Montag, 8. November 1976
Bandhauer erzählt beim Jour fixe mit Wais, dass die Wahlen bei
Enns für die Sozialisten schlecht verlaufen sind. Bei den Angestellten
wurden 99 Stimmen auf 93 Stimmen, die Mandate von 3 auf 2 reduziert,
während die ÖVP von 114 Stimmen 101 Stimmen bekam und damit 3 Mandate
behielt. Bei den Arbeitern aber verloren wir von 4 : 1 Mandate auf
3 : 2, das heisst wir verloren 1 Mandat. Wären wir hier nicht in den
letzten Monate imstande gewesen, die Aufsichtsräte von 8 ÖVP-ler
und 6 SPÖ-ler auf 4 ÖVP-ler und 4 SPÖ-ler zu reduzieren, so hätten
wir die Mehrheit hoffnungslos verloren.Diesen Nebeneffekt hatten
damals nicht berücksichtigt, als wir die Aufsichtsratsreduzierung
verlangten und er kommt uns jetzt sehr gelegen.
Ich berichtete Bandhauer mit meiner Aussprache mit Nentwich, SPÖ
Direktor im Atomkraftwerk Tullnerfeld, und erklärte ihm, dass sie kaum
einen Wiederaufarbeitungsvertrag zum Betriebsbeginn vorlegen könnten.
Ich hatte Nentwich deshalb erwähnt, weil er mir je erklärte, die ÖVP –
GD Gruber als Gesellschafter – sei gegen eine Möglichkeit mit den Russe
zu irgendeiner Lösung zu kommen. Ich schlug deshalb Bandhauer vor,
er soll mir jetzt den Mann nennen, der inoffiziell mit den Sowjets
Besprechungen aufnehmen sollte, um gegebenenfalls dort anzufragen
ob sie die Wiederaufarbeitung und gegebenenfalls den Atommüll über-
nehmen würden. Bandhauer meinte, obwohl es sich hier um eine ver-
trauliche Mission handelt, es käme nur GD Grün von Seibersdorf in
Frage. Er wird mit Grün Besprechungen aufnehmen um zu erfahren, ob
dieser zu einer solchen Diskussion bereit sei. Ich hatte abends dann
Kreisky davon informiert, dieser war von der Idee begeistert, weil
er selbst auch keine andere Möglichkeit sieht. Er ist nur nicht
ganz sicher, ob Grün diese Mission übernehmen wird, weil er angeb-
liche auch Schwierigkeiten mit den Sowjets früher gehabt hat.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte halte Dich ständig auf dem Laufenden,
Frank habe ich verständigt.
Mit S.Chef Meisl besprach ich die Auflösung des Referates am Rochus-
platz u. zw. Aussenhandelsstelle, von dem der Leiter Schmidt verstorben
ist. Meisl ist einverstanden, dass dieses Referat aufgelöst wird, auch
wenn er nach aussen hin glaubte bis jetzt dafür eintreten zu müssen.
Meisl war insbesonders befriedigt, dass jetzt die stat. Abteilung vom
Präsidium, unter Leitung von MR Pschorn zu ihm kommt - auch dann wenn
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diese nur mehr die Aussenhandelsstatistik wird bearbeiten. Die
Besprechung mit dem Personalvertreter Ing. Engelmayer, der ins-
besondere auf Weiterbestand des Referates beharrt, gleichzeitig
aber in seiner Broschüre alle Minister hart attackiert über die
Ausbreitung der Referate, Abteilungen und Sektionen, ist leider
entfallen. Engelmayer teilte mit, er hätte eine wichtige
Gewerkschaftsveranstaltung. Dadurch sind bereits mehrere Termine
wegen seines Verschuldens geplatzt. Mir passt diese Entwicklung,
weil ich dadurch früher oder später einmal nachweisen kann, dass
ich jederzeit verhandlungsbereit war und die andere Seite aber ständig
wegen ihres Verschulden die Termine verschob.
Im Journalistenfrühstück hat MR Sedlak und unser Techniker
Chalupsky über die neue Idee in Hinkunft nur mehr Maschinen zuzu-
lassen, deren Schallpegel von den Unternehmern selbst festgestellt
werden kann. Durch diese neue Methode soll es möglich sein, den
weiten Umweltschutzpunkt zu erfüllen. Jagoda hat mit Recht darauf
hingewiesen, dass jetzt bereits bei den Betriebsgenehmigungen von
seitens der Abteilung Chalupsky strengster Maßstab angelegt wird.
Ausserdem werden ständig Richtlinien mit den Ländervertretern fest-
gelegt, damit wir in Österreich einheitlich vorgehen und den Konsumenten
resp. die Bevölkerung schützen. Wie schwierig ein Umweltschutzproblem
zu lösen ist, zeigt die Verordnung über den Höchstgehalt von Schwefel
in Heizöl. In zwei Etappen soll der Schwefelgehalt wesentlich gesenkt
werden. Bei Heizöl schwer von 3.5 % auf 2 %. Um dies aber zu er-
möglichen müssen wir mit den Ländern einen Staatsvertrag im Sinne
unserer neuen Verfassung beschliessen. Hier handelt es sich um einen
Modellfall und es wird monatelang dauern. bis wir endlich eine ein-
vernehmliche Lösung erzielt haben werden.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: Vielleicht sollten wir hier noch sehr propagan-
distisch auf die komplizierte verfassungsmässige Lösung hinweisen.
Liebl referierte über die Sommerergebnisse im Fremdenverkehr und
stellte fest, dass Österreich im September eine positive Entwicklung
feststellen konnte. Die Nächtigungen nahmen um 1.7 % zu, wodurch
sich das Jahresergebnis der ersten drei Quartale auf minus 0.3 %
Übernachtungenrückgang reduzierte. Die Deviseneinnahmen mit 6.8 %
mehr bis September gelten in meinen Augen auch noch als positiv.
Die Schweiz hat minus 4 %, Jugoslawien minus 3 %, Spanien in den letzten
Monaten Juli - August minus 16 und 17 %, nur die Griechen, Franzosen,
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Engländer und Skandinavier haben Plus. Österreich liegt also im Mittel-
feld. Wichtigster Partner für uns bleibt nach wie vor die BRD, dort
hat man bereits eine 55 %-ige Reiseintensität festgestellt und es
ist nicht zu erwarten, dass mehr als 1 % pro Jahr maximal heuer und
im nächsten Jahr und wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren Zu-
nahme gerechnet werden kann. Österreich wird sich sehr anstrengen
müssen, den Hauptteil davon zu bekommen. Natürlich wurde ich gefragt,
ob wir in Eisenstadt eine besondere Politik vorschlagen werden oder
ob z.B. wirklich von ÖFVW ein Drittel für den Städtetourismus aufgewendet
werden soll. Der Gesamtanteil des Städtetourismus ist nach wie vor
höchstens 10 % und der Erholungstourismus 90 % ausmacht. Die Absicht,
die besteht, ist, jetzt den Städtetourismus zu fördern und wenn sich
herausstellt, dass durch die Kongresse sich die Situation wesentlich
verbessert hat, dann natürlich keine zusätzlichen Mitteln mehr in
diese Propaganda zu stecken. Weitere Fragen bezogen sich auf die
Benzinpreise, resp. auf die Strompreiserhöhung und natürlich auf die
Ladenschluss-Angelegenheit, um nicht zusagen Streit zwischen Firnberg
und mir. Über den Ladenschluss wurde dann auch nach längerer Zeit wieder
einmal von ZIB 1 ein Interview aufgenommen. ZIB 2 dagegen hatte am
Abend vorgesehen eine Diskussion zwischen Graf, Präsident der
Handelskammer Burgenland und mir. Graf fragte mich unter vier Augen,
ob wir uns gegenseitig attackieren, er selbst würde jede Wadelbeis-
serei gerne vermeiden. Er hatte vorher mit Sallinger gesprochen
und dieser ihn ermächtigt, er solle wieder vorschlagen, dass die
Meinung der Konsumenten eingeholt wird, die Handelskammer selbst
wird sich an einer diesbezüglichen Befragung finanziell beteiligen.
Die Diskussion lief dann auch sehr sachlich ab, Graf stellte fest,
dass nicht durch mein Verschulden die Erhebung unterblieb und dass
wir sie jetzt nachholen sollten.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND WAIS: Bitte diese Frage und ganz besonders
die zu erhebenden Fragen zuerst fraktionell und dann in der Arbeitsgruppe
besprechen.
Bei Philipp Haas hatte ich einige Betriebsangehörige auszuzeichnen,
die Ordensüberreichung hätte eigentlich der Sozialminister vornehmen
müssen. Sieben waren als Lehrlinge eingetreten und hatten sich dort
durch 42 Jahre, dies war der längste, bis zum Disponenten hinaufge-
arbeitet. Ich besichtigte anschliessend das ganze Verkaufsgeschäft,
welches sich auf 5 Stockwerke erstreckt. Früher einmal hat Philipp Haas
produziert, jetzt handelt er nur mehr. Durch den U-Bahn-Bau haben sie
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ungeheure Umsatzverluste zu verzeichnen. Sie hoffen, wenn die
Baugrube geschlossen ist, dass sich im nächsten Jahr das Geschäft
wesentlich verbessert. Ich bin überzeugt, dass erst, wenn die U-Bahn
dort – wie ich es ausdrücklich – die Menschen am Stephansplatz hin-
karren wird, dann eine wesentliche Umsatzsteigerung zu verzeichnen
sein wird. In Teppichen, in Fussbodenbelägen, in Tapeten und vor
allem in Möbelstoffen findet der Architekt nicht nur eine ungeheure
Auswahl sondern auch entsprechende Lager. Ich fragte sofort nach dem Um-
schlag und erfuhr, dass dieser äusserst gering ist. Zwei- bis dreimal
pro Jahr. Geschäfte, die Profit machen haben 7 – 8 Umschläge.
Philipp Haas wird deshalb, selbst wenn sie noch so hohe Handels-
spannen verrechnen, mit dieser Verkaufsstrategie keine besonderen
Gewinne erreichen.
Im Wiener Vorstand hat mich Nekula darauf aufmerksam gemacht, dass
eine Zwischenablöse von Strom oder von Gas ihnen 7,5 Mill. S kosten
würde. Ich versicherte ihm, dass ich alles daransetzen würde, ins-
besondere Gas zeitgerecht fertigzukriegen. Im Wiener Vorstand wurde
insbesondere die Informationsdokumentation und Öffentlichkeitspapier
von Edlinger vorgelegt, besprochen. Die Information soll verstärkt
werden, ohne dass dafür mehr Geld ausgegeben werden soll. Durch Umschich-
tung im Budget sei dies möglich. Die Dokumentation will Edlinger
jetzt ausbauen, Nedwed, der Bildungsreferent und ich warnten ihn, eine
eigene Dokumentationsstelle zu errichten. Es ist viel zweckmässiger,
wenn er mit der Arbeiterkammer und der Gemeinde Wien entsprechend koordi-
niert. Diese öffentlich-rechtlichen Körperschaften oder gar die Gemeinde
selbst können diese Aufwendungen ohne weiteres aus ihrem Budget tra-
gen, ohne dass ihnen deshalb Vorarbeit für die Sozialisten vorgeworfen
werden könnte. Edlinger wird entsprechende Verhandlungen mit diesen
Stellen führen. Eine lange Diskussion entwickelte sich über die Bezirks-
zeitungen. Seitdem sich die Redakteure von Birkfellner und Nitteg getrennt
haben, die bisher diese Bezirkszeitungen herausgegeben haben, stellt
sich heraus, dass diese doch lebensfähig sind. Insgesamt erscheinen sie
in einer Auflage von 40.000 Stück. Die Druckkosten meinte Wiche betragen
2.-, das sind für 1,5 Mill. S Aufwendungen bei einem Umsatz von
3,5 Mill. entsprechende Reserven, die auch für die 12 Personen, die
jetzt die Zeitungen herausgeben, einen erträglichen Verdienst abwerfen
können. Es ist deshalb nicht damit zu rechnen, dass sie in der nächsten
Zeit eingehen. Die Partei wird ihnen keine finanzielle Mittel zur
Verfügung stellen, wohl aber doch auch Inserate geben oder zumindestens
nicht verhindern, dass Organisationen und Betriebe, die uns nahestehen,
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dort inserieren. 60.000 bis 80.000 S sind die Inseratenerträge pro
Monat. Natürlich war eine lange Diskussion, wie sehr sich die Bezirke
in den einzelnen Bezirkszeitungen einschalten sollen. Im Wiener
Sekretariat wird der Organisationssekretär doch jetzt der Simmeringer
Bezirkssekretär Franz Haas. Stadtrat Hofmann wird das kommunalpoli-
tische Referat der Partei führen, wobei Wien 50 % der Kosten übernimmt.
Die Besprechungen mit den Bayern, Min.Präs. Goppel und sein Innenmini-
ster Merk sowie der Wirtschaftsminister Jaumann beschränkten sich auf
den Rhein-Main-Donau-Kanal, die Atomkraftwerke und die neue LKW-Be-
steuerung von Lanc. Zuerst hat es mich belustigt, dass niemand aus
dem Kopf auch nur grössenordnungsmässig die Belastungen sagen konnte.
Kreisky schätze auf 8 Mia. DM und die deutschen Politiker wussten es
auch nicht genau bis ein mitfahrender Beamter die Unterlagen ausgrub.
Tatsächlich sind bis 1974 250 Mill. DM und 2 Mia. 650 DM aufgewendet
worden. Für die Strecke Nürnberg-Regensburg sind damals 1974
1.550 geplant gewesen, für die Strecke Regensburg - Straubing
550 Mill. DM. bedankte sich bei Kreisky, dass er sich in
Bonn so für die Fertigstellung des Kanals eingesetzt hat. Innenmini-
ster Merk meinte, wäre dies nicht geschehen, dann hätte er grosse Schwie-
rigkeiten gehabt zu verhindern, dass die Staustufen und der Kanal
selbst mit geringeren Dimensionen festgelegt worden wären. Kreisky
verwies darauf, dass der VÖEST derzeit ein Frachtnachteil von
200 Mill. S pro Jahr erwachsen. Jaumann sagte als Beispiel, wieviel
Atomkraftwerke in Deutschland über die Donau abwärts durch das
ganze Mittelmeer bis zur Nordseehafen einzelne Stücke der VÖEST trans-
portiert werden müssen, weil sie nur bis zu 250 t das Stück derzeit
auf der Strasse resp. Bahn transportieren können. Für die Deutschen
aber ist es auch ein grosses Handicap bezüglich der Industrie-Ansiedlung
in Bayern. Das chemische Dreieck drei Fabriken in der Nähe Burghausen
hat jährlich einen Standortnachteil gegenüber Höchst von 50 Mill. DM
pro Jahr. In diesem Punkt: Fertigstellung des Kanals herrschte
volle Übereinstimmung. Die Deutschen wollten wissen, was mit dem
Donau-Oder-Kanal geschieht. Kreisky berichtete, dass Jaroszewicz von
Polen sehr daran interessiert sei. Dieser Kanal könnte aber nur gebaut
werden, wenn Europa-Vorhaben auch von Europa finanziert wird. Die
Rumänen dagegen würden ihre Donauverkürzung auf alle Fälle mache,
erwarten aber eine Beteiligung anderer Staaten. Kreisky meint, den
Rumänen gegenüber müsste man auch darauf drängen, sich an der Industrie
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beteiligen zu können. Da die Hafenbeteiligung und Kanalbeteiligung
keine Erträge erwarten lässt sondern nur indirekte kürzere Schiff-
fahrt. Mich wunderte eigentlich das Bestreben der Bayern, dass
langfristig auch der Donau-Oder-Kanal gebaut werden sollte, verwies
auch auf das grosse Interesse der Jugoslawen auf einen Adria-Donau-
Kanal.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte stellen Sie fest, wen ich um die
Kanal-Unterlagen für Snuderl ersucht habe und wieso ich diese noch
immer nicht bekommen habe.
Bezüglich der Atomkraftwerke, wo Kreisky besonders interessiert
war, erklärte Jaumann, sie hätte jetzt 5 Blöcke mit 5000 MW im Bau
und weitere seien geplant. Die Bayern hätten auch grosse
Schwierigkeiten mit den Atomgegnern. Besetzungen, Polizei-Einsatz
usw. seien an der Tagesordnung. Goppel meinte, für ihn sei es
besonders schwierig, weil jetzt in Grundrening einen 240-MW-Reaktor
der längere Zeit schon arbeitet, jetzt feine Risse festgestellt
werden. Ich fragte spät abends dann Hautzenberg, was er davon
weiss. Hautzenberg behauptet, dass dies doch im konventionellen Teil
aufgetreten sei.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte beschaffe mir jetzt endgültig eine genaue
Darstellung.
Pahr fragt, was mit dem Kraftwerk in Pleinsting an der österr.
Grenze sei. In Marienberg bei Rosenheim soll in weiterer Zukunft
ein Kernkraftwerk für das Chemiedreieck gebaut werden. Goppel
erwiderte, dass der Ministerrat beschlossen hat, Österreich soll
in Hinkunft immer über alle Vorfälle und Absichten benachrichtigt
werden. Die Aufbereitung und die Müllendlagerung mache in der BRD
grosse Schwierigkeiten. Innenminister Merk gibt der Industrie die
Schuld, weil sie zuerst übernommen hat, mit der Bundesregierung dieses
Probleme zu lösen sich jetzt aber zurückzieht und den EVUs den Elek-
trizitätsversorgungsunternehmungen dieses Problem überlässt.
Als drittes und letztes Problem hat Jaumann die LKW-Besteuerung an-
geschnitten. Beim Mittagessen hat er Lanc und mir schon angedeutet,
dass es sich hier um eine Revolution aller Beteiligten handeln wird.
Er meinte, den Deutschen würde dadurch eine 10 – 20 %-ige Verteuerung
aufgelastet. Die deutschen Verkehrsminister hätten in Berlin des-
halb beschlossen, scharf dagegen vorzunehmen. Lanc erwiderte, dass
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die Türkei seit 1. Jänner 1976 40 vust pro Tonne und km verlangen.
Nur Deutschland und Österreich, mit denen sie einen entsprechenden
Vertrag haben werden, 25 bezahlen. Jug. hat seit 1974 eine
solche Steuer, wendet sie nur nicht bis jetzt gegen die Haupttransit-
staaten wie Frankreich, Niederlande und Österreich an. Kreisky
bestärkte Lanc und meinte, wir werden alles daransetzen, dass
diese Steuer eingeführt wird, damit Mittel zur Verfügung stehen,
den Huckepack-Verkehr von der deutschen Grenze nach Jug. damit auszu-
bauen. Jaumann bezweifelt, dass die ÖBB dies in absehbarer Zeit
imstande ist.
In der Ministerratsvorbesprechung, die sehr kurz sein musste
und wo ich sogar noch früher weggehen musste, hat Kreisky die
politische Lage sehr pessimistisch geschildert. Bei einer Wahl
jetzt hätten wir nicht mehr die Mehrheit. In der Landwirtschaft lie-
gen wir schlecht und die Jugend hat scheinbar durch die Belastungen
sich jetzt mehrheitlich zur ÖVP gewendet. 1977 müsste mit den Be-
lastungen Schluss gemacht werden. Er hofft, dass durch die Post-
und Bahnerhöhung nicht wieder alles durch den schlampigen Be-
trieb versickert. Die Konjunkturlage sieht er sehr pessimistisch.
Die Gesundheitsaktion Kampf dem Krebs hat jetzt eine Zeitung auf-
genommen und wird auch in der Öffentlichkeit jetzt nicht mehr als
Regierungsinitiative betrachtet, weil nichts geschehen ist.
Lütgendorf hat er aufgefordert, er soll für die Kartoffelernte im
Waldviertel 30 Mann zur Verfügung stellen. Bundesheerstellen haben
dies abgelehnt, Lütgendorf hat aber letzten Endes dann für die
Abstellung entschieden. Dies ist einmalig und findet laut
Meinung Lütgendorfs im Gesetz nicht eine Deckung. In der Kernenergie-
aufklärungsaktion, die jetzt von den Gruppen immer mehr gestört wird
werden, fragt Kreisky ob alle einverstanden sind, dass mit Polizei-
gewalt die Versammlungsfreiheit gewährleistet werden muss. Es
herrscht darüber Einvernehmen, dass in Innsbruck, wo die nächste
Aufklärungskampagne stattfindet, die Polizei die Versammlung schützen
soll. in Feldkirch hat Ortner, Chefredakteur der Vorarlberger
Nachrichten bereits angekündigt, es wird ein zweites Fussach
geben. Hier bei der Aufklärungskampagne habe ich einmal wieder mehr
meine gute Nase bewiesen. Hätten wir diese Aufklärungskampagne durch-
zuführen und nicht das Bundeskanzleramt, ich wäre jetzt in grösster
Schlamastik. Kreisky würde sicherlich vorwerfen, dass die Vorberei-
tungen nicht entsprechend waren, dass man alles ganz anders hätte
machen soll, dass es äusserst problematisch ist, wenn man jetzt
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einen Zusammenstoss mit den Atomgegnern erleben muss. Die Professoren
die jetzt im Podium überall sitzen und dies studieren, sind
selbstverständlich nicht bereit, sich mit den Gegnern wirklich
herumzuschlagen. Kreisky wirft z.B. auch Kienzl vor, dass er sich
mit dem Artikel in der AZ unzweckmässig jetzt eingeschaltet hat.
Die Sache sei viel zu vereinfacht dargestellt. In Wirklichkeit hat
Bandhauer mir in der Früh schon gesagt, dass dies der einzige
Artikel war, der klar und deutlich die Situation aufzeigte. Auf-
klärungskampagne wird uns im übrigen fürchte ich auch nicht viel
Nützen, wenn die Meinungsumfrage von Firnberg stimmt, dann liegen
wir mit der Atomfrage sehr sehr schlecht.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Wo bleiben die Unterlagen und die Fragen
die Fragen von IFES, die ich vor längerer Zeit schon urgierte?
Die Staatsbürgerversammlung im Schwechaterhof war sehr schwach besucht
110 Teilnehmer sind für die Landstrasser SPÖ-Organisation wenig.
Die Diskussion erstreckte sich innerhalb der zwei Stunden auf
alle möglichen Gebiete: die Sprachermittlung, Ortstafel, Jugend-
arbeitslosigkeit, ORF, Repräsentationskosten, Schulbuchaktion
bis zum letzten Thema, das ich mir anhören konnte, weil ich dann
zur ORF-Diskussion musste, war die berechtigte Kritik, wie
schlecht wir diese Veranstaltung angekündigt haben und wie wir
durch schlechte Propaganda unsere Erfolge nicht verkaufen können.
Das letztere versprach ich, da doch grösstenteils Genossen anwesend
waren, bei unserem Präsidium und Vorstand in der Partei besprechen und
abzustellen.
Tagesprogramm, 8.11.1976
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)