Samstag, 16. Juli 1977
Bei einer sehr schönen Schnee-Alpen-Überquerung habe ich mit Kienzl
und Fischer die politischen aber ganz besonders wirtschaftspolitischen
Probleme besprochen. Kienzl sorgt sich noch immer um – fast würde
ich sagen überall und jederzeit wegen der Zahlungsbilanzsituation.
Sie ist nicht so ungünstig wie sie sich momentan darstellt, seiner
Information nach ist auch der Fremdenverkehr in Kärnten gut angelaufen.
Ein wirkliches Problem in meinen Augen stellt die Nicht-Trennung
zwischen Fremdenverkehrsausgaben der Österreicher im Ausland und Über-
weisung von Gastarbeiterlöhnen sowie Warenkäufe, die nicht über die
Handelsstatistik gehen, dar. Wie immer aber auch eine bessere Auf-
teilung und Statistik ergeben würde, grössenordnungsmässig muss
bei der Zahlungsbilanz tatsächlich etwas geschehen. Kienzl schilderte,
wie er jetzt in der ÖNB und über seine Funktion als Kontrollobmann
des Gewerkschaftsbundes z.B. entsprechende Wärme-Einsparungen
erreichen möchte. Er hat nachgeordnete Dienststellen angewiesen,
man sollte jetzt endlich die Dichtung der Fenster vornehmen.
Natürlich stellte sich sofort heraus, dass an den Details eine solche
Aktion ungeheuer schwierig ist. Man braucht dazu Schlosser, Glaser,
Anstreicher bis man alle beisammen hat, stellt sich heraus, ist der
Auftragsgeber verzweifelt. Das wichtigste Problem wie ich es aber
sehe, ist, dass die 30 %-ige Energieeinsparung und damit Kostenersparung
einen anderen trifft als den, der die Gebäude errichtet. Selbst
beim Bund versucht man niedrige Baukosten zu erreichen, das Budget
verlangt es, eventuelle Verteuerungen in dem Betrieb trifft dann ganz
eine andere Dienststelle. Genau dasselbe gilt dann bei Wohnbauten.
Die Genossenschaft muss billig bauen, die Betriebskosten insbesondere
Heizungskosten interessieren sie erst in zweiter Linie. Diese treffen
zwar genauso wie die Baukosten die Mieter, doch erst zu einem späteren
Zeitpunkt, eben auf Jahrzehnte verteilt und fallen daher nicht so
auf. Heinz Fischer, wollte unbedingt wissen, wie es jetzt im Bericht
an den Nationalrat wegen der Kernkraft weitergehen wird. Klubobmann
Koren hat mit ihm ein Gespräch gehabt und er glaubt, es wäre möglich,
eine gemeinsame Linie zu finden. In ÖVP-Klub ist insbesondere
Sallinger aber auch Taus und König noch immer der Meinung, dass
sie früher oder später doch eine Lösung mit der SPÖ finden sollten.
Schwierig wird diese Politik nur immer wieder, wenn Kreisky dezidiert
erklärt, er brauche die Opposition nicht, Angebot Taus' mit ihm
über dieses Problem gemeinsame Lösungen zu finden, strikt ablehnt,
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mit einem Wort ständig vor den Kopf stösst. Ich sehe darin eine
Politik Kreiskys, die vielleicht dazu führen kann, Taus politisch
in der ÖVP zu ruinieren, allerdings, wenn es so weitergeht, sicher-
lich nicht zu einer gemeinsamen Kernkraftwerkspolitik kommen wird.
Mit Heinzi Fischer stimmte ich überein, dass dies ganz allgemein
vielleicht eine politisch richtig Vorgangsweise ist, menschlich
aber weder seiner noch meiner Auffassung entspricht. Vielleicht kann
man aber, wenn nicht anders und der grosse englische Politiker
Attlee hat recht, als er sagte, in the top, there is no room for
friendship.