Donnerstag, 10.6.1976
Dr. Neubauer von Austromineral erörtert mit Frank, Mock, Sterk,
einem neuen Geologen Holzer, den wir jetzt in der OB beschäftigen
und der früher bei Austromineral in der geologischen Anstalt gewesen
ist, das Problem der Kohlenlagerstätte Deutsch Schützen. Austromineral
ist auf Grund der Bohrungen der Bergbau-Betriebsgesellschaft 1954–58
wo man 10–12 Mio. Tonnen festgestellt hat, jetzt überzeugt, dass
mindestens 40–50 Millionen Tonnen Braunkohle im Tagbau weiter östlich
direkt an das ungarische Kohlenfeld anschliessend, gewonnen werden
könnten. Die Ungarn haben bis zu 1 Mia. Tonnen, wie die ungarische
Explorationsgesellschaft Geominka festgestellt hat. Die Ungarn müssten
aber bei uns mit dem Abbau dieses Kohlenfeldes beginnen, denn es ist
einwandfrei nachgewiesen, dass das Kohlenflöz, auf österreichischem
Gebiet ansteigend, bei uns höchstgelagert ist. Die Hauptschwierigkeit
ergibt sich für Austromineral, dass die Freischürfe bei der Kärntner
Montanindustrie Besitzer Henckel-Donnersmarck seit 1972 liegen. 1975
wurden 162 Freischürfe in vermessungstechnisch einwandfreie Schürfbe-
rechtigungen von dieser Gesellschaft umgewandelt und geoalektrische
Untersuchungen begonnen. Nach dem neuen Berggesetz hätte die Kärntner
Montanindustrie ein Arbeitsprogramm von der Bezirkshauptmannschaft
genehmigt bekommen müssen. Die Gesellschaft hat bis jetzt aber nicht
einmal eingereicht. Austromineral hat zwei Vertragsentwürfe der
Kärntner Montanindustrie vorgeschlagen. Im Gesellschaftsvertrag wäre
festgelegt worden, dass die Kärntner Gesellschaft die Freischürfe
und Austromineral die Finanzierung prinzipiell einbringt. Zur Auf-
schliessung sind ca. 30 Mio. Schilling notwendig. Im Konsortialvertrag
wäre die spezifische Regelung erfolgt. Henckel-Donnersmarck hat nicht
einmal darauf laut Aussage von Neubauer geantwortet. Mock erklärt,
wenn die Kärntner Montanindustrie nicht bis Jahresende eine ent-
sprechende Aktivität beginnt, oder nachweist, dann kann er die Frei-
schürfe Austromineral geben. Ich verlange, dass Neubauer mit der VÖEST
firmenrechtlich alle Voraussetzungen trifft und sofort um rechtlich
vollkommen einwandfrei die Versuchsbohrungen beginnen zu können., alle
Vorarbeiten jetzt trifft. Der neue Vorstandsdirektor Apfalter hat
viel mehr Verständnis und Interesse als seinerzeit Prof. Fabricius,
der jetzt ausgeschieden ist. Die 30 Mio. sollen 1/3 die VÖEST, 1/3 die
ÖIAG, 1/3 wir aus der Bergbauförderung, jeweils auf 3 Jahre verteilt,
aufgebracht werden. Rentabel kann dieses Gebiet nur abgebaut werden,
wenn es in Kooperation mit den Ungarn erfolgt. Ich werde diesbezüglich
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im Herbst mit Biro Detailgespräche führen. Ich informiere den
Kammeramtsdirektor Kapaun von der Arbeiterkammer Burgenland
und seinen Präsidenten Babanitz. Mit beiden vereinbare ich, dass im nächsten
Jahr vor der Wahl dort grössere Aktivitäten entfaltet werden sollen
und ich mich bereit erkläre, selbst bei Austromineral entsprechende
neuerliche Bohrbeginne oder sonstige Untersuchungen einleiten werde.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Beim Septemberbesuch Biro wird es zweckmässig
sein, dieses Gebiet gemeinsam zu besuchen und auf Präsident Graf
von der Handelskammer Burgenland einen Besuch abzustatten. Bitte
Vorbereitungen treffen.
Prof. Musil berichtet über die Projekte der Energieeinsparung. Die
Untersuchung vom Verbundplan wegen Fernwärme, 2 Mio. Schilling Projekt
läuft ausgezeichnet. Die Energieeinsparung im Verkehr von Prof. Lenz
hätte auf meine Anregung veranlasst ergeben, dass international über-
haupt keinerlei Untersuchungen und Ergebnisse vorliegen. Es ist fast
nicht zu glauben, aber Musil behauptet und Frank bestätigt es, dass
tatsächlich niemand bis jetzt in Westeuropa, Amerika oder sonst wo,
konkrete Untersuchungen angestellt haben, wie man durch entsprechende
Verkehrsvorschläge Energiesparen kann. Ich werde deshalb der Unter-
suchung von Prof. Lenz, die 600.000 Schilling ungefähr kostet, zustim-
men, wenn ein konkretes Programm vorgelegt wird. Die dritte und
wichtige, wegen wärmeintensive Industrie mit 1,3 Mio. Schilling
kommt wegen der Zustimmung der Industriellenvereinigung der Handels-
kammer nicht weiter. Musil macht es von einer Aussprache mit mir ab-
hängig. Ich verlange von Prof. Musil, dass er mir für die Aussprache
mit Mussil beim nächsten Jour-fixe entsprechende Unterlagen zur
Verfügung stellt.
ANMERKUNG für TIEBER: Frank soll mit Musil diese Unterlagen zusammen-
stellen.
Gen.Dir. Mileikowsky von der Scania Schweden setzt mir neuerdings die
Möglichkeiten für Kompensationslieferungen bei Flugzeugbestellungen
auseinander. Schweden hat grosses Interesse, dass wir die Flugzeuge,
die Lütgendorf kaufen will, bei ihnen bestellen. Androsch hat zwar
dezidiert erklärt, dass er dafür kein Geld zur Verfügung stellen
kann, doch denken die Schweden, dass früher oder später doch auch
Viggen von Österreich gekauft werden könnten. Dieser Flugzeugtyp wird
von Scania erzeugt. Die Triebwerke kommen von Saab und die Elektronik
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von der Ericsson. Schon bei der seinerzeitigen Saab 105 wurde ein
Teil in Kompensation, damals 25 % vereinbart. Semperit, Steyr,
Böhler, VÖEST waren mit den Kompensationslieferungen betraut. Tatsächlich
wurden nicht 25%, sondern 70 % Kompensationen möglich zu liefern. Jetzt
ist Mileikowsky und dessen Generalvertreter Wittgenstein überzeugt,
dass man wesentlich mehr, wahrscheinlich sogar bis 100 % Kompensations-
lieferung gehen könnte. Die drei Firmen haben insgesamt einen Umsatz
von 140 Mia. Schilling, wobei sie 70 Mia nicht selbst erzeugen, sondern
zukaufen. Die Verteidigungsanteile sind bei Scania z.B. nus 12 % des
Umsatzes. Auch bei den anderen beiden Firmen ist es nicht höher. Wenn
Österreich also die schwedischen Flugzeuge kauft, dann würden öster-
reichische Lieferungen eben Kompensationen von diesen drei Firmen
gerne akzeptiert werden. Ich erkläre sofort, dass ich für den Ankauf
nicht zuständig bin, wohl aber den Minister Lütgendorf über die Aussprache
informieren werde. Mileikowsky meint, ich sollte unbedingt einmal die
Firma in Schweden besuchen, damit ich mich über ihre Produktionsmethoden
informiere. Richtig ist, und dies kann ich mit ihm diskutieren, weil
ich mich selbst dafür einmal interessiert habe, dass Saab jetzt von
der Fliessbandarbeit abgegangen ist. Mit dem neuen System in Gruppen-
montagen haben sie sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich mache bezüglich
eines Besuches überhaupt keine Zusagen, erkläre nur, dass ich auch schon
von der schwedischen Regierung zu einem offiziellen Besuch als Handels-
minister eingeladen wurde. Sollte ich einmal Schweden besuchen, werde
ich gelegentlich auch auf sein Angebot zurückkommen.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bei der Regierungsbesprechung bitte mich
an Lütgendorf-Information erinnern.
In der Vorstandssitzung der Lebensmittelarbeiter erörtern wir die
zukünftige Besetzung der Marktordnungsfonds und der Viehkommission.
Der Gewerkschaftsbund hat sich doch dazu entschlossen unseren For-
derungen bezüglich der Besetzung Rechnung zu tragen. Insbesondere
legen wir grössten Wert darauf, dass, nachdem Plesch jetzt abgelehnt hat
Geschäftsführer vom Getreidewirtschaftsfonds zu werden, dass das jahr-
zehntelange Mitglied des geschäftsführenden Ausschusses und der Ver-
waltungskommission Gludowatz dort hinkommt. Gludowatz selbst ist
darüber nicht sehr begeistert. Er wäre lieber in der Gewerkschaft als
Gruppensekretär und Bildungsreferent geblieben. Er sieht aber die Not-
wendigkeit ein, dass unsere Organisation auf diese wichtige Schlüssel-
position nicht verzichten kann. Im Mühlenfonds hatte ich auch seinerzeit
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einen Geschäftsführer durchgeboxt. Als Kompensation für den
finanziellen Verlust, den Plesch, obwohl ich ihm die Entscheidung
ausgesprochen selbst überlassen habe, durch Verbleib im Büro erleidet,
sprache ich mit Androsch, ob es nicht möglich ist, den freiwerdenden
Aufsichtsratsposten von Sagmeister in der Tabakregie Plesch zu geben.
Die Gewerkschaft wäre damit einverstanden. Androsch sagt mir nur zu,
er wird es sich überlegen. Scheinbar hat er schon anders disponiert.
Der Betriebsratsobmann Serini von der KGW berichtet mir unter
4 Augen, dass bei den Verhandlungen zwischen den beiden Betriebsräten
Plus-Kauf und KGW von jenen immer wieder behauptet wird, ich sei bei
ihnen beteiligt. Ich erkläre ihm, diese Behauptung könne nur darauf
zurückzuführen sein, dass NR Heindl, der früher in meinem Büro be-
schäftigt war und jetzt, weil er nach Annahme des NR-Mandates auf
Wunsch Kreiskys ausscheiden musste, bei Schöps beschäftigt ist, der
Eindruck entstehen konnte. Mich persönlich freut, dass Serini, der
sonst immer hart kritisiert und meistens damit recht hat, mir sofort
freimütig diese Information weitergibt. Serini ist auch verwundert,
wie verhältnismässig schlecht die Plus-Kaufleute bezahlt sind. Bei
der Übernahme bekommen sie bis zu 2.000 Schilling pro Monat mehr
bezahlt, weil sie dann nach dem KGW-Schema eingestuft werden. Wenn
Plus-Kauf jetzt schon bei den niederen Löhnen und Gehältern defizitär
gebart, wie wird es dann erst bei der KGW sein, wo er um 1/3 höhere
Gehälter bezahlen wird.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Vielleicht könnte man einmal von den verschiedensten
Handelsketten und Märkten, die scheinbar sehr differenten Kosten von
Marsch zusammenstellen lassen.
Die Debatte im Parlament zieht sich über 11 Stunden. Lanner, den ich we-
gen der Milch und Getreidepreise noch einmal kontaktiere und der
selbst mit seinen Leuten nicht einig wird, kündigt mir an, er wird
wegen der Integration ebenfalls in die Debatte eingreifen. Durch Zufall
ersucht mich Androsch gerade zu dieser Zeit ihn auf der Regierungs-
bank zu vertreten. Lanner attackiert wegen der Verzögerung der Preis-
festsetzung und wegen des nicht Erreichens von Zusagen der EG bezüglich
der Agrarexporte. Ich erwidere sofort. In dem Preisverfahren versuche
ich neben der formellen offiziellen Aussendung der Unterlagen an die
Interessensvertretungen informell durch bilaterale Gespräche zu er-
gründen, wo ein Kompromiss gefunden werden kann. Grundsatz der Sozial-
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partner ist, dass nur einmal im Jahr eine Preiserhöhung erfolgen
sollte, weshalb ich die Anträge nicht liegen lasse, sondern frühestens
am 15.7. nach Jahresfrist erst einen neuen Preis festsetzen werde.
Wenn Gewerkschaften, wie Lanner fragt, früher als nach einem Jahr
einreichen, bleibt auch der
Antrag so lange liegen. Bei der Integrationsverhandlung mit Brüssel
versuchen Weihs und ich, ersterer insbesondere durch öftere Reisen
dorthin und Besprechungen mit den zuständigen Funktionären, eine
Verbesserung der Agrarier zu erreichen. Lanner meint, man müsse nach
Brüssel fahren und etwas nach Hause bringen. Immerhin ist es uns
gelungen den Vertrag tatsächlich zu erreichen und ich wurde damals
attackiert, dass ich zu wenig fahre. Lanner möchte, obwohl er genau
weiss, dass dies nichts nützt, uns immer wieder empfehlen, wir sollten
hart verhandeln und Einfuhrbeschränkungen festlegen. Diese scheinbare
Politik der Stärke würde ohne dass ich es dort im Parlament sage,
nur dazu führen, dass die Konsumenten mit Importwaren aus der EG, ins-
besondere Obst und Gemüse, nur schlechter versorgt werden. Ich glaube
nicht dass wir mehr erreichen würden.
ANMERKUNG FÜR PLESCH und WAIS: Bitte eine Tabelle zusammenstellen las-
sen, wo wir die seinerzeitigen Liefervereinbarungen und tatsächlichen
Lieferungen in EG-Länder an landwirtschaftlichen Produkten und die Auf-
stockungen, die wir erreichten, sowie dann die derzeitigen Lieferungen
gegenüberstellen, anfertigen lassen.
Tagesprogramm, 10.6.1976