Montag, den 27. Februar 1978
Beim Jour fixe der Handelskammer war zuerst Mussil allein, neuer-
dings urgierte er den Kredit für den Abgeordneten Ing. Fischer
in Lech. Im Ministerium wußte niemand etwas, trotz neuerlicher
angeblich genauer Kontrolle. Im Laufe des Tages war Mussil dann
sehr verwundert, noch mehr allerdings ich selbst, als sich heraus-
stellte, daß ich der Pension vor etlichen Wochen die positive
Kreditzusage bereits mitgeteilt habe.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wie ist dies möglich?
Mussil meint, ein Versorgungssicherungsgesetz wird von der Handels-
kammer abgelehnt. Die Handelskammer möchte überhaupt nur alle
Wirtschaftsgesetze um 2 Jahre verlängern. Eine Ausnahme sollte
nur das Schrottgesetz werden, dort verlangt die Handelskammer, daß
sie mit der Durchführung beauftragt wird. Sie ihrerseits würde dann
den Schrottverband die Abwicklung delegieren. Ich erkläre sofort,
daß dieser Vorgangsweise von der verstaatlichten Industrie ent-
schieden abgelehnt wird. Wenn es zu einem Schrottgesetz kommt,
dann müßte womöglich eine Lösung gefunden werden, wo der Schrott-
verband schon im Gesetz zur Abwicklung ermächtigt wird. Ich schlage
Mussil vor, es sollte Sekt.Chef Wanke mit Dr. Rief und einem Ver-
treter der Verstaatlichten, Apfalter, versuchen, eine gemeinsame
Lösung zu erarbeiten. Mussil verlangt noch, daß der Arbeitgeber-
vertreter Gerbitz, Industriesektion-Syndikus Placek und ein Schrott-
händler dieser Arbeitsgruppe zugezogen wird. Mussil macht mich
darauf aufmerksam, daß es angeblich aus dem Jahre 1948 noch ein
Chemikalienbewirtschaftungsgesetz geben soll. Dieses ist zwar nicht
mehr wirksam, doch formell noch in Kraft. Dort wurde der Chemie-
verband mit der Durchführung beauftragt.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Bitte dieses Gesetz heraussuchen.
Mussil teilt mir mit, daß die Agrarier fest damit rechnen, ein
Agrar- und ein Ernährungssicherungsgesetz nicht nur beantragen,
sondern auch damit die Marktordnungsgesetze ablösen und eine
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neue landwirtschaftliche Wirtschaftsordnung errichten möchten.
Dieses Gesetz soll unbefristet sein, dieses Verfassungsgesetz würde
dann aber in Zukunft einfach-gesetzlich geändert werden können.
Ich glaube, daß nicht einmal die Handelskammer, geschweige denn
die Arbeiterkammer eine solche Lösung möchte. Da ich fest über-
zeugt bin, daß dieses Agrar- und Ernährungswirtschaftsordnungs-
gesetz nicht kommt, vor allem schon gar nicht unbefristet be-
schlossen wird, glaube ich, daß wir uns damit nicht im einzelnen
beschäftigen müssen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte lasse diese verfassungsmäßige Variante
prüfen.
Die Bundestheater möchten Dekorationsmaler und Bühnenbildner als
Lehrlinge ausbilden. Diesbezüglich bräucht man nach Meinung Mussils
keinesfalls eine Gesetzesnovelle zum Berufsausbildungsgesetz.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND BURIAN: Bitte mit der Handelskammer die
Vorgangsweise abstimmen.
Noch einmal versucht Mussil, ob nicht doch in der Paritätischen
Kommission der Erdgaspreis geregelt werden könnte. Ich erkläre dezi-
diert, daß die amtliche Preisregelung bereits eingeleitet ist und
durchgeführt wird.
Mussil urgiert die Regierungsbeschlüsse, Aufstockung der Kredit-
grenzen durch die BÜRGES in den verschiedensten Aktionen, er ist
sehr erfreut von mir zu hören, daß jetzt die Verhandlung mit dem
Finanzministerium abgeschlossen sind und von mir im Presse-
frühstück endgültig verlautbart werden.
Ich setze Mussil auseinander, daß wir im Rahmen der OECD und ECE
die Fragebogen über die Multis beantworten müssen. Mussil, der
das letzte Mal sehr gegen diese Vorgangsweise des Handelsministeriums
gewettert hat und meinte, wir würden nur den Wunsch der Arbeiter-
kammer, Dr. Lacina, berücksichtigen, gibt jetzt zu, daß die Handels-
kammer selbst mit den Multis Gespräche führt, um einen eingeschränkten
Fragebogen dann doch zu beantworten.
Ich teile Mussil die letzten Vorschläge der Energieverwertungs-
agentur Weiser-Verein mit, da er scheinbar noch nicht informiert
war. Bei dieser Gelegenheit verweise ich darauf, daß Weiser alle
Vorschläge, die irgendwann einmal vom Handelsministerium oder einer
sonstigen Stelle bearbeitet wurden, übernommen hat und dazu zu-
sätzliche oft ganz rigorose Forderungen stellte, wie z.B. Redu-
zierung der Motorsportveranstaltungen, erstes Monats-Wochenende-
Verbot von Motorbootfahrten usw. Hätte ich solche Vorschläge
gemacht, dann wäre in der Handelskammer, aber auch in anderen öffent-
lichen Stellen und vor allem in den Massenmedien ein Sturm der
Entrüstung losgebrochen. Kreisky sagte, ich habe vollkommen recht,
hier eine regierungsferne Organisation zu schaffen, denn zu meiner
größten Verwunderung wurden die Vorschläge von Weiser, wenn über-
haupt, dann meistens positiv kommentiert. Eine andere Frage ist,
wie alle diese innerhalb von 18 Monaten verwirklicht werden sollen,
wie Weiser angekündigt hat.
Der Vertreter der Fleischerindustrie Freudensprung kam wegen der
laufenden Lohnverhandlungen. Der Bundesinnungsmeister Plim und
Kuntner war vorher schon bei Mussil, um sich die Richtlinien für
die weiteren Lohnverhandlungen zu holen. Die Handelskammer denkt
allen Ernstes den Vertrag nur mit 6 % Lohnerhöhungen abzuschließen.
Freudensprung meinte, daß dies nicht möglich sein wird, er hätte
einen Kompromißvorschlag, den er allerdings während meiner An-
wesenheit nicht sagte. Ich erklärte mich mit den 6 % einverstanden,
wenn diese für ein Jahr gelten. Da die Fleischhauer aber bereits
16 Monate zugewartet haben und derzeit für diese Laufzeit 5,3 %
bieten, die Gewerkschaft ist jetzt auf 7,3 % von ihrer Forderung
9 % zurückgegangen, sehe ich bei 6 % keine Abschlußmöglichkeit
für diese lange Laufzeit. Mussil argumentiert so, daß nicht mehr
für die Vergangenheit die Lohnerhöhung gewährt wird, sondern für
die Zukunft. Dort könnte man höchstens die prognostizierte In-
flationsrate von 4 1/2 % berücksichtigen.
Nachdem Sallinger dann zuletzt doch erschienen ist, habe ich
Mussil und ihn darauf aufmerksam gemacht, daß bei der Eröffnung
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von der Österreich-Woche beim Gerngross ein Konzept für den Sprecher
der Handelskammer geplant war. Sallinger, der dann verhindert war
und Schönbichler schickte, welches deutlich auf Konfrontations-
kurs mit dem Handelsministerium und der Regierung ausgerichtet
war. Mussil meinte, vorher hätte er alle diese Rede-Entwürfe ge-
sehen, in den letzten Jahren sei dies unterblieben und er sofort
bei den Sekretären von Sallinger dagegen protestiert. Sallinger
selbst meinte, er verwende diese Unterlagen nur in den seltensten
Fällen, was teilweise stimmt, weil er sicherlich die ärgsten Spitzen
dann immer herausnimmt. Dies dürfte sich Schönbichler nicht ge-
traut haben, weshalb eine Formulierung dort verlesen wurde, von
der sich interessanterweise beide distanzierten, ohne sie genau
zu kennen. Meine Ankündigung allein, wenn man auf Konfrontations-
kurs gehen will, bin ich gerne bereit, auch diese Politik zu akzep-
tieren, hatte hier scheinbar voll genügt. Dies umso mehr, als ich
verlangte, man sollte uns sofort mit dem Zentraldirektor von Gern-
gross verbinden, der sich ja bei mir wegen dieser unerhörten Vor-
gangsweise einige Male entschuldigte.
Im Pressefrühstück berichtete Mag. Hollerleitner über ein neues
Service für die Wirtschaftsaktion, nämlich Branchenpräsentation
in unserer Arbeitsgruppe für die öffentlichen Ausschreibungen. Der
Chemie-Verband hat hier sein Funktionsbereich vorgestellt. Zur
größten Verwunderung war nämlich tatsächlich bei den ausschreibenden
Stellen die Leistungen der inländischen chemischen Industrie nur
teilweise bekannt. Formell könnte man natürlich sagen, es genügt ja
vollkommen, wenn der Beamte der über die Wiener Zeitung das An-
bot macht, wer liefern will, kann sich ja dann beteiligen. Trotzdem
besteht hier eine sehr große Informationslücke, die es zu schließen
gibt.
Jagoda berichtete über die Raufsetzung der Kreditgrenzen in der
BÜRGES, dafür benötigen wir ein Budgetüberschreitungsgesetz von
ca 90 Mio S. Würzl berichtete über die Ergebnisse des Fremdenver-
kehrs im Jänner und letzten Endes dann von November bis Jänner.
Der Jänner war mit 11 % Nächtigungszuwachs sehr gut und von November
bis Jänner mit 8,3 % größer als ZiB 1 am Sonntag, auf Grund von
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Anfragen in Kleinkirchheim und anderen Orten feststellte. Dort
nimmt man an, daß höchstens ein 5 %-iger Zuwachs in der Winter-
saison erwartet wird. Ich glaube, daß es mehr sein könnte, doch
läßt sich endgültig bis Ende April, so lange dauert die Winter-
saison, noch keine eindeutige Prognose feststeht.
Zolles berichtete von der Österr. Ferienmesse, wo 150.000 Besucher
waren, Urlaub im Bauernhof, Feriendörfer und gute Quartiere
stark gefragt waren. Die Austria-Tourist-Börse mit 300 Einkäufern
und 770 Anbietern mit 40.000 Betten war ein voller Erfolg. Die
Organisation, wie alle übereinstimmend feststellten, hervorragend.
Würzl informierte dann noch über das Tourismus-Komitee der OECD,
insbesondere das Problem der Ferienstaffelung. Neben Deutschland
wird in Hinkunft Norwegen, Schweden, Dänemark, aber auch Frankreich
an diesem von Österreich initiierten und geleiteten Komitee teil-
nehmen. Ich kritisierte neuerdings, daß es heuer nicht geglückt
ist, Anfang Juli diesen konzentrierten Ferienbeginn zu entflechten,
weshalb es in Österreich sicherlich zu einem Verkehrschaos insbes.
in den westlichen Bundesländern mit Durchzugsverkehr und Urlaubs-
antritt in Österreich kommen wird. Der Senioren-Urlaub soll jetzt
stärker gefördert werden und es liegen 11 Länderberichte diesbe-
züglich bereits vor. Da der Tourist einen größeren Schutz in Hin-
kunft haben sollte, wird in der OECD das Tourismus-Komitee enger
mit dem Konsumentenpolitischen Komitee zusammen arbeiten. Von allen
diesen internationalen Komitees verspreche ich mir nicht allzu viel,
wie die Ferienstaffelung zeigt.
Die Firma Peugeot hat ihre Preise für den 504-er von 132 auf
127.000 und für den 604-er von 202.000 auf 194.000 S gesenkt. Da
vorher schon SAAB einige Modelle ebenfalls im Preis senkte, nützte
ich die telefonische Mitteilung dazu, um sie sofort im Presse-
gespräch publik zu machen. Entgegen der ursprünglichen Ankündigung
der Autohändler mit 1. Jänner wird durch die Umsatzsteuer-Erhöhung
die Preise steigen müssen, was allerdings kaum eingetreten ist,
kommt es jetzt sogar vereinzelt zu Preissenkungen. Wenn auch andere
Marken nicht mitmachen, schon allein die Ankündigung, daß es
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statt Preiserhöhungen Preissenkungen gibt, muß dämpfend auf diesem
Gebiet wirken. Dazu kommt, daß 1974 wir 162.000 Auto importiert
haben für 7 Mrd S, im vergangenen Jahr 313.000 um 19 Mrd S.
Rossmann, der Obmann des Freien Wirtschaftsverbandes in Kärnten,
ersucht mich, für die Gemeinde Seeboden eine Subvention zu ge-
währen, damit der Fremdenverkehrsverband eine Basisorganisation
errichten könnte.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte lasse den Fall prüfen.
Die Gemeinde-Vertreter Wöllersdorf, Bürgermeister Deibl, und der
Direktor der Firma Alpla, Gschaider, sind mit einem Selbstbeschrän-
kungsabkommen bezüglich der Einwegverpackung sehr einverstanden.
Sie befürchteten für die 320 Beschäftigten bei einem Verbot der
Einwegverpackung um deren Arbeitsplätze. Da die Gemeinde von
diesem einzigen Betrieb entsprechende Steuern bekommt, für ein
Kanalprojekt 60 Mio S, für die Piesting-Regulierung 7 Mio S und
für 3 Wohnbauprojekte große finanzielle Mittel braucht, war sie
sehr befriedigt, zu hören, daß nicht die Absicht besteht, die
jetzigen Einweggebinde, ob Dosen oder Plastik-Flaschen, zu ver-
bieten. Ich selbst bin überrascht, wie sehr man lange Zeit meine
Ankündigungen, daß hier etwas geschehen müßte, nicht ernst genommen
hat und dann als sich herausstellte, daß ich unter allen Um-
ständen ein Konzept durchziehe, jetzt von allen Seiten ängstlich da-
gegen protestiert und nur unter diesem Druck scheinbar bereit ist
zu einer Kompromißlösung zu kommen.
Ing. Maculan hat in Ägypten eine Baugesellschaft gegründet. Am
7. Februar 78 wurde mit 16 Mio S Stammkapital, 50 % Maculan
25 % Karomika dem Energieministerium nahestehende Gesellschaft
und 25 % Private diese Baugesellschaft gegründet. Sadat hat ange-
kündigt, daß 3 Gesellschaften geschaffen werden, die größte wird
mit der amerikanischen Braun & Ruth in etlichen Monaten zustande
kommen. Maculan hat nun mit dem Energieminister Sultan Kontakt
gehabt und glaubt, daß die Ägypter bereit wären, ein Atomabfall-
Lager in der Wüste zu akzeptieren. Frank und ich erklärten Maculan,
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der jetzt wieder nach Ägypten fährt, er hätte von uns jedwede Unter-
stützung, um mit Sultan diese Frage zu klären und gegebenenfalls
Sultan auch nach Österreich in meinem Namen einzuladen. Wenn die
ägyptische Seite tatsächlich dieses Milliardenprojekt finanziert
bekommen will, dann müßte sie so schnell als möglich einen Staats-
vertrag für Übernahme dieses Atommülls mit uns abschließen. Die
Dringlichkeit, die ich bei der Besprechung mit Maculan noch be-
sonders herausstrich, wurde dann abends durch eine APA-Mitteilung,
daß der Verwaltungsgerichtshof im Bauverfahren gegen das Kern-
kraftwerk Tullnerfeld drei Beschwerdeführern Rechnung getragen hat,
auch von mir wesentlich gedämpft. Drei Beschwerdeführern, die gar
nicht Anrainer sind, hat der Verwaltungsgerichtshof das Recht
eingeräumt, die Bauverhandlungen mitzubeeinflussen. Ich glaube
nicht, daß im Bauverfahren jetzt deswegen deren Einspruch Rechnung
getragen wird, allein aber, daß das Bauverfahren neuerdings abge-
wickelt werden muß, daß man jetzt vielleicht auch von der nieder-
österreichischen Bauaufsichtsbehörde, die das Verfahren abwickelt,
die Gemeinde Zwentendorf hat es ja delegiert, andere Gesichts-
punkte jetzt würden berücksichtigen, als dies vielleicht vor
5 Jahren der Fall gewesen ist, kann bedeuten, daß es zumindestens
zu einer Verzögerung kommen kann. Sekt.Chef Frank ist zwar nicht
dieser Meinung, ich befürchte eine neuerliche Verzögerung in der
Inbetriebnahme und eine neuerliche Schwierigkeit.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte kläre, wie dies juridisch weiter geht?
Direktor Walter, Firma PORR, teilte mir mit, daß Hotel Budapest
mit 520 Mio S Fixpreis wahrscheinlich die Österreicher zugeschlagen
bekommen. Die Firma Novotel Frankreich liegt schlechter, obwohl
sie billiger ist, dafür aber schlechtere Qualitäten angeboten hat.
Nach einer anderen Intervention von Universale, Freibauer, liegt
allerdings die Universale an der Spitze, dann die Franzosen, dann
die Finnen und dann erst die Firma PORR. Ganz abgeschlagen nach
den Japanern die Firma Rella. Da PORR und Universale auf alle
Fälle eine Kooperation in diesem Fall bereits vereinbart haben,
wäre es egal, ob Universale oder PORR den Zuschlag bekommt. Ich
sollte und werde nur bei dem ungarischen Innenhandelsminister
diesbezüglich intervenieren.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte die Details zusammenstellen lassen.
In Iran, hat Dir. Walter mitgeteilt, wurde jetzt die Gleitung an-
erkannt und bereits Ratenzahlungen vereinbart und die ersten Raten
schon beglichen. Die Bauzeitverzögerung bei dem Speicher Minab
um 2 Jahre mit 700 Mio Real wurde auch entsprechend im Prinzip
anerkannt. Die Bauunternehmen, die exportieren, hoffen, daß es
gelingen möge, in der Österr. Kontrollbank durchzusetzen, daß
ihre Leistungen auch nicht nur mit Krediten abgedeckt, sondern
bei entsprechenden Verzögerungen, die nicht ihrem Verschulden
liegen, Staatshaftung gewährt wird. Da die Kontrollbank dies
vom richterlichen Urteil in den betreffenden Ländern abhängig
macht, dort aber nach Meinung der Bauwirtschaft, und dies wahr-
scheinlich zu Recht, keine unabhängigen Richter existieren, sollte
man auf Sachverständige zurückgreifen. Dagegen wieder wehrt sich insbes.
das Finanzministerium. Ich schlug Dir. Walter vor, er soll dieses
Problem bei dem nächsten Bautengipfel im Finanzministerium, wo
auch ich anwesend sein werde, vorbringen.
Sekt.Chef Frank teilt mir mit, daß die Verbundgesellschaft, Präs.
Weiß, ihm jetzt vorgeschlagen hat, die Einrechnung der Aufsichts-
ratsrückvergütungen in den Gehalt der Vorstands-Mitglieder vor-
zunehmen. Frank wird diesen Vorschlag noch mit ÖIAG-Vertreter
Grünwald besprechen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte das System mit Grünwald und mir gemeinsam
besprechen.
Die Fraktionsvertreter Zluwa und Müller informieren sich bei mir
über die weitere Vorgangsweise in der Besetzung Wirtschaftliche
Landesverteidigung, Abteilung. Sie sind über die beabsichtigte
Ernennung Winterleitners nicht sehr glücklich, nur mein Hinweis,
daß ich auf dem Akt handschriftlich vermerken werde, daß ich
dem Druck der Personalvertretung Rechnung getragen habe, be-
friedigt sie einigermaßen. Dadurch wird ihr Gesetz und vor allem
die der Ausschreibungskommission gewahrt. Ich erkläre der Fraktions-
vertretung dezidiert, daß Fraktionsbesprechungen welcher Art
immer unter gar keinen Umständen während der Dienstzeit erfolgen
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dürfen. Wenn solche Besprechungen stattfinden, müßte entweder
die ganze Fraktion oder die Fraktionsverantwortlichen, die sich
aber wieder nicht ausschließlich auf Akademiker beschränken
dürfen, außerhalb der Dienstzeit stattfinden. Innerhalb der
Dienstzeit würde sich nämlich sonst sehr bald herausstellen, daß
nur gewisse Leute daran teilnehmen können, die es sich kraft
ihrer doch verhältnismäßig unabhängigen Stellung als A-Beamte
leisten können, daran teilzunehmen. Da diese Entwicklung von mir
ganz entschieden abgelehnt wird, außerdem ich keiner Fraktion
erlauben würde, während der Dienstzeit Fraktionsbesprechungen
offiziell zu führen, einigen wir uns sofort darauf, daß es auch
nicht der Wunsch der Fraktion war und ist, die einmal oder zwei-
mal durchgeführten Fraktionsbesprechungen gewisser Gruppen inner-
halb der Dienstzeit durchzuführen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte die entsprechenden Veranlassungen
treffen.
Die Firma Gräf & Stift, Austro-Daimler, seit 72 fusioniert zur
österreichischen Automobilfabrik ÖAF, bekommt von mir das Staats-
wappen. Bei dieser Gelegenheit kann ich auch gleich die neuesten
Investitionen für 10 Mio S besichtigen. Mit der deutschen großen
Autofabrik MAN, die bei ÖAF einen entsprechenden Kooperations-
vertrag hat, wird ein Teil der Fertigung jetzt nach Österreich
gelegt. Getriebe, Gehäuse werden hier erzeugt, in Hinkunft sollen
weitere Produktionen nach Österreich verlegt werden. In Österr.
können nämlich unmöglich diese Kleinserien, die wir haben, eine
rationelle Produktion ermöglichen. Die Kooperation ist deshalb
die einzige Möglichkeit und der Ausweg. Vor einer sehr großen
versammelten Mannschaft verteidige ich daher diese Entwicklung,
die Konkurrenz behauptet nämlich, daß ÖAF nur montiert, was teil-
weise zutrifft. Mit der Sowjetunion sind gute Kontakte, weil
Lada und Moskwitsch von ÖAF importiert und verkauft werden. Der
Wunsch Kossygins, daß sich Österreich an den überschweren LKW
bis zu 200 t Nutzlast beteiligt, kann von ÖAF nicht erfüllt
werden, wie mir Dir. Daimer und seine Herren eindeutig er-
örtern. Ich habe auch niemals angenommen, daß tatsächlich eine
österreichische Autofirma sich auf so ein Experiment einlassen
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könnte. Wohl besteht aber eine Möglichkeit durch Zulieferung
oder Teilfertigung sowohl für die PKW als auch für LKW-Typen
unsere Exportsituation nach der Sowjetunion zu verbessern. Ich
fürchte nur, daran haben die Sowjets wieder kein Interesse.
Min.Rat Mock teilt mir mit, daß die Verhandlungen mit den Erdöl-
firmen über einen neuen Aufschließungsvertrag sehr schwierig
sein werden. 1972 habe, wie er jetzt in einem Akt feststellte,
Gasser der RAG fünfmal eine dreijährige Verlängerung zuge-
sichert. Da ich den Akt abgezeichnet habe, ist er nicht nur gegen-
über RAG, sondern auch innerhalb des Hauses für alle verbindlich.
ANMERKUNG FÜR HIRSCH: Lasse Dir bitte die Einzelheiten von Mock
genau schildern.
In der Jahresversammlung des Freien Wirtschaftsverbandes der Land-
straße ergibt sich nach meinem Referat, wo ich besonders auf die
Leistungen für die Klein- und Mittelbetriebe hinweise, durch
Zufall wurde ja in der Pressekonferenz wieder die BÜRGES-Aktion
besonders herausgestrichen und von mir dort entsprechend den
Mitgliedern erklärt, anschließend dann doch noch eine Diskussion.
Meistens sind es allerdings Steuerwünsche der Kleinbetriebe, wie
z.B. die Aufsetzung des Freibetrages für Zinsanrechnung innerhalb
der Gewerbesteuer, Verbesserung der Exportmöglichkeiten, die
lustigste Frage resp. Vorschlag war, ich sollte alle Messen
im Ausland besuchen, um den österr. Ausstellern dort zu dokumen-
tieren, daß ich mich für ihre Arbeit besonders interessiere. In
diesem Fall würde ich dann allerdings das ganze Jahr unterwegs
sein, weshalb ich diesen Vorschlag natürlich sofort ablehnend
beschieden habe.
Tagesprogramm, 27.2.1978
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)