Donnerstag, 30. März 1978
..... über die Gaspreise mit der ÖMV und den Interessensver-
tretungen einen Kompromiss zu erzielen. Der inländische Gas-
preis wird von 95,8 auf 92 Groschen rückwirkend mit 1.1.1978
verbilligt, der Importgaspreis wird mit 130,28 gr festgelegt.
Jetzt ist nur mehr notwendig, die Gaspreise der RAG zu fixieren.
Da die RAG wesentlich weniger tief bohren muss, sind dort auch
die Gestehungskosten geringer. Min.Rat Kurzel und Sekt.Chef
Jagoda stimmen mit mir überein, dass die RAG jetzt unverzüglich
längstens bis 10. April die Unterlagen vorlegen muss. Bei dieser
Gaspreisfestsetzung sollen die Wünsche der Chemie Linz berück-
sichtigt werden, für ihre Verarbeitung einen tieferen Gaspreis
zu bekommen als die übrigen Abnehmer. Bei der oö Ferngas wird in
Hinkunft deren Gewinnmarge wesentlich zu reduzieren sein. Als
Transportunternehmen kann sie nicht derartige Supergewinne auf
Kosten der Chemie-Linz machen.
Dr. Zöllner erzählt mir, dass zwischen der VÖEST und Sekt.Chef Frank
wegen der Gaspreisbestimmung für die steirische Ferngas eine
grosse Unstimmigkeit herrscht. Sekt.Chef Frank möchte für die stei-
rische Ferngas einen entsprechenden Gewinn garantiert, während
GD Apfalter von der Vöest mit Recht auf dem Standpunkt steht,
auch diese Transportgesellschaft sollte mit einer äusserst
knappen Kalkulation amtlich preisgeregelt werden.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte stelle fest, was hier vorgeht.
Der ehemalige Generaldirektor Hintermayer der Verbundgesellschaft
soll aus dem Aufsichtsrat herausgenommen und durch Dr. Gehart,
BKA, ersetzt werden. Da Hintermayer zu einer Vereinbarung nicht
kommen kann, teile ich ihm telefonisch dies mit. Hintermayer
droht, dann wird er alle anderen Funktionen insbesondere in der
internationalen Elektrizitätsorganisation zurücklegen. Angeblich
muss er entweder Direktor oder zumindestens Aufsichtsrat einer
Elektrizitätsorganisation sein. Hintermayer meint, er gehöre zur
Gruppe Waldbrunner, diese hätte eine gewisse Funktion und müsse
weiter in der Elektrizitätswirtschaft verankert sein. Diese
Drohung erreicht bei mir nur das Gegenteil und ich informiere
am Flughafen Dr. Gehart von meiner Entscheidung.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Die Aufsichtsratsumbesetzungen sofort dem Partei-
sekretariat zur Beschlussfassung im Parteivorstand mitteilen.
Gen.Sekr. Mussil, der für die Bundeshandelskammer, aber gleich-
zeitig auch als ÖVP-Vertreter an der DDR-Reise teilnimmt, ist
nach wie vor sehr aufgeregt, weil er befürchtet, dass dort von
ihm resp. von uns allen unerfüllbare Forderungen seitens der
DDR gestellt werden. Dr. Gleissner hat ihm, wie er mir später ge-
steht, umfangreiche Informationen gegeben, da mit Ende des
Jahres der 5-jährige Handelsvertrag, den ich 1973 mit Sölle in
Berlin vereinbart hatte, abläuft, wird seiner Meinung nach die
DDR entsprechende Forderungen stellen. Gleissner fürchtet, dass
die 7-%ige Wachstumszusage, die während gewisser Perioden wirklich
nicht eingehalten werden konnte, ein schweres Handicap für den
neuen Vertrag darstellt. Tatsächlich aber ist der Export während
dieser 5 Jahre von 1,4 Mia auf 1,7 Mia seit dem Jahre 1970,
wo nur 680 Mill. exportiert werden konnten, unterschiedlich gewachsen.
Noch grössere Angst hat Gleissner, dass die Bestimmung, dass wir
nur Importe zu Weltmarktpreisen zulassen, fallen könnte. Am
meisten fürchtete er aber, dass die Vidierung von Seiten der DDR
entschieden abgelehnt wird und gleichzeitig auch die Zollerhöhung
mit aller Vehemenz bekämpft wird. Ich beruhige Gen.Sekr. Mussil und
meine, dass nicht zu erwarten ist, bei diesem ersten Staatsbesuch
eines westlichen Ministerpräsidenten resp. Bundeskanzler diese
Kleinigkeiten dort zur Sprache kommen. Der Empfang am Flughafen
bestätigt meine Vermutung. Stoph ist mit einem halben Dutzend
von Vizeministerpräsidenten erschienen. Für mich am wichtigsten
aber ist, daß auch Dr. Mittag, für die Wirtschaft im Politbüro
zuständig, ebenfalls dort war. In meinem Auto fährt Vizeminister-
präsident Weiss, der die Einladung Kreiskys vor einem halben
Jahr überbracht hat und mit ihm den Termin vereinbarte, sowie
Dr. Beil, der für die nichtsozialistischen Länder im Aussenhandels-
ministerium zuständig ist. Beide versichern mir, dass sie sich
über den Besuch sehr freuen und dass es im Sinne der langwierigen
Vorbereitungen Beils und mir zu einem grossen positiven wirt-
schaftlichen Ergebnis kommen wird. Untergebracht werden wir nicht
im Gästehaus Unter den Linden, einem ehemaligen Prinzessinnen-
Palais, sondern in einem neuerbauten in Pankow. Dort wurden
auf dem Gebiet des Schlosses, in dem Pieck wohnte, ein ganz
neues, sehr grosszügig ausgestattetes Gästehaus errichtet. Ich
selbst habe noch niemals so feudal gelebt. An der Reise war
die österr. Presse ebenfalls sehr interessiert und hatte 21 Korres-
pondenten incl. ORF und FS mitgeschickt. Mit der offiziellen
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protokollmässigen Kranzniederlegung, den Besuchen und Besprechungen
waren die drei Tage voll ausgelastet. Was mich am meisten ärgerte
und was ich auch den Ostdeutschen insofern sagte, war die ununter-
brochene Folge von Essen. Ich bezeichnete dies allen gegenüber als
Klassenkampf in der härtesten Form. Um wieviel lieber wäre ich
in das satirische Kabarett "Die Distel" gegangen. Schlimmstenfalls
hätte ich auch ganz gerne ein anderes Theater besucht. Leider war
dies nicht möglich. Der einzige Vorteil war, dass ich beim
Essen ebenfalls neben Dr. Mittag zu sitzen kam und mit ihm die
entsprechenden wirtschaftlichen Gespräche führen konnte. Mittag
ist heute der bedeutendste Mann für mich in der DDR. Da er sich
mit Staatssekretär Dr. Beil sehr gut versteht und scheinbar über
Aussenhandelsminister Sölle, den ich kein einziges Mal zu Gesicht
bekommen habe, hinaus regiert, so wurde mir wieder einmal bestätigt,
wie die Regierungshierarchie in der DDR eine untergeordnete Rolle
spielt. Entscheidend ist der im Politbüro verankerte Mann. Beil
hat mich immer wieder während der ganzen drei Tage informiert,
welche Schritte es zweckmässig ist, wenn Kreisky bei seinen einzelnen
Gesprächen machen sollte. Dies galt insbesondere für die Forderung
auf Vergrösserung der Konsumgüterkredite resp. Exporte. Mittag
kündigte mir sofort an, dass ausser den bereits zugesagten 10 Mio Mark
über das Vorjahr die zu erwartenden Abschlüsse bei diesem Treffen
in Summe dann 94 Mill. S ausmachen werden. Darüber hinaus aber wird
noch in diesem Jahr der traditionelle Export auf diesem Gebiet
225 Mill. S ohne Garne betragen. Dies ohne Garne hat Beil mir so
erklärt, bedeutet, dass sie die Einwände von unserem Handelsdele-
gierten Wratschko, der sich natürlich bemüht, nur Bekleidung, eventuell
Meterware und vor allem Schuhe zu exportieren, weitestgehend berück-
sichtigt wird. Beil erwartet allerdings, dass wir in Hinkunft, wenn
er Garne aus Österreich bezieht, nicht unbedingt wenn ein Teil
davon angerechnet wird, dann besonders herausstreichen, dass es
sich hier nicht um Konsumgüter handelt. Beil hat mir nämlich zuge-
sichert, auch im nächsten Jahr ein ähnliches Volumen 225 Mill. S
für Konsumgüter auszugeben. Dies war ein ungeheurer Erfolg.
Dies allein hat Gen.Sekr. Mussil schon als einen ungeheuer
positiven Abschluss bezeichnet. Noch mehr überrascht war Mussil,
als wir mit Mittag dann nach der Aussprache bei Min.Präs. Stoph,
der wie ihr Protokoll es vorsieht, zuerst Kreisky seine Erklärungen –
eine tour d'horizon – abgegeben hatte, zu Detailgesprächen nach der
Aussprache bei Parteiführer Honecker zusammengekommen sind. Kein
Wort bei dieser Besprechung über die Zölle, Vidierung oder gar
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7 % Wachstumsvereinbarung, sondern nur um die grossen DDR-Bestel-
lungen. Ein einziges Mal wurde von Beil angekündigt, und dies sehr
verklausuliert, er wird im Mai nach Wien kommen, um Grundsätze
des 10-jährigen neuen Handels- und Zahlungsvertrages mit mir zu
besprechen. Bei dieser Gelegenheit sollen wir auch gleichzeitig
einen weiteren Besuch im September, Anfang Oktober mit Dr. Mittag
vorbereiten. Dort werden weitere grosse Aufträge von der DDR
vergeben werden. Mittag ist ein Jäger und ich habe ihn daher
und seine Frau gleich über ein Wochenende eingeladen, damit wir in
Kapellen wohnen und gleichzeitig dort er entsprechend auf die Jagd
gehen kann und fischen, falls er so wie andere Minister daneben-
schiessen sollte.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte entsprechende Vorbereitungen treffen.
Am meisten überrascht war ich aber, als bei der Aussprache im
kleinsten Kreis mit Parteiführer Honecker dieser ein von ihm
unterfertigtes Papier über Vorschläge für die Erweiterung der Wirt-
schaftsbeziehungen zwischen der DDR und der Republik Österreich
Kreisky übergab. In diesen 5 Punkten schlägt er vor, dass die DDR
bereit ist, die Aussenhandelsbeziehungen weiter zu entwickeln
und langfristig zu gestalten, da die vorhandenen Potenzen der
beiden Volkswirtschaften sich teilweise ergänzen und eine Zusammen-
arbeit in grösseren Dimensionen zulässt. Ein 10-jähriger Handels-
und Zahlungsvertrag soll abgeschlossen werden, wo insbesondere ver-
stärkte Zusammenarbeit auf Drittmärkten und Lizenznahme und
-vergabe geregelt werden. Die Zusammenarbeit soll auf weitere
Industriezweige und Betriebe ausgedehnt werden, wobei insbesondere
stärker auf die bisher spezialisierten Mittelbetriebe in die
Zusammenarbeit einzubeziehen sind. Ebenso soll auf technisch-
wissenschaftlichem Gebiet durch technische Tage, Symposien usw.
enger zusammengearbeitet werde. Gegenseitige Entsendung hochrangiger
Wirtschaftsdelegationen in regelmässigen Abständen sollen weiter
geführt werden. Beil hat mir ergänzend mitgeteilt, er möchte eine
ständige Gemischte Kommission, wie wir dies auch mit anderen
Staatshandelsländern, z.B. SU, haben, wobei auf Ministerebene diese
geführt werden sollte. Er selbst wird von DDR-Seite vorsitzen.
Beil hat mir dieses gesagt, weil er wahrscheinlich befürchtet,
dass er als Staatssekretär nicht das richtige Pendant als Minister
nach Protokoll wäre. Ich habe nicht sofort ihm zugesagt, sondern
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erklärt, ich bin auch dafür, dass wir hochgradig diese Minister-
ebene-Kommission einsetzen. Für Beil wäre dies sicher eine grosse
Auszeichnung, wenn ich bereit wäre, was ich selbstverständlich
mache, und österreichischerseits den Vorsitz übernehme.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER UND MEISL: Bitte die entsprechende Formu-
lierung jetzt bereits ausarbeiten.
Bei der Honecker-Aussprache hat diese die Fortschritte und Pläne
des neuen 5-Jahres-Planes dargelegt. Von 1976 bis 1980 wird das BNP
um 200 Mia Mark auf 830 erhöht, die industrielle Warenproduktion
um 400 Mia auf 1.400 Mia Mark. Die Arbeitsproduktivität soll um
30 % erhöht werden, es werden dafür 240 Mia Mark investiert, um
60 Mia mehr als im alten 5-Jahres-Plan. Für Wissenschaft und Technik
werden 35 Mia ausgegeben, um 10 Mia mehr als im alten 5-Jahres-Plan.
Der Aussenhandel mit der SU beträgt 35 Mia Mark und ist ein Drittel
der DDR, ein zweites Drittel haben die sozialistischen Länder und
das dritte Drittel die nichtsozialistischen, in dieses kann
Österreich vorstossen. Das Durchschnittseinkommen ist von 762 Mark
auf 956 Mark pro Monat erhöht worden, hier bemerkte Honecker,
dass es sich um ein Familieneinkommen handelt, da 85 % der Frauen
im Beruf stehen. Der Mindestlohn ist von 300 Mark auf 400 Mark
erhöht worden, die Renten haben eine Steigerung von 12,5 % erfahren.
Die Einzelhandelsumsätze sind von 64 Mia 1970 auf 82 Mia 1977
und sollen bis Ende des Fünfjahresplanes 100 Mia 1980 erhöht werden.
Da die Preise, zumindestens die offiziellen, unverändert bleiben,
ergäbe sich daraus eine grosse Steigerung des Lebensstandards.
Die absoluten Zahlen konnte ich nicht prüfen, doch habe ich
bei einem Friseur, der einer Genossenschaft angehört, wo er sogar
800 Mark Genossenschaftsanteil im Laufe der Jahre einzahlen muss,
erfahren, dass dieser, allerdings ohne Trinkgeld, nur 400 Mark im
Monat verdient. Natürlich kamen die deutsch-deutschen Beziehungen
besonders zur Sprache. Die DDR ist durch unverantwortliche Angriffe
von westdeutscher Seite her teils beunruhigt, teils, wie er sagte,
stark genug, ihre Autonomie zu verteidigen. Das Karlsruher Bundes-
verfassungsgerichts-Entscheid, dass die Grenze zwischen der BRD
und der DDR dieselbe Grenze im Prinzip nach ist wie zwischen
Ländern z.B. Hessen und Bayern, wurde besonders erwähnt. Wären die
Beziehungen zwischen der DDR und der BRD so gut wie zwischen DDR
und Österreich, wäre alles in Ordnung. Honecker ist mit Bundeskanzler
Schmidt einer Meinung, dass es gilt, das erreichte Vertragswerk
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zu festigen und auszubauen. Im Sinne des Moskauer Vertrages
und des Helsinki-Vertrages – die Grenzen Europas sind unver-
änderlich. Honecker ist sich klar darüber, dass auf der einen
Seite dahinter die NATO und auf der anderen Seite aber eben der
Warschauer Pakt steht. Was es gilt ist, den Frieden zu sichern,
die Politik des ehemaligen Kanzlers Brandt fortzusetzen, vorüber
er mit Schmidt in telefonischem Verkehr ist und Wischnewski in
der letzten Zeit sogar die DDR besuchte. Aus dem Westen kamen
2 Mill. Touristen, 1,5 Mill. Deutsche in die DDR incl. der
Westberliner. Der Aussenhandel zwischen BRD und DDR ist mit
8 Mia Valuta.Markt ausgeglichen. Österreich könne eine noch
grössere Rolle spielen und er und die Regierung werden sich sehr
einsetzen, dass dies ermöglicht wird. Kreisky erwiderte und ver-
wies ganz besonders darauf, dass er mit derselben Offenheit in der
BRD wie in der DDR über all die Probleme spricht unter besonderem
Hinweis auf die grundsätzlich verschiedenen Systeme. Honecker
replizierte wieder, er betrachte die gegenseitige Offenheit
als sehr positiv.
Am meisten überrascht war von diesem Besuch und insbesondere dann
von der Aussprache mit Dr. Mittag vor Unterzeichnung der Vereinbarung
VÖEST Apfalter, Gen.Dir. Ulbrich, 8 Mia S, Laufzeit 10 Jahre, die
in wesentlich kürzerer Zeit verwirklicht wird, sowie des Drittlandge-
schäftes Maschexport, Vöest Indonesien, Transporteinrichtungen von
49 Mill. S, Waagner-Biro – Schwarzheide 120 Mill. S und Fusch
von der Fa. Krause, 33 Mill. S Konsumgüter, Gen.Sekr. Mussil.
Er drückte dies so aus, dass er mir gegenüber sagte, was wird hier
sein Präsident Sallinger dazu sagen, der in Moskau sicherlich
nicht annähernd einen solchen Abschluss zustandebringt, obwohl auch
dort Kreisky und ich bei unserem letzten Besuch entsprechend
vorgearbeitet haben. Noch mehr überrascht war Mussil aber, und
ich muss sagen, auch mich hat dies einigermassen verwundert, dass
Beil mir erklärte, noch in diesem Jahr werden 8 Grossprojekte
neben Ilsenburg, Grobblechsstrecke Rostock Düngemittelfabrik und
Dynamo-Bandanlage alle ca. 6 Mia S noch drei von Waagner-Biro,
eine von Andritz, eine von Voith und noch kleinere von der Vöest
abgeschlossen werden. Über den 13-Mia-Rahmen, der bereits jetzt
vereinbart ist, können noch weitere Geschäfte im September beim
Besuch Mittags besprochen und vielleicht noch noch abgeschlossen
werden. Beil ersuchte nur von mir einen letter of intend zu bekommen,
dass ich eintreten werde für eine Zusammenarbeit beim Braunkohleabbau
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im Burgenland zwischen den Unternehmungen und Institutionen
beider Länder unter der Voraussetzung der Zustimmung anderer
Beteiligter. Darunter ist Ungarn zu verstehen, wie ich Beil
ausdrücklich erklärte. Beil ersuchte andererseits, Österreich möge
dazu beitragen, die sensiblen Positionen der DDR zu überwinden helfen,
wobei er ausdrücklich darauf hinweist, dass es sich hier um kein
Junktim handelt. Auf Drittländern, wurde von der DDR mitgeteilt,
wird jetzt die GFM ein Radsatzwerk für den Iran, Österreich-Anteil
500 Mill. S, Dyckerhoff & Widmann, eine deutsche Baugesellschaft,
die allerdings in Österreich einen Sitz, also als österreichischer
Teil in japanischem Hotelbau in Leipzig 300 Mill. S Unterlieferant
sein und mit der Fa. Fuchs in Graz eine Kupferdrahtlackierungsanlage,
450 Mill. S mit Österreich-Anteil 300 Mill. S bekommen. Darüber
hinaus wird die Vöest für Algerien und Syrien herangezogen werden.
Mittag hat zugesichert, dass in Hinkunft österr. Baufirmen stärker
auf Drittmärkten herangezogen werden, weil die DDR-Baukapazität
für Wohnungsbauten 750.000 in diesem 5-Jahres-Plan voll ausgelastet
ist.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte die grossen Baufirmen sofort zu mir ein-
laden.
Die DDR hat mit VÖEST auch abgesprochen, wie Apfalter, der jetzt die
Lebensmittelmaschinenproduktion aufnehmen will, sich mit ihr
abstimmt. Mussil hat bei einer Besprechung dann dezidiert erklärt,
er wird sich sehr einsetzen, dass in Hinkunft Lebensmittelmaschinen
importiert werden. Soweit wäre ich gar nicht gegangen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH UND WANKE: Bitte diese neue Aktivität der
Vöest genau verfolgen.
Die Pressegespräche, insbesondere auch die grosse Pressekonferenz
Kreiskys hat mir wieder einmal gezeigt, dass der souverän sein Metier
beherrscht. Mussil musste dies auch zugeben und ich habe ihm
gesagt, jeder Bundeskanzler müsste eigentlich primär Aussenminister
gewesen sein oder vielleicht gar noch immer die aussenpolitischen
Geschäfte stets in der Hand haben. Bei diesen internationalen
Pressekonferenzen, aber vor allem einmal bei den Vier-Augen-Gesprächen
zeigt sich dies mir mit aller Deutlichkeit. Kreisky hat nämlich
nach unserer Ankunft in Schwechat Androsch, Pahr und Lanc und mich
informiert über die Vier-Augen-Gespräche. Dort ging es auch um
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primär die deutsch-deutschen Beziehungen, wobei sich die klare
österreichische Linie Kreiskys sehr gut bewährte. So wie Kreisky
seinerzeit bei der Einladung von Parteichef Kadar nach Österreich
der erste war und die anderen westlichen Länder dann gefolgt sind,
so ist er jetzt auch der erste Ministerpräsident resp. Bundes-
kanzler gewesen, der in die DDR gefahren ist und die anderen
werden sicherlich auch folgen. Dass sich diese Politik wirt-
schaftspolitisch rentiert, zeigte sein Besuch mit aller Deutlich-
keit. Nicht nur Gen.Sekr. Mussil war darüber überrascht, sondern
auch ich war über diese grossen wirtschaftlichen Erfolge noch
verwundert. Kreisky ist aber schlau genug, jetzt bereits den
Pressevertretern jetzt bereits zu sagen, man darf nicht erwarten,
dass er bei jedem Besuch sofort so grosse Abschlüsse getätigt
werden können. Hier war eine monatelange Vorbereitung des Handels-
ministers notwendig, die eben jetzt zum Tragen kam. Was Kreisky
mit Recht sagen konnte, war, dass wir trotz dieser wirtschaftlichen
Erfolge nicht einen Schritt von unserer ideologischen gegenseitigen
differenten Auffassung abgewichen sind. Für die wirtschaftlichen
Erfolge wurden keine Zugeständnisse auf diesem Gebiet gemacht.
Die Wirtschaft wird sich in Hinkunft entsprechend entwickeln, ohne
dass wir den DDR-Leuten nach dem Mund geredet haben, ganz im
Gegenteil. Voraussetzung, dass es aber tatsächlich zu einer grösseren
Wirtschaftsexpansion kommen kann, ist, dass die Österr. Kontrollbank
ihren Kreditrahmen von 6 Mia wesentlich erhöht. Das wird sicherlich
keine Schwierigkeiten machen. Wesentlich schwieriger wird es sein,
die differenten Auffassungen anzugleichen. Derzeit ist der
Zinssatz 8,25 %, die Aussenhandelsbank will nur 7,75 % bezahlen,
die Anzahlung soll nur 10 % betragen, während die Österr. Kontroll-
bank 15 % verlangt. Ich glaube aber und bin fest davon überzeugt,
dass auch dieses Problem gelöst werden kann.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte wie stehen die letzten Abschlüsse?
Zusammenfassend war dieser Staatsbesuch für Kreisky sicherlich
innenpolitisch, wahrscheinlich aber auch sogar aussenpolitisch
ein grosser Erfolg. Die wirtschaftlichen Ergebnisse werden sich
erst in der Zukunft auswirken, doch sind sie, und das kann ich mit ruhi-
gem Gewissen sagen, der grösste Erfolg dieser Reise, obwohl während
der ganzen Dauer des Besuches zwischen Kreisky, Mussil, Fischer
und Zöllner und mir der Schmäh gelaufen ist, über die Ergebnisse
war Mussil im wahrsten Sinne des Wortes "schmähstad".
Tagesprogramm, 30.3.1978
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)