Mittwoch, 14. Dezember 1977
Bei der Bürges-Beiratssitzung wurde berichtet, dass um 10 %
heuer die Anträge und auch um 9,4 % die Zuschläge gestiegen sind.
Für das nächste Jahr wird eine gewisse Abschwächung erwartet.
Mit dem heurigen Budgetansatz von 227 Mill. S kann nicht das
Auslangen gefunden werden, weshalb 27 Mill. vorgezogen werden.
Im nächsten Jahr wird durch das Sinken des Gewerbesteuerertrages
nur 218 Mill. zur Verfügung stehen. Wenn jetzt die 27 Mill. schon
vorgezogen sind, müsste es theoretisch zu einer Verknappung der
Geldmittel kommen. Die Geschäftsführung berichtet, dass 240 Mill.
leider nur mit 5,5 % angelegt vermögensseitig zur Verfügung
stehen. Min.Rat Kaber, unser Referent im Finanzministerium, kennt
allerdings die Bürges-Vermögenssituation sehr gut, weshalb mit Recht
das Finanzministerium wahrscheinlich sagen wird, dass wir hier
ohne weiteres das Auslangen finden können. In das 10-Jahres-
Investitionsprogramm werde ich für das Gewerbe eine diesbezügliche
Forderung, die Bürges soll, um ihre erfolgreiche Tätigkeit,
die Jahr für Jahr steigt, fortsetzen zu können, entsprechende
finanzielle Mittel, falls notwendig, aufgestockt bekommen,
aufnehmen. Diese Forderung ist deshalb für das Finanzministerium
akzeptabel, weil die Handelskammer neuerdings verlangt hat,
dass der Zinssatz für die Kredite, welche die Bürges dann mit
3 % verbilligt, an die Bundesanleihen-Zinssätze gekoppelt werden
sollen. Derzeit beträgt der fest vereinbarte Zinssatz 8,5 %
und ich erklärte dezidiert, nicht bereit zu sein, von dieser
Regelung abzugehen. Der Vertreter des Gewerbes hat mir sofort
zugestimmt.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND PLESCH: Bitte für Regierungsklausur
Gewerbe-Forderung aufnehmen.
In der Sektionsleiter-Sitzung, die in Hinkunft nur von den
Sektionsleitern und dem Büro, ohne Stellvertreter und ohne
Protokollschreiber abgehalten wird, erklärte ich, dass wir
hier die personellen, budgetären und vor allem die politische
Richtlinie und Arbeit besprechen sollen und werden. Personell
wird Sekt.Chef Kazda die Abteilung 6 des Präsidiums, Gröger in die
IV/9 und die Abteilung 9 Pschorn in die II/11 transferieren.
Es bleibt dann noch die offene Frage, was mit Min.Rat Hauffe,
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der fachlich ebenfalls in die Industriesektion gehört und der
Rechtskoordinierung, Min.Rat Schwarz, geschehen soll. Bei Hauffe
hat der Rechnungshofbericht eindeutig festgestellt, dass mit
der Stärkekontrolle die 3 Beamten nicht ausgelastet sind. Dieser
verheerende Bericht sollte als Grundlage dienen, um jetzt endgültig
Hauffe dazu zu bringen, in eine andere Sektion mit zusätzlichen
Agenden zu übersiedeln. Sekt.Chef Schipper hat zwar erklärt, dass
er bis zu seiner Pensionierung dieses Problem lösen wird, doch
hat er in der letzten Zeit keinerlei Anstalten mehr gemacht. Aus
der Abteilung Schwarz soll Sekt.Rat Degischer, wenn dieser zustimmt,
die Abteilung Wirtschaftl. Landesverteidigung übernehmen. Da Degischer
nach wie vor hofft, früher oder später beim Verwaltungsgerichtshof
unterzukommen, so wäre es meiner Meinung nach für ihn von Vorteil
als Abteilungsleiter sich um diesen Posten zu bewerben, sollte Degischer
aber unter allen Umständen ablehnen, so bleibt uns nichts übrig,
als von den 5 Bewerbern dann wahrscheinlich Min.Rat Winterleitner
zu bestellen. Dies ist aber keinesfalls eine optimale Besetzung,
wie Wanke richtig feststellt. Im Patentamt wird der technische
Vizepräsident Schmeiser in Pension gehen, Um eine gute Besetzung zu
garantieren werde ich, nachdem in den Unterbehörden nicht vorge-
sehen ist, dass die Posten ausgeschrieben werden, trotzdem eine
Job-Description, wie ich dies auch bevor das Ausschreibungsgesetz
bei den Zentralbehörden eingeführt wurde, schon gemacht habe,
dem Präsidenten des Patentamtes vorschlagen. Dadurch sollte gewähr-
leistet sein, dass der beste Mann nach Meinung von Leberl, Fichte,
diese wichtige Position bekommt.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte den Brief mit job description zeitgerecht
vorlegen.
Die Besprechung mit einer verhältnismässig grossen polnischen Dele-
gation unter Führung von Minister Lejczak bezog sich nicht nur
auf die Kohlenpipeline Polen-Linz. Die VÖEST hat sich mit den Polen
über die Kooperation bezüglich des Alpin-Miners und den hydrauli-
schen Strebausbau geeinigt. Diesbezügliche Verträge wurden von
den Direktoren unterschrieben. Bei dieser Gelegenheit unterfertigte
Lejczak und ich auch ein Kommunique, worin wir festhielten, dass
jetzt die Zeit gekommen wäre, die Pipeline-Studiengesellschaft mit
konkreten Aufgaben zu betrauen. Wichtig erschien mir der Satz, dass
die Studiengesellschaft sich bemühen sollte, andere Interessanten
einzubeziehen. Hier dachte ich insbesondere an die Tschechen
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aber auch die Deutschen und die Italiener. Bezüglich der Ver-
stimmung der Tschechen hat Lejczak mir versichert und versprochen,
er wird nächste Woche, wo er den csl. Bergbauminister trifft, mit
ihm ein Dreier-Gespräch Österreich-Polen-CSSR vereinbaren.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte den csl. Handelsrat verständigen.
Lejczak hat bei seinem Oktober-Besuch in Amerika festgestellt,
dass die Amerikaner von ihrem Kammerabbau zum Strebabbau gehen
werden. Dadurch können um 50 % mehr Kohle aus den Gruben gewonnen
werden. Die Vereinigten Staaten haben grosses Interesse daran, dass
die Polen die entsprechende Ausrüstung aber auch die Facharbeiter
für diesen neuen Kohlenabbau zur Verfügung stellen. Polen möchte
nun unbedingt mit Österreich auf diesem Drittmarkt gemeinsam koope-
rieren. Lejczak versicherte mir, dass sich bereits amerikanische
Firmen mit den Polen ins Einvernehmen gesetzt haben, um mit ihnen
diese zukunftsträchtige grosse wirtschaftliche Aufgabe gemeinsam
zu übernehmen. Jaroszewicz soll aber mit Lejczak vereinbart haben,
dass man solange zuwarten wird, bis Österreich sich entschieden hat.
Ich habe sofort erklärt, dass ich mit der VÖEST, Gen.Dir. Apfalter,
diesbezüglich sprechen werde. Der anwesende VÖEST-Direktor Ober-
hofer erklärte mir, dass im Prinzip die VÖEST auch daran
brennendst interessiert ist. Lejczak meint, man müsste noch im
ersten Halbjahr 1978 in Amerika eine diesbezügliche Ausstellung
arrangieren.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mit Apfalter verbinden.
Lejczak hat Kreisky besucht und ihm über die Kohlepipeline be-
richtet. Dafür erwartet die polnische Seite für die Investitionen
in Polen Aufschluss einer neuen Grube und Beginn des Pipeline-
baues einen entsprechenden neuerlichen österreichischen Kredit.
Ich bin auf diese Frage überhaupt nicht eingegangen. Da die Polen
schon extrem hohe Kreditrahmen haben, sehe ich eigentlich keine
Möglichkeit mehr, zusätzliche Kredite neuerdings zu geben. Da
ich dazu aber weder zuständig noch den Polen so dezidiert diese
meine Meinung sagen wollte, habe ich mich über diese Problematik
hinweggeschwindelt. Min.Rat Fälbl hat eine Aufstellung über die
Kredite gehabt, die aber nicht stimmen kann. Zwei Investitionskredite
mit 9,5 Mia., Stahl mit 275, Polmot, Steyr-Daimler-Puch 4,8 Mia.,
Konsumgüterkredit 1,2 Mia., Textilien und Chemie 600 Mill. und
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Lebensmittel 360 Mill. Unklar war und ist für mich, ob es sich
um den Kreditrahmen oder die Ausschöpfung handeln soll.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte eine diesbezügliche Zusammenstellung
jedesmal bei Gesprächen mit ausländischen Ministern zeitgerecht von
Kontrollbank anfordern.
Kreisky hat bei der wirtschaftlichen Ministerratssitzung am Abend sofort
dieses Kohlenpipeline-Projekt als zukunftsträchtige neue Form der
Energieversorgung begeistert begrüsst. Lejczak hat wahrscheinlich
wesentlich mehr als derzeit dahintersteckt positiv referiert. Die
Polen möchten nämlich unter allen Umständen dafür einen entsprechenden
Kredit bekommen. Kreisky hätte auch vorgeschlagen, in die Studienge-
sellschaft gegebenenfalls auch die Schweizer einzubeziehen. Voraus-
setzung dafür ist allerdings, dass sich diese interessiert, wovon
ich bis jetzt nichts gehört habe.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte vorsichtig klären, ob Finanzministerium
und Kontrollbank tatsächlich Auftrag haben, oder bekommen, den Kredit-
rahmen zu erhöhen.
Kreisky meinte zur Regierungsklausur im Jänner müsse man nicht nur
die Bundesinvestitionen von 48 Mia. S, sondern eben entsprechende Vor-
schläge für ein umfassenden 10-Jahresprogramm erstellen. Darüber hinaus
würde er festhalten, dass wenn die wirtschaftliche Situation es
erfordert, dieses 10-Jahres-Programm eben in 5–7 Jahren abgewickelt
werden sollte. Ein wenig erinnerte mich diese Erklärung an die
Oststaaten, wo man auch eine vorfristige Erfüllung der 5-Jahrespläne
plant resp. dann mit grossem Erfolg meldet. Androsch wurde von
ihm aufgefordert, seine Konzeption darzulegen. Zu meiner grössten
Überraschung hat Androsch jetzt nicht ein umfassendes Konzept erstellt,
das ausschliesslich er so wie in der Vergangenen entwickeln will, sonder
er hat nur die einzelnen Gebiete aufgezählt. Bundesinvestitionsprogramm
derzeit parlamentsreif für die ÖBB, Post, Landesverteidigung und
einem Bausofortprogramm. Die Länder und Gemeinden sollen sich mit ca.
50 % öffentliche Investitionen ebenfalls an einer solcher Programm-
erstellung beteiligen. Die Industrieinvestitionen sollen nicht durch
einen Industriefonds, der von der OeNB finanziert werden müsste, sondern
durch Kreditverbilligung – 250 Mill. S sollen im Budget vorgesehen
werden – durchgeführt werden. Androsch möchte die OeNB unbedingt
draussenlassen, da er in der Vergangenheit wo er die 2 Mia. einmal über
die OeNB finanzierte, grosse Schwierigkeiten sowohl im Parlament ge-
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habt hat, als auch die Gefahr besteht, dass man von einer
Finanzierung durch die Nationalbank, d.h. Notenpresse seines
Programmes spricht. Die Arbeiterkammer Lacina und der ÖGB,
Schmidt, hatten ein Papier vorgelegt, wo sie eine Industrie-
fondskonstruktion mit Mitwirkung der Nationalbank vorgesehen
hatten. Androsch wird dann auch noch selbst über die Export-
förderung einen diesbezüglichen Vorschlag erstatten. Vom
Handelsministerium soll der Fremdenverkehr, Gewerbe, Energie
und die Handelspolitik gemacht werden. Der Landwirtschafts-
minister wird über die Überschussproduktion eine Konzeption vor-
legen. Forschung müsste Firnberg machen – die nicht anwesend war –
und über die Arbeitsmarktförderung der Sozialminister ein Konzept
vorlegen. Im Fremdenverkehr ist Kreisky vorgeschwebt neue Regionen
Waldviertel und neue Ziele grosszügiger Ausbau der Seilbahnen und
Lifte konkret vorzuschlagen. Bezüglich der Seilbahnen und Lifte
meint er, könnte die VÖEST mit anderen österreichischen Firmen
ein langfristiges Konzept vorlegen, wenn der Staat sie unter-
stützt entsprechende Gebiete, wo diese Seilbahnen und Lifte ge-
braucht werden, zuzuweisen. Heute kauft jede Gemeinde womöglich
einen Lift, hat keinen Schnee und eine entsprechende Infrastruktur.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte, wenn mit Apfalter verbunden, mich
daran zu erinnern.
Bezüglich des Fremdenverkehrs versuchte ich Androsch zu überzeugen,
dass wir wieder einmal – so wie vor 2 Jahren – eine ERP-Ersatz-
aktion für 1 Mia. Schilling Kreditvolumen zusätzlich starten
sollten. Er wird dies scheinbar mit seinen Beamten resp. Büro
besprechen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte sofort mit Büro von Androsch Kontakt
aufnehmen. Würzl soll darüber mit Kaber sprechen.
Im Fremdenverkehr-Infrastrukturbereich muss insbesondere auch das
Problem der schnellen Buchung sowie der Qualitätsverbesserung der
Zimmer besonderen Augenmerk zugewendet werden. Staatssekretär
Nussbaumer meinte allen Ernstes, wir sollten, so wie die Italiener
die Zimmerqualifikation und Einstufung gleichzeitig mit einer
Minimal- und Maximalpreisgenehmigung verbinden. Nur unter diesen
Verbindungen sollten entsprechende Kredite gegeben werden. Die
Zimmerqualifikation erfolgt derzeit schon, die Auszeichnung
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ebenfalls und gegen eine Preisfestsetzung habe ich mich ent-
schieden ausgesprochen. Möglich und nötig ist vor allem eine
Verbesserung der Infrastruktur und man müsste mit dem Finanz-
ministerium sofort Verhandlungen beginnen, wie weit zusätzliche
Mittel, z.B. in FAG – derzeit 30 Mio. – zur Verfügung gestellt werden.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte sofort mit Kaber Kontakt darüber auf-
nehmen lassen.
Landwirtschaftsminister Haiden möchte die Bergbauernhilfe und
die Beihilfe von der persönlichen Auszahlung zu Investitionskrediten,
Wegebau usw. umleiten. In der Milch will er eine 110%ige Kontingen-
tierung des Bedarfes. 10% davon müssten aus dem Budget und aus der
Trinkmilchabgabe finanziert werden. Im Getreide denkt er nur an
eine Übernahme für die Brotgetreidemenge die zur Vermahlung dient.
Dort wird er die Einlagerung und Finanzierung weiter bezahlen.
Futtergetreide soll den Marktpreisen überlassen werden. Bezüglich
Ölanbaus verlangt er dezidiert eine Flächenprämie, die unter Anbau-
verzicht auf Getreide den Bauer gegeben werden soll. Hier kam es
zu differenten Auffassungen, da ich auch den Landwirtschafts-
minister erklärte, wir müssten jetzt dringendst die Flächen vergrössern.
Die Ölindustrie hat sich bereit erklärt grössere Mengen als jetzt
5.000 ha mit Ölsaat angebaut dann auch zu übernehmen und zu stützen.
Die jährlichen Verluste von derzeit 6–7 Mio. könnten bis auf den
dreifachen Betrag von der Ölindustrie – sprich Unilever – übernommen
werden. Kreisky und Haiden stehen auf dem Standpunkt, dass Unilever
nicht die Absicht hat die Ölmühle zu errichten, worüber sich ein
heftiger Diskurs ergab, da ich letzten Endes der einzige war, der
Unilever verteidigte. Haiden möchte unbedingt sofort die entsprechende
Ölmarktordnung mit einer entsprechenden Abschöpfung für seine
Flächenprämien bekommen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte kläre dieses Problem mit dem Landwirt-
schaftsministerium und Arbeiterkammer und ÖGB.
Wir kamen überein, dass jeder sein Kapitel noch vor den Weihnachts-
feiertagen fertigmachen muss, damit dann die entsprechenden end-
gültigen Vorbereitungen für den 9. Jänner getroffen werden können.
Ich weiss nicht, ob dies nicht letzten Endes dann bei Kreisky
koordiniert wird. Ich habe nur vorsichtshalber bereits erklärt,
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dass vom Handelsministerium MR Marsch mit dieser Aufgabe be-
traut ist.
ANMERKUNG FÜR ALLE: Bitte unverzüglich die offenen Kapitel ab-
schliessen, damit wir nächste Woche bereits eine koordinierende
Sitzung bei uns durchführen können.
Tagesprogramm, 14.12.1977
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)