Dienstag, der 3. August 1976

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Dienstag, 3. August 1976

Dr. Grünwals, ÖIAG, teilt mir mit, dass er jetzt mit dem Vorstand
des Kupferbergwerkes Mitterberg vereinbart hat, einen Sozialplan
wie für Pölfing-Bergla für die Stillegung auszuarbeiten. Dieser
soll über die Bergbauförderung dann finanziert werden und ca. 80 Mio.
Schilling kosten. Grünwald fürchtet, dass die Belegschaftsvertreter
noch bessere Konditionen in den Sozialplan verlangen werden als
seinerzeit bei Pöfling-Bergla den Bergarbeitern zugestanden wurde.
Wer diese Mehrleistung dann bezahlen soll, ist noch nicht klar.
Die ÖIAG hofft dass alles der Finanzminister übernimmt, da der
Finanzministervertreter Kaber angeblich eine diesbezügliche Zusage
gemacht hat.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte Sterk einschalten.

Die Investitionen der GKB in Oberndorf zur Erschliessung des neuen
Kohlenfeldes kosten nicht 700 Mio. Schilling, sondern um 100 - 150 Mio.
Schillinge mehr. Wenn dies zutrifft, dann stimmt der ganze Kalkulations-
plan resp. die Kostenrechnung nicht mehr.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte sofort Frank oder Sterk verständigen
und prüfen lassen.

Gen.Dir. Neubauer von der Österreichischen Kommunalkredit, von der
Hoteltreuhand Grenz und von Stift Reichersberg der Rentmeister und
ein Zweiter, intervenieren neuerdings bei mir, damit auf ihren Grund
nach Heilwasser gebohrt wird. Die Bohrung würde 2 - 3 Mio. Schilling
kosten, die Gesamtinvestitionen ca. 8 Mio. Grenz und auch Neubauer
sind überzeugt, dass wenn dort sowie jenseits des Inn in Füssing
Heilwasser gefunden wird, dann ein grosses Kurzentrum entstehen könnte.
Die Frage ist nur, wer soll die Bohrung finanzieren, da nicht mit
Sicherheit zu rechnen ist auf mindestens 60-80-grädiges Heilwasser zu
stossen. In Oberndorf I, ein Bohrloch, welches die RAG vor längerer
Zeit niedergebracht hat, wurde Wasser gefunden, doch nur mit 30 Grad.
Allerdings wurde damals ausdrücklich nach Gas, resp. Öl gebohrt und
das Wasser nur als unangenehmes Nebenprodukt festgestellt. Min.Rat
Mayer von der Obersten Bergbehörde kannte dieses Problem sehr genau
und hat sich auch für die Bohrung auf Grund meiner Intervention ein-
gesetzt. Ich spreche neuerdings mit Gen.Dir. Diwald von der RAG und


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dieser ersucht, es sollen alle sofort zu ihm hinüberkommen. MR Mayer
meint, er könne Diwald sofort dafür gewinnen, dass dieser weit unter
den Selbstkosten die Bohrung durchführt, wenn er ihm zusichern kann,
dass der RAG die Verlängerung ihrer Konzession der Bohrrecht in
ihren derzeitigen Gebiet bekommt. Ich erkläre Mayer, der mir dies
strengst vertraulich unter vier Augen mitteilt, dass ich jetzt darüber
keine Entscheidung treffen kann und will. Wenn er behauptet er müsse
diese Konzession auf alle Fälle der RAG wieder geben, wird er mir si-
cherlich einen solchen Vorschlag nach Rücksprache mit allen Betei-
ligten und Betroffenen machen und ich werde wahrscheinlich, wenn
kein anderes Konzessionsansuchen vorliegt, diesen Vorschlag dann
zustimmen. Trotzdem kann er dem Gen.Dir. Diwald nur eine Verwendungs-
zusage machen. Die Entscheidung kann erst nach Abwicklung des behör-
lich vorgesehenen Verfahrens erfolgen.

Die Zeitschrift A3, ein neues Magazin für Baufragen will jetzt eine
zweite für Fremdenverkehr herausgeben. Der Herausgeber und gleich-
zeitig Chefredakteur Donner, teilt mir freimütig mit, dass sie mit
300.000 Schilling Kapital und einem Zentralsparkassenkredit begonnen
haben. Jetzt ist ein weiterer Teilhaber, Schmutz, von der Druckerei
Rosenbaum dazugekommen. Gedruckt werden 13.000 – 15.000 Stk., wovon
1.500 nur verkauft werden. Das Magazin lebt also ausschliesslich von
den Annoncen, die die Baufirmen in diesem Magazin aufgeben. Das Interview
war für mich harmlos, ich bin neugierig was sie davon bringen werden.
Zum Schluss versicherte ich ihnen, dass RR Puffler, der ja auch dabei
war, immer für sie zur Verfügung steht und sie auch jederzeit mit mir
reden können. Dr. Löwy, der sich angeblich für dieses Interview besonders
vorbereitet hat, hatte aber grosse Schwierigkeiten sich gegenüber dem
Chefredakteur Donner überhaupt durchzusetzen und seine Fragen anzu-
bringen. Donner ist ein, glaube ich sehr geschickter Redakteur und
Organisator, denn er hofft, dass dieses Fachmagazin für den Fremden-
verkehr genauso wie für die Bauwirtschaft sich durchsetzen wird.

ANMERKUNG FÜR TIEBER: Bitte auch Würzl über diese Neuerscheinung infor-
mieren.

Obmann Heri und Dr. Lifter von der Bergknappenversicherung interve-
nierten ebenfalls, dass die Beschäftigten der Wolframhütte in Bergla
unbedingt dem Bergrecht unterstellt werden sollten. Auch die anderen
anwesenden steirischen Vertreter setzten sich vehement dafür ein.



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Ich erklärte sofort, dass ich mit Sozialminister Häuser über
dieses Problem bei der ausserordentlichen Ministerratssitzung
sprechen werde. MR Mock hat nur darauf hingewiesen, dass natürlich
die Zusage eingehalten werden muss, wonach die jetzigen Bergarbeiter
im Kohlenrevier weiter bei der Knappschaftsversicherung bleiben sollen.
Dies ist auf Grund des ASVG § 15 Abs. 3, Punkt 1, ohne weiteres mög-
lich wenn der Sozialminister, sollte es einen Streit zwischen der Berg-
arbeiterversicherung und der Gebietskrankenkasse kommen, die Hütte
als Nebenbetrieb mit räumlich und betrieblichen Zusammenhang erklärt.
Sicherlich stimmt dies nicht, aber eine diesbezügliche Entscheidung
des Sozialministers liegt ausschliesslich in seiner Ingerenz. Trotz-
dem möchten die Knappschaftsversicherungsvertreter lieber haben, dass
auch wir erklären, dass die Hütte ein Bergbetrieb ist und daher der
Berghauptmannschaft unterstellt wird, sowie dies auch in der Vergangen-
heit auf Grund des alten Berggesetzes möglich war. Mock weist nach, dass
auf Grund des neuen Berggesetzes eine solche Möglichkeit nicht mehr
besteht. Selbst wenn die Gemeinde, die damit auf ihre Baurechtskompetenz
verzichten würde, oder das Land, welches damit auf seine Gewerbeord-
nungskompetenz verzichten würde, dem zustimmen, bestünde die grosse
Gefahr, dass ein Anrainer bei irgend einer Angelegenheit dann den
Verwaltungsgerichtshof anruft und dieser wahrscheinlich wegen Unzu-
ständigkeit alle Bescheide, die die Berghauptmannschaft erlassen hat
aufhebt. Ich versichere den Arbeitsvertretern, dass unter allen Um-
ständen ihr Wunsch bei der Knappschaftsversicherung zu bleiben, er-
füllt werden muss. Schlimmstenfalls bin ich bereit, solange dann ein
negativer Kompetenzkonflikt besteht, die Berghauptmannschaft anzu-
weisen, ihre bisherige Tätigkeit fortzusetzen. Ich mache nur alle auf
die von Mock mit Recht aufgezeigten Gefahren aufmerksam. Darüber
hinaus ist die Voraussetzung, damit ich dem überhaupt zustimmen kann,
dass das Arbeitsinspektorat ausdrücklich auf seine Kompetenz ver-
zichtet. Bei der Ministertagung in Salzburg informiere ich Häuser
über diese Situation. Wir kommen überein, dass was immer geschieht
die Bergarbeiter dort in der Hütte Bergla ebenfalls der Knappschafts-
versicherung unterliegen müssen und dass Häuser das ganze Problem
wie ich erwartete auch von seinen Beamten jetzt prüfen lässt.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Wir brauchen nichts veranlassen, da Mock sicher-
lich dann vom Sozialministerium automatisch eingeladen wird.



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Wie sehr solche Rechtsstreitigkeiten manchmal um Kompetenzen zu
erhalten, die einem vielleicht gar nicht zustehen, aber der Beamte
weiterhin den Nachweis seiner Tätigkeit erbringen will oder wie
manchmal wirklich knifflige Rechtsfragen Juristen fast unlösbare
Probleme schafft, zeigt folgendes Beispiel! Der Heilstollen in
Bad Gastein, ein aufgelassenes Bergwerk, sollte weiter auch als Berg-
werk behandelt werden. In diesem Fall ist aber nach dem Berggesetz
verboten, dass Kranke in den Stollen einfahren dürfen. Wozu ist
dann der Heilstollen gut, wenn er dem Berggesetz unterliegen sollte
und dann kein Kranker mehr einfahren darf.

Dr. Rauter vom Konsumverband befürchtet dass in der Handelskammer der
Wunsch des Kleinhandelsgremiums durchgeht, dass die Konsumgenossen-
schaft, aber auch alle anderen Warenhäuser bei allen Gremien Mitglied
sein müssen, wenn sie entsprechende Tätigkeiten ausüben resp. Waren
führen. Jetzt ist der Konsumverband, resp. die Konsumgenossenschaft
nur Mitglied beim einzigen Gremium, nämlich eben das für Genossen-
schaften. 1945 wurde ja dafür ein eigenes Gremium geschaffen. Rauter
ist überzeugt, dass früher oder später das Handelsministerium als
oberste Aufsichtsbehörde damit beschäftigt wird.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte feststellen, ob schon ein entsprechender
Antrag bei uns liegt, resp. was die Abteilung zu so einem Problem sagt.

Rauter bittet, dass die Auszeichnung das Staatswappen zu führen,
so zeitgerecht fertig wird, damit ich diese bei einem ausserordentli-
chen Verbandstag im Herbst übergeben kann. Dieser Verbandstag ist
notwendig, weil die Konzentration der Konsumgenossenschaften im
Zentralkonsum beschlossen werden muss. Derzeit gibt es noch techni-
sche Schwierigkeiten mit der Konsumgenossenschaft Wien. Diese hat
jetzt bereits einen Anteil von 36.6 % und wird mit den zwei Plus-
Kaufhäusern und einem Markt in Simmering 40 % bald erreichen. Die
grösste Einzelgenossenschaft in Schweden, in Stockholm, hat zum Ver-
gleich nur 17 %. Aus diesen Ziffern kann man ersehen – und ich bin
eigentlich darüber ein wenig überrascht – wie stark die Konsumge-
nossenschaft Wien heute schon innerhalb der Konsumbewegung ist. Die
Abstimmungsmodalität und Stärke im neuen Zentralkonsum soll aller-
dings von der Mitgliederanzahl und nicht von der Umsatzziffer ab-
hängen. Hier würden die anderen Konsumgenossenschaften in den Ländern
noch dominieren, die KGW bat aber auch hier noch eine grosse Reserve,


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weil die Käufer in der Konsumgenossenschaft Wien nur zum aller-
geringsten Teil tatsächlich auch Mitglieder dieser Genossenschaft
sind. Wenn sie daher eine geschickte Werbekampagne startet, dann
müsste sie auch mitgliedermässig stärker als die anderen Organisationen
sein.

Die Konsumgenossenschaft Innsbruck, Epap, beschwert sich über Teig-
warenimporte die um 3.85 Schilling aus Italien importiert werden.
Der Verbraucherpreis sei 6.90 Schilling, die inländische Produktion
hat höhere Materialpreise als die Importeinstandspreise dieser Teig-
waren sind. Plesch wird dies überprüfen lassen. Wenn tatsächlich
grössere Mengen dieser Teigwaren, sei es im Accordino oder im normalen
Handelsverkehr mit Italien hereinkommen, dann sehe ich auch für die
österreichische Teigwarenindustrie keine Überlebenschance. Wir müssen
für dieses Problem aber eine Lösung finden, ansonsten wird mein
Konzept mit der DURUM-Weizenproduktion und der Preisfreigabe für
Füllweizen mit Exportchancen bei Qualitätsweizen und letzten Endes
Durum-Weizen und deren Erzeugnisse nicht funktionieren.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte alle Möglichkeiten der Abwehr dieser Im-
porte prüfen lassen.

Ein Herr Scheiblhofer, Besitzer der International Trade in Salz-
burg, wollte bei mir wegen Importe persönlich vorsprechen. Er be-
zeichnet sich ganz unbescheiden, Österreichs führende Textilimport-
firma für Fertigwaren. Da ich zur ausserordentlichen Ministerratssitzung
nach Salzburg fahren musste, sind wir überraschend dort aufgetaucht.
Die Firma war bisher in einem Mietobjekt in der Stadt in Salzburg und
hat jetzt am Rande ein neues Lagerhaus errichtet. Er meinte er hätte
dafür 2.2 Mio. Investitionssteuer zahlen müssen, von mir daher mit
8 und 6 % im Durchschnitt also 7 % angenommen, ergibt dies 30 Mio.
Schilling Investition. Da er mir die Investition nicht sagen wollte,
aber andererseits die 30 Mio. Schilling scheinbar zu hoch sind, meinte
er in Wirklichkeit seien sie ein bisschen kleiner. Auch die Umsatz-
ziffer wollte er mir nicht sagen, sagte aber nur ganz dezidiert, er
sei ein grösserer Importeur als Schöps. Seine Beschwerde geht dahin,
dass er aus Taiwan wegen der Lizenzzuteilung nur für 3.300 Dollar,
ca. 1.600 Blusen importieren kann, obwohl er mindesten 5.000 bräuchte.
Er verkauft nicht wie Schöps in Einzelladen, sondern beliefert aus-
schliesslich nur Wiederverkäufer oder Versandhäuser. Scheiblhofer
hat eine eigene kleine Modellabteilung, wo 4 Frauen, wie ich mich


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selbst überzeugen konnte, Modelle anfertigen, welche dann in Hongkong,
Korea oder Taiwan in grösserer Anzahl gefertigt werden. Da er als
Newcomer betrachtet wird, bekommt er immer zu wenig Lizenzen. Ich
habe ihm sofort vorgeschlagen, er soll mir ein besseres System mit-
teilen, dann werde ich es sofort prüfen lassen. Derzeit, sowie auch
in der Vergangenheit, habe ich nicht die Absicht auf die Verteilung
der Lizenzen in meinem Haus auch nur den geringsten Einfluss zu neh-
men. Selbst die offiziellen Vertreter der Händler haben sich jetzt
davon überzeugt, dass meine Beamten, die nach objektiven Gesichts-
punkten, ohne eine Firma zu protegieren, weder die Firma Schöps
noch sonst jemanden, aufteilen. Wenn er ein besseres System findet,
werde ich es sofort prüfen lassen und sicherlich auch einführen.
Ich werde allerdings darauf keinen Einfluss nehmen, wie dann die
Verteilung durch meine Beamten erfolgt. Scheiblhofer war sicherlich
sehr überrascht, dass wir erschienen und glaube noch mehr über-
rascht über diese Stellungnahme. Er hat mir versprochen er wird sich
alles überlegen und wahrscheinlich auch mit den anderen Importeuren
und Textilhändlern besprechen.

Die ausserordentliche Ministerratstagung dauerte viel länger als ich
angenommen hatte. In der Vorbesprechung hat Kreisky zuerst mit Recht
festgestellt, dass der Brückeneinsturz politisch und wirtschaftlich die
Regierung schwer trifft. Obwohl unfähige Magistratsbeamte, siehe
Bauring, Arena, jetzt Brückeneinsturz, mehr oder minder verantwort-
lich sind, wird jetzt alles der arme Bürgermeister Gratz ausbaden
müssen. Wirtschaftlich fürchtet Kreisky, dass jetzt niemand vom
Ausland österreichische Brücken bestellen wird. Auch bei anderen
Bauwerken wird man von der Konkurrenz unter vorgehaltener Hand, auf
den Brückeneinsturz hinweisen. Moser berichtet, dass die Reichsbrücke
auch rechtlich eine Novität war, weil sie bundes-unmittelbar bis 1971
gewesen ist und dann erst der Gemeinde Wien zur Verwaltung und Er-
haltung übergeben wurde. In meinen Augen war dies für ihn ein grosses
Glück, denn ich zweifle nicht, dass auch, wenn er sie noch in der Verwal-
tung gehabt hätte, die Brücke ebenfalls eingestürzt wäre. Auch die
Kontrolle durch das Bautenministerium wäre nicht anders gewesen wahrschein-
lich als die der Gemeinde Wien. Die Räumung des Stromes ist wieder eine
Angelegenheit des Bundes. Auch für den raschen Wiederaufbau muss
der Bund jetzt einmal 30 Mio. sofort zur Verfügung stehen. Lanc be-
zifferte die zusätzlichen Kosten, die in seinem Ressort entstehen,
ebenfalls mit 20 Mio. Schilling, inkl. Gesprächsgebührenausfall.
Der Nahverkehr der verstärkt werden muss, wird zusätzliche Kosten


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bringen, weil die Tarife nicht kostendeckend sind und daher die
Verstärkung der Schnellbahnzüge nicht mehr Einnahmen, sondern weniger
Kostendeckung mit sich bringt. Androsch hat auch als Floridsdorfer
Abgeordneter darauf verwiesen, dass in Wien alle Brückenanschlüsse
problematisch sind, ausser der Praterbrücke. Die Nordbrücke hat
durch die schlechte Einbindung in die Pragerstrasse nur eine Teil-
entlastung gebracht. Warum die 150 Mio. Schilling, die die kreuzungsfreie
Einbindung kosten würde, noch nicht durchgeführt ist, ist ihm ein
Rätsel, denn die Gemeinde Wien hat im Vorjahr 1 Mia. Schilling Baukredite
nicht genützt. Die Floridsdorferbrücke hätte schon längst repariert
gehört und die Traisenbrücke und U-Bahnbrücke viel mehr vorangetrieben.
Aus der Diskussion konnte ich entnehmen, dass scheinbar zwischen den
Bauverantwortlichen der Gemeinde Wien und dem Bund ganz schöne Span-
nungen bestehen. Fast hatte ich den Eindruck, wie bei der Reichsbrücke,
bevor sie eingestürzt ist. Kreisky fragte dann auch noch ob die Trai-
senbrücke und die Reichsbrücke gebaut werden muss, was Moser sofort
bejahte. Ein Tunnel kommt nicht in Frage, denn der ist noch teurer
und wegen Brandgefahr und ich weiss nicht was noch alles, auch nicht
sicherer als eine Brücke. Die Hauptfrage ist natürlich, wie kann man
die zusätzlichen Aufwendungen für Wien jetzt den anderen Landeshaupt-
leuten verkaufen. Die Idee ist zu sagen, die anderen Länderprojekte
werden höchsten um eine Spur langsamer verwirklicht. Die Bundesmine-
ralölsteuer bringt ja um 900 Mio. Schillinge mehr, Moser hat allerdings
noch gigantische Projekte offen. Die Pfänderautobahn 3 Mia., die
Wechselautobahn 3 Mia., wenn sie überhaupt gebaut wird, da sie gleich-
zeitig bis Hartberg in einem durchgeführt werden muss. Moser möchte
diese aber unbedingt noch zurückstellen. Dringender erscheint ihm das
Plabutschtunnel in Graz, weil dort 37.000 PKW pro Stunde die Stadt
passieren. Der 7-km-Tunnel wird 2 Mia. kosten. Dringend ist auch der
Tauernautobahnanschluss von Salzburg durch das Fritztal. In Linz werden
täglich 15.000 Pendler gezählt und die Autobahn nach Gallneukirchen
ist dringendst notwendig. Ebenso muss der Anschluss der Praterbrücke
nach Favoriten beschleunigt vorgetrieben werden um den Stadtverkehr zu
entlasten. Genauso notwendig ist es den Anschluss von der Süd- zur West-Auto-
bahn den Autobahnring endlich fertig zu stellen. Dazu kommt jetzt noch
die Reichsbrücke mit 1 Mia. und die Traisenbrücke, die mit 500 Mio.
von der Gemeinde berechnet wurde, aber mindestens um 20 - 30 % laut
Moser mehr kostet. Für mich ist es vollkommen unerklärlich, wie immer
wieder diese differenten Beträge von den verschiedensten Stellen genannt
werden. Dadurch kommt es auch, dass keine echte Priorität gesetzt wird


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Um ein Projekt in Angriff zu nehmen, oder überhaupt durchzusetzen
erklärt man, das kostet eh nicht sehr viel und in der Abrechnung stellt
sich dann sicher heraus, dass dies alles Hausnummern sind. Lange Zeit
wurde auch über die Finanzierungsfrage diskutiert. Letzten Endes meinte
Androsch - und das mit Recht - bei einem Bauvolumen von 40 Mia. sei die
eine Mia. 2.5 % und das müsste man in vier Jahren auftreiben können.
Die Gemeinde Wien soll also vorfinanzieren und der Bund wird es dann
bezahlen. Wie Androsch mit all diesen Problemen fertig wird ist mir ein
Rätsel. Ich beneide ihn wirklich nicht um dieses Geschäft.

Die Bauern haben an Kreisky wegen der Dürreschäden einen Brief ge-
schrieben. Es wurde beschlossen, dass schon allein um den Bauernvertretern
die Möglichkeit zu gehen weiter an der Aufrechterhaltung des Abkommens
mitzuwirken, dass nach Vorliegen der Dürreschäden Kreisky, Androsch und
Weihs mit ihnen verhandeln wird.

Daß das Kupferbergwerk Mitterberg stillgelegt werden muss, steht jetzt
endgültig fest. Bei 90 Mio. Umsatz 30 Mio. Schilling Verlust, sind
auf die Dauer nicht zu vertragen. Die Stillegung soll aber nach
Kreiskys Meinung erfolgen, ohne dass der Bergbau absäuft und damit
theoretisch zumindestens jederzeit wieder eröffnet werden kann.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Wo bleibt die Studie über dieses Problem, die
WAIS ich von der OB verlangt habe.

Im Ministerrat hat Kreisky dann nur darauf verwiesen, dass wir uns mit
dem Problem beschäftigt haben und dass die betroffenen Minister im
September eine Besprechung mit der Salzburger Regierung abhalten werden.
Dabei geht es insbesondere um Ersatzbetriebe und um Fremdenverkehrs-
investitionen.

ANMERKUNG FÜR TIEBER: Bitte genaue Unterlagen im Haus erabeiten lassen.

Wegen Jugoslawien war der Botschafter Otto vorher mit Bielka zusammen-
getroffen. Otto hatte mir schon telefonisch mitgeteilt, er hielte es
für zweckmässig, wenn ich vielleicht meinen Besuch in Jugoslawien
absagen würde. Die ursprünglich als offizieller Besuch gedachte Ein-
ladung von Snuderl ist jetzt durch ein Schreiben von ihm in einen
eindeutigen Privatbesuch umgewandelt worden. Er ladet mich auch sozusagen
zu ihm in sein Haus, das er in Istrien besitzt ein. Otto befürchtete
auch, dass Snuderl damit gewisse Schwierigkeiten innerhalb Jugoslawien


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haben könnte. Wahrscheinlich ist es richtig, dass so wie Rösch
auch ich total ausgeladen werden sollen, dann aber Snuderl doch sich
insoferne durchsetzte, dass er das Gesicht wahren wollte und erklärte,
dann lade ich Staribacher privat ein. Bielka war deshalb sofort
der Meinung, ich dürfte unter gar keinen Umständen jetzt nicht nach
Jugoslawien fahren. Da ich das erste Mal einer Privateinladung
Folge leiste, habe ich dies in der Vorbesprechung auch ausdrücklich zur
Debatte gestellt. Kreisky meint, dass Tito keine Auseinandersetzungen
wünscht. Die Volkszählung stört ihn in Österreich weniger als wie in
Bulgarien, wo es um die mazedonische Bevölkerung geht. Der Vorwurf,
dass wir mit dem Minderheitenproblem jetzt den Helsinki-Geist jetzt
verletzen, ist grotesk. Die Bundesregierung wird sich mit den
ständigen Angriffen beschäftigen, weist diese zurück und warnt vor der
grossen Belastung die jetzt durch die ständige Polemik entsteht.
Kreisky deutete auch an, gegebenenfalls müsste man den Botschafter Otto
rückholen. Gegen eine solche Vorgangsweise ist Bielka wie er mir ver-
traulichst mitteilte. Bielka sagte mir, Österreich ist in dem Fall
schuldig, den Staatsvertrag nicht zu erfüllen und man soll daher
nicht scharfmachen. S.Chef Pahr hat bei seinen Besuch in Belgrad eine
gute Arbeit geleistet und ein verhältnismässig erträgliches Klima
vorgefunden. Bielka meint, man solle schauen, dass alles nicht weiter
eskaliert. Unter gar keinen Umständen dürfte der Eindruck entstehen,
dass wir jetzt auch nur die kleinste Geste der Jugoslawen ablehnen.
Dazu zählt die Einladung von Snuderl und ich dürfte sie deshalb auch
nicht nur um einen einzigen Tag verkürzen. Kreisky wünschte auch dass
ich unbedingt nach Jugoslawien fahre. Der nächste Ministerrat in
Klagenfurt entfällt und ich kann daher in der Frühe daher nach Ju-
goslawien abreisen.

Broda lud mich dann zu einer Besprechung, wie er sagt äusserst
wichtigen Frage in ein Kaffeehaus ein. In seiner theatralischen Art
meinte er, dies würde der Auftakt für ein Salzburger Gipfelgespräch
sein, welches von grösster Bedeutung wäre. In Wirklichkeit hat er
folgendes Problem zur Sprache gebracht. Im Herbst will er die Mietrechts-
reform in Angriff nehmen. Er muss nun feststellen, dass die Mietzinse
zwischen Althäusern Friedenszins und Neubauwohnungen, ob Genossen-
schaft oder privat, gigantisch differieren. Ihn verwundert, dass die
Bevölkerung dies nicht mehr aufregt. Tatsache ist, dass nachdem die
Abbruchkündigungen durch die letzte Mietenreform nicht mehr möglich
sind, die Bevölkerung mit dem jetzigen Zustand einverstanden ist. Der


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Versuchsballon von seinem Sekretär Keller, die Mietenfrage den
Sozialpartnern zuzuweisen, ist ja am Einspruch Benyas gescheitert.
Broda muss nun dieses Problem selbst in Angriff nehmen und wollte
scheinbar mit mir nur abklären, ob ich als Preisminister hier eine
Kompetenz wünsche. Selbstverständlich habe ich sofort erklärt, dass
Mietenfragen nicht in meine Kompetenz fallen, oder fallen sollten.
Broda ist sich darüber vollkommen klar und wollte dies nur mit mir
absprechen. Die Frage, ob er die Mietrechtsreform überhaupt in Angriff
nehmen soll, beantwortete ich ihm dahingehend, dass er doch schon aus
seiner Natur heraus gar nicht anders kann, als weitere Reformen in
Angriff zu nehmen. Bevor er in seinen Familien- oder gar Strafrechts-
reformen noch weiterschreitet, als Beispiel sagte ich ihm, dass wo-
möglich dann Homosexualität Pflicht wird, bei Hitler ein Verbrechen,
vor der Reform ein Vergehen, jetzt straffrei, die nächste Reform also
dann eine Pflicht, ist es besser, er nimmt das wirklich wirtschaftlich
und auch sozialpolitisch schwere Problem der Mietreform in Angriff.
Ich empfahl ihm nur, vorher mit Benya unbedingt zu reden. Er zeigte
mir eine Liste, mit wem er allen reden muss, wo ich interessanterweise
an der Spitze stand, aber dann sehr bald Benya kam. Systematisch geht
Broda vor, dass muss man ihm lassen, und daran kann ich mir wirklich
ein Beispiel nehmen.

32_0924_01

Tagesprogramm, 3.8.1976

32_0934_01

Tagesordnung 38. Ministerratssitzung, 3.8.1976

32_0934_02

hs. Notizen (TO Ministerratssitzung Rückseite)


GND ID: 1017902909


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: GD RAG


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Ministerialrat Finanzministerium


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Unterrichtsminister, Bgm. Wien


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: HG "FM Fremdenverkehr"


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Bautenminister


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Reg.R HM


              Einträge mit Erwähnung:
                GND ID: 125942052


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Staatschef Jugoslawien


                  Einträge mit Erwähnung:


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Landwirtschaftsminister bis 1976
                      GND ID: 130620351


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: MR HM


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Büro Staribacher; ÖIAG
                          GND ID: 1053195672


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Chef Energiesektion


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Hoteltreuhand


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Kabinett Staribacher


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: Sekr. JS, Tiroler SPÖ-Politiker


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
                                      GND ID: 119083906


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                                        Tätigkeit: Innenminister bis 1977, danach Verteidigungsminister


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                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: Konsum


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                                              Tätigkeit: Bundeskanzler
                                              GND ID: 118566512


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                                                  Tätigkeit: Vizekanzler, Sozialminister


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                                                    GND ID: 130327808


                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                      Tätigkeit: Finanzminister
                                                      GND ID: 118503049


                                                      Einträge mit Erwähnung:


                                                        Einträge mit Erwähnung:
                                                          Tätigkeit: OB


                                                          Einträge mit Erwähnung:
                                                            Tätigkeit: Justizminister


                                                            Einträge mit Erwähnung:
                                                              Tätigkeit: OB


                                                              Einträge mit Erwähnung:


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