Montag, 5. Juli 1976
Fritz Prechtl, der Obmann der Eisenbahnergewerkschaft, ersuchte
mich bei seiner Zentralleitung ein Referat über die wirtschaft-
liche Situation zu halten. Die Eisenbahner sind eine wesentliche
Stütze der Regierung, da sie eigentlich die Regierungspolitik weitesgehendst unterstützen. Dadurch dass jetzt ihre Triennien in Biennien
umgewandelt wurden, d.h. sie wie alle anderen öffentlichen Bediensteten
alle zwei Jahre vorrücken, sind sie selbst mit der Gehaltspolitik
einverstanden. Ich erklärte ihnen dann ganz besonders, dass wenn sich
die allgemeine wirtschaftliche Lage in Österreich verbessert, dann
eigentlich für die Eisenbahner indirekt eine schlechtere Zeit
beginnt. In der Rezession ist der Finanzminister bereit und willens
grosse Mittel für Investitionen zur Verfügung zu stellen. Dies macht
er nicht nur allein um die Verkehrsverhältnisse zu verbessern, sondern
primär eigentlich um die Beschäftigungslage bei der Waggonindustrie
der Lok-, Elektroindustrie usw. aufrecht zu erhalten. Bessert sich
die Wirtschaftslage dann muss er budgetären Gründen mit den In-
vestitionsausgaben wieder sehr rückhaltend sein. Die Diskussion war
zwar sehr kurz, fast so kurz wie meine überraschende Zusage, als mich
Prechtl Ende der vergangenen Woche fragte ob ich zu ihnen kommen
würde, Es ist jetzt schon jahrelang her, dass ich bei der Eisenbahner-
gewerkschaft referierte.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: In Gewerkschaftskreisen fühle ich mich am wohl-
sten. Wenn jemand Interesse für Vorstandsreferate zeigt, bitte so-
fort zusagen.
Beim Jour-fixe mit Sallinger schnitt ich neuerdings die Frage des
Getreidepreises an. Sallinger hätte am liebsten, wenn eine ähnliche
Lösung wie in den vergangenen Jahren gefunden werden könnte. Er weiss
genau, dass wir grösste Schwierigkeiten haben, diesmal eine Überbrückung
zu finden. Andererseits ist er überzeugt, dass man den Bauern auch für
den Normalweizen eine Preiserhöhung zugestehen muss. Ich erzählte ihm.
dass ich beim Wieselburger Volksfest am Sonntag Gelegenheit hatte, dem
Bundesinnungsmeister der Bäcker in dieser Angelegenheit zu sprechen.
Die Bäckerinnung hat von den ganzen Verhandlungen überhaupt nichts
gewusst. Ich fürchte, dass wir bis 15.7. tatsächlich unter Zugzwang
kommen werden. Erich Schmidt vom Gewerkschaftsbund hat mich dann auch
im Laufe des nachmittags, dass die Preisvorprüfungskommission die
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Verhandlungen mit den Landwirtschaftskammervertretern abgeschlossen
hat. Kurzel hat den Einwänden der Arbeiterkammer nicht Rechnung ge-
tragen. Als rein formalistischer Beamter, wie er dies ist, wollte
er zeitgerecht vor dem 15.7. mit seiner Vorprüfung fertig sein. Er
hat deshalb ein Protokoll abgefasst, wo alle Einwände der Arbeiter-
kammer notiert sind, er aber prompt erklärt, die Verhandlungen seien
mit der Landwirtschaftskammer beendet. Er wollte mich dann auch im
Laufe des Tages unbedingt sprechen und von mir eine Weisung haben,
wie es jetzt weitergehen soll. Ich erklärte ihm, es war beabsichtigt
die landwirtschaftliche Buchführungsgesellschaft sowie in den ver-
gangenen Jahren um eine Aufgliederung zu ersuchen. Kurzel meinte,
dies hätte zwar Marsch, den er einmal ganz kurz zugezogen hatte, gefor-
dert, doch sei nach Auskunft der Buchführungsgesellschaft mindestens
3 Wochen Zeit notwendig, um diese Arbeit zu liefern. Kurzel meinte
dazu wäre nicht genug Zeit, denn bis dahin sei alles schon entschieden.
Ich erklärte ihm, er müsse aber damit rechnen, dass man eventuell
auch in drei Wochen noch die Aufgliederung brauchen könnte und ersuchte
ihm, entsprechendes zu veranlassen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Wie immer die Verhandlungen gehen, veranlasse
dass er die Unterlagen auf alle Fälle verlangt.
Walter Rhomberg, Vizepräsident der Handelskammer Vorarlberg und, da
er den kranken Präsidenten der Vergangenheit meistens vertrat, der
wirkliche Handelskammerpräsident, soll zum 15.10. zu seinem 65. Ge-
burtstag einen entsprechenden Orden bekommen. Sallinger möchte, dass
er eine höhere Auszeichnung erhält, als ihm als Vizepräsident zustehen
würde.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte Ordenseinleitung sofort vornehmen und
höchstmöglichen Grad geben.
Der Präsident der Philips-Gesellschaft von Eindhoven, Jonkheer H.A.C. van
Riemsdijk, soll ebenfalls eine entsprechende Auszeichnung erhalten.
Auch hier interveniert Sallinger, obwohl ich ihm erkläre, dass die
entsprechenden Anträge so viel mir bekannt ist, schon laufen.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte bei MR Ottahal intervenieren und nach-
fragen.
Die Handelskammer weiss noch immer nicht, wen sie als Nachfolger von
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Mussil zum Generalsekretär machen soll. Jetzt wird deshalb auch 1977
Mussil noch das ganze Jahr Dienst machen. Sallinger ersucht mich, ich
solle wegen der Zollwünsche der Sowjets Gleissner gleich reden. Als
dieser eintritt, rede ich ihm mit Generalsekretär an. Keine beab-
sichtigte, ja nicht einmal eine freudsche Fehlleistung, sondern wahr-
scheinlich nur bedingt durch die Tatsache, dass wir vorher gerade
über dieses Problem sprechen. Gleissner, glaube ich, hat aber wenig
Aussicht, obwohl er dies natürlich anstrebt. Die Sowjets waren für
die Gemischte Kommission einverstanden, dass in einem Protokoll
steht, sie nehmen unsere Erklärung zur Kenntnis und danken für die
Bemühungen. Jetzt soll der sowjetische Handelsrat Nikolaenko
erklärt haben, im Finanzministerium hat er gehört, dass gegen etwaige
Zollermässigungen nur die Handelskammer Bedenken erhebt. MR Egger
vom Finanzministerium soll eine diesbezügliche Bemerkung zu eventuel-
len individuellen Anwendung des § 6 Zollsenkung für bestimmte Produkte
die nicht weltweit sein müsste und daher nicht GATT-konform wäre, abgege-
ben haben. Die Sowjets haben Interesse an Elektromotoren und an Dreh-
bänke.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte sofort prüfen lassen, was hier wirklich ge-
schehen ist.
Gleissner stellt fest, dass auch in der Kommission Bundesrat Pisec
vom Bundesgremium sein wird, weshalb wir, wenn dieses Problem in
der Gemischten Kommission zur Sprache kommt, empfehlen werden, das
Kammerkontaktkomitee zu beschäftigen, wenn es nicht gelingt eine Lö-
sung schon bei der Gemischten Kommission zu finden. Ich erkläre
Sallinger neuerdings, dass ich den Wunsch der Handelskammer, von dem
sich Sallinger immer ein bisschen distanziert, nämlich Pisec in die
Delegation aufzunehmen, Rechnung getragen habe.
Das Journalistenfrühstück ist gut besucht und die Ankündigung, dass
wir eine Dienststelle für Kraftfahrzeugkauf und Reparatur errichten,
findet allgemeines Interesse. Nach langer Zeit kommt sogar das Fern-
sehen und macht sogar Aufnahmen.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: Nicht die grossen Probleme interessieren, sondern
die, die die Leute unmittelbar betreffen.
Romé von der Arbeiter-Zeitung fragt an, was mit dem Kontingent für
Stahlimporte nach Amerika passiert ist. Zum Glück hat mich der Handels-
attache der amerikanischen Botschaft am Sonntag Abend bei der 200-Jahr-
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Feier diesbezüglich angesprochen. Ich hatte leider keinerlei Informatio-
nen. Weder am Sonntag noch beim Pressefrühstück. Ein diesbezüglicher
Akt ist erst sehr spät ins Büro gekommen. Trotzdem ist es notwendig,
dass in Hinkunft viel schneller die Unterlagen vorgelegt werden, resp.
es noch wichtiger ist, dass in solchen Fragen der Referent unmittelbar
entweder dem Büro, oder noch besser mich sofort informiert. Es ist
wirklich nur meinem taktischen Geschick gelungen, ohne dass ich mich
besonders erwähnen möchte, über diese zwei peinlichen Situationen
hinwegzukommen. In beiden Fällen, machte ich natürlich den Eindruck
zumindestens als ob ich informiert wäre. Aus der weiteren Diskussion
zog ich mich so heraus, dass ich sagte, ein eigenes Kontingent sei
natürlich wie die Schweden, EG und Japan u.a.Länder erhielten, von
grossem Interesse. Wenn man aber eine starke Exportmacht darstellt,
dann kann man auch mit einer allgemeinen Quote, also nicht spezifisch
für Österreich, so glauben zumindestens manche Leute, auch ganz gut
abschneiden. Dies war eine glatte Ausrede, weil selbstverständlich
unsere Stahlindustrie eine eigene Quote wünscht, wie ich dann aus
dem Akt entnehmen konnte. Die Stahlindustrie hat sich bei Romé, wie
er mir nachher unter vier Augen sagte, beschwert, dass die Verhand-
lungen ganz falsch und zu langsam geführt wurden. Aus dem Akt konnte
ich entnehmen, dass unsere Beamten sich auf das Aussenamt ausreden,
weil alles natürlich bei uns über das Aussenamt gehen muss. Dieser
Fall muss für uns jetzt als Anlass dienen, im Büro dafür zu sorgen,
dass wir zeitgerecht informiert werden. Das Büro andererseits muss
die Unterlagen stets mir an denselben Tag geben, oder zumindestens
kurz referieren. Wenn dies nicht geschieht, wird sehr bald die andere
Seite draufkommen, dass wir nicht annähernd mehr so effizient arbeiten
als bisher. In so konkreten Fällen kann ich kaum, wie man so schön
sagt, Schmäh führen.
ANMERKUNG AN ALLE: Bitte im Urlaub nachdenken, wie wir unser Büro
effizienter und vor allem die Information aus den Sektionen besser
organisieren können.
Würzl berichtete über die ERP-Fremdenverkehrskommission und dass wir
im vergangenen Jahr fast für ein Kreditvolumen von 1,6 Mia. Schilling
ERP-Mittel zur Verfügung gestellt haben. Er stellte alles sehr positiv
dar. Wogegen ich gar nichts einzuwenden hatte. Ich nützte nur die
Gelegenheit, sofort darauf hinzuweisen, dass wir 200 Mio. Schilling
für die zusätzliche Konjunkturförderung und die Wünsche des Fremden-
verkehrs im Programm durchgesetzt haben und die Fremdenverkehrs-
wirtschaft nur für 25 Mio. Schilling diese Möglichkeit in Anspruch
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hat. Hier übte ich, genau wie in der Fremdenverkehrs-ERP-Kommission
heftigste Kritik. Das brauche ich unbedingt, weil andererseits jetzt
schon wieder bei der Hotel-Treuhand Ansuchen von über 1 Mia. Schilling
liegen. Der Fremdenverkehr hat den grössten Fehler gemacht, nicht die
200 Mio voll auszunützen, in der Hoffnung er bekommt bessere Kondi-
tionen bei anderen Aktionen. Wenn in Hinkunft mich jemand angreift,
dass ich zu wenig für den Fremdenverkehr infolge der kritischen
Budgetsituation im nächsten Jahr tun werde, dann kann ich – und dies
ist mir sehr wertvoll – dagegen mit Hinweis auf diese Situation
replizieren.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: Diese Klärungsmöglichkeit bitte ständig parat
halten.
Der israelische Botschafter in Österreich hat mich am Sonntag bei den
200 Jahre Amerikaempfang angesprochen, was eigentlich bei der EFTA-
Tagung wegen des Mittelmeerraumes herausgekommen ist. Ich war sehr
erstaunt von ihm zu hören. dass er überhaupt keine Information er-
halten hat. Noch in Genf hatten Steiger und ich, Dr. Tschach er-
sucht, er soll sofort den israelischen Botschafter oder Handelsrat
über unsere Intervention für Israel informieren. Natürlich habe ich
mich sonntags ausgeredet, dass wahrscheinlich der Beamte wartet, bis
er die schriftlichen Protokollunterlagen bekommt. MR Steiger, den
ich sofort jetzt fragte, wieso dies passieren konnte, hat dafür
auch keine Erklärung. Er erinnert sich ganz genau, dass wir in Genf
die Vorgangsweise besprachen. Tschach ist momentan auf Urlaub und
Hillebrandt, der ihn vertritt, nicht zu erreichen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Sorge bitte dafür, dass jetzt geklärt wird, wieso
dieser eindeutige Beschluss nicht durchgeführt wurde.
Die Auszeichnung und Staatswappenverleihung verlief in normalen
Rahmen. Leider habe ich viel zu wenig Zeit, um mich mit den Einzel-
heiten zu beschäftigen. Ausserdem hat es in der Feierstunde nicht
eine allzu grosse Wirkung. Ich habe schon einmal im Büro vorgeschlagen,
wir sollten uns überlegen, diese Auszeichnung bei grösseren Betrieben,
wenn sie insbesondere in Wien, oder in der Nähe sind, in diese Betriebe
selbst zu verlegen. Natürlich muss man dafür die Geschäftsleitung mo-
tivieren. Dies wird Ottahal garantiert nicht machen. Der ist froh,
wenn er die ganze Angelegenheit aktenmässig erledigt. Wir müssten uns
von ihm eine Aufstellung geben lassen, wer und welche Auszeichnungen,
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sei es Staatswappenführung oder Orden, bekommen sollte. Dann
müsste man Kontakt mit dem Betrieb aufnehmen, ob er nicht Interesse
hat, dass er die Auszeichnung bei sich im Betrieb überreicht be-
kommt. Ich bin überzeugt davon, dass der grösste Teil daran bren-
nendst interessiert ist. Die Wirkung ist politisch wesentlich
grösser, wenn wir, soweit es meine Zeit erlaubt, ein solches System
wirklich einführen.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER UND TIEBER : Bitte diese Aufstellung machen
lassen und überlege, wie wir dies im Zeitplan einbauen.
Prof. Mark, der 30 Jahre Konsulent der grossen amerikanischen Zell-
stoff- und Papierindustrie Rayonier ist, die der ITT gehört, hat
einen Vortrag in Wien über Industrialisierung in Land- und Forstwirt-
schaft. Mark hatte ich Gelegenheit beim Symposium über die Rohstoff-
fragen beim letzten Staatsfeiertag kennenzulernen. Turnauer beschäf-
tigt ihn jetzt, weil er von ihm eine Unterstützung für amerikanische
oder schwedische Firmen, Stora Kopparberg, wünscht um die richtige
Technologie zu bekommen. Turnauer ist fest davon überzeugt, dass er mit
der Holzaufbringung keine Schwierigkeiten hat und auch die Finan-
zierung zustande bringt. Jetzt muss er nur wissen, welche dieser
beiden Firmen sich an seinem Projekt beteiligt. Schweden hat er
zugegeben, scheidet wahrscheinlich aus, weil sie keine Mittel der-
zeit freimachen können. Wenn die Amerikaner tatsächlich bei den
Sulfatprojekt mit Turnauer einsteigen, dann hat Wanke nachher richtig
zu mir bemerkt, dann ist alles schon entschieden. Ich bin auch der
Meinung, dass wenn ein so mächtiger Konzern wie ITT sich in Österreich
beteiligt, dass dann selbstverständlich auch die finanzielle, technische
und Managementfrage klar und deutlich gelöst ist. Wanke will deshalb
mit allen anderen Projekten soweit wir sie jetzt nicht schon mit Zin-
senzuschüssen entschieden haben zuwarten. Prof. Mark meinte, es wird
garantiert im Herbst die Entscheidung fallen. Turnauer ist hier ein
wenig zurückhaltender. Da wir in Österreich 100.000 Tonnen Sulfat-
zellstoff importieren und Mark meint, niemand wird so gute Qualität
von langfaserigen, gebleichten Sulfatzellstoff liefern, als wie in
einer neuen Fabrik erzeugt werden kann, bin ich ehrlich gestanden der
Meinung, wenn die Amerikaner tatsächlich einsteigen, ist dies eine
beschlossene Angelegenheit. In diesem Fall kann nicht einmal der Obmann
der Papiervereinigung Stepski, der eine Sulfatzellstoffanlage in Öster-
reich betreibt, sich mehr dagegen querlegen.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Bitte von allen Seiten die Meinung
über dieses Projekt einholen.
Im Klub berichtet Klubobmann Fischer über die letzten zwei Tage
Nationalratssitzung Sowohl für das Wohnbauproblem, als vor allem
über die Rechnungshofberichtsanierung, als vor allem über die Volks-
zählung wird es eine lange Diskussion geben. Genau so bin ich
überzeugt, dass über die Sozialgesetze von Häuser furchtbar lang wird
diskutiert werden. Erst war beabsichtigt am Mittwoch einen Heurigen-
abend zu machen Zum Glück hat man dieses Ereignis auf Oktober ver-
schoben, weil garantiert nicht um 7 oder 8 Uhr Mittwoch die Sitzung
zu Ende gehen wird. Im Oktober können dann auch die Abgeordneten mit
der neuen Ministergarde Kontakt haben. Kreisky beabsichtigt jetzt
glaube ich doch, nicht nur die drei schon bekannten Minister auszuwech-
seln, sondern eine grössere Regierungsumbildung zu machen. Alle Anzeichen,
Informationen der Presse usw. sprechen dafür. Ich glaube ein ganz kleiner
Kreis weiss auch bereits einige Namen. Offiziell ist allerdings noch
nichts bekannt und inoffiziell wird viel geredet, aber wirklich exaktes
Wissen glaube ich nur ein oder zwei Leute, wenn nicht überhaupt
Kreisky allein. Für die, die jetzt dann noch dazukommen, sei es
Leodolter, Lütgendorf oder mit grösster Wahrscheinlichkeit auch
Veselsky, muss dies eine sehr unangenehme Situation sein. Wenn ich
mir vorstelle, dass es mir auch einmal so gehen sollte, bin ich fast
der Meinung, man macht selbst Schluss, wenn die Zeit gekommen ist
und wartet nicht bis man hier so im Gespräch und im Gerücht und in
den Zeitungen und ich weiss Gott nicht, wo überall schön langsam
abgeschossen wird.
ANMERKUNG AN ALLE: Bitte mich dann entsprechend daran zu erinnern.
Gen.Dir. Malzacher von Steyr-Daimler-Puch ersucht mich, sowie der
Aussenminister auch, ich möchte unbedingt nach Lagos fahren, um
einen Brief gleichzeitig mit der Vertragsunterzeichnung Assembling
Werk in Nigeria mit den nigerianischen Minister zu unterfertigen.
Der Österreichische Botschafter in Nigeria hat ein diesbezügliches
Kabel an das Aussenamt und auch an mich gerichtet, dass bis 15.7. das
Vertragswerk unterfertigt werden müsste. Malzacher erzählt mir, dass
die Konkurrenz jetzt sehr stark in Nigeria operiert und wenn es
nicht jetzt zu einem Abschluss kommt, die Verhandlungen dann niemals
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mehr positiv abgeschlossen werden können. Unter diesen Um-
ständen erkläre ich mich bereit, nach Lagos am Samstag und Sonntag
hinunter zu fliegen. In Wirklichkeit sage ich Bielka dann am Telefon,
wird es immer unmöglicher. Bis jetzt war es üblich, dass monatelang
vorbereitete Gemischte Kommissionen gegebenenfalls zusammentreten.
Jetzt muss oft über Nacht entschieden werden, ob und inwieweit ich
als Handelsminister bei Vertragsunterzeichnungen anwesend sein
muss resp. letter of understanding gleichzeitig zu unterschreiben
habe. Wenn dies so weitergeht, werde ich in Hinkunft überhaupt
nur mehr ständig auf Reisen sein.
Auf Wunsch von Malzacher informierte ich auch Bielka, dass mit
den griechischen Aussenminister wegen Steyr-Hellas sehr vor-
sichtig vorgehen muss. Die Griechen sind bereit, die Verträge,
die Steyr seinerzeit mit der Militärdiktatur geschlossen hat, anzu-
erkennen. Allerdings wollen sie den Status quo aufrecht erhalten.
Dies würde bedeuten, dass Steyr sofort 100 Mio. Schilling in Er-
füllung des Vertragstextes investieren müsste. Andererseits hat
Steyr heute nicht mehr bei der Traktoreinfuhr die Exklusivität.
Es war seinerzeit vereinbar, dass nur die Bauern einen Kredit von
der Agrarbank bekommen, wenn sie Steyr-Traktoren sich anschaffen.
Jetzt ist es der Konkurrenz gelungen, dass auch andere Traktoren
finanziert werden. Ich ersuchte deshalb Bielka zu den Verhandlungen,
die Schober jetzt mit den Wirtschaftsmann des griechischen Aussen-
ministers führt, vorerst Malzacher zuzuziehen. Dies ist dann auch
geschehen. Neue Garnitur bei Steyr-Daimler-Puch, Malzacher, Feichtinger
usw. bekommen wirklich die grösstmögliche Unterstützung von dieser
Regierung. Ich glaube aber auch, dass sie es sich verdienen. Die
haben wirklich ein ganz neues Tempo, aber auch andere Ideen als der
seinerzeitige Vorstand zur Rettung des Werkes eingeleitet. Malzacher
anerkennt, wie niemand anderer, wie viel ihm diese Regierung unter-
stützt. Unter anderem ist es ihm jetzt geglückt endlich und end-
gültig die Tunesienfrage vertraglich zu fixieren.
Tagesprogramm, 5.7.1976
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Gedächtnisnotiz Gr. öst.-sowj. Kommission betr. Zölle, 14.6.1976