter bei uns zu kaufen, so machen wir in Wirklich-
keit der Deficit spending nicht über den Staatshaushalt sondern über
unsere Zahlungs- u. Handelsbilanz. Wenn es uns gelingt außer den Polen
auch noch andere Staatshandelsländer davon zu überzeugen, bei uns
nicht nur Maschinen und Anlagen sondern auch Konsumgüter jedweder Art


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zu kaufen, selbstverständlich auf Kredit, dann machen wir hier
Deficit spending, kurbeln unsere Wirtschaft an und können so
in die neue Konjunkturphase uns hinüberschwindeln. Wenn wir
Glück haben, bekommen wir dann sogar noch irgendwann einmal diese
Kredite zurückbezahlt. Eine andere Wirtschaftsankurbelung sehe
ich derzeit nicht.

27_1114_03

Tagesprogramm, 8.10.1975

27_1114_04

hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


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                  Tätigkeit: Wirtschaftsprüfer


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                                      Tätigkeit: Bundeskanzler
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                                        Tätigkeit: HK


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                                          Tätigkeit: Finanzminister
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                                            Tätigkeit: erster ÖGB-Präs.


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                                              Tätigkeit: IV, GD Wr. Schwachstromwerke (WSW)


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