Donnerstag, 22. Juli 1976
Dir. Angerer von der Arbeitsgemeinschaft für Suez-Kanal-Projekt
sieht keine Möglichkeit in absehbarer Zeit das Projekt von den
Ägyptern zugeschlagen wird. Beim englischen Zuschlag für El-Schatt
wurden jetzt bei Baubeginn schwierigste geologische Verhältnisse
festgestellt. Nach Angerers Meinung werden deshalb die Ägypter
keinen weiteren Zuschlag machen, bevor nicht die geologischen
Verhältnisse unten geklärt sind. Ich glaube eher, daß es sich
um Finanzierungsprobleme handelt. Das österreichische Tunnel-
Projekt El-Kadar ist auf die schlechtesten geologischen Verhältnisse
kalkuliert und projektiert. Sollte man wider erwarten anstelle
des angenommenen Schwemmsandes auf Fels stoßen, so würde dies nur
die Bauten erleichtern resp. keinesfalls verteuern. Im 3-Milliarden-
Schilling-Projekt sind 3 Mio. 590.000 S Projektkosten erwachsen.
Seinerzeit wurde vereinbart, wenn der Zuschlag nicht erfolgt,
daß die Projektkosten aus Entwicklungshilfegeldern bezahlt
werden. Das Bundeskanzlersamt möchte nun eine diesbezügliche Mit-
teilung von mir. Ich werde ihnen mitteilen, daß diese Vereinbarung
seinerzeit mit Zustimmung Kreiskys getroffen wurde, ich ersuche
Angerer, mir einen Briefentwurf an Aufbauminister Osman zu geben,
wo ich wegen der Projektverwirklichung neuerdings urgiere.
In der Kostenaufstellung, die ich flüchtig prüfte, waren auch
Geschenkkosten, GD Freibauer hat seinerzeit auf unser Ersuchen
10 Kameras als Geschenke Bukowski zur Verfügung gestellt, ebenso
waren Geschenke, die die Arbeitsgemeinschaft in Ägypten gegeben
hatten, in der Aufstellung. Angerer erklärte sich sofort bereit,
diese Posten aus der Aufstellung herauszunehmen.
Anmerkung für WAIS: Bitte stelle fest, wer die Geschenke bekommen
hat. Bukowski hat eine Aufstellung gemacht.
Die Arbeitsgemeinschaft Universale, Porr, Mayreder und Rella, die
in Malta das 1,2-Milliarden-Schilling-Projekt bauen, klagen, daß
sie mit dem Zuschlag nicht auskommen. Seinerzeit hat auch die
Mailänder Firma Lticiani und die deutsche und Schweizer Firma
Zimblin Konkurrenzofferte gelegt und sie mit den österreichischen
Firmen wurden in eine Arbeitsgemeinschaft zusammengefaßt. Damals
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hat für die Baustelleneinrichtung die Italiener um 150 Mio.
Schillinge billiger offeriert, nach Meinung von Angerer fehlen
nun diese 150 Mio. Schillinge. Da der Bau richtig vorangeht, hofft
die Arbeitsgemeinschaft, bei vorfristiger Erfüllung, eine Nach-
tragsrechnung legen zu können. Tatsächlich ist es richtig, daß
wenn der Strom früher erzeugt werden kann als angenommen, ein
früherer Erlös der ÖDK zuwächst. Hautzenberg hat mir schon ange-
deutet, daß die ÖDK genaue Überprüfungen wird vornehmen ohne na-
türlich schon irgendwelche Zusagen zu machen. Zum Glück war bei
diesem Gespräch auch Dr. Wais anwesend, weshalb er als Aufsichts-
rat der ÖDK gleich die Probleme kennt, die ihm in den nächsten
Jahren beschäftigen werden.
Anmerkung für WAIS: Stelle fest ob ähnliche Regelungen schon
einmal gehandhabt wurden.
Die Arbeitsgemeinschaft, die in der Drau die Staustufen baut,
möchte nun unbedingt den Anschlußauftrag für Annabrücke, dieses
Vorhaben wird ca. 400 Mio. Schilling Bauten umfassen. Um die Bau-
stelleneinrichtung von Rosegg gleichzeitig verwenden zu können
müßte im Herbst die Baugrubenumschließung 25 Mio. Schilling be-
gonnen werden. Ich habe mich seinerzeit, als ich die Baustelle
bevor offiziell eröffnet wurde, allein und überraschend besichtigte,
festgestellt, daß die dortigen Beschäftigten diesen Anschlußauftrag
erwarteten. Die Beschäftigungslage in Kärnten, so erklärten sie mir,
müßte ubedingt den Anschlußauftrag jetzt sofort notwendig machen.
Ich habe damals mit ÖDK und Verbund verhandelt und feststellen
müßen, daß dafür leider kein Geld vorhanden ist. Ob und inwieweit
die Verbund jetzt einen Baubeschluß läßt, kann ich nicht fest-
stellen, andererseits ist es richtig, daß durch die ständigen
kontinuierlichen Bauaufträge der DoKW eine Kostenminimierung
erreicht wurde.
Der Budgetmann Düringer und Würzl wollen eine Umschichtung bei
den Subventionen. Düringer, der in Wirklichkeit die Detailarbeit
an unserem Budget immer macht, ist über die Tatsache sehr unglück-
lich, daß wir immer knapp vor Jahresablauf dann die entsprechenden
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Projekte genehmigen, dadurch kommt er in eine furchtbare
Drängerei. Mir selbst paßt dieses System auch nicht, weil da-
durch im Finanzministerium der Eindruck entstehen muß, vor
Torschluß wird schnell noch das ganze Geld rausgeschmissen.
Ich bin daher sehr einverstanden, früher schon einzelne Projekte
schon zu genehmigen. Im heurigen Budget steht schon fest, daß
wir die Aufwendungen für die Zinsstützung der Papierindustrie
nicht im vollen Umfang werden brauchen. Würzl möchte deshalb
auf die Fremdenverkehrsförderung umdisponieren. Für eine ERP-
Ersatzaktion möchte er 30 Mio. Schilling aufwenden, dieser Betrag
erscheint mir deshalb zu hoch, weil zwar sicherlich Projekte vor-
liegen, doch dem Fremdenverkehr gezeigt werden muß, daß sie nicht
nur billige ERP-Gelder bekommen können. Ich hatte seinerzeit mit
dem Finanzministerium vereinbart, daß wir eine Sonderaktion für
200 Mio. Schillinge allerdings teureres Geld zur Verfügung stellen
werden. Knappe 10 % davon wurden von der Fremdenverkehrswirt-
schaft in Anspruch genommen. Wir einigten uns auf 25 Mio. Schilling
anstelle der gewünschten 30, da Würzl auch erklärte, dieser Betrag
schien ihm sowieso zu hoch. Wichtig bei all diesen Transaktionen
erscheint mir nur, so viel als möglich Belastungen des Jahres
1977 auf 1976 zu verlegen, durch diese Maßnahme, die wir auch in
den vergangenen Jahren schon praktizierten, können wir eine evtl.
größere Budgetkürzung leichter verkraften. Wenn ich mir vorstelle,
daß bei allen anderen Ressorts genau solche Transaktionsmöglich-
keiten durchgeführt werden, so kann ich mir vorstellen, wieviel
Budgeteinsparungsreserven doch noch immer in unserem aufgeblähten
Budget vorhanden sind. Natürlich würde sich ein Finanzminister
der hier rigoros vorgeht, mit allen seinen Ministerkollegen ver-
scherzen, resp. als der Diktator hingestellt werden.
Vom ORF wollte der Redakteur Kattinger unbedingt ein Interview
über die Ergebnisse der Sowjetunion. An und für sich bin ich
nicht sehr glücklich solche Einzelinformationen zu geben, lieber
bespreche ich das ganze Problem und alle anderen Fragen beim
Pressefrühstück. Tieber hat allerdings recht, wenn er meint, daß
dann die Aktualität verloren geht. Ich weiß nicht, ob das Interview
überhaupt gesendet wurde, wahrscheinlich eher nein. In den Nach-
richten habe ich nur gehört, daß es vollkommen falsch dargestellt
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wurde. Ich erinnere mich ganz genau gesagt zu haben, daß
Österreich Agrarprodukte wie Fleisch, Getreide und Zucker
angeboten hat, daß die Russen aber erklärten, die Eigen-
produktion zu forcieren und wenn sie importieren, wie z.B.
bei Zucker, an Überverträge mit 3 Mio. Tonnen gebunden sind.
In den Nachrichten wurde dann gesendet, Staribacher erklärt,
die Russen werden Agrarprodukte kaufen.
Anmerkung für TIEBER: Bitte kläre wieso dies passieren konnte,
ohne daß wir selbstverständlich eine Berichtigung verlangen.
Norden, Chefredakteur und Herausgeber vom "Tourist Austria
International" ersucht, daß wir intervenieren, damit er doch
eine Zeitungsförderung bekommt. Seinerzeit hat man ihn abgelehnt
weil er als reine Fachzeitschrift gilt. Internationale Wirtschaft
z.B. bekommt aber, obwohl auch diese eine Fachzeitung ist, eine
entsprechende Förderung. Norden kommt es primär darauf an, einen
symbolischen Betrag zu bekommen, damit er, wen die Postförderung
durch die Tariferhöhung ausgelöst, zustande kommt, er nicht das
volle Postporto zahlen muß. Voraussetzung glaubt er, wird nämlich
sein, daß die Zeitungen auch aus der allgemeinen Zeitungsförderung
einen Betrag bekommen.
Anmerkung für TIEBER: Puffler hat die Intervention übernommen.
Norden, wahrscheinlich auf Ersuchen Zedeks, fragte, was eigentlich
mit der Verlängerung der geschäftsführenden Obmannstellvertretung
bei der Öst. Fremdenverkehrswerbung beabsichtigt ist. Zedek be-
fürchtet, daß Zolles gegen ihn ist und deshalb eine Verlängerung
für ihn verhindert. Ich erklärte sofort, daß es ganz davon ab-
hängen wird, ob Zedek weiter in der Handelskammer bleibt und ob
die Handelskammer ihn beabsichtigt ihn in einer Funktion zu belassen
Nach Meinung Nordens hat Zedek die öst. Fremdenverkehrswerbung
und insbes. Zolles vor Angriffen der Handelskammerseite immer ab-
geschirmt. Diese Funktion, erkläre ich sofort, kann er aber auch
in Hinkunft nur dann ausfüllen, wenn er eben ein Vertreter der
Handelskammer nach wie vor bleibt. Norden meinte, Zedek sollte doch
einmal mit mir sprechen, dagegen habe ich gar nichts einzuwenden.
Anmerkung für WAIS: Mit Zolles und Heindl müssen wir dieses
Problem besprechen.
Von der Gruppe der Atomkraftwerk-Gegner, die sich angesagt haben,
ist nur eine Frau Müller und Slavik gekommen. Die anderen er-
klärten die beiden, sind auf Urlaub. Beide beschwerten sich, daß
sie keine Möglichkeit haben, mit dem selben Geldaufwand, wie die
Elektrizitätswirtschaft für die Atomkraftwerke argumentiert, gegen
diese zu argumentieren, sowohl ich, aber ganz besonders dann
S.Chef Frank versuchte ihnen klarzumachen, daß im Herbst eine
große Information beginnen wird wo sowohl die Atombefürworter
als auch die Atomgegner zu Wort kommen werden. Da es sich hier
um eine wirkliche Aufklärung handeln soll, wurden die kritischen
Fragen bereits formuliert und beide Teile müssen resp. sollen
dazu Stellung nehmen. Die Aussprache verlief, zumind. so lange ich
noch anwesend war, sehr sachlich, brachte aber keinerlei neue Er-
kenntnisse. Ich mußte die Besprechung vorzeitig verlassen, weil es
hieß, die Jumbo-Jet aus Bagdad mit Karim wird eine Stunde früher
kommen. Am Flughafen stellte sich dann heraus, daß dies scheinbar
eine Fehlinformation war. Die Jumbo-Jet jetzt zwischen Bagdad
und Frankfurt Zwischenlandung in Wien eingesetzt, wird zweimal
in der Woche fliegen. Der Vertreter der Irak-Airline konnte
mir nicht erklären, wie sie diese Maschinen füllen wollen. Meiner
Meinung nach handelt es sich hier wirklich wieder einmal um ein
Prestigeprojekt. Die Iraker meinten, im Sommer würde es besser
sein, weil dann viele von Bagdad nach Europa in die Ferien fliegen.
Im Winter wieder sollten die Exporteure und Importeure also der
Geschäftsverkehr die Maschine füllen.
Der Ölminister Karim schilderte mir, wie er in Bali bei der
letzten OPEC-Sitzung dafür eingetreten ist, daß Wien Sitz der
OPEC bleibt. Diesbezügliche Informationen hatten wir schon be-
kommen und ich bedankte mich daher sehr für sein Eintreten.
Das Innenministerium wollte demonstrieren, wie sie den Schutz der
OPEC-Mitglieder garantieren kann. Zu diesem Zweck wurde sogar
ein Hubschrauber abgestellt. Karim hat es nur abgelehnt, vom
Flughafen direkt in das Hotel Schwarzenberg zu fliegen. Im Schwarzen-
berg können die OPEC-Minister absolut sicher untergebracht und
geschützt werden. Ich bin allerdings nicht so überzeugt, daß es
tatsächlich einen absoluten Schutz gibt und konnte feststellen,
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daß Karim ebenfalls diese Meinung hat. Er hat immer wieder
geäußert, daß das was in Wien passierte, überall anders passieren
kann.
GD Bauer von der ÖMV informierte ich über die Aussprache mit
den sowj. Gasminister Orudschew. Bauer war sehr froh, daß ich
wegen der 200 Mio. cbm für die Chemische Industrie interveniert
habe. Bauer teilt meine Meinung, daß wenn auch jetzt der Gas-
minister strikte ablehnt, sich vielleicht doch im Laufe des
Jahres eine zusätzliche Liefermöglichkeit ergeben wird. Auf alle
Fälle müssen wir es immer wieder versuchen. Auch in den vergangenen
Jahren hat diese Taktik einen Erfolg gehabt. Bauer war auch über-
rascht, daß wir jetzt ein Einladungsschreiben an Kosygin richten
müssen, damit der Gasminister nach Österreich kommen kann. Er
meinte, ein wenig ironisch, die haben halt auch einen Kreisky-Spar-
erlaß.
Tagesprogramm, 22.7.1976