Montag, 11. Juli 1977
Beim Jour fixe mit der Bundeskammer verlangte Sallinger und Mussil,
dass ich den Getreidepreis so regeln sollte, den Bauern einen Teil
Ihrer Forderung erfüllen und insbesondere die Handelspannen und den
2. Schilling, der bereits in de Kalkulation eingebaut ist endgültig
für den Getreideaufkäufer zu erhöhen. Ich lehnte entschieden ab,
da ich nur bereit bin, wie ich Sallinger und Mussil ausdrücklich er-
klärte, eine gesamten Getreidepreis-Komplexlösung zu verhandeln
und zu genehmigen. Die grosse Masse der Füllweizenproduzenten, die
beim Normalweizen immer mehr auf Massenträger übergehen, müssen aus
der Preisfestsetzung herausgenommen werden. Sallinger erkannte sofort,
dass ich nur bereit bin, gegebenenfalls für die Qualitätsweizen-
produktion den Preis stabil zu halten, d.h. gegebenenfalls auch dort
eine kleine Preiskorrektur vorzunehmen. Mussil meinte, diesem könnten
die Bauern niemals zustimmen. Sallinger meinte, man soll sich zusammen-
setzen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte nachdem auch AK und ÖGB zugestimmt haben
die Verhandlungen sofort jetzt vorantreiben.
Mussil erklärt bezüglich der Novelle des Berufsausbildungsgesetzes,
dass sie nur zustimmen würden, die Frist zur Einschickung des Lehr-
vertrages von 4 auf 3 Wochen zu reduzieren und nicht wie die Gewerk-
schaft will und ich im Entwurf vorgesehen habe, 2 Wochen. Ich glaube
aber, dass wir ganz ruhig im Begutachtungsverfahren diese Frage neu
aufwerfen können.
Die Beschwerde von Dipl.Ing. Pröbsting, Vertreter der Gemeinwirtschaft
in der Bundeshandelskammer, weil in der Sektion Gewerbe Wien ohne
dass die Kammeramtsdirektion oder der Präsident Dittrich davon
wusste, Mitgliederlisten an Wirtschaftsbund gegeben wurde, anerkennt
Mussil und Sallinger sofort, dass dies nicht richtig ist. Sallinger
meint nur, man hätte, bevor man sich an die Aufsichtsbehörde
Handelsministerium wendet vorher mit ihm reden sollen. Er erklärt
sich sofort bereit, mit Stadtrat Nekula als dem Funktionär der Ge-
meinwirtschaft in der BHK und Pröbsting im Herbst zu einer Besprechung
einzuladen. Ich verständige anschliessend Pröbsting sofort von diesem
Ergebnis und er ist damit sehr einverstanden und zufrieden.
Bezüglich des Besuchsprogrammes des nigerianischen Handelsministers
und sonstiger wichtiger Leute, die die Stickerei-Exporte nach Lagos
verhindern, hat die BHK Erhebungen eingeleitet. Auch Dr. Gleissner,
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den ich vorher traf, konnte mir noch keine konkreten Ergebnisse
sagen. Die Verzögerung liegt jetzt ausschliesslich bei der Bundes-
kammer.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte versuche in der nächsten Zeit vor der
Dornbirner Messe zu klären, wie es weitergeht.
Mussil war selbst genauso überrascht wie ich über die Behauptung
von Frau Schmitz, Katastrophenhilfe österr. Frauen, über die Mit-
teilung, dass im Waldviertel auch Schweizer Atommüll gelagert werden
soll. Sallinger beschwert sich nur neuerdings, dass die von ihm
angeregten Parteiengespräche zwischen Taus und Kreisky bis jetzt
nicht zustande gekommen sind, ja sogar Kreisky entschieden abgelehnt
hat. Sallinger hat sich sehr bemüht, innerhalb der ÖVP eine sachliche
Politik durchzusetzen. Ich weise Sallinger auf die Gespräche im
letzten Parteivorstand hin, wo Kreisky ankündigte, nach der Übersendung
des Regierungsberichtes ins Parlament dort Parteiengespräche auf
höchster Ebene zwischen ÖVP und SPÖ vorzuschlagen.
Bezüglich der Reihung der Sekterzeuger für die Auszeichnung Staats-
wappenführung schlägt die Bundeskammer vor, Kattus, Schlumberger,
Kleinoscheg und Inführ. Bis jetzt hat noch keiner diese Auszeichnung
bekommen, nach Meinung der Handelskammer sollte man da überhaupt noch
zuwarten. Neuerdings urgiert Sallinger für Berger in Schwanenstadt
die Auszeichnung, weil er vor längerer Zeit bereits diese verlangt
habe und wieder einmal durch Einspruch der Arbeiterkammer mangelnde
Organisation, obwohl dies nicht offiziell jetzt begründet wird, die
Genehmigung sich verzögert. Blamabel war für mich, als ich wegen
Warmbaderhof in Warmbad Villach, die angeblich nur aus dem Zimmer
gegangene Grodicky nicht erreichen konnte. Bei meiner Rückkehr ins
Ministerium stellte sich heraus, dass sie angeblich sich jetzt einen
Urlaubstag genommen hat. Manchmal habe ich das Gefühl, dass Leute
ganz einfach abwesend sind, wenn man sie dann fragt, wie z.B. in diesem
Fall Dr. Haffner bei ihr zu Hause angerufen hat, dann heisst es,
sie hat einen Urlaubstag. Ohne mich zu beschweren habe ich doch
Sallinger und Mussil dezidiert erklärt, dass es noch immer Beamte
gibt, die sich gar nichts daraus machen nichts zu tun und manche
vielleicht noch darin einen Widerstandskampf gegen die soz. Regierung
in diesem Nichtstun sehe. Sallinger und Mussil meinten, in der ÖVP-Re-
gierung hätten sie auch nicht mehr gearbeitet. Was ich gar nicht bestrei-
ten möchte.
Beim Journalistenfrühstück berichtete Jagoda über das Ergebnis
der Klausurtagung der Interessensvertretungen wegen des Berufs-
ausbildungsgesetzes. Die derzeit 176.000 Lehrlinge werden in diesem
Jahr um 7,500 im nächsten Jahr um 11.300, 1979 um 13.500 aufgestockt.
Dann beginnt die Lehrlingszahl wieder zu sinken. Im Mai hatten wir
bei 1.100 Lehrstellensuchenden noch über 5.000 offene Lehrstellen.
Leider ist die regionale Verteilung äusserst ungünstig. Was wir
bräuchten ist sind also wie ich dann ausführte, mehr Internate.
Die Schülerheime, wo die in den Ländern die Berufsschulen durch
8 Wochen Kurse zusammen abgelegt wurden, genügen. Die 12.000 Lehr-
lingsheimplätze sind zu wenig. Dr. Winkler von der Handelskammer
ergänzte, dass sie mit der Novelle einverstanden sind, weil es
geglückt ist, die überbetriebliche Steuerung, die angestrebt
wurde, bei der Lehrlingsausbildung zu verhindern. Die Lehrherren
übernehmen jetzt die gesamten Internatskosten für die Schülerheime
erwarten aber, dass die Fahrtkosten und sonstige Unterstützung durch
das Sozialministerium verbessert werden. Jugendsekretär Verzetnitsch
unterstrich, dass es insbesondere geglückt ist, die Mitwirkung der
Arbeiterkammer wesentlich zu verbessern, dass aber noch immer die
Entscheidung über die Lehrlingsstellen, die ja doch öffentlich
rechtliche Funktionen ausüben, bei der Handelskammer liegen wird.
Eine breite Frage nahm in der Diskussion dann das Problem der
Ausbildung der Ausbilder ein. In Österreich gibt es 70.000. In
Hinkunft durch Kurse und Weiterbildung insbesondere auf dem päda-
gogischen Sektor ihr Wissen verbessern sollen, für neue Berufsaus-
bildungsstellen soll eine gewisse Prüfung erforderlich sein. Lehr-
abschlussprüfung plus 2 Jahre Praxis über überhaupt 5-jährige Praxis
wie dies derzeit der Fall ist, wird nicht mehr genügen. Bei Mei-
sterprüfungen wird man gewisse Fragen stellen oder für die Unselb-
ständigen sogar Prüfungskommissionen schaffen. Alles soll aber schön
langsam und vorsichtig begonnen werden. Insbesondere wird das BFI und
die Wifis 4- und zweijährige Kurse starten.
Fälbl berichtet über die Russlandverhandlungen, ich ergänzte, dass
hier heuer rechnen statt 466 Mill. Rubel wie im Vorjahr über
500 Mill. Rubel das Handelsvolumen zu erreichen, Diskussion gab es
darüber keine, scheinbar alles ein kalter Kaffee.
Castellez von der Kontrollbank ruft mich an, um zu fragen, wieso
wir aus der Entwicklungshilfe Projekte finanzieren, die vollkommen
aussichtslos sind. Das typischste Beispiel ist jetzt die Raffinerie-
studie, die wir für Guayana mit 1,7 Mill. S durch die SGP erstellen
lassen. Dieses Projekt würde 3,5 Mia. S kosten und die Franzosen und
Engländer mit 400 Mill. Obligo für Guayana sind nicht bereit, ein
solches Milliardenprojekt zu finanzieren. Guayana ist nicht einmal
Mitglied der südamerikanischen Vereinigung, hat mit Venezuela grossen
Streit und neigt immer mehr zu Castros Innenpolitik. Die Studie ist
seiner Meinung nach hinausgeschmissenes Geld. Da ich dafür nicht zuständig
bin, kann ich ihn nur an das BKA verweisen. Am Abend beim Heurigen
treffe ich Haschek von der Kontrollbank, der mich ersucht, wir
sollten – Handelsministerium und Kontrollbank – engeren Kontakt halten.
Insbesondere möchte die Kontrollbank wissen, wann ich Minister einlade,
damit sie sich entsprechend vorbereiten können.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte von jeder Einladung sofort Kontrollbank
verständigen und auch Min.Rat Müller bei uns informieren, damit er sich
schön langsam in der Kontrollbank durchsetzen kann.
Min.Rat Würzl will mir über die Grossprojekte der Hausaktion berichten
und ich verlange sofort, dass auch Sekt.Chef Jagoda dazukommt. Wir
beide sind nämlich über diese Entwicklung nicht sehr glücklich. Von
ca. zwei Dutzend bei uns eingereichten Projekten sollen jetzt 8 mit
71 Mill. S Gesamtförderung durch Zinsenzuschüsse unterstützt werden.
Natürlich muss ich mehr oder minder damit einverstanden sein, obwohl
ich nie genau weiss, nach welchen Gesichtspunkten die einen genehmigt
werden und die anderen abgelehnt. Die Richtlinien für diese Haus-
aktion sollen jetzt noch ergänzt werden durch Sport unter Dach, durch
Spielzimmer und ich weiss nicht was sonst nicht noch alles. Würzl
sagt, er hat genug Geld, und vom Finanzministerium für das nächste
Jahr 60 Mill. schon mehr für das Fremdenverkehrsbudget mit dem FM
vereinbart. Für die Seenreinhaltung stehen heuer die 10 Mill. und
nächstes Jahr 10 + 5 Mill. zur Verfügung damit könnten im nächsten
Jahr Aktionen auf die Campingplätze auch ausgedehnt werden und ins-
besondere die Gemeindeberatung in unsere Fremdenverkehrsaktivitäten
einbezogen. Jagoda und ich haben nur immer wieder grosse Bedenken,
dass wir uns mit Richtlinien binden und früher oder später dann doch
dafür kein Geld haben werden. Würzl teilt diese Meinung nicht. Gleich-
zeitig mit der Ausdehnung der Hausaktion möchte er ganz rigoros
gegen Bettenvermehrung vorgehen und insbesondere die Zinssätze von
9,5 % als Höchstgrenze auf 8,5 % senken. Wichtig erscheint ihm,
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und hier muss ich ihm zustimmen, dass wir jetzt Erfahrung sammeln,
wie es mit der zentralen Reservierung und Bestellung in Deutschland
funktionieren wird. In Frankfurt wird jetzt für 1,350 Reisebüros
eine solche Zentralreservierung begonnen. Im westlichen Österreich
sollen 6 Fremdenverkehrsgemeinden eine Landesstelle und ein Reise-
büro probeweise eingeschaltet werden. Die Vorarlberger Arbeitsgruppe
die mit einem Rechenzentrum arbeiten würden dafür 3,6 Mill. S Zu-
schuss benötigen. Ich könnte mir vorstellen, dass wir ein Drittel
davon übernehmen, das zweite Drittel müssten die Gemeinden oder Ländern
und das dritte Drittel die Handelskammer mit ihren Organisationen tra-
gen. Würzl wird diesbezügliche Verhandlungen führen. Für mich uner-
klärlich wird, wie das Finanzministerium trotz der angespannten
Budgetsituation immer wieder neue Aktionen entweder selbst anregt oder
bei Ausdehnung der bestehenden keinerlei Bedenken hat. Komischerweise
oder interessanterweise gelingt es dann tatsächlich selbst auf Beamten
ebene durch den sehr beweglichen Ministerialrat Kaber die notwendigen
Geldmittel für diese Politik, die allerdings das Finanzministerium
selbst oft entriert, zu kriegen. Ich weigere mich ganz strikte, dafür
beim Finanzminister aktiv zu werden, obwohl ich dafür nicht verantwort-
lich bin und letzten Endes auch wirklich nichts dazu beigetragen habe,
dass wir in diese Budgetsituation gekommen sind, glaube ich doch,
dass man nicht mit gutem Gewissen hier Forderungen erheben sollten.
Scheinbar hat aber Würzl recht, er meint, bei diesem Milliarden-
beträgen spielen die paar Dutzend Millionen, die wir brauchen,
überhaupt keine Rolle.
Mit Gen.Dir. Klauhs, Genossenschaftliche Zentralbank bespreche ich
das Türkei-Projekt der Fa. Rella. Er wird Dir. Nemetschke kommen
lassen und sein Möglichstes tun, damit diese Projekt vielleicht
doch finanziert werden kann, mit ihm besprechen. Mehr wollte ich
auch nicht von Klauhs, weil ich letzten Endes die bankmässige Deckung
und Verantwortung für dieses Geschäft nicht übernehmen kann und will.
Meine Funktion, und dies habe ich Nemetschke seinerzeit deutlich
gesagt, kann nur darin bestehen, als Vermittler aufzutreten.
Genau dieselbe Funktion erfüllte ich auch beim Wunsch des ARBÖ
wegen 50 Jahre Genossenschaftliche Zentralbank und grosszügiger
Spende an den ÖAMTC auch irgendetwas zu bekommen. Klauhs wird
Gen.Sekretär Effenberger einladen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Effenberger verbinden.
Die beiden für die Zeitschrift "Extra-Blatt" zuständigen und ver-
antwortlichen Chefredakteure Irnberger und Traar wünschen, dass
das Handelsministerium sie durch Annoncenaufgabe unterstützt.
Die Null-Nummer ist mit 15.000 erschienen, jetzt im Herbst soll
dann eine mit 45.000 gestartet werden. Diese Monatszeitschrift
kann natürlich nur dann leben, wenn sie entsprechende Annoncen
bekommt. Ich habe sofort erklärt, dass das Handelsministerium dafür
kein Geld hat, Dr. Wais wird sie aber bei den Unternehmungen
insbesondere aber in der Elektrizitätswirtschaft unterstützen.
Dieses Extrablatt soll eine Schrift gegen die immer stärker werdende
andere Seite Paroli bieten, insbesondere müsste die unerwartet
starke Auflagensteigerung von Profil, die scheinbar jetzt für Blecha
ebenfalls beängstigend. Kreisky hat erst unlängst erklärt, niemand
hätte erwartet, dass diese Zeitschrift einen so starken Absatz findet.
Ich bin gespannt, ob es gelingt, Extra-Blatt tatsächlich dieser
Entwicklung Einhalt zu gebieten. Die kostspieligen Aufwendungen für
Druckbild und Farbgestaltung könnte vom Äusseren eine solche Mög-
lichkeit ergeben. Entscheidend wird aber der Inhalt sein, und
hier bin ich sehr skeptisch.
In der Ministerratsvorbesprechung berichtete Kreisky, dass jetzt
die Krebsbekämpfung 140 Mill. S gesammelt hat und ohne Kontrolle
der Bund keine Zuschüsse geben kann. Die Kontrolle müsste sich
über die gesamte Summe erstrecken, also nicht über den Bundeszuschuss
sondern auch über die privat gesammelte Menge. Kreisky meint, es dürfe
nicht alles nur in die Forschung gehen, wie die Professoren Wrba und
Husslein wollen sondern man müsste auch eine gewisse Therapie
damit fördern. Bgm. Gratz möchte das Schloss Wilhelminenberg als
Zentrum, während Leodolter eher an ein Spital denkt. Firnberg schal-
tete sich ein und meinte, die müssten ja überhaupt keinerlei
Forschungsförderung bezahlen sondern sich nur Scanner anschaffen,
für Firnberg ergibt sich dann die Frage, wer die Betriebskosten
dieser Scanner bezahlen soll. Die übrigens auch bezüglich ihrer
Wirkungsweise sehr umstritten sind. Androsch berichtet, dass Hinter-
egger bei ihm war, ein Finanzkomitee jetzt errichten möchte
und Androsch ersucht hat, in dieses Finanzkomitee hineinzugehen.
Kreisky hat dagegen nichts einzuwenden, verlangt nur, dass eine
Kommission bei Leodolter die entsprechenden Vorschläge erarbeiten soll
und dann im Finanzkomitee vorzuschlagen.
Kreisky ist über GD Vogler wegen der Kurier-Politik sehr verärgert.
Igler hat Kreisky ein Telegramm geschickt, wo er ersucht, man soll
der neuen Leitung eine Chance geben. Kreisky meint, wenn die Zucker-
industrie so viel Geld hat, dass sie sich eben an diesem Kurier
finanziell so stark beteiligt, dürfte ich beim Zuckerpreis im nächsten
Jahr keinerlei Zugeständnis machen.Bezüglich des Getreidepreises
war Minkowitsch bei ihm und hat sich über mein Verhalten beschwert.
Kreisky ist aber mit der Verzögerungstaktik sehr einverstanden.
Er möchte jetzt nicht in die Verhandlungen hineingezogen werden.
Androsch bekräftigte neuerdings so wie auch LWM Haiden, dass wir
keinerlei Normalweizen-Preiserhöhung zugestehen dürfen. Die Ernte
wird wieder sehr gut sein, für Weizen mindestens 40 mq und der Mais
wird überhaupt eine Super-Ernte. Schwierigkeiten hat Haiden jetzt nur,
weil er mit Präs. Lehner vereinbart hat, dass wir die Stützung von
8.50 S für Viehexport einstellen, die EG dadurch ihre Abschöpfung
von 12,- auf 4.90 S gesenkt hat, Lehner zuerst mit dieser Politik
einverstanden war, sich jetzt aber distanziert. Kreisky ist über-
rascht zu erfahren, dass wir für Butter, welche in den Vatikan exportiert
wird und insbesondere nach Bari nur 16.- S erlösen und dadurch
irrsinnige Stützungen notwendig sind. Kreisky meint, man müsse der
Landwirtschaft endlich klarmachen, dass es Schichtenpreise geben wird.
Eine gewisse Menge ihrer landwirtschaftlichen Produkte sozusagen die
jetzigen Preise, für eine zweite Schichte schon bedeutend weniger und
für das, was in den Export gehen muss, so schlechte Exporterlöse bringt
eben dann die geringsten Preise, die von dieser akzeptiert werden muss.
Er könne sich vorstellen, dass im Herbst ein globales Gespräch geführt
wird.
Kreisky fragt sehr erstaunt Kunz, wieso Mahr oder Gnam bereits die
Ifes-Ergebnisse am Samstag wissen konnten, wo er sie erst am Freitag
abends bekommen hat. Lt. Meinungsumfragen im Juni haben wir wieder
die absolute Mehrheit erreicht, die VP 44 bis 45 %, die Freiheitlichen
4 – 5 %. Auf die Frage, wie würden sie wählen, wenn am kommenden
Sonntag Wahl wäre, haben sich 46 für die SPÖ ausgesprochen, 36 bis
39 % für die VP und wir damit wieder das Tief im vergangenen Jahr
überwunden. Im Jänner 1976 waren es 47 %, die dann sich bis Herbst
auf 46 % reduzierten, dann aber durch die Belastungswelle auf 42 - 43 %
zurückgefallen sind und mit Jänner diesen Jahres erst 44 % schön langsam
erreichten. Zu den 46 % kommen die 11 %, die unentschlossen sind,
und hier meint Kreisky ist die Aufteilung schwierig, eher ist – wie
er sehr vorsichtig ist – und rechnet hier nur mit einem Drittel. Obwohl
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es wahrscheinlich mehr sind. Die Partei in der Klassifizierung hat
sich auch verbessert, ist auf 1,69 gestiegen, die maximalste
Leistung war einmal 1,89 und auch die Regierung hat sich mit
1,77 verbessert obwohl einmal schon maximal 2 erreicht war und
zwar im Mai/Juni des vergangenen Jahres. Kritisch sind nach wie vor
die Jungwähler, währenddem die Frauen mit 47 % gut liegen. Die
IFES-Erhebungen seien seriöser und deshalb auch wahrscheinlich zutreffen-
der. Die Sozialwissenschaftliche Studiengesellschaft hat in dieser
Beziehung, wenn sie auch manchmal bessere Ergebnisse liefert, einen
sogenannten Pajes . Da die Interviewer meistens oder fast ausschliess-
lich Sozialisten Gewerkschaftsfunktionäre sind, so kann ausser dem
Sample die Auswahl ist nicht typisch für Österreich auch noch die
Interview-Methode eine gewisse Rolle spielen. Wie dem auch sei,
die Meinungsbefragungen zeigen eindeutig einen Aufwärtstrend für uns.
Für mich insbesondere erklärlich, weil Kreisky doch selbst schwierig-
ste Probleme z.B. die Lütgendorf-Ablöse in der öffentlichen Meinung
absolut korrekt und richtig durchgeführt hat. Sein schön langsames
Hinmanövrieren, ja fast würde ich sagen, sich selbst erst durch-
ringen in einem Meinungsprozess, nicht gleich ablösen wie er das
emotionell am Anfang wollte sondern mehr oder minder auf Benya-Einspruch
man kann sich von der Presse nicht die Minister abschiessen lassen,
eine korrekte Untersuchung verlangte, und dann Lütgendorf nahelegte,
selbst zurückzutreten wird von der Bevölkerung ihm hoch angerechnet.
Seine Beurteilung in der Meinungsfrage ist gegenüber allen anderen
Politikern wieder einmal einsame Spitze.
Mit Leodolter besprach ich dann die Eingabe und Intervention von Dr.
Kellermair betreffend bevorzugte Behandlung der österr. pharmazeuti-
schen Industrie in der Registrierung, damit unsere Exporte hier
besser und schneller durchgeführt werden könne. Der zuständige
Ministerialbeamte, Leodolter sagte noch dazu ein Sozialist, Breit,
steht aber auf dem Standpunkt, die WHO und Österreich hätten beschlossen,
dass man nur lebensrettende Präparate bevorzugt abfertigen könne.
Selbst Leodolter ist mit dieser Vorgangsweise nicht einverstanden.
Ich versprach ich, dass wir entsprechend intervenieren werden.
und so das Gesundheitsministerium versuchen zu zwingen, schneller
die Anträge der Linz-Chemie zu erledigen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte mit Fachreferat und Aussenhandel sowie
persönlich bei Breit kräftig intervenieren.
Der Verkauf der Produkte der Fa. Humanis, Persil-Gesellschaft
in den Superläden geht sehr zögernd. Leodolter meint, man wird
jetzt die Produktion an Soldaten verschenken müssen. Der Ver-
waltungsgerichtshof hat jetzt bezüglich Arzneimittel angeblich
eine Entscheidung getroffen, die die ganze Verteilung über
Lebensmittelhandel, Drogerie, Apotheken unter einem neuen Gesichts-
punkt erschienen lässt. Auch hier gibt Leodolter zu, müsste man sich
mit der Lebensmitteluntersuchungsanstalt Petuely neu besprechen.
Überhaupt ist Leodolter einverstanden, dass wie ich ihr mitteilte,
Dr. Barfuss mit Koppe und Wais von unserem Büro Gespräche geführt
werden, damit man ihr dann sagt, wie sie gegen die Auswüchse
von Petuelys Gesundheitspolitik endgültig einschreiten könnte.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte so schnell wie möglich ein konkretes
Programm mit Psota besprechen.
Beim Heurigen für den poln. Maschinenminister Kopec meinte Gen.
Dir. Malzacher von der Steyr-Daimler-Puch mir gegenüber unter
vier Augen, es wird grosse Schwierigkeiten wegen der Finanzierung
der weiteren 150 Mill. $ für den Aufbau des mittelschweren LKW
mit Polmot geben. Haschek meinte mir gegenüber wieder unter vier
Augen, er könne dieses Geschäft nicht finanzieren, weil es sich
hier hauptsächlich um Lockercost , d.h. Aufwendungen der Polen
im eigenen Lande handelt. Demgegenüber behauptete Malzacher 60 %
davon würde die Steyr-Daimler-Puch liefern, 20 % Drittländer
und nur 20 % seien Lokel , d.h. polnische Kosten im eigenen Land.
Was daran wahr ist, kann ich momentan nicht prüfen. Eines ist mir
nur vollkommen klar, morgen wird Kopec mit Finanzminister Androsch
verhandeln, wenn dieser Bedenken hat oder vielleicht gar ablehnt,
wie die Äusserung von Haschek vermuten lässt, dann wird im Herbst
wenn Ministerpräsident Jaroszewicz auf Einladung Kreiskys kommt,
dieser garantiert die entsprechende Zusage bekommen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Fälbl soll für Donnerstag, Aussprache in der
polnischen Botschaft die ziffernmässigen Kreditzusagen und Erfüllung
sofort zusammenstellen.
Tagesprogramm, 11.7.1977
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)