Montag, 16. Jänner 1978
Beim Jour-fixe in der Handelskammer kommt selbstverständlich
die ÖVP-Diskussion über die Wahl des geschäftsführenden Klub-
obmanns zur Sprache. Obwohl ursprünglich der Wirtschaftsbund
fest gerechnet hat, dass Graf gewählt wird und mit allen Mitteln
versucht hat, diese Idee durchzusetzen, scheint es jetzt, dass
entweder Taus selbst auch die Geschäftsführung übernimmt, oder
der ÖAAB-Mann Mock gewählt wird. Obwohl Sallinger und Mussil
als treuer Parteisoldat auch diese Lösung mehr oder minder ver-
teidigt, ist es für mich klar ersichtlich, dass es einen unge-
heuren Sprung innerhalb der ÖVP geben muss. Wenn man bedenkt,
dass es eine Zeit gab, wo Raab Bundeskanzler und Parteiobmann
und Withalm Generalsekretär, also der Wirtschaftsbund alle drei
wichtigsten Positionen innegehabt hat und jetzt dann viel-
leicht gar keine haben wird, so kann man sich vorstellen, wie er
in dieser letzten Zeit an Einfluss verloren hat. Ohne dass wir da-
rüber sprechen, scheint mir nur die Nachfolgefrage von Sallinger
jetzt in der Richtung geregelt, dass der Präsident der NÖ Handels-
kammer Schauer jetzt in den Nationalrat nach Koren einziehen wird.
Sallinger hat mit Kreisky über die Beteiligung der Handelskammer
zur sowjetischen Delegation gesprochen und Mussil dafür vorgeschlagen.
Die Handelskammer ist einverstanden mit den Wirtschaftsleuten, die
ich Kreisky für die Delegation mitteilte, die sich nämlich bei
mir gemeldet haben. In die DDR, hofft Sallinger, dass überhaupt nie-
mand von der Wirtschaft mitfährt. Sallinger ist fest davon über-
zeugt, dass der Artikel über ihn im TOP mit Wissen, wenn nicht
sogar mit den Unterlagen von Kreisky geschrieben wurde.
Mussil hat von den Verhandlungen zwischen Arbeiterkammer und
Handelskammer wegen der Gründung des Vereines "Kauft österrei-
chische Qualitätswaren" Bericht erhalten. Abgesehen davon, dass
die Arbeiterkammer nur 100.000.- Schilling dazu beitragen will,
die Handelskammer und das Handelsministerium je 2 Mio, soll dieser
Verein nicht einmal den Sitz in der Handelskammer haben und auch
nicht den Vorsitz. In diesem Fall, sagen Sallinger und Mussil, würden
sie nicht mitmachen. Ich schlage ihnen vor auf Grund des Jour-fixe-
Ergebnisses mit Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund, wonach wir
ähnlich wie die Arbeitsgemeinschaft für Patentförderung eine solche
Lösung anstreben sollen. Interessant für mich ist, ohne dass ich es
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sagen, dass Kreisky mit seinem Energiesparverein einen re-
gierungsfernen, damit aber alle Interessensvertretungen und
Länder in den Verein eingliedernde Lösung zustande bringt,
während es mir immer ungeheure Mühe macht, eine Kompromiss-
lösung auf der Sozialpartnerebene zu erreichen. Wichtig erscheint
mir primär, dass wir jetzt überlegen, welche Personen von der
Handelskammer und eventuell aus unserem Bereich dafür in Frage kommen.
Wenn wir nicht die richtigen Personen finden, dann kommt es zur
selben Entwicklung wie mit dem Europainstitut, das wir unmittelbar
nach dem Vertragsabschluss mit der EG gegründet haben.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND WAIS: Wer kommt dafür in Frage?
Die Vertreter von Schmalenbach, Lubeck, wegen Errichtung einer
Produktionsanlage in Gerasdorf, verlangen von der Handelskammer
dass sie sich verpflichtet, die Einweggebinde-Dosen aus jeder
Regelung herauszunehmen. Nur unter diesen Umständen wird sie
die Produktion aufnehmen. Mussil meint, die Handelskammer wird
sich gegen ein Verbot von Einweggebinden aussprechen und rechnet,
dass es möglich sein muss, mit Pfandgebindelösungen wie in der
Bundesrepublik das Auslangen zu finden. Diese Meinung teile ich
nicht und erkläre mich nur bereit, langfristige Übergangslösungen
vorzukehren und selbstverständlich mit Vertretern der Firma zu
reden.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Lade Dir bitte die Vertreter zu Dir ein. Ich
bin bereit, gegebenenfalls wenn notwendig dazuzukommen.
Beim Journalistenfrühstück stellt Liebl die Ergebnisse von der
Weihnachtsfremdenverkehrswoche zur Verfügung. Die meisten Ortschaften
haben ausgebucht. Der Schnee ist wirklich im letzten Moment ge-
kommen und wenn er einigermassen anhält, werden wir wieder eine
höhere Übernachtungsziffer in der Wintersaison verzeichnen können.
Komm.Rat Jaschke und Fischer-Ledenice erörtern die Quantex-Studie
und die Trend-Studie für die Bekleidungs- und Textilindustrie. Mit
der Trend-Studie sind wir in Europa erstmalig einen Weg gegangen
auf 5 Jahresrhythmen aufbauend Vorhersagen zu machen. Jetzt kann
man nachweisen, dass wir innerhalb einer Bandgrenze von 4%
Abweichung im ersten Jahr, 9% im zweiten Jahr und 0% im dritten
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Jahr ungeheuer gut liegen. Für das Jahr 1978 gibt es Prognosen,
die bei Haushaltstextilien einen Rückgang, dafür bei Sport eine
Steigerung erwarten lassen. Die Haushalts- und Heimtextilien sind
in den letzten 5 Jahren um 24%, also normal gewachsen, während die
Bekleidung nur um 2.1% zugenommen hat. Dort wirkt sich insbesondere
der Import mit 85% der heimischen Produktion immer steigend aus,
während der Export nur mehr 49% der Produktion beträgt.
SChef Frank berichtet über die Energiesituation. Hier ist erfreu-
lich, dass wir 3% geringeren Verbrauch im Jahre 1977 gegen 1976
haben. Hier ergibt sich dann erstmalig eine längere und umfang-
reichere Diskussion. Bei Strom, wo nur 3.3% Zuwachs war, gegenüber
8.1. von 1975 auf 1976, hat die Industrie um 1% nur zugenommen,
dagegen die Tarifabnehmung 5%. Da nach wie vor die Wärme das Ent-
scheidende ist und 50% nur bei Warmwasser verzählert sind, kann
durch entsprechende zweckmässige Messgeräte noch viel erspart
werden. Dies wird Aufgabe des Weiser'schen Sparvereines sein,
von dem zu meiner grössten Überraschung SChef Frank sehr positiv
spricht. Hier ist er wahrlich über seinen eigenen Schatten gesprungen.
Da wir jetzt mit den Ländervertretern Verhandlungen über die Ergebnisse
unseres Energiesparbeirates, Kraft-Wärme-Kopplung usw., aufnehmen,
bin ich sehr gespannt, wenn diese Verhandlungen Mitte Feber zu
einem positiven Ergebnis führen, was dann noch für den Sparverein
Weiser, ausser optische Propaganda, überbleibt. Ich war aber sehr über-
rascht, dass Frank nirgends den Eindruck hinterlässt, dass er mit Wei-
ser in einer Kontra-Front-Stellung sich befindet. Die Erklärungen vor
der Presse waren für mich wirklich sehr überraschend.
Im Wiener Vorstand hat Gratz ein Papier für den Wiener Ausschuss
vorgelegt, wo er klar und deutlich erörterte, dass die Landtags-
wahlen am 8. Oktober stattfinden sollen. Im Präsidium hat man darüber
diskutiert – wie er berichtete – und einstimmig diesen Beschluss
gefasst. Es war für mich daher ganz selbstverständlich, dass auch
beim Wiener Vorstand nichts anderes herauskommen kann. In diesem
Papier wird vor allem auch das Arbeitsprogramm bis zum 8. Oktober
festgelegt. Sehr geschickt wird formuliert, dass der Parteiobmann,
ja aber vor allem die Interessensvertretungen an einer ruhigeren
Entwicklung und Arbeit an dem Wirtschaftskonzept der Stadt Wien
brennend interessiert sind. Der Finanzstadtrat wird jetzt ein
zusätzliches Wiener Wirtschaftsförderungsprogramm vorlegen. Gleich-
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zeitig wird eine Erschliessung einer weiteren Industriezone
angekündigt. Der Bürgermeister wird die Wünsche zum Bundes-
investitionsprogramm sofort mitteilen. Ausserdem wird die Novel-
lierung der Wiener Stadtverfassung in Richtung der Verstärkung
der Grundsätze des Verhältniswahlrechtes beabsichtigt. Da im ersten
Bezirk nur mehr ein Gemeinderat auf Grund des Rückganges der
Bevölkerung gewählt wird, kann es sich nicht mehr um eine Ver-
hältniswahl handeln und die Gefahr der Anfechtung besteht. Aus
diesem Grund könnte man die 23 Wahlkreise auf 18 verringern, indem
man den l., 4., 5., 6., zu einem Wahlkreis, den 7., 8. und 9.,
zu einen zweiten Wahlkreis zusammenzieht. Dies ist aber nur ein
Vorschlag für eine Reihe von anderen Varianten, die verhandelt, resp.
diskutiert werden sollen. In der Debatte ist dieses Problem, ins-
besondere die Aufstockung der Bezirksräte, führend, nur ich als einziger
verweise darauf, dass man ausser acht gelassen hat, wie die wirt-
schaftliche Situation im Oktober sein kann. Für April ist anzunehmen,
kann sie noch gehalten werden. Für die Herbstwahlen ist sie derzeit
wesentlich unsicherer. Zu meiner grössten Verwunderung kommt von den
anderen das Gegenargument, dann würde sich bewähren, dass die So-
zialistische Partei die bessere für schlechtere Zeiten ist. Das
ist, wie ich gar nicht anders erwartet habe, im Präsidium bereits
so festgelegt, dass nicht einmal über einen früheren Wahltermin
ernstlich diskutiert wird. Ich habe den Eindruck, dass hier Kreisky
über Gratz auch diesen Termin auch endgültig fixiert hat. Da Kreisky
bei den Bundeswahlen unbedingt den Oktober einhalten möchte, wäre
es sehr schwer, wenn die noch wesentlich stärkere Mehrheit in Wien
eine Vorverlegung vornehmen würde. Im Wiener Ausschuss legt Gratz
dann das Papier aber nicht vor, sondern berichtet nur darüber, weil
er im Wiener Vorstand schon erklärte, es könnte sich sonst eine
Diskussion über die Formulierung ergeben. Der Wiener Ausschuss war
noch nie so gut besetzt wie diesmal, weil alle erwarteten, dass
über den Wahltermin diskutiert wird, ja dass er sogar vorverlegt
wird. Ich glaube, dass ziemlich alle sehr überrascht sind über
den Beschluss des Präsidiums, der übrigens dann natürlich auch
einstimmig vom Vorstand gefasst wurde. Ein einziger Diskussions-
redner, nämlich der Obmann der Mietervereinigung Windisch, meint,
da gäbe es andere Meinungen, da müsste man viel diskutieren, aber
er selbst glaubt auch, man sollte nur mehr einstimmig jetzt schnell
beschliessen, dass eben, um die Einheit der Partei zu demonstrieren,
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alle für den 8. Oktober sind. Der Einfluss Kreisky's, vor
allem aber die Disziplin in unserer Partei ist überraschend.
Solange einigermassen richtige Entscheidungen getroffen werden
entspricht dieser Führungsstil und vor allem diese Disziplin im
Gegensatz zur ÖVP einem Zustand, den man sich wirklich nur als
Kreisky wünschen kann. Solange alles einigermassen gut geht, ist
er mit dieser Parteisituation unschlagbar. Die Bevölkerung –
und ich bin auch überzeugt – unsere Parteimitglieder, wünschen
nämlich nichts sehnlicher als eine geschlossene, einheitlich
auftretende und nur nach einem Ziel strebende Organisation.
Diskussionen – davon bin ich überzeugt – wünscht man nur, soweit
sie notwendig sind und sicherlich nur auf Nebenproblemen oder
auf ganz grosse Fragen, wie z.B. Parteiprogramm. Was aber konkret
geschehen soll, darüber soll man einheitlich auftreten, wie
die grosse Korona im Wiener Ausschuss einmal mehr wieder bewiesen
hat.
Kreisky verständigte mich, dass der Rechtsanwalt Draxler bei
ihm war und andeutete, er könnte vermitteln, dass in einer NÖ
Gemeinde eine Kernmülldeponie errichtet werden kann. Kreisky meinte,
er hätte ihm nicht die Gemeinde gesagt und ich sollte die Verhand-
lungen führen. Draxler hat seinerzeit, als die Gemeinde Alberndorf
sich bei der Zwangszusammenlegung von Haugsdorf wieder lösen wollte,
diese vertreten und tatsächlich erreicht, dass Alberndorf wieder
selbstständig wurde. Mir gegenüber hat er erklärt, dass der Bürger-
meister und die Gemeindesprecher, ja sogar der gesamt Gemeinderat
damit einverstanden sind, dass eine Mülldeponie dort errichtet
wird. Draxler wird unverzüglich mit den wichtigsten Exponenten
bei mir vorsprechen und ich habe ihm zugesichert, sofort die Ver-
antwortlichen der E-Wirtschaft, Verbund und GKT, zuzuziehen
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte ehest möglichen Termin vereinbaren.
Vor der Ministerratsbesprechung habe ich mit Verteidigungsminister
Rösch ausgemacht, dass für die 24 Hubschrauber Augusta, die ca
500 Mio Schilling Einkauf für 4 Jahre bedeuten, Kompensations-
gespräche, die ich seinerzeit bereits mit Vertretern der italieni-
schen Firma geführt habe, wieder aufgenommen werden. Die Verteidi-
gungsleute werden sich mit SChef Wanke in Verbindung setzen. Rösch
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hat jetzt auch mit der Schweiz eine Konstruktion vorgesehen,
dass die Wannen für einen Schweizer Panzer, der erst neu kon-
struiert wird, von der VOEST geliefert wird und gegen ca 600
Panzerjäger 120 Panzer aus der Schweiz – wenn man so sagen kann –
kompensiert werden. In diesem Fall würden wir zwar keine zu-
sätzliche andere Industrieprodukte in die Schweiz liefern können,
doch wäre für Steyr-Daimler-Puch und auch für Zulieferung VOEST
eine gute Vertragsbasis gegeben. Marokko hat jetzt nach Mitteilung
von GD Malzacher, Steyr-Daimler-Puch, auch für 100 Schützenpanzer
Kaufinteresse. Mit Aussenminister Pahr und Staatssekretär Nuss-
baumer bespreche ich die Möglichkeit einer Entwicklungshilfe für
Marokko, weil wir dort ein Stahlwerk errichten wollen. Die VOEST
hat seinerzeit erwartet, dass in Ergänzung Entwicklungshilfe ge-
geben wird, die damals aber das Bundeskanzleramt abgelehnt hat.
Nussbaumer wird sich den Akt ausheben und mir dann Bescheid sagen.
Pahr teilt meine Meinung, dass weder er noch ich ohne entsprechende
Zusagen für Entwicklungshilfe nach Marokko fahren können oder sollen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte konkrete Unterlagen über seinerzeitige
Entwicklungshilfe anfordern.
In der Ministerratsvorbesprechung hat Kreisky sich eine Ordens-
begründung angesehen, allerdings nachdem er sie bereits unter-
schrieben gehabt hat. Darin wird von der Kärntner Landesregierung
begründet, dass Knafl, der neue Landesrat, alle Bundesstrassen,
ja überhaupt alle Strassen in Kärnten ausschliesslich scheinbar
allein geschaffen hat. Kreisky meint mit Recht, wenn dies im
Wahlkampf dann veröffentlicht wird, fragt man sich, wer hat dann
sonst noch etwas für die Kärntner Strassen beigetragen. Richtig
ist, dass bei Begründungen für Vorrückungen, Orden, Auszeichnungen
usw. oft die unmöglichsten Konstruktionen und Lobhudeleien zu-
stande kommen. Dies ist meiner Meinung nach gar nicht notwendig,
weil sowieso nach einem Schema die Orden verliehen werden.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte soweit ich solche Begründungen abgebe,
diesen Gesichtspunkt beachten.
Kirchschläger möchte die Ordenverleihungsanzahl auf 3.000 be-
schränken. 1976 waren es 3.900, 1977 3.300.
Im August 1979 soll die grösste Konferenz, die die UNO jemals
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abgehalten hat über Wissenschaft und Technik, nach Wien kommen.
Kreisky regt sich furchtbar auf, dass im Ministerratsvortrag
zwar viele Minister, u.a. auch das Handelsministerium für die
Durchführung vorgeschlagen wird, er, aber nicht Pahr meint,
man hätte dafür den Staatssekretär vorgesehen. Dies solle man
ihm überlassen – war die kurze Antwort. Kreisky fürchtet aber,
dass es unmöglich ist, in der Stadthalle diese Konferenz abzu-
wickeln. Das Aussenamt könne es nicht machen, denn sie hätten
im inneren Bereich – wie er sich ausdrückt – keine Möglichkeit
zu agieren. Dafür seien die anderen Ministerien zuständig. Da
mehrere davon betroffen sind – sicherlich das Bundeskanzleramt.
Die Rossauer Kaserne soll nun endgültig verschwinden. Konstruktiva
Bau Ges.m.b.H., an der Sallinger sehr interessiert ist, würde 1000
Arbeitsplätze garantieren. Gegen die sogenannten Denkmalschützer,
meint Kreisky, müsste man jetzt einen Verein gründen, der sich für
den Neubau einsetzt. Die SPÖ soll nicht immer nur gegen etwas
sein, sondern soll jetzt pro Neugestaltung dieses Areals auf-
treten, Wien und die Bundesorganisation gemeinsam. Aus Denkmal-
schutzgründen wird man ein Tor oder einen anderen markanten Gegen-
stand – angeblich gibt es auch drinnen eine Kapelle – aufrecht er-
halten.
Eine lange Diskussion gibt es wieder über die Vorgangsweise wegen
der Eröffnung des Kernkraftwerkes. Im Parlament rechnet Kreisky,
wird, wenn die ÖVP Klubzwang durchsetzt, es, wenn überhaupt, zu einer
sehr knappen Mehrheit kommen. Die beiden SPÖ Vorarlberger Abge-
ordneten, aber auch Eypeltauer aus Linz wird garantiert dagegen
stimmen. Von der FPÖ könnten vielleicht ein oder zwei Stimmen ge-
wonnen werden. Jetzt verlangt die Sozialistische Jugend noch eine
Volksabstimmung. Dies sein echter Dolchstoss des Sekretärs Cap.
Mit der Sozialistischen Jugend, meint Kreisky, werden wir dasselbe
erleben, wie mit dem VSSTÖ, d.h. den Studenten. Da Leodolter zu
mir kommt und meint, man sollte doch über die Einfuhr der Brennstäbe
reden, berichte ich Kreisky, dass gegen seine Meinung, wonach die
ÖVP alles auf die lange Bank schieben will, um entweder überhaupt
mit Beschluss oder de facto ein zweijähriges Moratorium zu erreichen,
Abg. König wissen liess, dass sie sehr wohl über ein Verfahren mit
sich reden lassen, das vielleicht doch noch einen Ausweg ergibt.
Kreisky meint, dass wird sicherlich nicht der Fall sein, weil sie
sich auch ausrechnen, dass wir damit mindestens 2% unserer Wähler-
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stimmen verlieren. Kreisky ist sehr froh, dass es gelungen ist,
den Flugtransport zu organisieren, obwohl er statt 2 Mio der
Gesellschaft 16 Mio Schilling Transportkosten verursacht. Rösch,
mit dem ich anschliessend spreche, ist bereit, für den Hubschrauber-
Einsatz die Benzinkosten ersetzt zu bekommen, resp. dies am liebsten
im Strom abgegolten haben möchte. Da ich nicht weiss, ob dies mög-
lich ist, schlage ich ihm vor, er soll sich lieber Dienstleistungen
von Siemens kompensieren lassen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte versucht hier eine Lösung im Einvernehmen
mit dem Verteidigungsministerium.
Am 23. Jänner ist um 11 Uhr eine wirtschaftliche Ministerratssitzung
im Bundeskanzleramt. Benya und Czettel sollen zugezogen werden,
denn Kreisky meint, mit den Regierungsbeschlüssen von der letzten
Klausur ist noch gar nichts getan. Vereinigte Edelstahlwerke muss
2.000 Leute freistellen und die VOEST hätte auch für 8.000 keine
Beschäftigung.
In unserer Landstrasser Veranstaltung mit den Akademikern über-
brücke ich bis zum Erscheinen Nussbaumers mit Fragen die Zeit und
auch hier sind es primär steuerliche Massnahmen, Autoabschreibung
oder die Wirtschaftssituation, die dort verlangt wird. Auch nach
dem Referat von Nussbaumer, der sich selbstverständlich mit der
Prognose und dem OECD-Bericht Österreich beschäftigt, spielt eben-
falls die wirtschaftspolitische Situation die Hauptrolle. Immer
mehr verstärkt sich bei mir die Meinung, dass es uns gelingen muss,
die Wirtschaftsprobleme zu lösen. Dann haben wir weder für die Ge-
meinderatswahlen im Herbst 1978, ja nicht einmal für die National-
ratswahlen im Herbst 1979 etwas zu befürchten.
Tagesprogramm, 16.1.1978
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Typoskript Wiener Ausschuss, 16.1.1978
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