Mittwoch, den 1. März 1978
Direktor Moskovics mit seiner Prokuristin interveniert wegen
des Hotelbaues in Ungarn für die Firma Rella. Ich soll Minister
Saghy auf diese österreichische Baufirma aufmerksam machen. Ich
erkläre sofort, daß ich Minister Saghy dahingehend beeinflussen
werde, daß einer österreichischen Baufirma der Zuschlag erteilt
wird. Ich bin nicht bereit und sehe mich außerstande, einer gewissen
österreichischen Baufirma zu diesem Auftrag zu verhelfen. Moskovics
behauptet, daß die Firma Rella um 20 Mio Schilling billiger als
Universale oder PORR gewesen ist und damit unter 600 Mio S angeboten
hat. Diese Information steht im Gegensatz zu den Mitteilungen von
Freibauer, Universale, oder Walter, PORR. Der Inhaber von Rella, Ing.
Nemetschke sagt mir nachher bei einem Besuch im Parlament, daß seiner
Meinung nach die Baufirmen sich sehr wohl zu einer Arbeitsgemein-
schaft hätten finden können, wenn die Banken sich über die Finanzierung
geeinigt hätten. Rella gehört zur ÖCI, die ÖCI gehört der Länderbank.
Er hätte mit Gen.Dir. Erndl diesbezüglich längere Gespräche geführt.
Moskovics dürfte die besseren Verbindungen in Ungarn haben, weshalb
seiner Meinung nach die Winter-Bank mit dem Finanzierungskonzept,
das er nicht kennt und damit auch Rella zum Zuschlag kommt, wenn ich
dagegen nichts unternehme. Auch Nemetschke versichere ich, daß mein
Interesse ausschließlich darin besteht, den Auftrag nach Österreich
zu bekommen. An der Behauptung, daß die Banken sich nicht einigen
können, dürfte etwas Wahres sein, denn immerhin sind die drei ge-
nannten Firmen in Österreich bei vielen Arbeitsgemeinschaften zu-
sammen. Nemetschke teilte mir auch mit, daß bezüglich der ARGE
Zillergründl, ja sogar Osttirol sie sich geeinigt haben, gemeinsam anzu-
bieten.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER; Was weiß die Abteilung resp. das Branchenreferat über
dieses Projekt?
Moskowitsch ist nach wie vor der Meinung, daß eine Möglichkeit mit
der Sowjetunion geschaffen werden sollte, um elektrische Energie
aus Ostblockländern zur Entlastung des sowjetischen Handelsbilanz-
überschusses nach Österreich erreicht werden sollte. Transfer-Rubel-
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zahlungen hält er für vollkommen unmöglich, der Grund allerdings,
warum Kossygin diese Möglichkeit andeutete, ist ihm, aber auch mir
nicht klar. Kossygin war 10 Jahre im Bankgeschäft in der Sowjetunion
tätig und kennt daher dieses Problem ebenfalls sehr genau, vielleicht
war diesmal wirklich nur diese Bemerkung im Rahmen der Verhandlungen
mit Kreisky von ihm nur hingeworfen worden. Dem stünde allerdings
entgegen, daß Kossygin dies nicht bei einer so großen Delegation ge-
macht hätte. Bezüglich Stromlieferung erkläre ich Moskovics, haben
wir durch den Bau der HGÜ alle Voraussetzungen geschaffen, auch in
diesem Punkt eine Drehscheibe zwischen Ost und West zu werden. Selbst-
verständlich werden wir an Energiebezüge sehr interessiert. Die im
China-Geschäft tätige Firma Schelinsky, ersucht Moskovics, soll eine
Auszeichnung erhalten, selbstverständlich stimme ich dem sofort zu.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Unterlagen dafür mir vorlegen.
Im Klub teilte mir Blecha strengst vertraulich die schlechten Jänner-
und Februar-Ergebnisse der Meinungsumfrage mit. In der ganzen Periode
der SPÖ-Alleinregierung war mit zwei Ausnahmen stets Jänner und
Feber immer so, daß die absolute Mehrheit verloren gewesen ist. 43:40
5:1, 12 unentschlossen, von diesen allerdings werden 17 % der SPÖ,
42 % ÖVP rotieren . Die wirkliche Hoffnung liegt darin, daß der tiefste
Punkt Kreisky in der Persönlichkeits-Beurteilung 1,95 jetzt noch
immer 2,32 ergibt, daraus errechnet Blecha einen Kanzlerbonus von
+ 2 %. Meiner Meinung nach ist dies zu gering, denn Taus hat die
Klassifikation 0,18, liegt so schlecht wie eh und je und die nächsten
Wahlen sind, wie ich Blecha erkläre, die größten Persönlichkeits-
Wahlen, die wir jemals in der Zweiten Republik gehabt haben.
Kreisky berichtet, daß die Volkspartei niemals das Parlament mit
der Kernkraftfrage beschäftigt hat. Einzig und allein der Hauptaus-
schuß hat seiner Zeit sich mit den Beteiligungsverhältnissen von
GKT beschäftigt. Kreisky sieht also in der jetzigen Befassung des
Parlamentes einen Nachvollzug, wie er in einer Demokratie notwendig
ist. Das Parlament muß prinzipiell zur Kernkraft Stellung nehmen und
sagen, welche Bedingungen seiner Meinung nach erfüllt werden müßten,
ob und wie GKT in Betrieb geht, sei dann natürlich Angelegenheit der
Regierung. Für ihn kommt dies sowieso nur in Frage, wenn die Ent-
sorgung absolut sicher gelöst ist.
Trotzdem wird er nach wie vor darauf bestehen, daß es sich um eine
Gewissensentscheidung handelt und daher kein Klubzwang geben dürfe.
In der weiteren Berichterstattung meint er, drei Probleme seien ein-
vernehmlich gelöst worden, dies zeige, daß die Regierung eben regiert
und nicht sich nur in einen permanenten Diskussionszustand befindet.
Erstens sei die Milchpreisfrage geregelt worden unter großem Ver-
ständnis des Landwirtschaftsministers. Hervorzuheben sei dieses
ruhige Klima, in der die Verhandlungen stattgefunden haben. Zur Zeit
der Koalition hätte es ständig Abbrüche bei solchen Verhandlungen
gegeben. Diese Taktik hat er immer für falsch gehalten, denn man
hat den Verhandlungstisch verlassen, wissend, daß man dann doch
wieder einmal zusammenkommen muß, zweitens sei es jetzt geglückt,
die Spitalfrage endgültig einvernehmlich zu lösen, die Länder werden
die 1,6 Mrd S erhalten, die ihnen aus dem Budget, hier spricht er
von 850 Mio S zustehen. Manchmal höre ich dafür auch nur 800 Mio,
dazu kommen dann die Ergebnisse des 3. Mehrwertsteuersatzes von
800 Mio. In der Summe bleibt es aber bei den 1,6 Mrd. Diese werden
nach dem Abgangsdeckungsprinzip der Länder verteilt, bis es zu den
Normkostenberechnungen und Ergebnissen daraus kommt, der andere Teil
sind 450 Mio S für Investitionen, bisher war auch manchmal die
Sprache von 250 Mio S für Investitionen, die schon im Budget be-
stehen. Dazu käme dann nach der jetzigen Variation 650 Mio S aus
der Erhöhung der Krankenkassen, Höchstbemessungsgrundlagen, die
alle Bundesländer portioniert durch den Fonds vergeben werden.
Sozialminister Weißenberg hat mir versichert, daß es sich hier
um 800 Mio S handelt. Die Vereinbarung mit den Ländern soll nach
§ 15 a Staatsvertrag damit erstmalig angewendet abgeschlossen werden.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte kläre, welche Ziffern jetzt wirklich
stimmen.
Drittens wurde dann die Ölmühle von ihm erwähnt, wobei er meinte,
durch die Saatproduktion Raps, Sonnenblumen eventuell sogar Soja
könnten hunderte Millionen S Devisen Ausgaben erspart werden. Hier
gäbe es zwischen ihm und mir eine Auffassungsdifferenz, denn er sei
fest davon überzeugt, daß Unilever an diesem Projekt nicht ernstlich
mitmachen will. Sehr zum Unterschied von Volkswagen-Werken, die den
Austro-Porsche von vornherein ablehnten, geht Unilever an dieses
Problem anders heran. Es will sich angeblich an der Gesellschaft
beteiligen mit der einzigen Absicht, die Ölmühle zu verhindern. Die
Vorgangsweise Unilever als harter Multi, die weltweit Ausbeutung
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vornimmt, wird diese auf alle Fälle den ausländischen Einfluß und
die Versorgung Österreichs von ihren anderen Fabriken nicht aufgeben.
Sollte er sich aber täuschen, würde ihn dies nur freuen. Ich melde
mich sofort zum Wort und erklärte, wie es zu dem Ölmühlenprojekt ge-
kommen ist. Vor Jahren wurde ich von Brugger darauf aufmerksam gemacht,
daß die beabsichtigte Ölmühle Unilevers in der Schweiz nicht wird
gebaut werden können. Die Kernkraftwerkgegner, die in Kaiseraugst
das Gelände Besitz halten, geben es auch nicht für den Bau von der
Ölmühle frei. Ich habe daher eine Chance gesehen, ein solches Werk
in Österreich zu errichten und alle notwendigen Schritte beim Land-
wirtschaftsministerium, aber auch bei den österreichischen Interessenten
eingeleitet. Als zweite Gruppe hat sich Olioprot, Konsumgenossen-
schaft, Landwirtschaftliche Genossenschaften und Firma Eisenberg
gebildet. Da Eisenberg nur ein Interesse daran hat, seine Maschinen
zu verkaufen, sehe ich meine Funktion darin, zu versuchen, ob es
so schnell als möglich zu einer gemeinsamen Gesellschaft kommen kann.
Unilever wird auf alle Fälle den Großteil der aus der Ölmühle
kommenden Rohöle für ihre Produktion kaufen müssen. Bis jetzt hat
Unilever mit fast der Hälfte des Subventionsaufwandes auf ihre Kosten
resp. für die andere Hälfte auf Kosten der anderen Ölfirmen österr.
Raps aufgekauft, subventioniert und im Ausland auf Rohöle verarbeiten
lassen. Ich unterstrich die gegenteilige Meinung zu Kreisky, erklärte
aber auch, daß ich prinzipiell nur an einer Verwirklichung des Pro-
jektes interessiert bin und mich nicht in die Kapitalbeteiligung
einlassen werde. In Kürze wird ein endgültiger Bericht von mir fertig-
gestellt und allen beteiligten Stellen und Ministerien zugesandt.
Landwirtschaftsminister Haiden wies darauf hin, daß er jetzt so
schnell als möglich die Flächenanbauprämien gesetzlich regeln muß
und diesbezügliche ständige Gespräche mit dem Finanzministerium
führt. Haiden ist ebenfalls der Meinung, daß die Unilever unbedingt
für dieses Projekt herangezogen werden soll.
Der Besitzer der Vereinigten Fettindustrie V. F. Hirsch hatte nach-
mittags eine Aussprache mit mir gewünscht und ich habe Abgeordneten
Heindl zugezogen. Hirsch meint, daß er gehört hat, Mag. Goldmann
möchte jetzt ein Projekt vorschlagen, das nicht nur die Raffinade
ca 6.000 t Import, sondern auch die Rohöle bis zu 50.000 t Import
mit einer Abgabe belegen möchte. In diesem Fall würden die österr.
Ölfirmen konkurrenzunfähig. Jetzt erzeugen sie ca 42.000 t Öl und
40.000 t Fette. Wenn die Ölmühle in Betrieb geht, müßten sie eben-
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falls noch existieren, ansonsten würde Unilever als alleiniger
Betrieb übrigbleiben. Derzeit importiert die Fettindustrie ungefähr
18–20.000 t Sonnenblumenöl aus dem Osten, in Hinkunft sollte man
diese Importe aufrecht erhalten und in Österreich hauptsächlich Raps
oder Soja produzieren. Wenn Eisenberg und Unilever womöglich allein
überbleiben, dann wäre es tatsächlich dazu gekommen, den Schlaglohn,
wie Eisenberg vorgeschlagen hat, mit einem Schilling festzusetzen,
obwohl die Ungarn nur 30 Groschen verlangen. Hirsch wird mir seine
Bedenken gegen den Goldmann-Plan schriftlich mitteilen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte eine Aussprache Wanke, Goldmann und mir
vereinbaren.
Hirsch intervenierte auch, daß die Fettsäure-Fabrik, die jetzt 4 bis
6.000 t Destillat erzeugt, einen entsprechenden Schutz braucht.
Der große Unilever-Konzern hat mit seiner Fettsäure-Fabrik Unichemo,
der Persil-Konzern mit Henkel und eine dritte Firma Akco die Preise
in Österreich ständig unterboten. Diese großen Firmen wollen die
kleine österreichische Fabrik, die jetzt 15 Beschäftigte hat und
wenn sie voll ausgelastet wird 50 beschäftigen kann, mit Gewalt
ruinieren. Ständig werden selbst die schlechten Weltmarktpreise
noch unterboten. Hirsch erwartet, daß wir dagegen ein Antidumping-
Verfahren einleiten. Heindl hat diesbezüglich mit der Arbeiterkammer
schon Kontakt aufgenommen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wie weit steht die Sache?
Der jugoslawische Vizepräsident Culafic, der bei der Internationalen
Atomenergiebehörde einen Besuch abstattete, möchte erreichen, daß
Jugoslawien das Safeguard-Komitee bekommt. Jugoslawien will sich
in die Atomenergie-Verwaltung international stärker einschalten.
Meine erste Frage, die ich gleich einleitend stellte, ob wir nicht in
der Frage des Atommüll enger kooperieren können, wurde im Prinzip
von ihm dann bejaht, bei dieser Gelegenheit stellte sich aber heraus,
daß sie mit der Brennstoffversorgung für ihr erstes Kraftwerk
große Schwierigkeiten haben. Westinghouse, die es errichtete und
die auch die notwendigen Brennstäbe liefern sollte, hat jetzt
Schwierigkeiten mit der Carter-Administration. Ich persönlich fürchte
auch, ohne daß ich es dort natürlich sagte, daß selbst wenn wir
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eine Entsorgungslösung finden, dann auch noch mit der Carter-Admini-
stration gewisse Schwierigkeiten bekommen werden. Die ganze Kern-
kraftfrage ist wirklich weltweit sehr verfahren. Klubobmann Fischer,
der mich immer wieder fragt, wie es jetzt weiter gehen wird, mußte
ich einmal mehr erklären, daß wenn wir nicht innerhalb der nächsten
paar Monate eine Entschließung im Parlament durchbringen, dann sicher-
lich im Spätherbst niemand mehr mit allem Elan ernstlich dafür kämpfen
wird, daß vor den Wahlen im nächsten Jahr GKT, d.h. Tullnerfeld
in Betrieb geht. Kreisky plädiert auf alle Fälle bei jeder Gelegenheit,
nichts zu überstürzen und fühlt sich immer mehr bestätigt, daß er
die Linie verfolgt hat und weiter verfolgt, alles genau zu überprüfen
und untersuchen, zu besprechen, bevor eine endgültige Entscheidung
fällt. Da das Kernkraftwerk aber auch technisch noch nicht so weit ist,
tatsächlich die Produktion, nicht einmal den Nullbetrieb aufnehmen zu
können, wird der Produktionsbeginn immer weiter rausgeschoben. Wie
man dann mit der GKT und dem Cogema-Vertrag wirklich zeitgerecht
über die Runden kommt, ist mir derzeit eigentlich noch unerklärlich.
Im Parlament stand die Berufsausbildungsgesetz-Novelle zur Beschluß-
fassung, natürlich haben alle ÖVP-Redner die Regierung wegen ihrer
Wirtschaftspolitik angegriffen, andererseits aber haben alle, selbst
die FPÖ mit einigen Abänderungsanträgen, die dann niedergestimmt
wurden, dem Gesetz zugestimmt. Da um 16.00 Uhr eine Besprechung von
ÖVP gefordert beginnen mußte, versuchten alle Redner bis zu diesem
Zeitpunkt diese Materie abgeschlossen zu haben. Die Kritik war
an dem Gesetz, da ja alle zustimmten, minimalst. Abg. Höchtl ver-
suchte zu beweisen, daß die ÖVP-Jugend den entscheidenden Durch-
bruch erzielt hat. Selbstverständlich habe ich dann in einer kurzen
Replik als vorletzter Redner versucht, diesen falschen Eindruck
richtig zu stellen. Eine wirklich harte Attacke, allerdings nicht
gegen mich, sondern Präsident Benya und den ÖGB-Präsident-Aussagen,
hatte Kohlmaier gestartet. Auf die Äußerung Benyas, er könne sich
nicht vorstellen, daß eine schwarz-blaue Koalition gegen die
starke Arbeiterbewegung regieren könnte, bezeichnete Kohlmaier
als Skandal. Etliche andere Kraftausdrücke fielen noch, interessan-
terweise ist er dann im Laufe der Sitzung zu mir dann in die
Regierungsbank gekommen und ich habe ihm natürlich sofort gesagt,
daß ich diese Haltung von ihm nicht verstehe. Der Mann, der
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sich die ganze Zeit immer für die große Koalition exponiert hat,
wird von ihm so attackiert. Übereinstimmend herrscht die Meinung,
daß Kohlmaier sich nur als neuer Geschäftsführender ÖAAB-Obmann
profilieren will. Wenn ich bedenke, daß Kohlmaier, als er zum General-
sekretär der ÖVP mit Schleinzer gewählt wurde, mir sagte, es müsse
sich eben innerhalb der ÖVP jemand finden, der immer für die große
Koalition kämpfen wird, so kann ich darin jetzt erst den richtigen
Mann des Kohlmaiers ersehen.
Die Jugoslawische Gesandtschaft hat zu einem Empfang für den Vize-
präsidenten Culafic eingeladen. Spät abends, aber doch noch zurecht,
weil es eine Kampfabstimmung wegen der Arbeitslosenversicherung
für die Nebenerwerbsbauern gab, konnte ich erst dorthin fahren. Zu
meiner großen Überraschung war dort Abg. König und Wiesinger, die
sich ebenfalls für die Nuklearsorgen der Jugoslawen sehr interessierten.
Da die Minderheit stets gesichert ist, hatten sie scheinbar von
Mock die Genehmigung gehabt, ohneweiters den Empfang zu besuchen, beide
habe ich dann selbstverständlich mit meinem Wagen wieder zurückge-
führt. Bei dieser Gelegenheit stellte ich im Gespräch fest, daß
die Zwei zum Unterschied von anderen ÖVP-Abgeordneten Kohlmaiers
Rede noch ganz groß verteidigten. Beide waren sehr erstaunt, da sie
ja dem Handelsausschuß sonst normalerweise nicht angehören, sondern
jetzt nur von ihrer Partei in den Unterausschuß und damit Handels-
ausschuß delegiert wurden, daß im Handelsausschuß seit eh und je
nur einstimmige Beschlüsse gefaßt wurden. Große Koalitionspolitik
sozusagen im Kleinen seit 1970 fortgesetzt. Wiesinger meinte aller-
dings, daß dies eine für die ÖVP verheerende Politik sei. Meine
Taktik mit der Handelskammer alles im vorparlamentarischen Raum
abzusprechen und letzten Endes dann einvernehmlich zu regeln, gibt
der ÖVP geringe Angriffschancen. Im Gesundheitsausschuß, meinte er,
hätten sie nur ein spanisches Gesundheitsübereinkommen einstimmig
beschlossen, sonst gäbe es dort nur konträre Stellungnahmen und
Kämpfe. Gerade diese Aussprache hat mir klar und deutlich gezeigt,
wie richtig doch meine Politik seit 1970 gewesen ist, wenn es nach
mir geht, wird deshalb auch der Regierungsbericht im Handelsausschuß
solange liegen bleiben, bis die Legislaturperiode zu Ende ist und
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damit automatisch alle nicht erledigten Initiativen, Berichte, Gesetze
usw. erledigt sind. Damit würde ich die Einstimmigkeit bis zum Schluß
durchgehalten haben. Ähnlich sind wir in der vorhergehenden Legis-
laturperiode mit einem Initiativ-Antrag von Mussil ebenfalls ver-
fahren. Ob es allerdings bei den Kernkraftproblem gelingt, weiß
ich derzeit noch nicht. Ob wir tatsächlich eine einvernehmliche
Entschließung zustande bringen, zumindestens mit der ÖVP, weil die
FPÖ auf alle Fälle dagegen stimmt, kann ich derzeit auch noch nicht
sagen. Heindl bemüht sich sehr darum, Fischer verlangt aber unbe-
dingt, daß darin etwas über die Inbetriebnahme von Zwentendorf ge-
sagt wird.
Der Präsident der Patentanwaltskammer Dipl.Ing. Beer hat neuerdings
wegen der Ratifizierung des Europäischen Patentübereinkommens vor-
gesprochen. Bei dieser Gelegenheit übergab er mir eine endgültige
Liste der Betriebe die sich gegen eine Ratifikation aussprechen, um
die Objektivität der Erhebung klarzulegen, hat er mir auch den Frage-
bogen zur Verfügung gestellt. Seiner Meinung nach nehmen die An-
meldungen, früher 12.000, jetzt 9.500, ständig ab. Das Patentamt hat
aber immer mehr Beamte bekommen und sollte insbesondere die Vor-
bescheide so rasch als möglich erledigen. Dafür werden jetzt immer
umfangreichere Dokumente verlangt und die Dokumentensammlung des
Patentamtes ist das Wichtigste. Wenn Österreich dem Europäischen
Patentamt beitritt, bekommt es da von den ca 30 bis 40.000 An-
meldungen 1.500 als Recherchen-Büro für die nächsten 15 Jahre zuge-
sichert. Nach Vertrag, und dies habe ich eigentlich gar nicht be-
achtet, werden aber Jahr für Jahr weniger Recherchen zugeteilt und
nach 15 Jahren soll es angeblich Null sein. Ich habe Beer zugesagt,
daß unter meinem Vorsitz noch einmal eine Besprechung mit Patent-
anwaltskammer, Handelskammer, Arbeiterkammer, ÖGB, Industriellen-
vereinigung und Finanzministerium stattfinden soll.
ANMERKUNG FÜR HIRSCH: Bitte prüfe den Vertrag, ob tatsächlich wir nach
15 Jahren gar nichts mehr bekommen und lade eine solche Besprechung mit
von mir persönlich unterschriebenen Einladungsbriefen ein.
Tagesprogramm, 1.3.1978
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)