Freitag, 22.7. – Sonntag 31.7.77
Die erste Rodelbahn für den Sommer in Haag am Hausruck war
ein richtiges Volksfest. Die Übernachtungszahlen sind, wie
mir der Bürgermeister versicherte, jetzt ständig rückläufig,
weshalb Attraktionen gesucht werden musste. Die Salzburger
Werbegesellschaft Scharn hat den Lift gepachtet und die Idee
aus Amerika, wer er die erste Rodelbahn gesehen hat, importiert.
Bei der Eröffnung war auch ein Kärntner, welcher eine zweite
Bahn in Kärnten bauen möchte.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wenn wir Zinsenzuschuss geben, dann
Rentabilität anschauen und in Richtlinien aufnehmen.
Minister Leodolter war am Attersee beim Generaldirektorstellver-
treter der Chemie Linz eingeladen. Ich chauffierte sie hin
und traf dort die gesamte OÖ Wirtschafts- und Parteiprominenz!
Mit Apfalter und Kienzl besprach ich die Finanzschwierigkeit
bei den Exporten. Kienzl ist nicht bereit über die Wechselfinanzie-
rung den Exportkredit zu vergrössern. Er steht, glaube ich sogar
mit Recht, auf dem Standpunkt, dass die Exportwechsel nicht aus
der Limesberechnung herausgenommen werden sollen, wie dies die
Kreditinstitute wünschen. Derselbe Wunsch kam auch in Vorarl-
berg bei der Besprechung mit der Handelskammer und der Industrielle
zur Debatte. Die Nationalbank hat ausserhalb des Limes 3 Mia.
und bis zum 31.12. eine weitere Milliarde zugestanden und die
Industriellenvereinigung hoffte, dass der Finanzminister die
1 Mia. die er zur Aufstockung der Österreichischen Kontrollbank
gegeben hat, als fünfte Milliarde ausserhalb des Limes gegeben
werden kann. Hier handelt es sich scheinbar um eine falsche
Information von Präsident Igler, oder um eine Fehlinterpretation.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: MR Müller soll ständig über diese Tat-
sachen berichten.
Apfalter teilte Kienzl dezidiert mit, dass die Finanzierung des
Sulfatzellstoffprojektes gesichert ist. Falls nicht genügend
österreichische Kapitalgeber zur Verfügung stehen - die VÖEST
reserviert für den Forst einen Teil des einzuschiessenden Kapitals -
dann wird gegebenenfalls auf Schweizer Kapitalgeber zurückge-
griffen, die sich jetzt bereits gemeldet haben.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Die Neusiedler und Welser sind
scheinbar für die VÖEST uninteressant. Bitte zu klären, wieweit
ausser den Bundesforsten noch Privatwald dran sich beteiligt.
Die Verhandlungen mit den Bürgermeistern im Zillertal, Tuxer-
tal und Osttirol waren sehr befriedigend. Überall konnte ich einen
wesentlichen Gesinnungswandel feststellen. Im Zillertal ist die
Fremdenverkehrssaison im Juli wesentlich günstiger als im Vorjahr.
in Mayrhofen erwartet man von mir einen ERP-Kredit von 40 Mio.
für das Projekt EUROPA-HAUS und 16 Mio. Tennishalle. Ich erklärte
sofort, dass 50 % ERP-Quota nicht in Frage kommt, doch werde
ich prüfen lassen, ob ein gewisser Teil, maximal 1/3 möglich ist.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Würzl, der das Projekt kennt,
sprechen.
Die Hintertuxer Gletscherbahn wurde ausschliesslich von den, jetzt
gross ins Geschäft kommenden Fremdenverkehrsbetrieben des Tals
finanziert. Unser Fraktionssprecher, ein ehemaliger Magnesit-
arbeiter hat es dort äusserst schwer, wenn irgend etwas geschieht,
so ersucht er, ihn vorher zu verständigen. Seine Anschrift:
Simon Erler, Tux 465, Tel. 286.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit ihm Kontakt aufnehmen.
In Brandberg, die Gemeinde mit 302 Einwohner, besprachen wir dann
die Baustelle Zillergründl. Diese Grenzgemeinde wird in Kürze
durch Lohnsummensteuer und Gewerbesteuer bei 1.500 Sperrenarbeiter
die reichste sein. Jetzt verstehe ich auch besser, warum es zu
dieser Aktion "Rettet das Zillergründl" gekommen ist. Die Mayrhofer
haben nämlich, erst wenn das Werk fertig ist, für den Fremdenverkehr
eine neue Attraktion, bekommen aber keine finanziellen Zuwendungen
während des Baues. Für unmessbare Schäden hat die ganze Talschaft
5 Mio. Schilling pro Jahr von den Tauernkraftwerken, die jetzt bei
der Aufstockung der letzten Million allerdings nur den Gemeinden
zugute kommen, wo jetzt Bauten vorgenommen werden. Dadurch sind
die Tuxer ausgeschaltet, was sie sehr ärgert. Das Tal ist über-
haupt durch die Stillegung des Magnesitwerkes finanziell benach-
teiligt. Der stillgelegte Betrieb, den ich wieder besuchte, war
trostlos. Obering. Ecker, der Betriebsleiter, wohnt wie in einer
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verlassenen Geisterstadt dort oben. Alles wird zerstört, alles
gestohlen. Ecker hofft dass der Ofen abgetragen wird und noch
in einem anderen Magnesitwerk aufgestellt wird. Das Scheelit,
welches dort nicht gefunden wurde und wo der Rest aus der Pro-
duktion noch auf Halde liegt, kann nicht einmal verarbeitet
werden. Ich besuchte das neue Scheelitabkommen in Mittersill
bei der Fahrt nach Osttirol, die nach ihrem Verfahren nicht
das Tuxer Scheelit aufarbeiten können. Welch gigantischer
Unterschied zwischen einem verfallenen alten Betrieb und den
modernen Neuen. Unerklärlich ist mir nur, dass die Bahn nicht
imstande ist, ein entsprechendes Offert des Konzentrates von
Mittersill nach Pölfing-Bergla zu erstellen, sodass dies noch
immer mit Lastkraftwagen erfolgt.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: WANKE und Sterk sollen noch einmal die
Bundesbahn darauf aufmerksam machen.
In Osttirol hat der Bürgermeister Köll von Matrei festgestellt,
dass eine wesentliche Voraussetzung für den Bau des Kraftwerkes
durch die Osttiroler Studiengesellschaft ist, mit ihm wegen der
Genehmigung seines örtlichen Kraftwerkes ins reine zu kommen.
Die Wasserrechtsbehörde Tirols hat hier aus unerklärlichen Gründen
eine Unterstufe für ein altes 500 KV Kraftwerk zusätzlich gegeben.
Dadurch wird Wasser des Grossprojekte abgezweigt und was meiner
Meinung nach noch viel unangenehmer ist, unmittelbar im Kraftwerks-
gelände am Ende der Possartschlucht das untere Kraftwerk der
Gemeinde Matrei errichtet. Entweder hat LH Wallnöfer nicht
aufgepasst, als er den Wunsch äusserte, man soll den Forderungen
der Matreier Rechnung tragen, oder er wollte ihnen wirklich
gegen die TIWAG helfen. Die TIWAG müsste ihre Ablösesumme für das
alte Kraftwerk von 4 Mio. sofort jetzt auf 17 Mio. durch den rechts-
kräftigen Wasserrechtsbescheid erhöhen. Zuerst glaubte ich nur,
die ganze Frage ist von den Matreiern deshalb angeschnitten worden,
um eben ein günstigeres Ablöseangebot zu bekommen. Bei der Besich-
tigung musste ich zur Überraschung feststellen, dass tatsächlich
schon 3 - 4 Mio. verbaut wurden.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Versuche unauffällig zu klären, wieso dies
in Tirol passieren konnte.
Die Salzburger, Tiroler und Kärntner Gemeinden haben sich zusammen-
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geschlossen, um gegen das Nationalparkprojekt eine entsprechende
gute Organisation zu haben. Der Vorsitzende ist der Bürgermeister
Köll, der diese Interessengemeinschaft tatkräftigst vertritt.
Unter anderem wird besonders gegen das Kärntner Landesgesetz
argumentiert. Seinerzeit hat man die Nationalparkgrenzen mit
2.400 qkm festgelegt ohne sich den Kopf zu zerbrechen, wie
Fremdenverkehrsaktivitäten der einzelnen Gemeinden in diesen
Nationalpark berücksichtigt werden sollten und können. Für
mich bestätigte sich die seinerzeitige Befürchtung, die ich
auch den Landeshauptmannstellvertreter Moritz klar und deutlich
ausgesprochen habe, man muss auch auf die wirtschaftliche Ent-
wicklung dieser Region Rücksicht nehmen. Ich brauche mich für den
Fremdenverkehr verantwortlich glaube ich gar nicht mehr besonders
exponieren. Die Bürgermeister, unabhängig der politischen Ein-
stellung werden dies weitestgehend selbst besorgen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER, WAIS: Bei der nächsten grösseren Partei-
veranstaltung werde ich mit Frühbauer und Moritz darüber sprechen.
Bitte Unterlagen vorbereiten.
Vorstandsdirektor Gmeinhart, TKW teilte mir mit, dass sie jetzt
mit den Deutschen EVS Verhandlungen wegen der Beteiligung der
Schwaben an dem Ausbau des Zillergründls führen. Da die Verbund-
gesellschaft nicht entscheiden kann, ob das Spitzenkraftwerk
jetzt schon gebraucht wird – Austeda ist dagegen, Bandhauer
hat grösste Bedenken – würde Gmeinhart versuchen eine andere
Finanzierung mit den Deutschen zu erreichen. Ähnlich wie die
TIWAG welche mit Bayern jetzt einen Abtausch Spitzenenergie gegen
vierfache Grundlast vereinbart hat, könnte man nach Meinung
Gmeinhart eine ähnliche Lösung mit den Schwaben erzielen.
ANMERKUNG FÜR FRANK UND WAIS: Bitte die Finanzierungsfrage klären.
Bei der Besichtigung der Baustelle konnte ich feststellen,
dass die Arbeitsgemeinschaft Union-Bau und andere Firmen keinen
Anschlussauftrag bekommen hat. Die Firma Franzmeier für die
Strasse und das Tunnel war wesentlich billiger. Der Betriebsrat
von Union-Bau hat sich bei mir beklagt, dass er jetzt die Bau-
stelle räumen muss – natürlich die Arbeiter entsprechend laschieren,
und dadurch 40 Mineure und eingearbeitete Trupps in alle Winde
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sich zerstreuen würden. Gmeinhart hat sofort erkannt, dass
es notwendig ist mir in diesem Punkt zu helfen und angeordnet,
es soll jetzt kurzfristig ein notwendiger Versuchsstollen aus-
geschrieben und vorgezogen werden.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mit Union-Bau sofort verbinden.
In Vorarlberg ergab die Messeeröffnung eine einmalige Situation.
Präs. Igler hat, wie er sagte im Zorn gegen den Finanzminister,
die Wirtschaftssituation so schlecht geschildert, dass man fast
verzweifeln musste. Das Protokoll, wie ich dann selbst erwähnte,
sieht vor, dass nach ihm Landeshauptmann Kessler spricht. Dieser
hat dann festgehalten, wie gut es in Vorarlberg, insbesondere
auch in den letzten Jahren gegangen ist, die Arbeitslosenrate
ist 0.5 %, die Produktionszunahme ist gigantisch, der Export
konnte um 20 % gesteigert werden usw. usw. Kirchschläger, der
neben mir sass, meinte, du der hält ja deine Rede. Ich musste
deshalb dann gar nichts besonderes sagen, als, was Kessler für
Vorarlberg erklärte, gilt in Wirklichkeit für ganz Österreich,
wie die Ziffern zeigen. Während der Presseaussprache, aber ins-
besondere dann auch der der Pressekonferenz habe ich besonders
auf die kritischen Situationen hingewiesen. Bei dem Pressegespräch
wurde ich von einigen Redakteuren attackiert. Immerhin ruft die
Dornbirner Messe mindestens 2 Dutzend von Berichterstattern nach
Vorarlberg. Die meisten davon sicherlich der Regierung feindlich
gesinnt, zumindestens die sich aktiv am Pressegespräch beteiligen.
Überrascht war ich, dass ich eigentlich wegen der Kernkraftwerke
gar nicht so hart attackiert wurde. Überhaupt glaube ich, kann man
feststellen, dass die Vorarlberger Nachrichten jetzt, wie man mir
versicherte, ein wenig in der Berichterstattung zurückhaltend sind.
Stark angegriffen wird immer der Finanzminister und wegen der
Äusserungen – Kärnten ist zu teuer – auch der Bundeskanzler.
Meine Einladung von Journalisten aus Deutschland, um sich zu
überzeugen, wie es in Kärnten wirklich ist – der Angriff
Brunnenfeld-Ferrari ging gegen mich total daneben – hat überall
positives Echo ausgelöst. Interessant für mich war, dass es
unmöglich ist, den Text bis jetzt zu bekommen. Die Berliner
Fremdenverkehrsstellen-Leiterin von Oelhafen hat mir versichert,
sie wird sich bemühen, da ihr Mann mit dem ARD resp. 2. Deutschen
Fernsehen gute Beziehung hat, weil er dort beschäftigt ist.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Zolles engen Kontakt halten.
Die Überreichung der Staatswappen sowohl an die Firma Rupp,
als Handels-Union und am nächsten Tag an Wolff war für diese
Betriebe wirklich ein grosses Erlebnis. Es ist wesentlich
günstiger, wenn ich diese Auszeichnungen vor den Betriebsange-
hörigen vornehme, als in meinem Ministerium.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte womöglich in Hinkunft immer mit
Besuchsreisen verbinden, und im Betrieb übergeben.
Der Frühschoppen in Hard war so schlecht besucht, nicht zuletzt
weil es furchtbar regnete, so dass daraus eine kleine Versammlung,
allerdings im neu gebauten Partei- und Sportheim von Hard erfolgte.
Die Diskussion war deswegen nicht weniger lang. Die Vorarlberger
sind nun einmal freudige Diskutierer.