Donnerstag, 31. März 1977
Dieser Tag stand sozusagen im Zeichen des Kronprinzen Hassan.
Schon bei der Abholung vom Flughafen habe ich mir ausgemalt, wie
dieser Empfang gewesen wäre, wenn ich ihm, wie Kreisky wünschte,
eingeladen hätte. Jetzt ein riesiger grosser Bahnhof, 16 schwarze
Mercedes, extra gemietet, dann anschliessend die Autos der Abholenden,
also mindestens eine 35 Stück lange Autokolonne, roter Teppich,
Flaggenschmuck, Polizeieskorte, ich weiss nicht was Gott noch alles.
Bei mir hätte er keinen mit meinem Peugeot fahren, seine Frau mit
einem zweiten Auto mit meiner Frau, ein drittes hätten wir schon
nicht mehr zur Verfügung stellen können. Die restlichen Gäste also
mit dem Autobus. Das ganze das ganze eigentlich der Bedeutung Jordaniens
Aussenhandel entsprechend 167 Mio Exporte und 148.000 Schilling
Importe. Die letzteren aber eine Erhöhung von 1975 von 15.000
1.000 %. Da der Aussenhandelsminister Dajani in der Sondermaschine
eine riesige Jet begleitete, hatte ich schon Gelegenheit mit ihm
die wirtschaftliche Situation zu besprechen. Beim Mittagessen beim
Bundespräsidenten in der Präsidentschaftskanzlei sass ich dann neben
den Planungspräsidenten Odeh, mit dem ich bereits beim seinerzeitigen
Besuch von König Hussein im Juni 1976 verhandelt hatte. Am Abend
dann beim Kanzleressen im Bundeskanzleramt, wieder neben Dajani,
sodass ich reichlich Gelegenheit hatte mit diesem zu sprechen. Die
offizielle Aussprache im Bundeskanzleramt mit Hassan und Kreisky,
zeigte mir dann den wahren Grund den Kreisky hatte, um diese Ein-
ladung auszusprechen. Er möchte, dass erstens der normale Waren-
austausch der derzeit sehr unbefriedigend ist zwischen den Handels-
ministern besprochen wird, um ihn zu vergrössern. Zweitens aber
sollte Jordanien als der kommerzielle Vermittler der Region auftreten.
Die Aussenhandelsstelle resp. die Handelskammer sollte eine grosse
ökonomische Delegation mit Bankenvertretern organisieren, die
Kreisky jetzt nach Österreich einlädt. Amman soll der Umschlag-
platz für diese ganze Region, also nicht nur für Jordanien werden.
Dies ist die Idee, anstelle von Beirut, von der Kreisky glaube er
wird sich sobald nicht erholen, einen neuen arabischen Umschlagplatz
für den nahen Osten zu finden. Meiner Meinung nach, und Schneider hat
dies auch Kreisky nachher mit recht gesagt, wird sich Beirut, wenn
nur einigermassen friedliche Zustände durch kürzere Zeit herrschen,
sehr bald wieder als der Umschlagplatz zeigen und Amman wird der
bedeutungslose Ort wie bisher bleiben. Drittens erklärte Kreisky, dass
die technische Hilfe Österreichs verstärkt werden soll. Hassan ver-
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wies darauf, dass wenn der Warenaustausch sich vergrössern soll,
die Österreicher Phosphate und andere Rohstoffe kaufen müssten.
In dieser Region, indem Fall meinte er allerdings nur Jordanien,
gibt es mit den Deutschen und teilweise den Schweizern joint
venture. Der Handelsminister Dajani ergänzte dann, dass diese ins-
besondere auf Zementproduktion und sonstige Baumaterialien auf
Glas durch Vorhandensein von Silikaten usw. sich derzeit erstreckt,
resp. erstrecken müsste. Präsident Odeh ergänzte dann wieder, dass
die technische Kooperation sich insbesondere auf die Landwirtschaft
wird der Wunsch nach einer Zuchtanstalt und ganz besonders auf die
Ausbildung von Arbeitskräften sich erstrecken müsste. Hassan schlug
dann vor, man sollte einen Fond gründen, Kreisky schränkte den auf
die educational training ein. Für die Landwirtschaft könnten ambulante
Lehrer eingesetzt werden und eine grosse verstaatlichte Firma sei
bereit, technical assistance zu geben. Vorsichtig wie Kreisky ist,
schränkte er allerdings ein, dass wir selbst jetzt einen riesigen
Bedarf an Lehrern haben, weshalb alles nicht sehr leicht sein wird.
Ich bemerkte zu Schneider – unseren Handelsdelegierten, dass er
da sehr viel bezahlen wird müssen, wenn er Leute findet, die nicht nur
an und für sich nach Amman gehen, sondern dann noch im Jordantal
entsprechende Beratung der dortigen Bauern, d.h. also auf das Land
hinausziehen sollten. Zum Glück hatte Ruthner die seinerzeit im
Juni versprochene feasibility-study jetzt geliefert und ich konnte
sie Hassan, resp. Dajani übergeben. Zum Glück hatte die Handels-
kammer wie ich ankündigen konnte, ein Firmengespräch mit 40 Firmen
organisiert. Da Dajani ein grosses Interesse an der Traktor-und
insbesondere Kraftwagenproduktion zeigte, vermittelte ich eine
Spezialaussprache zwischen ihm und Gen.Dir. Malzacher. Dieser kam
abends dann zum Kreisky-Essen, wurde von Dajani, den ich ihm vor-
stellte, sofort dann auch Hassen präsentiert und er erzählte mir
nachher, sie hätten auch grosses Interesse an den Panzerkürassier
den Malzacher jetzt noch mit weiteren Exemplaren nach Tunesien erfolg-
reich und gewinneinbringend verkaufen kann. Malzacher meint allerdings
es wird dort grosse Schwierigkeiten vom Aussenministerium geben,
Panzer in diese Region zu liefern. Kienzl, mit dem ich auch über
dieses Problem sprach, weil auch er bis 11 Uhr nachts bei dem Essen
herumsitzen musste, meinte, es sei ein Wahnsinn, was jetzt von
seitens des Aussenministeriums in dieser Neutralitätsfrage geschehe.
Die Schweizer und die Schweden beliefern jedermann, nur geschickt
getarnt, gegebenenfalls über Drittländer und wir machen unserer
Industrie die grössten Schwierigkeiten. Malzacher z.B. berichtete
mir, dass er nach Syrien kaum mehr etwas zusätzlich liefern
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kann, wenn er nicht die Gewehre exportiert, die bereits abgeschlos-
sen sind. Sonst wenn er diese 2.000 Stück liefern könnte, sieht
er grosse Möglichkeiten für andere Lieferungen.
Ein anderes sehr interessantes Projekt hat Hr. Kahane und sein
Manager, der auch die Essigsäure-Fabrik in Bernhofen betreibt, Dr.
Janda mir vorgetragen. Die Israel Aircraft, die Kahane vertritt,
wie ich jetzt zu meiner grössten Verwunderung erfuhr, möchte für
den eigenen Bedarf für 1,7 Mia. Schilling interessante Waren und
Einrichtungen kaufen zur Errichtung wie ich dann nach längeren
Gespräch herausbrachte von 4 Werften – nicht nur in Israel, sondern
auch im Ausland. Die Voraussetzung dafür ist, dass Österreich für
100 Mio Dollar die 24 Stück Kfir-Abfangjäger kauft. Das Ganze ist
bis 1.7. befristet. Das jetzige Angebot mit 50-%iger Kompensation
läuft heute ab. Die Israeli sind schlau und haben deshalb jetzt
den Spieß umgedreht. Nicht wir kaufen die vier und dann bieten sie
Kompensation an, sondern sie erklären jetzt, wir haben eine Interesse
an konkreten Lieferungen von Transport- und Hebevorrichtungen,
Lagereinrichtungen, Dieselgeneratoren für je 140 Mio, Dampfkraft-
anlagen, Wasserpumpen, Kompressoren, Ventile, Fittings 170 Mio,
Klimaanlagen, Ventilatoren 200 Mio. elektrische Anlagen und Material
280 Mio Kunststoffe, Möbel, Fernsprechanlagen und diverses von je
70 Mio. Alles äusserst interessante Exportlieferungen von uns. Ich
erklärte Kahane sofort, er müsste klar werden, ob wir diese vier
kaufen. Ich könnte mir nicht vorstellen, dass dies tatsächlich bis
Juni entschieden wird, Kahane meinte, die Typenentscheidung sollte
bis 19.4. im Verteidigungsausschuss resp. im Verteidigungsministerium
fallen. Er ist ein Illusionist in dieser Hinsicht, ansonsten aber ein
geriebener Geschäftsmann. Jetzt verstehe ich auch, warum Kreisky vor
längerer Zeit, als ich über die Kompensationen in der Ministerrats-
vorbesprechung berichtete, meinte, die einzigen die das halten könnten
wären die Israeli. Kahane teilte mir dann auch mit, dass er mit
Algier Erdgas jetzt 2–300 Mio. Dollar über seine Gutmann-Bank mit
Agip und Enit, da dieses Gas für Süditalien bestimmt ist, verhandelt.
Hier könnte auch eventuell ein österreichischer Export möglich sein.
In Persien sei ein Wohnbauprojekt mit 10.000 Einheiten möglich,
wo Vlcek von der Universale daran grosses Interesse zeigt. Hier
könnten aber nur gemeinsam mit den Jugoslawen, die diese Bauten in
Persien durchführen sollten und wir Zulieferer sind, Lösung gefunden
werden. Voraussetzung dafür ist, dass die neue Taktik von Schah
50 % vom Grossprojekt muss in Öl abgedeckt werden, als Gegengeschäft
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die Voraussetzung wäre. Kahane hat mit der ÖMV gesprochen.
Mir erscheint eine Teillieferung von persischem Öl nach Österreich
ohne weiteres möglich, weil wir bis jetzt ja kaum persisches Öl
bezogen haben. Dann müsste allerdings die ÖMV ihre Bezüge aus
anderen Ländern, insbesondere Irak kürzen. Das dies GD Bauer
tatsächlich machen wird, bezweifle ich.Da ich mich persönlich
in diese konkreten Geschäfte nicht allzu sehr einmischen möchte,
sondern höchstens als Servicestelle für die österreichischen
Exporteure fungieren werde, habe ich zu all diesen Verkäufen und
insbesondere Lieferungen eine sehr distanzierte Haltung eingenommen.
Doch stets zu erkennen gegeben habe, dass ich so wie allen anderen
Firmen die bisherige Unterstützung auch Kahane geben werde. Nicht
mehr, aber auch nicht weniger.
ANMERKUNG FÜR PLESCH UND WANKE: Bitte mit Kahane entsprechenden
Kontakt halten.
Bei der Unterzeichnung des bulgarischen Protokolls resp. bei der
vorherigen Aussprache und dem dortigen Herumstehen hat Christow
mich nicht nur offiziell zur nächsten Gemischten Kommission nach
Sofia eingeladen, sondern meinte auch, ich sollte doch den Urlaub
mit Familie in Bulgarien als sein Gast verbringen. Ich habe dankend
aber sehr höflich indirekt abgelehnt, indem ich mich auf Zeitmangel
ausredete. Christow aber meinte dann ganz besonders, es müsste
jetzt, wenn es zu einem längerfristigen Programm mit der VÖEST
Alpine zur Lieferungen von Stranggussanlagen und sonstige Ein-
richtungen nach Bulgarien auch auf Drittmärkten möglich sein, dass
die VÖEST jetzt die Hubstapler importiert resp. dann vertreibt.
Genau dies lehnt aber Koller, wie ich dann am Abend beim Hassen
Empfang feststellte mit aller Entschiedenheit ab. Die Kontaktstelle
insbesondere die österreichische in Sofia durch Schmidt, wurde von
mir neuerdings ins Gespräch gebracht, weil Schmidt glaube ich nicht
annähernd sonst sich in Sofia wirklich durchsetzen kann.
Interessanterweise gab es diesmal in der Sekretärsbesprechung und
dann insbesondere auch in der Fraktion eine lange, um nicht zu sagen
eine harte Diskussion wegen unserer Geschäftsordnung. Begonnen hat
es schon damit, ob wir uns in Hinkunft Lebens-und Genussmittelarbeiter
oder Arbeitnehmer nennen sollen. Arbeitnehmer deshalb weil wir doch
in einzelnen Betrieben einige Angestellte organisiert haben, wo sich
die Privatangestelltengewerkschaft nicht darum kümmert. Einige Dis-
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kussionsredner meinten wir sollen uns nicht fein machen, d.h.
bei den Begriff Arbeiter selbstverständlich bleiben. Blümel meinte,
wir hätten jetzt 10.000 Broschüren für den Gewerkschaftstag ge-
druckt, wo wir Propaganda dann für die Lebens-und Genussmittel-
arbeitergewerkschaft – nach Zwischenruf – die kann man ja einstampfen.
Letzten Endes entschieden wir uns aber doch dafür, bei unseren
bisherigen Titel zu bleiben, nichts zuletzt wie ich erklärte auch
deshalb weil, wenn wir und jetzt nur Arbeitnehmer nennen, dann
sofort die Angestelltengewerkschaft weiss Gott was fürchtet. Wenn
der Titel auch unverändert bleibt, in der Geschäftsordnung selbst
sprechen wir davon, dass wir die Arbeitnehmer in unseren Branchen
organisieren wollen. Eine noch viel längere Diskussion gab es aber
dann über die Frage der Obmannstellvertreter. Bis jetzt hatten wir
in unserer Geschäftsordnung 3. Beim letzten Verbandstag allerdings
infolge der geringeren Anzahl kommunistischer Mitglieder und vor
allem, weil gar kein auch nur einigermassen gewerkschaftlich ver-
ankerter Funktionär der KP zur Verfügung stand, nur mehr 2, nämlich
Deutsch und den christlichen Gewerkschafter Eigelsberger, gewählt.
Jetzt sollte die Geschäftsordnung dieser Entwicklung Rechnung tragen
und nur mehr 2 Stellvertreter versehen. Die einen begründeten diese
berechtigte Reduktion, dass ansonsten die Gefahr besteht, eventuell
noch die Freiheitlichen oder eine unpolitische Gruppe dann einmal
den dritten Stellvertreter wünscht. Die anderen wieder wollten aber
den dritten belassen, damit eventuell ein Kollege aus den Ländern
oder eine Fachgruppe für einen solchen dritten kandidieren
konnte. Ursprünglich bestand nämlich die Absicht, gegebenenfalls
alle Mandate der Obmann und Obmannstellvertreter als gesetzte
Mandate zu betrachten. Bis jetzt ist es nur so, dass ich jetzt
schon einige Male nicht mehr einer Gruppe zugerechnet werde. Ich
bin also ein sogenanntes gesetztes Mandat. Ursprünglich, als ich
in die Lebensmittelgewerkschaft als Obmannstellvertreter einzog,
haben mich die Fleischhauer auf ihr Kontingent, wenn ich so sagen
darf, genommen. Schliesslich nach stundenlangen Sitzungen, sodass
wir zur Verabschiedung der Kollegin Swoboda, ebenfalls stundenlang
verspätet kamen, einigten wir uns auf einen Obmann gesetzt und die
anderen zwei gewählt, d.h. also von Gruppen delegiert.
Bei meinem Referat in der Fraktion strich ich die politische
Situation heraus, die sich insbesondere durch die Stillegung der
Dürnkruter Zuckerfabrik charakterisiert. Wenn ein verstaatlichter
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Betrieb wie ein Bergwerk geschlossen werden soll, dann argumentiert
der ÖAAB gegen die Regierung, obwohl wir uns dort vorerst um
Ersatzarbeitsplätze kümmern. Beim Beschluss die Zuckerfabrik
Dürnkrut zu schliessen, hat weder die Industrie, geschweige denn
das Land NÖ bis jetzt auch nur eine Andeutung gemacht, dass sie
einen Ersatzbetrieb nach Dürnkrut legen wollen. Präs. Minkowitsch
den ich ebenfalls bei den Hassen-Essen traf und diesbezüglich wegen
der Sperre von Dürnkrut ansprach, meinte, er hätte auch die Meinung
vertreten, man sollte nicht so schnell und überfallsartig einen
solchen Beschluss fassen. Die Ursache, dass jetzt die Zuckerindustrie
schliesst, ist aber die Arbeiterkammer, welche eine immer stärkere
Rationalisierung verlangt und insbesondere keinen kostendeckenden
Zuckerpreis, bedingt durch die Überkapazität zugestehen will. Ich
versuchte den Zuckerarbeitern in der Fraktion klarzumachen, dass
wir uns in jeder Beziehung für die Arbeiterschaft dort einsetzen
werden. Einen entsprechenden Sozialplan verlangen, dass wir aber
und mit der Ablehnung der Schliessung sehr vorsichtig verhalten
müssen. Wenn es nämlich zur Schliessung kommt – und ich bin davon
überzeugt – dann würden, wenn wir unseren Kollegen in Dürnkrut zu
viel versprechen, diese sich gegen uns wenden. Schon jetzt gibt es
vereinzelt die Forderung, man soll halt ganz einfach die Zucker-
industrie verstaatlichen. Das man damit das Problem nicht aus der
Welt schafft, würden die Kollegen die dies fordern ohne weiteres
übersehen. Dass wir dies gar nicht im Parlament durchbringen könnten,
weil wir jetzt dafür eine 2/3-Mehrheit brauchen, erwähnte ich nur
so am Rande. Die ganze Situation wird also in den nächsten Monaten
sich nur zuspitzen und ich werde mich, wie ich mit Rösch besprach
bemühen, überall klarzulegen den Unterschied wenn ein verstaatlichter
Betrieb schliesst und wenn die private, sehr reiche, Zuckerindustrie
dies tut. Ich bin sehr gespannt, wie das Land NÖ, insbesondere LH
Maurer sich verhalten wird. Die Forderung von Dürnkrut, nicht zuletzt
auch von der Gemeinde auf einen Ersatzbetrieb ist mehr als berechtigt.
Tagesprogramm, 31.3.1977
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)