Donnerstag, 4. Dezember 1975
Bei der Sitzung im Finanzministerium, Androsch, Moser, Bauindu-
strie, Herbeck, Porr, Fellner, Hofman-Maculan, Baugewerbe, Molzer,
Veit, NR Letmaier, Gewerkschaft, Böck, Millendorfer, Rautner und Kaber
mit Büroleuten von Androsch, gab es für mich keine neuen Erkennt-
nisse, außer daß das Problem darin liegen würde, die Bauten
einigermaßen zentral zu koordinieren. Durch die Ausweitung der
Kapazitäten wurde das Bauvolumen von 71 mit 64 Milliarden Schilling
auf derzeit 120 Milliarden Schilling raufgetrieben. Die Bau-
leistung ist aber mengenmäßig gesehen gleich geblieben. Alles geht
auf Baupreissteigerungen zurück. Diese betrugen zeitweise in den
Jahren 1972, 1973 bis über 20 %. Die Baukosten machten damals
ca. 18 % aus, es war daher noch immer ein Gewinn. Jetzt seien die
Baukosten 23 % und die Baupreise nur 5.1/2 %. Die Beschäftigten-
lage sei mit 269, obwohl 14.000 weniger Beschäftigte sind, noch
immer sehr günstig. Im Bauhauptgewerbe 184.000. Interessant war,
daß diese Ziffern auch teilweise bestritten wurden, weil die Bau-
arbeiterurlauberkasse andere Ziffern gibt, als die Innung und diese
wieder als die Industrie und als das Sozialministerium. Am meisten
gewundert hat mich, daß die Gewerkschaft erklärt, die Beschäfti-
gungslage ist als überhöht zu betrachten, aber 175.000 müßten unbe-
dingt im Bauhauptgewerbe Beschäftigte bleiben.
Am Nachmittag in der Vorstandsitzung der Lebensmittelarbeiter habe ich
meinen Kollegen auseinandergesetzt, daß dies die falscheste Politik
ist, die eine Gewerkschaft machen kann. Als ich zu den Lebnsmittelar-
beitern kam, hat der damalige Obmann Berka mir versucht auseinanderzu-
setzen, daß Jahr für Jahr mehr Lebensmittelarbeiter kommen müßten.
Damals ging tatsächlich eine Zeitlang der Mitgliederstand mit den Jah-
reszahlen. Nach dieser Theorie mußten wir jetzt 75.000 haben und ha-
ben 45.000. Ich erklärte aber damals schon, es muß die Aufgabe der
Gewerkschaft sein, sich auf das Schrumpfen der Lebensmittelarbeiter
einzustellen. Die Bauarbeitergewerkschaft dagegen glaubt noch immer
eine gewisse Beschäftigtenanzahl erzwingen zu können. Wenn das
Bauvolumen durch Automatisierung und Rationalisierung von den
Maschinen aber erbracht wird, dann kann es nicht mehr so viele
Bauarbeiter geben. Bauunternehmer inkl. des NR Letmaier erklärten,
daß der größte Fehler war 1968 die Wohnbauförderung zu dezentrali-
sieren und den Ländern zu überantworten. Die Industrie beschwerte
sich insbesondere, daß es der Auftragsgeber war, der
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durch zu viele Brückenbautenausschreibungen auf einmal oder
zu viele Straßenausschreibungen, zu viele Erdbewegungen z.B.
12 Baulose in den Strengbergautobahnen seinerzeit, jetzt die
konzentrierten Tunnel-Ausschreibungen an den verschiedensten
Stellen, Baukapazitäten schafft, denn die Bauunternehmer müssen
dann entsprechende Maschinen und Geräte sich anschaffen. Moser
erklärte, und Androsch und Kaber bestätigten es dann, daß im Grund-
budget für 1976, wenn man die zu erwartenden Zuschläge im BÜG
usw. noch rechnet, genau so viel drinnen sein wird als 1975.
Die Bauunternehmer behaupteten 558 Millionen, d.s. 6.6 % weniger.
Kaber rechnet sogar damit, daß die heuer außerordentlich groß
eingesetzten Budgetmittel gar nicht verbraucht werden können
und daher Rücklagen für 1976 geschaffen werden. Im Hochbau waren
es 3 Milliarden, die vom Bund verbaut werden, im Tiefbau, d.h.
Straßen 8.3 Milliarden, der Wasserwirtschaftsfonds 5 Milliarden.
Im Bauvolumen ca. 120 Milliarden hat der Bund nur 14 %. Androsch
faßte zusammen und meinte, daß Grundbudget plus die Rücklagen
würden so vergeben, daß sie so schnell als möglich und zweck-
mäßigst eingesetzt werden. Im Wasserwirtschaftsfonds und für
Straßenbau bräuchte man zusätzliche Mittel, wobei er Verständnis
hat, daß die Opposition dem nicht zustimmen kann, doch müßten
die Sozialpartner sich positiv aussprechen. Er erwägt eventuell
zu überprüfen, ob eine vorzeitige AfA für Bauten wieder
eingeführt werden soll. Die Länder in der Wohnbauförderung haben
vor Wahlen entweder Promessen gegeben und sind damit auf lange
Zeit verpflastert, ohne daß auf die Baukonjunktur Rücksicht ge-
nommen werden kann, resp. manche haben Wohnbauförderungsmittel
die sie derzeit gar nicht brauchen und legen sie auf die Bank, da
sie dort entsprechende Zinsgewinne haben. Den verschuldeten Ge-
meinden, die heute fast keine Bauaufträge vergeben können, müßte
durch Landesumlage geholfen werden. Die erste Tranche des 4.3
Milliarden umfassenden Bau-Sofortprogrammes, 2 Milliarden Instand-
haltung, 2.3 Milliarden Neubauten, ist jetzt inkraftgesetzt
worden, die zweite Tranche wird aber erst im Frühjahr 1976 zum
Einsatz kommen. Die 4.3 Milliarden sollen nämlich in 3 Tranchen
zu ca. 1.3 – 1.4 Milliarden gegeben werden. Die ganze Aussprache
hat zumindestens optisch den guten Erfolg, daß Androsch an-
schließend sofort ein Fernseh- und Radiointerview geben konnte,
um mitzuteilen, daß eben alles geschieht um der Bauwirtschaft
zu helfen. Die wirkliche Lösung liegt meiner Meinung nach in einer
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nicht straff zentralistischen planmäßigen Abwicklung, wohl aber
in einer Zentralkoordinierung. Wenn es nach mir ginge auf Sozial-
partnerebene mit entsprechender Länderbeteiligung. Zum Glück bin
ich für die Vergabe der Mittel, die Moser natürlich als unzuläng-
lich intern bezeichnet, nicht verantwortlich. Zur Entschuldigung
kann ich allerdings anführen, dass es auch in der Schweiz zu einer
ähnlichen Entwicklung gekommen ist, wo man eine Zeitlang sogar
vom Bund Bausperren verfügte, um die überhitzte Konjunktur in
dieser Sparte einigermaßen zu bremsen. Genützt hat es auch nicht
allzu viel und kaum waren die Bausperren verfügt, ist es dann zur
Krise innerhalb der Bauwirtschaft gekommen und jetzt weiß auch
wieder in der Schweiz niemand, wie man den Bau ordentlich ankurbeln
kann.
Bei der Eröffnung der polnisch-technischen Ausstellung im Wirt-
schaftsförderungsinstitut hat Koch darauf hingewiesen, dass die
Handelskammer sehr erfreut ist über die Entwicklung mit den RGW-
Staaten, insbesondere Polen. Er meinte nach Russland war Polen der
zweite Staat, mit dem man Handelsverträge abgeschlossen hat und
jetzt erst die Liberalisierung eingeführt usw. Ich ergänzte dann,
dass wir den ersten Kooperationsvertrag mit Polen 1968 geschlossen
haben. Nebenbei erwähnte ich, mancher Widerstand war dabei zu über-
winden, ohne den Namen Mitterer zu sagen, haben die, die die
Insertinformation kennen und die Zeit noch in Erinnerung haben,
genau gewusst wer es war, der gegen diese Politik aufgetreten ist.
Ich erwähnte dann insbesondere auch, die doch jetzt laufenden
Kooperationsverträge und die die in Verhandlungen sind. Zembsch
hat mir die Unterlagen gerade vor Beginn der Ansprache gegeben.
Ich fragte ihn sofort, warum er dies mir so spät jetzt gibt, worauf
er prompt sich ausredete und meinte, Reim hätte ihm erst gestern
abends dazu aufgefordert. Aus dem Tonfall und vor allem, dass ich
überhaupt nicht mehr mit ihm darüber diskutierte, konnte er annehmen,
dass ich ihm dies nicht abnehme. Entweder will er das Büro schneiden
oder er möchte direkt mit mir jetzt Kontakt nehmen, wegen der Be-
setzung des Sektionschefpostens in der Industriesektion.
Mussil hat nämlich am Abend im Parlament mich ganz entsetzt gefragt,
ob es tatsächlich stimmt, dass Gatscha die Sektion übernehmen soll.
Die Handelskammer resp. die ÖVP hätte Gröger vorgeschlagen, gegebenen-
falls Zembsch. Ich setzte Mussil sofort auseinander, dass es sich
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um eine offene Ausschreibung handelt und sich jeder bewerben
kann. Ich hätte mich noch nicht entschieden. Ich nehme aber zur
Kenntnis, daß Gatscha für sie fast ein Kriegsgrund ist. Mussil
meinte hetzhalber auch noch vor den Abgeordneten Hofstetter, den
ich dann wegen der Lehrlingsausbildungsstudie zuzog, daß ich
mir in diesem Fall einen Baum auf der Ringstraße aussuchen könne.
Vorher hatte ich Mussil noch auseinandergesetzt, daß es ihr
Fehler war, die Industriesektion ohne eigentlich einen entsprechend
guten Mann aufzutreiben, Jahrzehnte hindurch zu vernachlässigen.
Zuerst wurde ein Sektionschef Helm dort installiert, der der
faulste Sektionschef war, den es überhaupt jemals gab, wie seine
eigenen Freunde mir immer wieder bestätigen. Dann wurde anstelle
des tüchtigen Lobmeyr Römer vom CV installiert. Ich habe nichts
gegen Römer, bin sogar gut ausgekommen mit ihm, aber die Führungs-
und Nachwuchsfrage wurde nie gelöst, sondern immer wieder CV-
mäßig versucht gegebenenfalls zu besetzen. Mussil, der kein CV-ler
ist, war glaube ich sehr erstaunt, dies von diesem Gesichtspunkt
aus erläutert zu bekommen. Ich fragte ihm auch noch, wie so er auf
die Idee mit Gatscha gekommen ist und er meinte mehr scherzhaft,
aber doch immer mit dem gewissen ernsten Hintergrund, im Handels-
ministerium fällt keine Stecknadel zu Boden, ohne daß ich es weiß.
Für mich ist es ganz klar, daß Personalpolitik von allergrößter
Bedeutung, natürlich auch für die Handelskammer und für die ÖVP
ist. Einmal mehr erwähnte ich gegenüber Mussil, daß ich nicht
allein entscheide, sondern bis jetzt immer mich auf die Vorschläge
der dafür zuständigen formellen Instanzen weitesgehendst gehalten
habe. Noch niemals hatte ich mir und das kann ich mit ruhigem
Gewissen behaupten, von der Parteizentrale in meine Personal-
politik jemanden aufzwingen lassen. Ein mehr spöttischer und
ironischer Hinweis, er wird auch den Fall Tieber zur Sprache
bringen, erklärte ich genauso ironisch, daß wünsche ich mir
sehnlichst.
Mussil kam auch auf die Frage der Studienvergabe ans Berufsfor-
schungsinstitut und meinte, ich könnte nicht einseitig nur diesem
Institut einen Auftrag geben. Ich erwiderte sofort, die Handels-
kammer hätte bei der Aussprache mit Jagoda nur zu den zu stehen
müssen, was Mussil, Hofstetter und ich vereinbarten. Jeder zahlt
250.000 Schilling von denen und dann wird die Studie von der
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Arbeitsgemeinschaft der beiden Institute erarbeitet. Der Plan
und alles war bereits festgelegt. Mussil sah sich furchtbar in
der Klemme und erklärte, dass neuerdings ins Dezember-Präsidium
zu bringen und ich bin überzeugt, dies so beschließen zu lassen.
ANMERKUNG für WAIS und JAGODA: Bitte bis zur positiven Mussil's
Akt noch nicht wegen Zuteilung fertig machen.
Bei der Barbara-Feier im Ministerium erwähnte ich die Sicherheits-
maßnahmen von MR Pelzl ganz besonders und die rückgehenden Unfall-
ziffern. Dies wird Pelzl sehr freuen, da er sich sowieso immer
benachteiligt fühlt, weil ich nur, dies glaube ich zurecht, MR
Sterk und Mock sonst herausstreiche. Ich erwähnte auch, daß dem
Bergbau schwere Zeiten bevorstehen, die Regierung aber doch durch
beträchtliche Mittel den Bergbau unterstützt, außerdem wies
ich neuerdings auf die Köflacher Aufschließung und Voitsberg III
hin. Ich bin wirklich jetzt in der Öffentlichkeit schon derartig
für diese Lösung eingetreten, daß es hier kein zurück mehr gibt.
Der Bürgermeister von Enns und Gen.Dir. Buchner, Chemie Linz,
wollten von mir eine Zusicherung, daß der Ausbau des Hafens Enns
durch das Handelsministerium gefördert wird. Ich selbst konnte
ihnen nur erklären, daß ich bereit bin, überall für den Hafen
Enns, weil es ein wichtiges Industriegebiet sein wird, einzutreten.
Buchner und ganz besonders Rimsky beschwerten sich, daß sie
keine Möglichkeit haben mit Minister Lanc über diese Möglichkeit
zu sprechen. Unangenehm für mich war nur, daß, ich weiß nicht, wer
ihn dazu geladen hat, Dr. Bock anwesend war, der hörte, wie mir
der Bürgermeister als auch Buchner erklärten, alle seien für diesen
Hafen, nur die Sozialisten, insbesondere auch in Linz, wegen des
Linzer Hafens, sprechen sich dagegen aus. Bock berichtete zwar
dann, daß in der ÖROK alle für den Hafen Enns eintreten, dies ist
für mich neuerdings nur ein Beweis, wie bei der ÖROK jeder alles
unterstützt, wissend, daß darauf keine Verpflichtungen ent-
stehen resp. sich kein Mensch darum kümmert, was dort wirklich
geschieht. Lanc mit dem ich nämlich nachher im Parlament ge-
sprochen habe, meinte es gäbe nicht genug Mittel um Linz jetzt
noch Krems und Wien als öffentlichen Hafen auszubauen, ja nicht
einmal zu erhalten. Die Umschläge seien dort viel zu gering und
er könne vom Finanzminister nicht neuerdings öffentliche Mittel
für den Ennser Hafen verlangen, die er auch gar nicht bekommen
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würde. Lanc hat zugesagt, sein Sekretariat wird mit meinem
Sekretariat eine Termin einer Aussprache fixieren.
ANMERKUNG für WIESINGER: Bitte eine Sitzung bei Lanc gegebenen-
falls vereinbaren. mit seinem Sekretariat.
NR Maier kam mit den Blizzard-Leuten Ing. Gröger und Sepp Maier,
die derzeit Schwierigkeiten mit der Beschäftigung haben. Sie
haben 530 Leute von denen 280 90 Stunden Kurzarbeiten mußten,
von Oktober bis jetzt vor Weihnachten. Was sie brauchen ist eine
Vorfinanzierung der Produktion für den Export. 1971/1972 haben
sie bei einem Umsatz von 164 Millionen immerhin 25 Millionen
Schilling, das waren 15 % von der Kontrollbank bekommen. Jetzt
beträgt der Umsatz 230 Millionen und die Kontrollbank hat ihm
auf 14 Millionen Exportförderungskredit gekürzt, wo dann mit Ach
und Krach noch 3 Millionen, d.h. insges. 17 Millionen dazukommen.
Für das nächste Wirtschaftsjahr brauchen sie 258 Millionen Soll-
Umsatz und dafür 40 Millionen Schilling Exportförderungskredit.
Ich erklärte ihnen, sie sollten versuchen, wenigstens die 25
Millionen von Haschek zu bekommen und ich werde sie diesbezüglich
unterstützen.
ANMERKUNG für GEHART und WANKE: Bitte mit der Österreichischen
Kontrollbank reden und Branchen-
referat einschalten.
Ein gewisser Pordes vom Freien Wirtschaftsverband wie er sagte,
ersuchte mich, daß ich den Ehrenschutz seines Bezirksballes
übernehme. Dem stimmte ich zu, erklärte aber sofort, nicht zu
kommen. In Wirklichkeit aber wollte er Kontakt, weil er eine
Erfindung produktionsreif hat, wonach Autoreifenabfälle wieder
zu Granulat verarbeitet werden können. Ich verwies ihn sofort
auf MR Gröger.
ANMERKUNG für GEHART: Gröger soll dann bitte berichten.
Ing. Bacher, Halleiner Zentralheizungsbau, mit einem Umsatz von
60 Millionen und 100 Beschäftigten hat bei Ärztering in Bad
Gastein durch Lieferungen 35 Millionen Schilling Forderungen
ausständig. Der dortige verantwortliche Kronbichler erklärt nun,
nicht zahlen zu können. Die Österreichische Kontrollbank soll eine
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Sanierung versuchen. Ich versprach Bacher ihm unverzüglich einen
genauen Bericht über das Problem Ärztering auch nach Rücksprache
mit der österreichischen Kontrollbank zu schicken.
ANMERKUNG für GEHART und WIESINGER: Bitte einen persönlich gehaltenen
Brief unverzüglich nach Vorlage des Branchenreferates und Fremdenver-
kehrsabteilung erlegen.
In der Lebensmittelarbeitergewerkschaftsvorstandssitzung berichtete
ich über die Wirtschaftssituation und ganz besonders über die Lohn-
entwicklung, die in der Paritätischen Kommission zur Sprache kam.
Ich glaube, daß die Politik die jetzt von unseren Gruppen ge-
macht wird, 3.60 Schilling absoluter Betrag auf jede Stunde
dazuzubekommen, richtig ist. Die Textil haben 2.40 Schilling
durchgesetzt. den absoluten Schillingbetrag werden die schlechteren
Frauenlöhne mehr angezogen, was nivelliert, aber dringendst not-
wendig ist. Wie wenig man von Prozentziffern ausgehen kann, der-
zeit liegen auch wir um die 10 % herum, zeigt ein Abschluß der
Hautarbeiter . Dort wurde, da wir keine Organisation haben, seit
1968 der Vertrag unverändert gelassen, sodaß jetzt eine 55 %-ige
Lohnerhöhung ausgehandelt wurde. Wo es keine Organisation gibt,
gibt es in Wirklichkeit auch keine einigermaßen befriedigende
Lohnverträge.
Hirsch von den Vereinigten Fettwerken wollte mit Blümel und mir
unbedingt sprechen, um mir dann nur mitzuteilen, er hätte mit
Seefranz jetzt eine Aussprache gehabt und dieser hätte ihm zuge-
sichert, er möchte nicht, daß die Vereinigten Fettwerke in OÖ
und Wien zugrunde gehen. Über den Preis könne er ihnen natürlich
keine Zugeständnisse machen, hier herrsche härtester Konkurrenz-
kampf. Die Unilever hätte aber kein Interesse daran ein Monopolist
zu werden und gebe ihm die Chance ein mengenmäßiges Kontingent
am Markt zu behalten. Da dies bei Ölen scheinbar kaum mehr mög-
lich ist, einigten sie sich, wenn ich zustimme, daß dies am
Margarinesektor, insbesondere für die gewerblichen Betriebe mög-
lich wäre. Hier handelt es sich aber um die heute schon auf
diesem Gebiet arbeitende Firma Ebhart & Herout, in deren Absatz-
bereich jetzt die Vereinigten Fettwerke vielleicht einbrechen.
Ob es ihnen gelingt, weiß ich nicht. Hirsch meint nur, nachdem er die
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Dutzende Millionen Schilling kostende Unterstützung vom
Sozialminister, geschweige denn von mir, nicht bekommen hat,
bliebe nur dieser Weg. Gegen einen Konkurrenzkampf auf diesem
Gebiet habe ich aber gar nichts einzuwenden. Ich werde aber bei
der Margarinesitzung dieses Problem zur Sprache bringen.
ANMERKUNG für WIESINGER: Vom Branchenreferat oder Marsch Margari-
neproduktion und Ölproduktionsziffern aufgeteilt auf Firmen ver-
langen.
Beim Empfang der Schweizer Botschaft, nämlich eine Minute,
nur um den Botschafter die Hand zu geben, da er wegfährt. Die
Präsentation vom Fremdenverkehrsplakat in der Alten Schmiede,
machte ich auch nur einen ganz kurzen speach und bedankte mich
bei dem Künstler. Für den Plakatentwurf hat er 15.000 Schilling
bekommen, wie mir Zolles versicherte, wahrlich nicht überwältigend
viel. Wichtig für ihn wird allerdings sein, daß er jetzt mit
diesem Plakat doch in der Öffentlichkeit mehr bekannt wird und
nur was die Kosten betrifft auch wirklich nur im Schatten und weit
abgeschlagen von Leherb fungieren wird. Überraschend für mich war,
daß auch Leodolter anwesend war.
In der Residenz der tschechischen Gesandtschaft war die große
Gemischte Kommission zu einem Empfang und ich kam zwar ver-
spätet, aber doch immerhin noch zeitgerecht hin. In der großen
Gemischten Kommission gibt es, wie mir von österreichischer Seite
aber auch tschechischer Seite versichert wurde keine Probleme.
Ich halte ja von diesen allumfassenden Kultur und weiß nicht
was noch besprechenden großen Kommissionen gar nichts. Die
Wirtschaft spielt dabei eine große Rolle, bringt aber noch
weniger konkretes als wie die an und für sich ja schon wenig
ergiebigen Wirtschaftsverhandlungen. Vielleicht ist es aber wegen
der Optik tatsächlich notwendig, daß wir sowohl gegenüber dem
Westen, Frankreich und Italien, als auch gegenüber dem Osten
solche große Gemischte Kommissionen haben. Meistens ist dies auf
irgendwelche Besuche zurückzuführen, wo sich dann Bundespräsidenten
oder zumindestens Bundeskanzler einigen, es wäre zweckmäßig wenn
die beiden Nationen weiterhin engsten Kontakt halten. Endergebnis
eine Kommission. Zum Glück ressortiert dies im Außenministerium.
Ossi Grünwald fragte mich ob es mich hart trifft, wenn er
Gehart als Abteilungsleiter in die ÖIAG nimmt. Ein Abteilungs-
leiter geht jetzt ins Finanzministerium, Bezahlung ca. 30.000 Schil-
ling und Grünwald möchte dafür Gehart gewinnen. Ich erklärte ihm
nach meinem Prinzip, daß dies nicht eine Frage ist ob es mich
hart trifft oder nicht, sondern eine Frage, ob Gehart persönlich
sich dafür interessiert. Jeder noch so harte Schlag bei Per-
sonaländerungen muß von mir getragen werden, wenn es für
einen Freund von mir eine Aufstiegsmöglichkeit gibt. Ob dies
eine ist, muß Gehart selbst entscheiden und ich hat Grünwald nur,
er soll so schnell wie möglich mit Gehart darüber verhandeln,
denn Gehart muß jetzt selbst einige Überlegungen anstellen.
Er ist einer meiner bedeutendsten Mitarbeiter, wäre wahrscheinlich
auch für die Handelskammer als Leiter der Industriesektion auf
lange Sicht gesehen erträglicher als jeder andere Kandidat, er
muß sich jetzt nur selbst entscheiden. SChef Meisl der die
Verhältnisse im Handelsministerium sehr gut kennt, ist von der
Idee, langfristig Gehart die Sektion zu geben, begeistert.
ANMERKUNG für GEHART: Überlege Dir alles genau, ich möchte nicht
in Deiner Haut stecken.
Tagesprogramm, 4.12.1975
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)